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Polen löst Frisches Haff aus dem russischen Joch

Foto: NDI/Besix

Im Rahmen eines Staatsaktes hat Polens Staatspräsident Andrzej Duda jetzt offiziell den Durchbruch-Kanal durch die 70 Kilometer lange Frische Nehrung (Mierzeje Wiślana) eröffnet. Damit erhält Polen unabhängig von Russland einen direkten Zugang des Frischen Haffs zur Ostsee. Der Kanal sichere ,,Polen seine Sicherheit und die Wiedererlangung der Souveränität der eigenen Grenze”, hieß es bei der Eröffnung.

Der Durchstich-Kanal war bereits im Juni dieses Jahres geflutet worden. Dass seine offizielle Eröffnung auf den 17.September gelegt wurde, ist kein Zufall. Vor 83 Jahren marschierte die Rote Armee nach dem Überfall Deutschlands auf Polen am 17.September im Ergebnis des geheimen Zusatzprotokolls zum Hitler-Stalin Pakt in die von Polen verwalteten Gebiete östlich des Bugs und der Westukraine ein.
Nach der Gebiets-Neuordnung im Ergebnis des Zweiten Weltkriegs offenbarte das Frische Haff auch reichlich Konflikt-Potenzial mit der Sowjetunion und später Russland. Etwa anderthalbmal so groß wie der Bodensee gehören rund 330 km² des 840 km² großen Gewässers zu Polen. Der andere Teil zur russischen Exklave Kaliningrad (früher Königsberg).

Durch die Nehrung von der Ostsee getrennt

Das Haff war bisher durch die Frische Nehrung (Mierzeje Wiślana), eine rund 70 Kilometer lange und 1 bis 2 Kilometer breite Landzunge von der Ostsee abgetrennt. Der einzige Zugang zum Haff, das im deutschen Geschichts-Gedächtnis einen besonderen Platz einnimmt (über sein zugefrorenes Gewässer führten 1945 unter den Beschuß russischer Flieger die Flüchtlings-Trecks aus Ostpreußen in Richtung Westen), bestand über das Pillauer Seetief ((Baltijsk) auf russisches Seite.
Zwar hatte sich die Sowjetunion nach 1945 verpflichtet, Handelsschiffen unter polnischer Flagge eine freie Durchfahrt durch das Pillauer Seetief in das Frische Haff zum Hafen von Elblag (früher Elbingen) zu gewähren. Diese Verpflichtung wurde jedoch nie eingehalten. Mit dem Ausbau von Baltijsk/Pillau zum Stützpunkt ihrer baltischen Flotte schlossen die Sowjets und später Russland unter Putin die Durchfahrt polnischer und ausländischer Handelsschiffe durch das Pillauer Seetief in das Haff zum Hafen von Elbląg.

Kaczyński legt selbst Hand an

Foto-Ausschnitt Youtube

Es war ein Abgeordneter des polnischen Parlaments, der bereits in den 90er Jahren in seinem Wahlkreis Elblag einen Durchbruch der Frischen Nehrung und den Bau eines Durchstichkanals für einen polnischen Zugang des Haffs zur Ostsee zu seinem zentralen Wahlkampf-Thema macht. Dieses Parlamentarier war der damalige Senator Jarosław Kaczyński. Nach zwischenzeitlichen Regierungswechseln wurde schließlich 2016 der Durchbruch der Nehrung zum Haff als Projekt von strategischer Bedeutung eingestuft. 2020 begannen die Bauarbeiten.  PiS-Parteichef Kaczyński  selbst stellte vorher noch in einem symbolischen Akt den letzten Vermessungsstab im Ostsee-Sand auf.

Bei den Einwohnern und der Verwaltung Elbląg fand der Durchstich durch die Nehrung mit dem Kanalbau eifrige Befürworter, weil sie sich dadurch eine wirtschaftliche Belebung für ihren Standort erhoffen.

Es gab jedoch auch Widerstand. Umweltschützer befürchten, dass es durch den Durchbruch zur Ostsee zu einer Vermischung von Salz- und Süßwasser kommen könnte. Flora und Fauna mit seltenen Arten im Haff seien dadurch gefährdet.

