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Corona – Polen öffnet wieder einige Grenzübergänge

Noch am ersten Tag der Grenzschließung konnten Einreise-Berechtigte mit ihren Fahrzeugen nach Polen einreisen. Dann war Schluß – Polen verrammelte alle kleinen Grenzübergänge für den Fahrzeug-Verkehr. Nicht nur für die Tausenden Berufspendler und den regionalen Warenverkehr eine Katastrophe. Auch Zehntausende polnische Urlauber, die nach Hause wollten, wurden auf die großen Autobahn-Übergänge in die kilometerlangen Staus abgewiesen. Nach 48 Stunden hat das polnische Innenministerium eine Kehrtwende gemacht und einige kleine Grenzübergänge wieder für den Fahrzeug-Verkehr geöffnet. Damit sollen die Stau-Situationen an den großen Autobahn-Grenzübergängen verringert werden.

Witold Kaczmarek traut seinen Augen nicht. Der Grenzübergang Kostrzyn-Küstrin, der gestern noch zugesperrt war, ist offen. Unter dem Dach des Grenzübergangs stehen drei Beamte vom Grenzschutz und Zoll gelangweilt herum. Seine vorsichtige Frage, ob man den Grenzübergang wieder mit dem Fahrzeug passieren kann, beantworten die Beamte. ,,Ja wir waren selber überrascht, als wir heute früh zum Dienst gekommen sind“, sagt der eine Mitarbeiter vom straż (Grenzschutz).

Und bleibt der Grenzübergang offen? ,,Das können wir nicht sagen. Das kann morgen schon wieder anders sein“. Das bestätigen auch die Erfahrungen der vergangenen Tage: Die Transparenz und Halbwertzeit amtlicher Mitteilungen ist begrenzt. Zumindest ist nach der Mitteilung des Innenministeriums in Warschau erst einmal festzuhalten, dass seit (18.März) vier Grenzübergänge von Deutschland nach Polen wieder für Einreise-Berechtigte mit Fahrzeugen geöffnet wurden. Diese sind:

– Küstrin – Kostrzyń
– Frankfurt (Oder) Stadtbrücke
– Görlitz-Zgorzelec
– Guben-Gubin

Diese können für den regionalen deutschen wie polnischen Waren-Verkehr mit Fahrzeugen in den jeweils zulässigen Gewichtsklassen(Kleintransporter, beschränkt Fahrzeuge bis 6 t) , Geschäftsreisende (auch deutsche mit Dienstreise- oder Beschäftigungs-Nachweis – in Polen arbeiten 8000 Deutsche, vorrangig als Fach- und Führungspersonal), Berufspendler und polnische Bürger mit Fahrzeugen genutzt werden.

Für Kaczmarek ist dies ein Segen. Bisher war gezwungen, über den Grenzübergang zu laufen. Wie viele andere polnische Berufspendler hatte er sein Auto über Nacht auf der deutschen Seite geparkt, denn ohne Auto wäre er nicht zu seinem Arbeitsplatz nach Mittenwalde gekommen. Um nach der Arbeit mit dem Auto nach Polen zurückzukehren, wäre er gezwungen, sich in die kilometerlangen Staus auf der Autobahn A12 zum einzigen, in der Groß-Region offengehaltenen Grenzübergang Frankfurt (Oder)-Świecko einzureihen. Zwar sollte die linke Spur der Autobahn für den Pkw-Verkehr freigehalten werden. Doch immer wieder blockieren Lkw die linke Spur, um andere, sich vordrängelnde Lkw an der Weiterfahrt auf der linken Spur abzubremsen.

Doch nicht nur auf der Autobahn A-12 bei Frankfurt, auch auf der anderen großen Einfahrts-Trasse nach Polen , der Autobahn A-4 in Sachsen bei Ludwigsdorf, reichten die Rück-Staus in den vergangenen Tagen bis zu 50 Kilometer.
Verursacht werden die Staus durch die polnischen Kontrollen auf Corona-Verdacht der Fahrer. Betroffen sind auch die deutschen Liefer-Verkehre, die den Handel und Unternehmen in den grenznahen Regionen nur noch mit zunehmenden Verspätungen beliefern können.

Stillstand für Waren-Transporte

Wie diese Kontrollen ausfallen ist ein Trauer-Spiel  angesichts der gigantischen Dimensionen des Ost-West-Lieferverkehrs. Nachdem die Truckfahrer 12 bis 14 Stunden im Stau standen und die langsam im Schnecken-Tempo sich vorschiebende Fahrzeug-Kolonne die Brücke über die Oder passiert hat, steht dort ein Grenz-Polizist im Schutzanzug. Ein einziger Grenzpolizist!! Der steigt auf das Trittbrett des Fahrzeugs hoch und hält den Fahrer durch die heruntergelassene Fahrzeug-Scheibe das Fieber-Meßgerät an die Stirn. Weist das Meßgerät eine Temperatur von über 37,9 Grad Celsius aus – und das geschieht nicht selten, denn die stundenlang wartenden Truck-Fahrer sitzen in beheizten Fahrer-Kabinen – wird der Fahrer in eine extra ausgewiesene Zone 100 Meter weiter eingewiesen. Dort steht ein Polizist mit automatischen Gewehr in Hollywoodreifer Pose. Mit Gewehr! Nachvollziehbar, wenn die Polizei auf der Suche nach Terroristen wäre. Das ist sie hier aber nicht.

In der dezentralen Zone wieder langes Warten. Fahrzeug steht hinter Fahrzeug. Dann noch einmal Kontrolle. Diesmal gründlicher. Das Meßgerät wird ans Ohr gehalten, dann an das Handgelenk. Diesmal ist die Temperatur im Zulässigkeits-Bereich. ,,Wundert mich auch. Sie sehen ja aus wie das blühende Leben“, sagt der Kontrolleur und setzt hinzu: ,,Ich glaube auch nicht, dass die Mess-Geräte hundertprozentig sicher arbeiten“.

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Dann zum nächsten Halt. An der Grenz-Station erfolgt die Kontrolle für Lkw inzwischen in zwei Spuren. Aber auch hier steht nur ein Kontrolleur an der Spur. Der Fahrer bekommt ein DIN-A4 Blatt in polnisch und englisch in die Hand gedrückt. Woher – Wohin? Vor- und Rückseite des Blattes sind mit den Angaben der Firma und den persönlichen Angaben des Fahrers auszufüllen. Einigen wartenden Truckfahrern, die am Strassen-Rand zusammensitzen, überrascht die stoische Gelassenheit, mit der die Beamten vom Zoll und Grenzschutz ihre Kontrollen durchführen, nicht. ,,Denen ist das doch egal, dass wir hier 20 Stunden im Stau stehen und der Warenverkehr hier langsam zusammenbricht. Die bekommen am Monatsende trotzdem ihren Gehalts-Check.“

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Und schon rollt eine neue Welle an

Und ein Truck-Fahrer meint, dass die Kontrollen auch besser organisiert werden könnten. Nur wenige Kilometer hinter der Grenze weitergefahren, befinden sich riesige Flächen, auf die man die Lkw umleiten und auf fünf oder mehr abgesperrten Spuren die Kontrollen mit mehr Personal durchführen könnte, ohne dass sich die Lkw an der Grenze aufstauen. Doch das interessiert die anderen Trucker-Fahrer schon nicht mehr. Sie wollen nur schnell nach Haus, denn am Wochenende geht es wieder retour Richtung Deutschland. Einer der Trucker-Fahrer, schon ein älterer, meint nur beim Einsteigen in seine Fahrer-Kabine : ,,Zum Glück kontrollieren die Deutschen nicht auf der Gegenseite“. Er kann sich noch gut an die Zeiten erinnern, als Sonntagabends, wenn sich die polnischer Truck-Flotte in Richtung Westeuropa in Bewegung setzte, die Lkw sich über 100 Kilometer auf der polnische Seite bis kurz vor Poznań aufstauten.

