Foto: Jerzy Hubka/Faceb

Greta Thunberg in polnischer Kohle-Landschaft vorgeführt

Fast unbemerkt und von der Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen, ist jetzt ein Besuch der Umwelt-Aktivistin Greta Thunberg im polnischen Kraftwerk Bełchatów abgelaufen. Wie die örtliche Tageszeitung Dziennik Łódzki erst einige Tage später berichtet, reiste die schwedische Umwelt-Aktivistin mit einem E-Auto von Tesla an, begleitet von einem Fernseh-Team der BBC. Nach Angaben der Zeitung hatte sich das Team um eine Dreh-Genehmigung auf dem Gelände des Kraftwerks bemüht. Der Betreiber des Kraftwerks PGE, Polens größter Energiekonzern im Bereich der Stromwirtschaft, hatte jedoch eine Drehgenehmigung verweigert. Der  Konzern wird vom Staat kontrolliert.

Bełchatów ist mit einer Gesamtleistung von 5298 MW das größte Braunkohlen-Kraftwerk in Europa. Mit der jährlichen Produktion von 35 TWh versorgt es fast 11,5 Mio. Privathaushalte mit Strom. Das macht einen Anteil an der Landes-Produktion von rund 22 Prozent aus. Bełchatów ist jedoch auch der größte Umwelt-Verschmutzer und Schadstoff-Emittent. Nicht nur in Polen, sondern in ganz Europa. Jährlich werden dort rund 45 Mio. t Braunkohle verbrannt. Dabei werden zwischen 30 und 40 Mio. t Co2 freigesetzt. Das ist mehr als ganz Irland oder die Slowakei an umweltschädlichen Gasen ausstösst. Nicht nur für Greta Thunberg  ein Symbol der Umwelt-Zerstörung.

Foto: Greenpeace Polska

Bereits im vergangenen Jahr hatten Aktivisten von Greenpeace Polska nach der Blockade-Haltung Polens beim EU-Gipfel im Juni zur Klima- Neutralität  in einer nächtlichen Aktion einen der Kühltürme des Kraftwerks mit dem Konterfei von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (PiS) bestrahlt. Darunter setzten sie das Wort ,,Schande“ in polnischer und englischer Sprache.

Die Aktion erzielte allerdings kaum Wirkung, zumindest nicht in der Gemeinde Kleszczów, auf deren Territorium sich das Kraftwerk befindet. Kleszczów, im Volksmund gelegentlich als ,,polnisches Kuweit“ bezeichnet, ist seit Jahren die reichste Gemeinde in Polen mit Steuer-Einnahmen pro Einwohner von umgerechnet 10 000 ‚Euro. Trotz der alltäglichen Umweltbelastung durch das Kraftwerk will hier keiner der Einwohner wegziehen, da ihnen hier hohe Sozial-Standards geboten werden wie nirgendwo in Polen.

Und eben auf der öffentlichen Aussichts-Terrasse der Gemeinde hatten Greta Thunberg und ihr Team Stellung bezogen, um nach der Absage durch den Energiekonzern dort ihre Filmaufnahmen zu machen. Ein Fremder kann dort aber kaum Foto- und Filmaufnahmen machen ohne die Aufmerksamkeit der Umgebung auf sich zu ziehen. Sofort tauchten der Wachschutz des Kraftwerks und Polizei auf, die die Filmaufnahmen überwachten, berichtet die Zeitung. Nach Angaben der örtlichen Polizei-Inspektion verlief die Aktion jedoch ruhig und ohne Zwischenfälle.

Gewerkschaft: Kontakte mit Greta Thunberg eine ,,Dummheit“

Nach dem wenig befriedigenden Besuch im Kraftwerk ohne konkreten Informationen begab sich Greta Thunberg nach Oberschlesien, dem Herz des polnischen Steinkohle-Bergbaus. Sie war schon einmal dort beim Weltklima-Gipfel 2018 in Katowice. Damals war die kleine Greta aber noch kaum bekannt. Der große Medien-Hype folgte erst später, nachdem die Friday-for-future-Aktion weltweit ins Rollen kam. 2018 hatte die Umweltaktivistin allerdings in Katowice außer Konferenz-Räumen und bis an die Decke hochgespalten Schau-Vitrinen mit Steinkohle wenig vom Kohle-Bergbau in Oberschlesien und seinen Problemen gesehen und mitbekommen.

Im oberschlesischen Zabrze, wohin sich die schwedische Umwelt-Aktivistin diesmal begab, war man offensichtlich auf den Besuch vorbereitet. Es kam zu einem Treffen mit ,,Bergleuten“. Jerzy Hubka präsentierte sich danach stolz in seiner Bergmanns-Tracht mit der kleinen Greta in den sozialen Medien. ,,Wir haben uns mit Greta Thunberg im Bergwerk Makoszowy getroffen und waren danach mit ihrem Team im Bergwerk Guido, damit Greta einmal ein Bergwerk von unten sieht“, berichtet Hubka. Wir haben ihr gesagt, dass die Bergleute keine Änderungen und Umgestaltungen fürchten, vorausgesetzt man führt mit ihnen einen sachlichen Dialog und erarbeitet konkrete Kompromisse. ,,Wir haben auch betont, dass die Kohle-Bergwerke kein Co2 generieren und man sie mit modernen umweltfreundlichen Technologien ohne Verlust von Arbeitsplätzen ausstatten kann“.

Die Umweltaktivistin berichtet später, dass sie bei den polnischen Bergleuten auf Verständnis zu notwendigen Veränderungen zum Stopp des Klima-Wandels gestossen ist. Ob man der Umwelt-Aktivistin aber auch mitgeteilt hat, dass das von ihr besuchte Bergwerk Makoszowy bereits vor 5 Jahren stillgelegt wurde und das Bergwerk Guido ein als Schau-Bergwerk für die Öffentlichkeit allgemein zugängliches Museum ist, das ist nicht bekannt.
Die Leitung des Landesverbandes der Bergarbeiter-Gewerkschaft hat jedensfalls vom Besuch Wind bekommen und sich von den Treffen ihrer Gewerkschafts-Mitglieder im Bergwerk Makoszowy scharf distanziert. ,,Die Kontakte mit Greta Thunberg im Lichte von Fernseh-Kameras der BBC sind ein Ausdruck von Dünkel und Dummheit. Die Handlungen der Kollegen in Makoszowy sind schädlich für Polen“, heißt es in einer Erklärung der Gewerkschaft. Schädlich für Polen? Wem wundert eine solche Aussage in einem Land, wo Kohle als Brennstoff für Privat-Haushalte als ,,patriotische Kohle“ (,,Ekogroszek Patriot Plus“) angeboten wird.
Text Magda Szulc / infopol.PRESS