Schnitt durch das Natur-Paradies

Foto: PL-Agentur

Auch bei Anwohnern regte sich Widerstand. Die als Umweltschutz-Gebiet ausgewiesene Frische Nehrung ist ein einzigartiges Natur-Paradies. Abgesehen vom Massen-Tourismus in Krynica Morska findet man hier abseits von der üblichen Rummel-Atmosphäre in polnischen Ostseebädern noch kilometerweite menschenleere Strände.

Finanzierung ohne EU-Fördergelder

 

Kritik am Kanalbau kommt auch von der Opposition. Insbesondere wegen der – aus polnischer Sicht – gigantischen Kosten. Ohne EU-Fördermittel werden die Kosten vollständig aus dem polnischen Staatshaushalt getragen. Ursprünglich wurden die Investitionskosten auf 900 Mio. Zloty kalkuliert. Bereits 2020 korrigierte das Infrastruktur-Ministerium die Kosten auf 2 Mrd. Zloty nach oben. Tatsächlich dürften die tatsächlichen Kosten durch die inzwischen gestiegenen Baupreise und noch weitere notwendige Bauarbeiten deutlich höher liegen. Bislang ist der von dem polnischen Unternehmen NDI und der belgischen Wasserbau-Firma Besix gebaute Durchstich-Kanal nur die erste fertiggestellte Phase des Projekts. Der Durchstich-Kanal erlaubt Schiffen mit einer Länge von 100 Metern und Breite von 20 Metern sowie einem Tiefgang von 4,50 Metern die Durchfahrt. Danach ist es für Schiffe dieser Größenordnung erst einmal Schluss. Bis zum Hafen von Elbląg durch das Haff und den Fluss Elbląg sind es noch 25 Kilometer. Die bestehende Wasserstraße muss vertieft, notwendige Uferbefestigungen ausgebaut werden.

Foto: NDI/Besix

Die PiS-Regierung verbindet mit dem Durchstich-Kanal die Zielstellung, den wirtschaftlich daniederliegenden Hafen von Elbląg neues Leben einzuhauchen. Aus den großen-Häfen von Danzig und Gdynia sollte nach den Vorstellungen ihrer Planungsstrategen die ständig steigende Container-Fracht aus China und anderen asiatischen Ländern auf Feeder-Schiffe umgeladen und über den Durchstich-Kanal und das Haff zum Hafen von Elbląg weiter verfrachtet werden.

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Aus 282 Rohren illegale Abwässer in die Oder

Foto: Wody Polskie

Im Ergebnis einer parlamentarischen Kontrolle bei der staatlichen Wassergesellschaft Wody Polskie haben Abgeordnete der Oppositionspartei PO massive Ableitungen von Industriegewässern ohne behördliche Genehmigung in die Flüsse festgestellt. Allein an der Oder wurden 282 Fälle identifiziert, die möglichweise für das Fischsterben und die ökologische Katastrophe an dem durch Polen und Deutschland fließenden Fluss verantwortlich sein können.
Die ökologische Katastrophe an der Oder ist inzwischen zu einem erstrangigen Streit-Thema zwischen Opposition und der Regierungspartei im Vorfeld der im kommenden Jahr anstehenden Wahlen geworden. So sind Abgeordnete der Oppositionspartei PO unter Führung von Ex-Premier und Ex-EU-Ratsvorsitzenden Donald Tusk im Ergebnis einer parlamentarischen Kontrolle bei Wody Polskie zu erschreckenden Ergebnissen bei der Gewässer-Verschmutzung durch die illegale Ableitung von Industrie-Abwässern gekommen.

Wody Polskie ist die staatliche Wassergesellschaft. Sie wurde erst 2018 von der nationalkonservativen PiS-Regierung gegründet. Nach dem Vorbild der staatlichen Forstverwaltung, die seit Jahrzehnten in Polen als ,,Staat im Staate“ agiert, wurden die Beamten der Wassergesellschaft mit eigenen Uniformen im Blauton ähnlich der Marine mit goldfarbenen Ärmelstreifen ausgestattet. Für die Opposition hatte dagegen die zentralistisch geführte Behörde keinen Daseins-Zweck. Sie diene auf der Führungsebene nur zur Versorgung von parteitreuen Kadern der Regierungskoalition und ihren Angehörigen. So ist z.B. der stellvertretende Generaldirektor der Wassergesellschaft privat der Mann an der Seite von Klima- und Umweltschutz-Ministerin Anna Moskwa.