Die Stau-Situation an den deutschen Autobahn-Grenzübergängen wird auch in den nächsten Tagen anhalten. Daran ändert auch die Öffnung der vier kleinen Grenz-Übergängen für den Fahrzeugverkehr nicht viel. Sie ist aus Warschauer Sicht in erster Linie für die immer noch Zehntausende polnischen Urlauber gedacht, die im Ausland gestrandet sind und nach Polen zurückkehren wollen. Auch wird zum Wochenende hin mit rund 20 000 Polen gerechnet, die im Rahmen der Arbeits-Rythmen-Wechsel aus Großbritannien kommen und nach Hause zu ihren Familien wollen.

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Text: André Jański / infopol.PRESS

 

 

Corona: Polen schließt Grenzen mit Schuld-Zuweisung

Im Stile von US-Präsident Donald Trump, also mit Vorwürfen gegen die westlichen EU-Staaten, hat Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki wegen der Corona-Pandemie die Schließung der Landes-Grenzen angeordnet. Seit Mitternacht den 15. März sind die Grenzen geschlossen.   Wir können uns nicht erlauben, dass der Virus nach Polen gebracht wird, ,,um weitere unsere Bürger zu infizieren.“, heißt es in der offiziellen Erklärung.

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Der Seitenhieb richtet sich vor allem gegen Deutschland und die Behörden in Nordhein-Westfalen und ihren laschen Umgang mit den Vorgängen im Kreis Heinsberg. Polens erster bestätigter Corona-Fall fand dort seinen Ausgangspunkt. Eine polnischer Bürger hat sich dort bei Karnvalsveranstaltungen infiziert und den Virus nach Polen eingeschleppt. Vor der jetzigen Schließung der Grenzen hatte das polnische Außenministerium  bereits eine Woche zuvor eine Reisewarnung für Nordrhein-Westfalen ausgegeben.

Deutscher in Polen verstorben

Inzwischen ist die Zahl der Corona-Verdachtsfälle auf 62 gestiegen. Auch gibt es bereits einen ersten Todesfall. Eine 55jährige Frau ist in Poznań an COVID-19 verstorben. Allerdings hatte sie schwere Atemwegs-Vorerkrankungen. Auch ein 72jähriger Deutscher soll  bei einem Besuch in der Wohnung von Bekannten in Bochlin (nahe Danzig/Gdansk) am Corona-Virus verstorben sein, berichteten zunächst polnische Medien. Rückfragen beim Wojewodschaftsamt ergaben jedoch, dass der Deutsche vermutlich an Grippe verstorben ist. Genaue Befunde liegen allerdings noch nicht vor.

PKN Orlen schließt Gastronomie-Punkte an Tankstellen – in Polen, nicht in Deutschland

In Polen wurden bereits bis zum 25.März die Schließung aller Schulen, Kitas und Hochschuleinrichtungen angeordnet.  Alle Veranstaltungen mit mehr als 50 Personen wurden untersagt. In den großen Einkaufszentren dürfen nur noch Lebensmittel-Märkte, Apotheken und Drogerien geöffnet werden. Bei IKEA wurden alle Möbelkaufhäuser geschlossen. Der staatlich kontrollierteTankstellenkonzern PKN kündigte an, ab sofort die gastronomischen Einrichtungen in seinen Tankstellen zu schließen und die gastronomische Angebote auf ein Minimum zu reduzieren- in Polen!  In Deutschland, wo PKN Orlen über 600 Tankstellen betreibt, gibt es solche Einschränkungen nicht.

Die polnische Regierung hat auch alle Flug- und Zugverbindungen nach Polen ausgesetzt. Nachdem bereits  im Vorfeld an den Grenzübergängen nach Deutschland  stichprobenartige Kontrollen für einreisende Busse und Transporter mit mehr als 8 Personen eingeführt wurden, sind jetzt ab Mitternacht zum 15.März alle Grenz-Übergänge geschlossen worden. Die Grenzschließung gilt zunächst für 10 Tage.

Allen Nicht-Staatsbürgern  wird die Einreise nach Polen verwehrt, meldeten viele deutsche Medien. Wie aus der polnischen Staatskanzlei zu erfahren ist, handelt es sich aber nicht um ein generelles Einreise-Verbot für alle Deutschen und anderen Ausländern nach Polen. Welche Deutsche bzw. andere Ausländer trotz Grenzschließung  nach Polen einreisen dürfen, erfahren Sie hier.

PL-MVI-Agentur

Deutsche: Kurz vor Grenzschließung Schlangestehen beim Zigaretten-Händler Foto: PL-MVI-Agentur

Das Einreise-Verbot trifft in erster Linie die Deutschen, die seit vielen Jahren jeden Tag  zu Zehntausenden die polnischen Grenzstädte aufsuchen, um dort die – inzwischen nur vermeintlich – billigeren Waren und Dienstleistungen einzukaufen.   Am Vortag der Grenzschließung haben sie noch aufgestachelt von den Medien-Meldungen in einem Anflug von Hysterie die polnischen Grenzstädte überflutet, um sich dort mit Zigaretten einzudecken oder den Auto-Tank vollzumachen.

Ein viel größeres Problem bringt die Grenzschließung für die polnischen Bürger mit, die im westlichen Ausland arbeiten. Denn anders als im kleinen Dänemark oder Tschechien, die nahezu zeitgleich die Grenzen geschlossen haben, sind die Dimensionen der Arbeits-Migration hier ganz andere. Knapp 2,5 Mio. Polen arbeiten in Deutschland, Großbritannien, Norwegen, Holland, Frankreich und allen anderen westeuropäischen Ländern. Sie dürfen zwar nach Polen einreisen. Jedoch müssen sie sich nach der Einreise eine Quarantäne unterziehen. Und diese Quarantäne erfolgt nicht auf Grundlage der Freiwilligkeit, sondern unter ,,przymus“, teilten Beamte des polnischen Grenzschutzes infopol.PRESS mit.  Also unter Zwang.  14 Tage  dauert die Quarantäne. Gerade für jene polnischen Arbeitskräfte, die im Ausland im Wochen- oder 14-Tage-Rhythmus arbeiten, kann dies für eine Weiterbeschäftigung problematisch werden.

Das Gleiche gilt für die Tausenden polnischen  Pendler, die jeden Tag nach Berlin, Dresden oder anderen Orten in Grenznähe zur Arbeit fahren. Für sie entfällt die Quarantäne-Pflicht. Doch je nach Verlauf der Corona-Krise und ihre Auswirkungen auf den jeweiligen Arbeitsbereich, sind die Pendler Risiken ausgesetzt. Sie müssen Nachweis-Bescheinigungen vorweisen. Bei einem Arbeitsvertrag mit einem deutschen Arbeitgeber dürfte dies kein Problem sein. Und auch wenn in dem Fall ein Corona-Verdacht auftritt und der polnische Arbeitnehmer zu Hause bleibt, muß er sich um die Lohnfortzahlung keine Sorgen machen. Anders sieht es dagegen bei den Pendlern aus, die auf Grundlage eines Vertrages mit einer  polnischen Zeitarbeits-Firma  in Deutschland arbeiten. Für sie gilt, was für alle Arbeitgeber in Polen vorgegeben ist.