In Verbindung mit der ökologischen Katastrophe an der Oder haben Abgeordnete der Oppositionspartei im Rahmen einer parlamentarischen Kontrolle jetzt die Unterlagen der staatlichen Wassergesellschaft geprüft. Deren auf einer Pressekonferenz im polnischen Parlament vorgestellten Ergebnisse haben in der Öffentlichkeit für Furore gesorgt und setzen die Regierung weiter unter Druck. Laut dem Bericht wurden in den Unterlagen der Wassergesellschaft 429 erteilte wasserrechtliche Genehmigungen zur Einleitung von Industrie-Abwässern in die Oder festgestellt. Darunter befände sich auch eine von der Wassergesellschaft erteilte Genehmigung an ein Unternehmen im schlesischen Kędzierzyn-Koźle, das auf Grundlage dieser Genehmigung jährlich 6000 m3 einer umweltschädlichen Substanz in die Oder einleitet. Dies würde laut dem Bericht der Abgeordneten Phosphor und Schwefel enthalten.
Gleichzeitig haben die Parlamentarier 282 Fälle der illegalen Ableitung von Industriegewässern in die Oder ohne Genehmigung identifiziert. ,,Das bedeutet, dass nicht bekannt ist, welche Substanzen in die Oder eingeleitet wurden“, sagte der PO-Parlamentarier Dariusz Joński. Nur 20 der 282 Fälle der illegalen Gewässer-Einleitung seien bei der Polizei zur Anzeige gebracht wurden. Laut Joński haben die zuständigen Institutionen und ihre Beamten genau über die Situation an der Oder gewusst, jedoch nicht die Informationen weitergeleitet oder entsprechende Maßnahmen dagegen ergriffen. ,,Wir haben es hier mit einem Informations-Chaos und einem fehlenden Informationssystem über die Wasser-Qualität in den Flüssen zu tun.“

Eine ähnliche Einschätzung zum Umgang mit den Wasser-Ressourcen, wenn auch aus einen anderen Blickwinkel, hat jetzt auch die NIK in einem kürzlich veröffentlichen Bericht getroffen. Die NIK ist Polens oberste Kontrollkammer, die weitgehend unabhängig von der Regierung die Verwendung von öffentlichen Geldern prüft.
Polen gehört bei der Verfügbarkeit der Wasserressourcen mit 60 Mrd. m³ Wasser zu den wasserärmsten Ländern Europas. Bei Trockenheit und Dürre stehen sogar nur 40 Mrd. m³ Wasser zur Verfügung. Statistisch ergibt das pro Kopf der Bevölkerung eine Verfügbarkeit von 1600 m³ jährlich. Laut UNO führt eine jährliche Verfügbarkeit von unter 1700 m³ pro Einwohner zum sogenannten Wasserstress. In Europa haben nur die Inselstaaten Malta und Zypern sowie die benachbarte Tschechische Republik ein schlechteres Ergebnis.

Verlust von Millionen Liter Wasser durch Miss-Management in der Wasserwirtschaft

Vor dem Hintergrund der beschränkten Wasser-Verfügbarkeit haben die NIK-Inspektoren nun im Zeitraum von 2019 bis 2021 den Umgang mit den Wasser-Ressourcen in 20 kommunalen Wasser- und Abwassergesellschaften sowie Trinkwasser-Aufbereitungsstationen geprüft. Auf 101 Seiten ihres öffentlich zugänglichen Berichts kritisieren sie eine massive Verschwendung von Grund- und Trinkwasser infolge einer von Miss-Management geprägten uneffektiven Bewirtschaftung der Wasser-Ressourcen. Im Kontroll-Zeitraum kam es zu insgesamt 1800 Havarien in den Leitungs-Netzen. Die damit im Zusammenhang entstandenen Wasser-Verluste beziffert die NIK mit rund 5,3 Mio. m³. In mehr als der Hälfte der geprüften Unternehmen überstiegen die Wasserverluste 30 Prozent des behandelten und in das Rohrleitungsnetz eingespeisten Wassers. Bei fast der Hälfte der Betriebe wurde mehr Wasser verschwendet als ins Netz eingespeist.

„Ausfälle des Wasserversorgungsnetzes wurden hauptsächlich durch den schlechten technischen Zustand, der Abnutzung und des Alters des Wasserversorgungsnetzes sowie durch Schäden während der Reparatur-Arbeiten verursacht“, erklärte die NIK. 67 Prozent der Leitungs-Netze hatten dabei ein Alter von 20 bis 60 Jahren.

Bezeichnend für den Zustand und das Management der Leitungsnetze ist auch der Umstand, dass bei 40 Prozent der geprüften Betriebe keine Informationen über das Alter ihrer Wasserleitungen vorlagen und man bei einem Drittel der Betriebe überhaupt nicht wusste, aus welchem Material die Rohrleitungen sind.
In einem Betrieb waren überhaupt keine Angaben verfügbar, wieviel Gebäude an das Wasser- und Abwassernetz des Unternehmens angeschlossen sind. Auch Angaben über Gebäude mit örtlich stationärer Abwasser-Anlage waren unbekannt.

Ein wilder Müll-Abladeplatz mit Schadstoffen In der unmittelbaren Nachbarschaft einer nicht abgesicherten Trinkwasser-Entnahmestelle. Foto: NIK

Im Zusammenhang mit beanstandeter Trinkwasser-Qualität werden in dem NIK-Bericht auch die mangelhafte Absicherung und Kontrolle von Trinkwasser-Schutzgebieten kritisiert. Auf dem Gelände der zum Oder-Anliegerkreis Słubice gehörenden Gemeinde Górzyca befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft der Trinkwasserentnahme-Stelle eine Deponie mit gefährlichen Abfällen und Gebäude mit Massentierhaltung und dem nicht vorschriftsgemäßen Umgang mit Düngemitteln.

© André Jański / infopol.PRESS

Polnische Regierung beordert Soldaten an die verseuchte Oder

Foto: OSP Gostchorze

Das Fischsterben an der Oder geht weiter. Die polnischen Feuerwehren melden bereits 28 Tonnen geborgener toter Fische. Inzwischen hat die polnische Regierung Soldaten an den verseuchten Fluss beordert. Nachdem die seit zwei Wochen anhaltende ökologische Katastrophe in dem grenzüberschreitenden Fluss sich nicht mehr vertuschen ließ, hat Regierungschef Mateusz Morawiecki die Chefs der Umweltschutz-Behörde und der staatlichen Wasserbetriebe entlassen. Über die Ursachen des Fischsterbens gibt es weiter keine gesicherten Erkenntnisse. Polnische Regierungsvertreter haben einen Bericht des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) über eine hochgradige Konzentration von Quecksilber in den vom Landeslabors Berlin-Brandenburg vorgenommenen Wasserproben heftig dementiert.

,,Wir sind nicht in der Lage, Worte für das finden, was sich hier ereignet hat und weiter stattfindet“. Das ganze Ausmaß der Katastrophe in der Oder, für das die Kameraden der örtlichen Feuerwehr von Gostchorze keine Worte finden, illustriert ihr ins Netz gestellte Foto (Siehe oben). Die Ufer-Gefilde sind übersät mit den Kadaver von Tonnenweise toten Fischen. Gostchorze liegt rund 80 Kilometer östlich des Zusammenflusses von Oder und Neiße bei Ratzdorf.
Das Foto von der aktuellen Situation am Mittellauf der Oder macht deutlich, was auf die Regionen am Unterlauf der Oder noch zukommen könnte. Das Fischsterben hat sich inzwischen flußabwärts bei Frankfurt an der Oder, den Küstriner Vorland bis nach Schwedt und Stettin (Szczecin) fortgesetzt, allerdings noch nicht in den Dimensionen wie am Mittel-Lauf der Oder. Die brandenburgischen Umweltbehörden haben daraufhin sofort Wasserproben gezogen.
Laut einem Bericht des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) vom Donnerstag haben Mitarbeiter des Landeslabors Berlin-Brandenburg in den Wasserproben Quecksilber in hoher Konzentration festgestellt. Dieses Quecksilber-Befund wurde vom Staatsekretär im polnischen Klima- und Umweltministerium, Jacek Ozdoba heftig dementiert. Auf einem Presse-Briefing erklärte er, dass alle von der polnischen Umweltbehörde gezogenen Wasserproben keinen erhöhten Quecksilber-Gehalt aufweisen. Die Quecksilber-Konzentration in den polnischen Wasserproben lege weit unterhalb der zulässigen Grenzwerte.