Um die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Wirtschaft abzumildern hat die polnische Regierung Finanzhilfen und die zeitweise Aussetzung von Steuer- und Sozial-Abgaben versprochen.  Auf eine Haupt- Forderung  der Arbeitgeber-Verbände ist sie aber nicht eingegangen. Die verweisen auf Kurzarbeiter-Regelungen, wie es sie in Deutschland, Frankreich und anderen europäischen Ländern schon seit Jahrzehnten gibt. In Polen gibt es solche Regelungen nicht. Hier muß entsprechend den gesetzlichen Regelungen ein Arbeitgeber bis zum 33 Tag der Krankschreibung eines Mitarbeiters die Kosten übernehmen.   Wenn jetzt ein Mitarbeiter wegen des Corona-Verdachts in die Haus-Quarantäne geschickt wird, kann es ganz schnell passieren, dass der rigide Sanitärdienst Sanepid sofort den ganzen Betrieb schließt. Polens größter Arbeitgeber-Verband Lewiatan argumentiert in seiner Stellungnahme, dass in dieser Situation ,,höhere Gewalt“ gegeben ist, und nicht die Arbeitgeber, sondern auch der Staat mit die Kosten der Lohnfortzahlung wegen der Quarantäne mittragen muß. So wie es jetzt ist, würden die Arbeitgeber nach Auffassung des Verbandes doppelt bestraft werden. Der Produktions-Stopp gefährdet nicht nur die Existenz der Firma. Der Arbeitgeber muß  gleichzeitig noch die Kosten der Lohnfortzahlung tragen.

Besonders dramatisch , und das bereits vor der Grenz-Schließung, ist die Situation in der Transport-Branche, die in der EU einen Spitzenplatz einnimmt.  Knapp ein Drittel aller grenzüberschreitenden Transporte zwischen Lissabon und Talinn werden von polnischen Transport-Unternehmen mit 247 000 Fahrzeugen ausgeführt. Die ersten großen polnischen Branchen-Unternehmen beginnen ihre Fahrer in den Zwangs-Urlaub ohne Bezahlung zu schicken. Die Busverkehrs-Branche – die polnische Flotte im internationalen Busverkehr zählt 14 000 Busse – existiert praktisch jetzt schon nicht mehr. Über 90 Prozent der Bestellungen und Reservierungen sind für die nächsten drei Monate storniert worden. ,,Jetzt sind wir in einer Situation, in der wir ohne Hilfe von außen nicht überleben können”, schreiben die Verbände in ihrem Hilfs-Appell an Ministerpräsident Morawiecki.

Doch der Staatshaushalt und die öffentlichen Finanzen sind überhaupt nicht auf die Corona-Krise vorbereitet. Mit der Corona-Krise ist jetzt eine Situation eingetreten, wovor die Ökonomen in Polen seit Jahren gewarnt haben. Während andere Länder in der EU die zurückliegende Konjunktur genutzt haben, um finanzielle Reserven zu bilden und die Verschuldung abzubauen, hat die PiS-Regierung die Einnahmen-Überschüsse ungehemmt für Sozial-Transfers im Rahmen von Wahlversprechen hochgetrieben. Finanzielle Reserven zur Unterstützung der Wirtschaft sind jetzt nicht mehr vorhanden.

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Coronavirus: Polnische Kontrollen an deutscher Grenze

Polen hat Montagnachmittag 15 Uhr wegen des Coronavirus Kontrollen an den drei wichtigsten Grenzübergängen nach Deutschland eingeführt. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (PiS) erklärte, dass er das Vorgehen Montagfrüh mit Bundeskanzlerin Angela Merkel abgestimmt habe. ,,Wir wollen nicht den Verkehrs-Fluss an der Grenze unterbrechen, andererseits wollen wir eine schnelle Ausbreitung des Virus auf dem polnischen Territorium verhindern“, sagte Morawiecki. Es werden deshalb zunächst vorrangig Reisebusse und Kleintransporter mit mehr als acht Personen aus dem Verkehr gezogen. Bei den Insassen wird Fieber gemessen. Dazu müssen sie ein sogenanntes Lokalisierungs-Formular mit ihren persönlichen Angaben, Telefon-Nummer und Zielort ausfüllen. Personen, die Anzeichen eines Corona-Infekts aufweisen, werden ,,separiert“. Das Gleiche gilt für die Fahrzeuge, in denen sie saßen. Die Grenzschutz-Beamten werden bei ihren Kontrollen von Mitarbeitern des Gesundheitsdienstes sowie der Polizei, Feuerwehr und der Armee unterstützt. Die Kontrollen finden rund um die Uhr statt.

Die Kontrollen werden zunächst an den Grenzübergängen an der Autobahn A12 (Frankfurt/O.-Swiecko), an der Autobahn A-11 (Pomellen-Kolbaskowo) und an der Autobahn A4 (Ludwigsdorf/Görlitz – Jędrzychowice) eingeführt, teilte der Chef des polnischen Grenzschutzes, Tomasz Praga, mit. In den nächsten Tagen werden die Kontrollen auf alle Grenzübergänge im deutsch-polnischen Grenzgebiet auf der Strasse ausgeweitet. Dabei soll es nicht bleiben. ,,Innerhalb von Dutzenden Stunden werden wir alle Grenzen Polens sichern“, erklärte Innen-Minister Mariusz Kaminski (PiS) und setzte in der für die PiS-Regierung typischen nationalen Selbstüberhöhung hinzu, dass Polen ,, als erster Staat in Europa“ Sanitär-Kontrollen einführt. In der gleichen Ton-Lage pustete auch Premier Morawiecki die Backen auf : ,,Wir wollen schneller sein als die anderen Länder in Europa , in dem wir Schritte unternehmen, die die Ausbreitung des Virus beschränken“. Auf die in den sozialen Medien massiv erhobenen Vorwürfe, dass die polnische Regierung geraume Zeit die Ausbreitung des Corona-Virus und dessen Gefahren f[r Polen heruntergespielt hat, ging er freilich nicht ein.

Neben Kontrollen auf allen Flugplätzen sind auch Kontrollen in den Zügen geplant. Diese sollen sich nicht nur auf aus dem Ausland einfahrende Züge beschränken. Auch die internationalen Bus-Linienverkehre werden an den jeweilig ersten Haltestellen der nach Polen einfahrenden Busse überwacht.

Die ersten Corona-Fälle in Polen haben z.T. an Hysterie grenzende Zustände ausgelöst. So wurden z.B. die Insassen eines Fahrzeuge, das aus Deutschland kam, von Polizei und Beamten des Sanitär-Dienstes gestoppt, nachdem das Tankstellen-Personal meinte, diese Personen seien von Corona-Virus infiziert. In Warschau blieb ein IC-Zug 100 Minuten lang im Bahnhof stehen, weil ein Reisender die Behörden alarmierte, das sein Gegenüber im Zug-Abteil mit Husten und Schnupfen auffällige Anzeichen eines Coronavirus-Infekts habe.

Neuesten Meldungen des Gesundheits-Ministeriums zufolge gibt es mit Stand vom 9.März 16 bestätigte Corona-Fälle in Polen. ,,In den nächsten Tagen erwarten wir einen deutlichen Anstieg der Zahlen von Corona-Verdachtsfällen“, erklärte dazu Gesundheits-Minister Łukasz Szumowski, der einem Gesundheits-System vorsteht, das seit Jahren chronisch unterfinanziert ist.

Reise-Warnung für Nordrhein-Westfalen

Der erste bestätigte Corona-Fall wurde in Polen in der ersten März-Woche vermeldet. Ein Mann, der an den Karnevals-Feiern im nordrhein-westfälischen Heinsberg (nördlich von Aachen) teilgenommen hatte, wurde nach seiner Rückkehr in Polen mit Fieber in ein Krankenhaus in Zielona Góra eingeliefert. Das polnische Außenministerium sprach danach auch eine Reise-Warnung für Nordrhein-Westfalen aus. Den staatlichen Empfehlungen folgend bestehen in vielen polnischen Unternehmen Dienstreise-Verbote in Länder mit einer starken Verbreitung des Corona-Virus.
Ministerpräsident Morawiecki hat jetzt auch mit Hinweis auf Deutschland appelliert, Massenveranstaltungen in Polen abzusagen. ,,Entsprechend unseren Analysen waren Massenveranstaltungen eine der Ursachen für die schnelle Ausbreitung des Virus in Deutschland“.

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Gelder für Polen wegen Rechts-Reformen gestoppt

Die Vergabe von EU-Fördermitteln an Mitglieds-Länder von deren Einhaltung der Grundprinzipien der Europäischen Gemeinschaft abhängig zu machen ist schon seit geraumer Zeit ein Diskussionsthema in Brüssel und Strasbourg. In Fokus stand dabei neben Ungarn immer Polen wegen seinen umstrittenen Justiz-Reformen. Bei der Diskussion ist es immer geblieben. Bis jetzt. Erstmals hat jetzt ein Entscheidungs-Gremium Handlungsfähigkeit demonstriert und Polen Geldmittel gestrichen. Nein, nicht die EU, sondern Norwegen.

Das norwegische Außenministerium hat bekanntgegeben, aus Protest gegen die polnischen Justizreformen von der Zahlung von rund 700 Mio. Norwegische Kronen (knapp 70 Mio. Euro) an Polen im Rahmen des mit Mitteln des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) finanzierten Justizprogramms Abstand zu nehmen.

Norwegen ist zwar nicht Mitglied der Europäischen Union, gehört aber dem eng mit der EU verbundenen Europäischen Wirtschaftsraum an. Wie in der EU, so ist Polen auch hier der größte finanzielle Nutznießer des EWR-Fonds. Neben Island und Lichtenstein zahlt Norwegen als größter Geldgeber für die Teilnahme am EU-Wirtschaftsraum hier Gelder für Entwicklungshilfe ein. Von den 2,8 Mrd. Euro für den Planungszeitraum 2014 bis 2021 entfallen rund ein Viertel der Gelder auf Polen (3,35 Mrd. Zloty / knapp 800 Mio. Euro) .

Die Zuschüsse aus Norwegen und der EWR sind in mehrere Programme aufgeteilt. Eines dieser Programme ist das Justizprogramm, für das Norwegen eine Unterzeichnung mit Polen und die entsprechende Bereitstellung der finanziellen Mitteln eben ablehnt.

Wegen der jüngsten Entwicklungen zu den Änderungen der Rechtsvorschriften und der Unabhängigkeit der Gerichte werde Norwegen ein entsprechendes Abkommen mit Warschau nicht unterzeichnen, erklärte das norwegische Außenministerium. ,,Wir können nicht mehr Partner eines Justizministeriums sein, dass aktiv die Funktion der Gerichte untergräbt“, teilte dazu der Direktor der norwegischen Gerichtsverwaltung (Domstols-administrasjonen) Sven Marius Urke , der Zeitung Aftenposten mit. Die Regierenden in Warschau wollen die Gerichte in ein politisches Instrument verwandeln. Es gebe kein Land in Europa, in dem die rechtsstaatlichen Grundsätze so unterminiert werden wie in Polen.

Die norwegische Regierung erklärte gleichzeitig, dass die Aussetzung des Justiz-Programms mit Polen und dessen Finanzierung sich nicht auf andere EWR-finanzierte Kooperationen mit Polen auswirken werde. Im Moment noch nicht!

Bereits in der Vergangenheit hatte es Kontroversen zwischen Norwegen und Polen um die Zuteilung der Gelder für das EWR finanzierte Bürger-Programm gegeben.. Kultur-Minister Piotr Gliński (PiS) hatte versucht, die Kontrolle über die dazu von der Norwegern bereitgestellten 53 Mio. Euro zu bekommen. Gliński wollte eine Verteilung der Gelder über das ,,Nationale Freiheits-Institut” durchsetzen. Dieses Institut eine staatliche Einrichtung, über die er selbst die Aufsicht führt. Damit war die norwegische Regierung überhaupt nicht einverstanden. Wir können nicht zulassen, dass die polnische Regierung Kontrolle über Gelder bekommt, die für gesellschaftliche und soziale Zwecke bestimmt sind, hieß es aus Oslo. Warschau legte dagegen sein Veto ein. Norwegen hielt jedoch an dem Grundsatz fest, dass die Gelder von regierungsunabhängigen Organisationen verwaltet werden.

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,,Park-Knöllchen“ ohne Fuß-Streife – Warschau setzt auf E-Kontrolle

Als eine der ersten Städte weltweit hat Warschau für die Kontrolle der gebührenpflichtigen Parkplätze ein elektronisches System eingeführt. Dazu fahren Elektro-Autos, auf denen Kamera- und Sensoren-Technik installiert ist, die Strassen ab und skannen die Nummernschilder der parkenden Fahrzeuge. Über eine speziell entwickelte Software werden die elektronisch übermittelten Daten automatisch in der Datenbank abgeglichen, ob für die parkenden Fahrzeuge Park-Gebühr bezahlt wurde. Auf diese Weise übernimmt ein Fahrzeug die Tätigkeit, die sonst 20 Mitarbeiter der Ordnungsbehörde in der gleichen Zeit zu Fuß erledigen. Mit schlagenden Erfolgszahlen!

Was bei deutschen Ordnungsämtern die Regel ist, war auch bisher in Warschau üblich – Mitarbeiter zu Fuß auf der Suche nach Parksündern Fotos: ZDM Warszawa

Die Szenerie ist in deutschen Städten allgegenwärtig. Und bei Parkplatz-Sündern verhasst. Zwei Mitarbeiter/innen des Ordnungsamtes streifen durch die Park-Zonen. Blick in das Auto. Parkschein vorhanden? Parkzeit abgelaufen? Gang um das parkende Auto . Dann den Fotoapparat gezückt. Foto als Beweis-Material. Danach Schein mit Ordnungswidrigkeits-Hinweis unter den Scheibenwischer geklemmt. Auf zum nächsten Fahrzeug. Wieder die gleiche aufwändige Prozedur , Diskussion mit plötzlich auftauchenden, vom Knöllchen bedrohten Autofahrern inbegriffen.

Auch auf Warschaus Strassen war dies gang und Gebe. Bislang!

Seit Anfang des Jahres fahren jetzt zwei Fahrzeuge als ,,E-Kontrolle“ durch die Strassen. Auf dem Dach ein Aufbau mit Kameras und Sensoren-Technik. Damit wird kontrolliert, ob der Fahrer eines parkenden Autos in den gebührenpflichtigen Parkzonen für die Park-Dauer seine Gebühr entrichtet hat.