Absurde Behauptung: Havarie in Deutschland Ursache für Quecksilber in der Oder

Der Sprecher der Obersten Umwelt-Behörde GIOŚ , Maciej Karczyński, setzte dem noch einen darauf mit der Bemerkung, dass der RBB-Bericht mit dem Quecksilber-Befund reine Panikmache sei. In einem Interview mit dem Radio-Sender RMF FM schloss er sogar nicht aus, dass die Deutschen für das Fischsterben verantwortlich sind. In dem Interview stellte er die Frage, ,,Weshalb geht niemand davon aus“, dass der Eintrag einer schädlichen Substanz auf dem deutschen Gebiet erfolgt sei, und ,,nur sofort auf Polen gezeigt wird“. Ganz im Sinne der seit Jahren von der PiS-Regierungspolitik propagierten ideologischen Grundlinie behauptete er, insofern die Deutschen ,,irgendeinen Ausfluss“ festgestellt haben, sei es ja nicht auszuschließen, dass es gerade dort zu einer Havarie gekommen sei. Auf die Bemerkung des RMF-Reporters, der die Absurdität dieser Behauptung aufgreifend darauf hinwies, dass dann ja das Wasser der Oder entgegen den Strom nicht abwärts, sondern aufwärts fließen müsste, blieb der ehemalige Polizist und Sprecher des polnischen Innengeheimdienstes ABW eine Antwort schuldig.

Behörden war Fischsterben war seit längerer Zeit bekannt

Fakt ist, dass die Vergiftung der Oder den polnischen Behörden bereits schon längerer Zeit bekannt war. Schon Ende Juli hatten Fischer und Angler vermehrt tote Fische im Kanal von Olawa gemeldet. Olawa ist eine Kleinstadt an der Verwaltungsgrenze zum Oppelner Land. Mehrere Betriebe, die polymer-chemische Produkte verarbeiten, haben dort direkt am Kanal ihren Standort. Auch eine auf die Toilettenpapier-Herstellung spezialisierte Papierfabrik liegt direkt am Gewässer. Am 26. und 27. Juli hatte die regionale Umweltbehörde von Breslau nach Hinweisen aus der Bevölkerung mehrere Wasserproben am Kanal gezogen, darunter auch an den Schleusen und den Wehr mehrere Kilometer stromaufwärts in Richtung des Gleiwitzer Kanals (Kanal Gliwicki), der das Industrierevier von Oberschlesien mit der Oder verbindet.
In allen gezogenen Wasserproben wurden Substanzen von zyklischen und aromatischen Kohle-Wasserstoffen festgestellt. Zudem wurde in den an den Schleusen oberhalb des Kanals und in Oława entnommenen Wasserproben die giftige Substanz Mesitylen nachgewiesen. Es wurden zwar die in der Beamten-Kodex vorgeschriebenen üblichen Ermittlungen eingeleitet. Maßnahmen, die verhindern, dass die verseuchten Gewässer aus dem Oder-Kanal von Oława in die Oder gelangen wurden jedoch nicht getroffen. Erst zwei Wochen später am 11.August reagierte die Regierung, nachdem und eine Flut an alarmierenden Berichten in den sozialen Medien auf die Ausmaße der Katastrophe in der Oder aufmerksam machte und sich das Fischsterben nicht weiter verschleiern ließ.

Das Vorgehen der Regierung erfolgte dabei nach den üblichen Mustern. Eigene Fehler werden nicht eingeräumt. Schuld haben immer die anderen. Die Oder sei nicht so in einem solchen Maße verunreinigt, wie es die Umwelt-Aktivisten propagieren“. Gemeint sind damit die Angler, Fischer, Mitarbeiter von Kommunalverwaltungen und andere Freiwillige, die die toten Fische einsammeln. Symptomatisch dafür ist das Auftreten des Staatssekretärs im Infrastruktur-Ministeriums Grzegorz Witkowski, dem die Wasserwirtschaft untersteht. Noch am Donnerstag erklärte er öffentlich, er könne den Anglern mit reinen Gewissen versichern, dass sie in Ruhe angeln gehen und die Anwohner in die Oder zum Baden gehen können“. 24 Stunden später sprach er dann schon von einer großen ökologischen Katastrophe an der Oder. Damit im Zusammenhang wurde ein amtliches Verbot zum Angeln und zum Zugang an die Oder ausgesprochen.