Foto: ZDM Warszawa

Dazu werden mit der Technik auf dem Dach im Vorbeifahren die Nummernschilder der parkenden Autos gescannt. Die Daten werden sofort an die Zentral-Datenbank der für die Strassenverwaltung zuständigen Behörde übermittelt. Eine dazu speziell von der Stadtverwaltung in Auftrag gegebene Software ermittelt sofort, ob der Fahrer des parkenden Autos am Park-Automat einen Parkschein gezogen und für die Park-Dauer seine Gebühr bezahlt hat. Ist dies nicht der Fall wird automatisch ein ,,Knöllchen“ mit einem Ordnungsgeld von 50 Zloty (ca. 12 Euro) ausgedruckt. Juristisch abgesichert, wird dem ,,Knöllchen-Brief“ an den Park-Sünder ein Beweis-Foto hinzugefügt.

Die einzige manuelle Tätigkeit bei diesem Vorgang besteht im ,,Zukleben des Briefes und seine Übermittlung an die Post“, meint Mikołaj Pieńkos von der Strassenverwaltung ZDM in einem Gespräch mit infopol.PRESS.

Dafür ist die Bilanz der E-Kontrolle umso erhebender. In den ersten vier Wochen ihres Einsatzes haben die beiden Fahrzeuge knapp 103 000 geparkte Fahrzeuge kontrolliert. Infolge der Kontrolle wurden 12 196 ,,Knöllchen“ ausgestellt. Ein Fahrzeug leistet dabei die Arbeit, für die im gleichen Zeitraum nahezu 50 Kontrolleure zu Fuß unterwegs sein müßten. ,,Innerhalb von zehn Minuten haben wir 260 Fahrzeuge kontrolliert. Zum Vergleich: Ein Kontrolleuer braucht ca. eine Stunde, um die gleiche Zahl an Fahrzeugen zu kontrollieren“.

War also der Stellenabbau in der öffentlichen Verwaltung oder die Erhöhung der städtischen Einnahmen durch Bußgeld-Bescheide das treibende Motiv für die Einführung modernster Technologie in der öffentlichen Verwaltung? Mikołaj Pieńkos verneint dies kategorisch. ,,Es ging uns vor allem um die Durchsetzung des Gleichheits- und Gerechtigkeits-Prinzips“, sagte Pieńkos gegenüber infopol.PRESS. Man müsse der Rücksichtslosigkeit und dem Egoismus der Autofahrer konsequent entgegentreten, die anderen, die ihre Parkgebühr bezahlen, den Parkplatz wegnehmen, ohne dafür zu bezahlen. Zudem sei der ‚Einsatz des vollautomatisierten Kontroll-Systems auch ein Beitrag für eine effektivere Parkraum-Bewirtschaftung in der Stadt.
Täglich kreisen durchschnittlich 130 000 Fahrzeuge auf der Suche nach einem Parkplatz durch Warschau. Wenn sie einen Parkplatz gefunden haben, verbleiben sie laut einer Erhebung der ZDM-Verwaltung durchschnittlich 1 Stunde und 43 Minuten auf dem Parkplatz stehen. Viele von ihnen entrichten dafür keine oder eine nicht ausreichende Parkgebühr. Das präzise automatisierte Kontroll- und Erfassungssystem leistet hier bei der effektiveren Bewirtschaftung eine Arbeit, die die üblichen Fuß-Streifen überhaupt nicht leisten können.

Auf welcher Grundlage werden aber die gescannten Daten für die Ausstellung zutreffender Bußgeld-Bescheide verifiziert? Ander als bei den Park-Automaten im deutschsprachigen Raum ist bei den Parkschein-Automaten in vielen polnischen Städten, und so auch in Warschau beim Ziehen und Bezahlen eines Parkscheins das Eintippen des Fahrzeug-Kennzeichens notwendig. Und natürlich sind die Warschauer Parkschein-Automaten mit der zentralen Datenbank verbunden. Die Daten der gescannten Fahrzeug-Schilder werden sofort automatisch von der Software mit den Daten der Parkschein-Automaten vergleichen und damit die Fahrzeuge herausgefiltert, für die keine oder nicht ausreichende Parkgebühr bezahlt wurde.

Zur Vermeidung von Irrtümern oder Identifizierung von Fahrzeugen, deren Fahrer gerade auf dem Weg zum Parkschein-Automaten ist, fährt das Kontroll-Fahrzeug nach einem kurzen Zeitabstand nochmals die gleiche Strasse ab.

Für deren Einsatz hat sich die öffentliche Verwaltung im übrigen nicht Benziner- oder Diesel-Fahrzeuge, sondern elektrobetriebene Pkw vom Typ Nissan angeschafft.

Auch der Datenschutz wurde berücksichtigt. Das elektronische System entfernt automatisch die Gesichter und Silhouetten von Personen, die bei den Kamera-Aufnahmen im Bild erscheinen. Von der Software werden auch sofort die Daten von Fahrzeug-Inhabern mit einem Anwohner-Parkausweis oder einer ,,N+-Karte“ (Behinderten-Nachweis) aus dem System ,,geworfen“.

Und wofür werden die zusätzlich eingenommenen Bußgelder verwendet? Für die Modernisierung der Strassen-Infrastruktur, meint Mikołaj Pieńkos.  Diese Aussage darf man ihn durchaus abnehmen. Im Unterschied zu vielen anderen Kommunen – und das nicht nur in Polen – ist Warschau keine arme Stadt, deren Verwaltung auf Knöllchen-Jagd geht, um Löcher im kommunalen Haushalt zu stopfen.

Bei der ZDM-Verwaltung denkt man inzwischen bereits über einen nächsten Schritt, wie man das E-Kontrollsystem in den Aufbau eines elektronischen Informationssystems für Autofahrer bei der Suche nach einem freien Parkplatz einbindet. In Großstädten anderer EU-Länder (nicht in Deutschland) gibt es dafür bereits Lösungen. So werden z.B. im nordspanischen Santander Autofahrer vor Einfahrt in eine Straße mittels Digital-Anzeige am Straßen-Anfang informiert, ob es in der Strasse noch freie Parkplätze gibt. In Warschau denkt man aber eher an die Einrichtung einer App nach.

© Anna Stankowska / infopol.PRESS

Foto: Kozeluh/Pixa

Polnischer Kohle-Bergbau – Tanz auf dem Vulkan

Die im Februar von der polnischen Statistik-Behörde gemeldeten Lohn-Daten für Dezember waren für viele polnische Arbeitnehmer ein Schock. Durchschnittlich 17 584 Zloty haben die Kohle-Kumpel im Dezember verdient. Das sind umgerechnet rund 4140 Euro brutto und dreimal mehr als der von der Statistik ermittelte Durchschnittslohn in der polnischen Volkswirtschaft (in Firmen mit mehr als 10 Beschäftigten). Der betrug nur 5604 Zloty (~1320 Euro).

Bei den von der Statistik-Behörde gemeldeten Zahlen sind allerdings die traditionell im polnischen Bergbau im Dezember gezahlten Prämien-Zahlungen zu berücksichtigen. Ohne die würde der Lohn-Unterschied im Kohle-Bergbau zu den Beschäftigten in den anderen Wirtschaftsbranche nur etwa das Doppelte ausmachen.

Berücksichtigt man die Schwere der Arbeit unter Tage und die damit verbundenen Risiko-Faktoren scheint dies auch angemessen. Trotz der hohen Löhne im Kohle-Bergbau, von denen ein Großteil der Beschäftigten in Polen nur träumen kann, herrscht bei den Bergleuten und ihren Gewerkschaften Unzufriedenheit und Kampfes-Stimmung, die die Regierung in Warschau in Unruhe versetzt.

 

Im Unterschied zu ihren Vorgängern mußte sich die PiS-Regierung bislang nicht mit Spannungsherden im oberschlesischen Kohle-Bergbau auseinandersetzen. Dazu trugen die von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und Staatspräsident Andrzej Duda mit großen propagandistischen Aufwand inszenierten Reden in Oberschlesien bei. Ihr Tenor: Der Kohle-Bergbau war, ist und wird in den nächsten 100 Jahren das Rückgrat der polnischen Volkswirtschaft bleiben. Jetzt droht aber die Situation zu kippen. Die 13 führenden Gewerkschaften der Polnischen Bergbau-Gruppe PGG – insgesamt sind dort 143 selbständige Gewerkschaften tätig – haben für den 17.Februar einen zweitägigen Warnstreik angekündigt. Eine Woche später soll eine Streik-Urabstimmung erfolgen und für den 28. Februar ist ein Marsch auf Warschau geplant.

Die PGG ist Europas größter Steinkohle-Produzent. Von den insgesamt 129 000 Beschäftigten in der polnischen Kohle-Branche arbeiten rund ein Drittel (42 000) bei der PGG.

Die Vorbereitung zu Streiks und Protesten ist eine Reaktion auf die gescheiterten Verhandlungen mit dem Vorstand der vom Staat kontrollierten Kohle-Gesellschaft. Die Gewerkschaften fordern eine Lohn-Erhöhung um 12 Prozent, die Auszahlung des 14. Monatseinkommens in voller Höhe sowie ein Stopp der Kohle-Importe. Davon aufgeschreckt hat sich Polens mächtigster Mann in der staatlich dirigierten Wirtschaft Vizepremier Jacek Sahin, dem die staatlich kontrollierten Unternehmen des gesamten Energie-Sektors unterstehen, vergangene Woche nach Schlesien aufgemacht, um selbst an den Mediations-Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und PGG-Vorstand teilzunehmen.

Kraftwerk Łaziska. Bergarbeiter blockierten vor einigen Tagen dessen Zufahrten, um die angebliche Verstromung von russischer Kohle zu verhindern. Foto:Tauron/Łaziska.

Vor dem Hintergrund, dass Bergarbeiter bereits zuvor die Zufahrten eines Kraftwerkes im oberschlesischen Łaziska versperrt hatten, weil dort angeblich Kohle aus dem Import statt polnischer Kohle verstromt wurde, versprach der Vizepremier, dass die vier großen, vom Staat kontrollierten Energie-Erzeuger nicht mehr Steinkohle aus dem Ausland importieren werden. Bei den Lohn-Verhandlungen konnten dagegen keine grundsätzlichen Kompromisse erzielt werden, weshalb die Gewerkschaften an ihren Streik-Planungen festhalten.

Der PGG-Vorstand hatte ein verändertes Entlohnungs-Modell vorgeschlagen. Danach sollen Lohn-Erhöhungen in Abhängigkeit von dem Betriebsergebnis und nach Effektivitäts-Kriterien in den einzelnen Bergwerken der PGG erfolgen, gerade weil die Förderproduktivität im Vergleich zu anderen Bergwerksgesellschaften niedrig ist. Schätzungen zufolge betrug sie im vergangenen Jahr 700 t Kohle pro Beschäftigten in der staatlich dominierten PGG. In dem von der privaten tschechischen EPH-Gruppe kontrollierten Bergwerk Silesia betrug sie dagegen rund 1100 t pro Beschäftigten. Und in der an der Warschauer Börse notierten Bergwerksgesellschaft Bogdanka sogar auf dem Niveau von 1600 bis 1800 t pro Mitarbeiter. Die Gewerkschafter der PGG lehnten jedoch den Vorschlag ihres Vorstands entschieden ab. Für sie kommen nur gleichmäßige Lohn-Erhöhungen für die Beschäftigten in allen Bergwerken der PGG in Frage.

Für den PGG-Vorstand ist dies nicht annehmbar. Er steht finanziell mit dem Rücken an der Wand. Die Arbeitskosten bei der PGG machen bereits über 50 Prozent der Gesamtkosten aus, was für polnische Verhältnisse ungewöhnlich hoch ist. Im Jahr 2018, als die Unternehmens-Gewinne wegen der hohen Weltmarkt-Preise für Steinkohl noch sprudelten, schien dies kein Problem zu sein. Inzwischen hat sich die Situation mit dem Absturz der Weltmarkt-Preise für Kohle dramatisch verändert. Während polnische Steinkohle nach drei Quartalen 2019 durchschnittlich über 90 Dollar pro Tonne kostete, sind die Preis-Indizes für Vertrags-Steinkohle in den ARA-Häfen (Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen) zum Jahresende auf unter 60 Dollar pro Tonne abhängig von den Güteklasse gesunken. Für die vier großen vom Staat kontrollierten Stromerzeuger-Konzernen ein weiterer Anreiz zum Einsatz von Import-Steinkohle bei der Energie-Gewinnung.

Die polnischen Stromerzeuger hatten bereits bis Ende November schon 14,9 Mio. t Steinkohle aus dem Ausland importiert, die nicht nur billiger, sondern oft auch qualitativ besser als die Kohle aus den polnischen Bergwerken ist. Gleichzeitig sind aber die Kohle-Halden um die polnischen Bergwerke, nicht nur der PGG, bis Ende 2019 auf über 5 Mio. t Steinkohle angewachsen.

Die Regierung hat deshalb Anfang des Jahres die Einrichtung eines zentralen Kohle-Lagers angekündigt, um den Bergwerken den Rücken für den Fortgang ihrer Kohleförderung freizuhalten. Dessen Standort Ostrów Wlkp. liegt in Westpolen, im südöstlichen Teil der Wojewodschaft Wielkopolskie. Seitdem rollen die Kohlezüge nach Ostrów. Bis Ende Januar wurden dort bereits 300 000 t Steinkohle abgeladen, teilte das Ministerium für staatliche Aktivas mit. Weitere 700 000 t sollen folgen.
Die Absatz-Situation des Bergbaus wird noch durch die relativ warmen Wintermonate verschärft. Nach Angaben der Stromnetz-Gesellschaft PSE ist die Strom-Erzeugung aus Steinkohle im Dezember 2019 um 14 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres zurückgegangen.