Bisher 28 Tonnen verendete Fische aufgesammelt

Foto: MON

Das Verteidigungsministerium hat inzwischen 150 Soldaten der territorialen Selbstverteidigungskräfte an die Oder beordert, die den Feuerwehren bei der Beseitigung und Entsorgung der Fisch-Kadaver helfen sollen. Nach Angaben der Feuerwehr-Kommandos wurden mit Stand vom 12. August bisher 28 Tonnen verendeter Fische aufgesammelt.
Die Regierung hat inzwischen 1 Million Zloty als Belohnung für Hinweise auf den oder die Täter ausgelobt, die toxische Substanzen in die Oder als Ursache für das Fischsterben eingeleitet haben. In sozialen Medien wird dies als Demagogie bezeichnet. Die Regierung wisse doch selbst genau, wer die Täter sind, verschleiert dies jedoch, damit nicht herauskommt, dass staatliche Behörden Mitschuld am Fischsterben haben. So wird seit Tagen in den Medien spekuliert, dass der Toiletten-Papierproduzent Jack-Pol in Oława in der Vergangenheit mehrfach, zuletzt am 3.August Abwässer aus seinem Betrieb in den Oder-Kanal geleitet habe und dafür die Zustimmung des staatlichen Wasserwirtschaftsbetriebs Wody Polskie hatte. Der Wasserwirtschaftsbetrieb hat dies inzwischen dementiert und erklärt, den Papier-Produzenten keine Genehmigung zur Einleitung von Abwässern in den Oder-Kanal gegeben zu haben.

Kritik der Opposition an der Regierung

Regierungschef Morawiecki hat jetzt zwar den Chef der staatlichen Wasserwirtschaft und der zentralen Umweltschutz-Behörde entlassen. Für die Opposition sind dies jedoch nur Bauernopfer. Jarosław Gowin, der noch vor zwei Jahren Vizepremier war und im Konflikt mit PiS-Parteichef Kaczynski als kleiner Koalitionäre mit seiner Partei Porozumienia aus der Regierung ausschied, kommentierte dazu auf Twitter: Ich bin gespannt darauf, wie Morawiecki und die PiS-Partei in den nächsten Tagen versuchen wird aus ihrer Verantwortung für die ökologische Katastrophe an der Oder zu entfliehen. Er schloss mit der ironischen Bemerkung ab: ,,Möglicherweise erfahren wir dann, dass ich, Donald Tusk, Władysław Kosiniak-Kamysz (Chef der Bauernpartei PSL – d. R.) und andere Politiker der Opposition – in Abstimmung mit den Deutschen – persönlich Quecksilber in die Oder gegossen haben.“

© André Jański / infopol.PRESS

Polen rüstet mit koreanischen Kampfjets und 1000 Panzern auf

 

Koreanische Panzer rollen nach Polen. Foto: Verteidigungsministerium der Republik Korea (Südkorea)

Polen hat im Juli drei große Rüstungs-Aufträge im Wert von über 20 Mrd. Euro ausgelöst. Der größte Rüstungs-Deal wurde dabei mit der Unterzeichnung eines Vertrages zur Lieferung und Produktion von südkoreanischen Waffen-Systemen in Polen abgeschlossen, darunter 1000 Panzern und 680 Panzer-Haubitzen.

Mit den Worten ,,Wir müssen eine geschlossene, bewaffnete und mutige Nation sein“, hat PiS-Parteichef Jarosław Kaszyński auf einer seiner zahlreichen Wahlkampfveranstaltungen, die er gegenwärtig in ganz Polen abhält, die Erhöhung der Militär-Ausgaben begründet. Sie sollen schrittweise in den nächsten Jahren auf 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht werden. Bezogen auf die jeweilige nationale Wirtschaftsleistung wäre das von allen NATO-Staaten das höchste Ausgaben-Niveau.

Kaczyńskis Worten sind bereits Taten gefolgt. Seit Anfang Juli hat das polnische Verteidigungsministerium bereits drei große Rüstungs-Verträge im Wert von über 20 Mrd. Euro abgeschlossen.