Mit dem Rückgang des Bedarfs an Steinkohle, den gesunkenen Weltmarktpreisen und deutlich reduzierten Gewinnen bei gleichzeitiger Verpflichtung 2 Mrd. Zloty an Anleihen zurückzuzahlen, steht der Vorstand des Kohlegesellschaft PGG mit dem Rücken an der Wand. Seine Hoffnung richtet sich jetzt darauf, dass die Weltmarkt-Preise für Steinkohle in den nächsten Monaten wieder anziehen. Eine trügerische Hoffnung, denn die Preis-Entwicklung ist nur ein Abbild der ersten Anzeichen einer einsetzenden Energiewende weg von fossilen Brennstoffen . Anders als die Regierung in Warschau, die sich im vergangenem Jahr auf dem EU-Gipfel als einziges EU-Land dem Ziel verschloss , bis zum Jahre 2050 Klima-Neutralität zu erreichen, setzt sich bei immer mehr polnischen Bürgern die Erkenntnis durch, dass es mit dem unrentablen polnischen Bergbau in staatlicher Hand nicht mehr so weitergehen kann. Dies belegt  auch eine Anfang Februar veröffentliche Umfrage von United Surveys. Danach sprachen sich 64 Prozent der Befragten für eine Aufgabe der Energie-Erzeugung auf Kohle-Grundlage aus. Und noch sogar 59 Prozent erklärten ihre Bereitschaft, mehr Geld für Strom auszugeben, wenn er nicht aus Kohle produziert wird.

Für die Regierung in Warschau wäre dies eigentlich ein unterstützendes Argument, den Schalter in der Energiepolitik umzulegen. Doch für die PiS-Regierung gilt das Gleiche, was schon für alle Vorgänger-Regierungen und wohl auch für nachfolgende Regierungen gilt. Sie scheuen es, bei Strafe ihres Untergangs sich mit den mächtigen Kohle-Gewerkschaften und ihren Interessen anzulegen. Ein Beleg dafür ist die drohende Aussage eines Gewerkschafters, dass die Buschbrände und ihre Auswirkungen in Australien nichts im Vergleich zu dem seien, wenn in Polen die Bergarbeiter zum Kampf für ihre Interessen rüsten.

Text: © André Jański / infopol.PRESS

Foto: Jerzy Hubka/Faceb

Greta Thunberg in polnischer Kohle-Landschaft vorgeführt

Fast unbemerkt und von der Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen, ist jetzt ein Besuch der Umwelt-Aktivistin Greta Thunberg im polnischen Kraftwerk Bełchatów abgelaufen. Wie die örtliche Tageszeitung Dziennik Łódzki erst einige Tage später berichtet, reiste die schwedische Umwelt-Aktivistin mit einem E-Auto von Tesla an, begleitet von einem Fernseh-Team der BBC. Nach Angaben der Zeitung hatte sich das Team um eine Dreh-Genehmigung auf dem Gelände des Kraftwerks bemüht. Der Betreiber des Kraftwerks PGE, Polens größter Energiekonzern im Bereich der Stromwirtschaft, hatte jedoch eine Drehgenehmigung verweigert. Der  Konzern wird vom Staat kontrolliert.

Bełchatów ist mit einer Gesamtleistung von 5298 MW das größte Braunkohlen-Kraftwerk in Europa. Mit der jährlichen Produktion von 35 TWh versorgt es fast 11,5 Mio. Privathaushalte mit Strom. Das macht einen Anteil an der Landes-Produktion von rund 22 Prozent aus. Bełchatów ist jedoch auch der größte Umwelt-Verschmutzer und Schadstoff-Emittent. Nicht nur in Polen, sondern in ganz Europa. Jährlich werden dort rund 45 Mio. t Braunkohle verbrannt. Dabei werden zwischen 30 und 40 Mio. t Co2 freigesetzt. Das ist mehr als ganz Irland oder die Slowakei an umweltschädlichen Gasen ausstösst. Nicht nur für Greta Thunberg  ein Symbol der Umwelt-Zerstörung.

Foto: Greenpeace Polska

Bereits im vergangenen Jahr hatten Aktivisten von Greenpeace Polska nach der Blockade-Haltung Polens beim EU-Gipfel im Juni zur Klima- Neutralität  in einer nächtlichen Aktion einen der Kühltürme des Kraftwerks mit dem Konterfei von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (PiS) bestrahlt. Darunter setzten sie das Wort ,,Schande“ in polnischer und englischer Sprache.

Die Aktion erzielte allerdings kaum Wirkung, zumindest nicht in der Gemeinde Kleszczów, auf deren Territorium sich das Kraftwerk befindet. Kleszczów, im Volksmund gelegentlich als ,,polnisches Kuweit“ bezeichnet, ist seit Jahren die reichste Gemeinde in Polen mit Steuer-Einnahmen pro Einwohner von umgerechnet 10 000 ‚Euro. Trotz der alltäglichen Umweltbelastung durch das Kraftwerk will hier keiner der Einwohner wegziehen, da ihnen hier hohe Sozial-Standards geboten werden wie nirgendwo in Polen.

Und eben auf der öffentlichen Aussichts-Terrasse der Gemeinde hatten Greta Thunberg und ihr Team Stellung bezogen, um nach der Absage durch den Energiekonzern dort ihre Filmaufnahmen zu machen. Ein Fremder kann dort aber kaum Foto- und Filmaufnahmen machen ohne die Aufmerksamkeit der Umgebung auf sich zu ziehen. Sofort tauchten der Wachschutz des Kraftwerks und Polizei auf, die die Filmaufnahmen überwachten, berichtet die Zeitung. Nach Angaben der örtlichen Polizei-Inspektion verlief die Aktion jedoch ruhig und ohne Zwischenfälle.

Gewerkschaft: Kontakte mit Greta Thunberg eine ,,Dummheit“

Nach dem wenig befriedigenden Besuch im Kraftwerk ohne konkreten Informationen begab sich Greta Thunberg nach Oberschlesien, dem Herz des polnischen Steinkohle-Bergbaus. Sie war schon einmal dort beim Weltklima-Gipfel 2018 in Katowice. Damals war die kleine Greta aber noch kaum bekannt. Der große Medien-Hype folgte erst später, nachdem die Friday-for-future-Aktion weltweit ins Rollen kam. 2018 hatte die Umweltaktivistin allerdings in Katowice außer Konferenz-Räumen und bis an die Decke hochgespalten Schau-Vitrinen mit Steinkohle wenig vom Kohle-Bergbau in Oberschlesien und seinen Problemen gesehen und mitbekommen.

Im oberschlesischen Zabrze, wohin sich die schwedische Umwelt-Aktivistin diesmal begab, war man offensichtlich auf den Besuch vorbereitet. Es kam zu einem Treffen mit ,,Bergleuten“. Jerzy Hubka präsentierte sich danach stolz in seiner Bergmanns-Tracht mit der kleinen Greta in den sozialen Medien. ,,Wir haben uns mit Greta Thunberg im Bergwerk Makoszowy getroffen und waren danach mit ihrem Team im Bergwerk Guido, damit Greta einmal ein Bergwerk von unten sieht“, berichtet Hubka. Wir haben ihr gesagt, dass die Bergleute keine Änderungen und Umgestaltungen fürchten, vorausgesetzt man führt mit ihnen einen sachlichen Dialog und erarbeitet konkrete Kompromisse. ,,Wir haben auch betont, dass die Kohle-Bergwerke kein Co2 generieren und man sie mit modernen umweltfreundlichen Technologien ohne Verlust von Arbeitsplätzen ausstatten kann“.

Die Umweltaktivistin berichtet später, dass sie bei den polnischen Bergleuten auf Verständnis zu notwendigen Veränderungen zum Stopp des Klima-Wandels gestossen ist. Ob man der Umwelt-Aktivistin aber auch mitgeteilt hat, dass das von ihr besuchte Bergwerk Makoszowy bereits vor 5 Jahren stillgelegt wurde und das Bergwerk Guido ein als Schau-Bergwerk für die Öffentlichkeit allgemein zugängliches Museum ist, das ist nicht bekannt.
Die Leitung des Landesverbandes der Bergarbeiter-Gewerkschaft hat jedensfalls vom Besuch Wind bekommen und sich von den Treffen ihrer Gewerkschafts-Mitglieder im Bergwerk Makoszowy scharf distanziert. ,,Die Kontakte mit Greta Thunberg im Lichte von Fernseh-Kameras der BBC sind ein Ausdruck von Dünkel und Dummheit. Die Handlungen der Kollegen in Makoszowy sind schädlich für Polen“, heißt es in einer Erklärung der Gewerkschaft. Schädlich für Polen? Wem wundert eine solche Aussage in einem Land, wo Kohle als Brennstoff für Privat-Haushalte als ,,patriotische Kohle“ (,,Ekogroszek Patriot Plus“) angeboten wird.
Text Magda Szulc / infopol.PRESS

Foto: PL-MVI-Agentur

Polen drückt VW 120 Mio. Złoty-Strafe auf

Mehr als vier Jahre sind seit der Aufdeckung der ,,Diesel-Gate“-Affäre vergangen. Jetzt bläst dem Volkswagen-Konzern der Wind auch aus einem Land ins Gesicht, wo seine Fahrzeuge zu den populärsten Marken der heimischen Kraftfahrer gehören. Die polnische Wettbewerbs- und Verbraucherschutz-Behörde UOKIK hat der Volkswagen Group Polska jetzt wegen des Diesel-Skandals eine Strafe von rund 120 Mio. Zloty Wettbewerb und Verbraucherschutz UOKIK aufgebrummt.

Um der weitverbreiteten Pedanterie polnischer Amtsstuben Genüge zu tun, beträgt das Strafmaß genauer gesagt 120 677 288,00 Złoty. ,,Volkswagen hat die Höhe der Abgaswerte manipuliert und damit seine Kunden getäuscht, in dem die Fahrzeuge als umweltfreundlich dargestellt wurden. Darüber hinaus hat Volkswagen Richtlinien für Händler herausgegeben, wonach berechtigte Beschwerden über Stickoxid-Emissionen nicht beachtet werden sollten“ begründete Behörden-Chef Marek Niechciał die Strafe.

25 Aktenbände mit 5000 Seiten Beweis-Belegen habe seine Behörde seit 2016 angelegt. Sie belegen die Verbreitung von falschen Informationen in den Werbe-Materialien von VW. Darin wird suggeriert, dass die Fahrzeuge der Marken Volkswagen, Audi, Skoda und Seat die Anforderungen im Bereich der Abgas-Werte erfüllen. Weiterhin bezeugen sie die Angabe von falschen Stickoxid-Emissionswerten in den Übereinstimmungsbescheinigungen. In das Verfahren der Wettbewerbs- und Verbraucherschutz-Behörde war auch die Bezirks-Staatsanwaltschaft Warschau einbezogen. Inzwischen haben auch andere Staatsanwaltschaften in Polen Ermittlungen aufgenommen. So die Bezirks-Staatsanwaltschaft von Poznań. Sie prüft, ob der in der Vergangenheit am Standort Poznań produzierte VW Caddy – weltweit der einzige VW-Produktionsstandort des Stadt-Lieferwagens – auch vom Diesel-Skandal betroffen ist.

Die Strafe von 120 Mio. Zloty, das sind umgerechnet rund 28 Mio. Euro, ist die höchste, die das Amt bisher verhängt hat. Allerdings nur im Bereich von Verbraucherschutz-Angelegenheiten. Die Höchststrafe mit 40 Mio. Euro hatte die polnische Wettbewerbsbehörde erst kürzlich gegen das zum französischen Konzern Engie gehörende Unternehmen Engie Energy im Zusammenhang mit den Bau der Gaspipeline Nord Stream II durch die Ostsee verhängt.

Nur 40 Prozent der betroffenen Autofahrer an VW-Software-Update interessiert

Der Präsident des Amtes Niechciał betonte, dass seine Behörde ein weiteres Verbraucherschutz-Organ in Europa sei, dass im Diesel-Skandal eine Verfahren gegen den VW-Konzern zum Abschluß gebracht habe. In diesem Zusammenhang verwies er auf Italien. Die dortige Behörde hatte allerdings nur eine Strafe von 5 Mio. Euro gegen den deutschen Automobilkonzern ausgesprochen. Die wesentlich höhere Strafe in Polen begründete Niechciał u.a. auch damit, dass es im Laufe des Verfahrens keinerlei Vorschläge seitens des Autokonzerns zu einer Verständigung gegeben hatte. Mit keinen Wort erwähnte der Amts-Präsident allerdings die Update-Kampagne von Volkswagen. VW hatte bereits 2015 eingeräumt, in seinen Fahrzeugen mit den Motor EA189 eine Software eingebaut zu haben, die den Ausstoß von Stickoxiden nur auf dem Prüfstand, nicht aber im Verkehr auf der Straße sinken ließ. Gegenüber der EU-Kommission gab der Konzern das Versprechens ab, bis Ende 2017 alle 8,5 Millionen betroffenen Fahrzeuge einem Software-Update zu unterziehen. Dies fand auch in Polen statt. Anders als in Westeuropa und insbesondere in Deutschland nahmen in Polen nach Angaben der Technischen Fahrzeug-Aufsicht TDT nur 40 Prozent der Besitzer eines Fahrzeugs mit der manipulierten Software an der VW-Update-Aktion teil. In zahlreichen Artikeln in polnischen Fach-Medien und Foren war auf Erfahrungen in Schweden, Großbritannien und anderen Ländern mit dem Software-Update hingewiesen worden, wonach viele Fahrzeuge nach dem Update u.a. einen höheren Kraftstoff-Verbrauch, geringere Drehzahl-Dynamik, reduziertes Beschleunigungsvermögen usw. hatten. Die Mehrzahl der betroffenen polnischen Diesel-Fahrzeug-Besitzer verhielten sich daher pragmatisch und beließen alles beim Alten.

Einfuhr-Flut an Diesel-Gebrauchtwagen ungebrochen

Auch der massenhaften Einfuhr von Gebrauchtwagen mit Diesel-Antrieb nach Polen hat dies keinen Abbruch getan. Laut den eben vom Marktforschungs-Institut Samar veröffentlichten Zahlen wurden im zurückliegenden Jahr wieder wie in den Vorjahren über eine Million Gebrauchtwagen aus Westeuropa nach Polen eingeführt. Davon waren rund 43 Prozent Diesel-Fahrzeuge. Die meisten aller eingeführten Fahrzeuge stammen schon traditionell aus Deutschland – insgesamt 583 000. Und auch bei den Marken der eingeführten Gebrauchtwagen war Spitzenreiter wieder VW mit 118 000 Fahrzeugen.

Vor diesem Hintergrund hält sich in den Internet-Foren die Begeisterung über die gegen Volkswagen ausgesprochene Geldstrafe in Grenzen. In der Grundtendenz als positiv bewertet, ist jeden klar, dass die betroffenen Autofahrer von dem Geld nichts sehen werden, wenn VW die Geldstrafe zahlen sollte (die Strafe ist noch nicht rechtskräftig, VW kann dagegen Berufung einlegen). Das Geld würde der Staat einstreichen, die betroffenen Autofahrer gehen leer aus.

Foto: PL-MVI-Agentur

Text: © infopol.PRESS

Foto GEH / PL-MVI-Agentur

Geschützt: Polnischer Milliardär will Kernkraftwerk errichten

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