Vertragsunterzeichnung für Militär-Hubschrauber AW 149. Foto: MON

Bereits Anfang Juli hat das Verteidigungsministerium in Warschau mit der italienischen Leonardo-Gruppe einen Vertrag über die Lieferung von 32 Mehrzweck-Militärhubschraubern vom Typ AW 149 unterzeichnet. Die ersten Hubschrauber werden bereits im kommenden Jahr für die polnische Armee einsatzbereit sein, frohlockte Vizepremier und Verteidigungs-Minister Mariusz Błaszczak, freilich dabei aussparend, dass seine Regierungspartei 2016/2017 einen bereits von der Vorgänger-Regierung auf dem Weg gebrachten Vorvertrag über die Lieferung von 50 französischen Airbus Helicopters an die polnische Armee für ungültig erklärt hatte.

Weitere Abrams-Panzer aus den USA

Im Juli hat das polnische Verteidigungs-Ministerium auch eine Vereinbarung über den Kauf von weiteren 116 Abrams-Panzern aus den USA geschlossen. Der Kauf erfolgt unabhängig von der bereits im vergangenen Jahr getroffenen Vereinbarung zum Kauf von 250 schweren Abrams-Panzern des neuesten Typs M1A2 im Wert von über mindestens 5 Mrd. Euro. Bei den jetzt gekauften 116 Panzern handelt es sich allerdings um Abrams-Panzer älteren Typs aus den Beständen der US-Armee. Über den Vertragswert wurden keine Angaben gemacht.

Nach Angaben von Verteidigungs-Minister Błaszczak werde mit den veralteten Abrams-Panzern eine Lücke geschlossen, die nach der Übergabe von 240 polnischen T-72 Panzern sowjetischer Bauart an die Ukraine entstanden ist.
Seit Wochen wirft Polen Deutschland vor, einen vereinbarten Ringtausch für die an die Ukraine gelieferten polnischen Panzer nicht einzuhalten. Polen wünschte sich zunächst eine 1:1 Kompensation durch deutsche Leopard-2-Panzer. Deren Zahl wurde dann reduziert. Die FDP-Verteidigungs-Expertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat unterdessen Polen eine überzogene Erwartungshaltung vorgeworfen. ,,Wir können uns die gewünschten Panzer nicht einfach aus den Rippen schneiden” sagte sie der ,,Zeit“ . Die deutsche Bundesregierung habe 20 Stück im Laufe des kommenden Jahres zugesagt, weil diese erst bereitgestellt werden müssen.”

Der Kauf der gebrachten amerikanischen Abrams-Panzer ist offensichtlich eine Reaktion auf den von Polen gewünschten und nicht erfolgten Ringtausch mit Deutschland. Allerdings werden die ersten Auslieferungen der amerikanischen Abrams-Panzer der ältere Versionen erst Anfang kommenden Jahres beginnen. Und dies – im Unterschied zu Deutschland – ohne polnische Vorwürfe gegenüber den USA.

Den größten Rüstungs-Deal hat Polen jedoch jetzt mit der Unterzeichnung eines Vertrages zur Lieferung und Produktion von sudkoreanischen Waffen-Systemen in Polen abgeschlossen. Der Vertrag mit Südkorea über eine umfassende Verteidigungspartnerschaft umfasst in zwei Etappen 1000 Panzer, über 670 Panzer-Haubitzen, mehrere Hundert Mehrfach-Raketenwerfer und mindestens 50 Kampfflugzeuge.

,,Wir haben gegenwärtig keine Möglichkeiten, neue F-16-Kampfflugzeuge aus den USA zu bekommen,” sagte Verteidungsminister Błaszczak gegenüber dem Militär-Magazin Defense24.pl. Darüber habe man mehrfach mit den amerikanischen Partnern gesprochen. ,,Wir können jedoch nicht länger warten”, begründete Błaszczak den Kauf von drei Staffeln, also 48 südkoreanischen Kampf-Flugzeugen vom Typ FA-50. Die ersten südkoreanischen Flugzeuge sollen bereits im kommenden Jahr in Polen eintreffen. Eine noch schnellere Lieferung ist bei den 180 gekauften südkoreanischen Panzern vom Typ K-2 vereinbart. Die ersten Panzer sollen bereits in diesem Jahr in Polen eintreffen.

Polen wird zur europäischen Produktions-Basis für gepanzerte Fahrzeuge aus Südkorea 

Das Kampf-Flugzeug FA-50 ist außer bei der koreanischen Luftwaffe bislang nur in geringer Stückzahl in Indonesien, den Philippinen sowie Thailand im Einsatz. Der insbesondere in den sozialen Medien aufkommenden Kritik an den Rüstungs-Deal trat Błaszczak mit der Erklärung entgegen, dass neben der schnellen Lieferung die Kompatibilität der südkoreanischen Militär-Technik mit amerikanischen Systemen den Ausschlag für die Kauf-Entscheidung gegeben habe. Bei der Konstruktion und der Entwicklung der südkoreanischen Waffen-Systeme seien US-Unternehmen beteiligt gewesen. Die erste Phase der Lieferung von südkoreanischen Waffen-Systemen, einschließlich von mobilen Artillerie-Systemen hat einen Vertragswert von rund 65 Mrd. Złoty, (rund 14,5 Mrd. Euro).

In einer zweiten Phase sieht die mit Südkorea vereinbarte Rüstungskooperation die Verlagerung und Massenproduktion gepanzerter Fahrzeuge aus Südkorea in Polen vor. Ab 2024 sollen die vom Konzern Hyundai Rotem gelieferten Kampf-Panzer vom Typ K-2 ,,polonisiert” werden, also in einer den Bedürfnissen der polnischen Armee angepassten Version aufgerüstet werden.

Ab 2026 ist dann die Produktion von 820 Stück des in der polnischen Version aufgerüsteten Kampfpanzer K2-PL geplant. Polen hätte damit mehr Panzer als die französische, britische Armee oder die Bundeswehr und damit nach Russland die zweitgrößte Panzer-Waffe Europas.

Auch nach dem Kauf von 48 Panzer-Haubitzen in der ersten Vertrags-Phase sollen die nachfolgend in Südkorea  bestellten 640 Haubitzen vom Typ K-9 bereits im Standard K9-PL in Polen produziert werden. Auf diese Weise soll die polnische Rüstungs-Industrie zur tragenden Säule für gepanzerte Fahrzeuge südkoreanischer Bauart in Europa entwickelt werden.

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Neue Erdgas-Förderstätte an der Grenze zu Deutschland

Foto: PGNiG

Der polnische Erdgas-Versorger PGNiG hat jetzt hat mit der Erschließung einer weiteren Erdgas- und Erdölförderstätte in der Nähe zur deutschen Grenze begonnen. Das Förderfeld befindet sich wenige Kilometer östlich des Grenzübergangs Kostrzyn entfernt. Bereits in den 90er Jahren hatte PGNiG östlich der Oder im Süden von Kostrzyn Erdgas erschlossen. Seit längerer Zeit fördert der polnische Erdgas-Konzern auch Erdgas und Erdöl nordöstlich von Kostrzyn bei Dębno.
Bei der jetzt begonnenen Ausbeute der Lagerstätte Kamień Mały in der an Deutschland angrenzenden Wojewodschaft Lubuskie sind Vorkommen von rund 0,7 Mio. t Erdöl und rund 130 Mio. m3 Erdgas dokumentiert. Die jährliche Förderleistung wird von der PGNiG mit 3,6 Mio. m³ Erdgas und 24 000 t Erdöl angegeben.
Im Vergleich zu den beiden größten Förderstätten der PGNiG in Polen, die sich ebenfalls in der Grenz-Wojewodschaft Lubuskie befinden – im Norden Dębno und im Osten Lubiatowo/ Międzychód – ist dies eine relative bescheidene Größe. Für die Ausbeute der Lagerstätte Kamień Mały spricht jedoch die sehr gute Infrastruktur zur Bewirtschaftung.

Die Anlagen-Installation in der Lagerstätte bilden ein sogenanntes Gruppen-Zentrum, das mit vier Bohrlöchern verbunden ist. Das mit dem Erdgas geförderte Erdöl wird über eine geschlossene Pipeline 20 Kilometer weiter an das PGNiG-Zentrum südlich von Kostrzyn weitergeleitet. Dort wird das Erdöl vom Erdgas getrennt. Das Erdgas strömt über eine Gasleitung zu dem nördlichen Bergwerk Zielin, wo es nach Zuführung der Handels-Parameter in Vertrieb weitergeleitet wird. Das Erdöl wird dagegen mit Tankwagen auf der Straße zum Bahn-Vertriebslager der PGNiG bei Dębno transportiert, wo es in Kessel-Waggons umgeschlagen wird.

Der staatliche Erdgas-Versorger PGNiG betreibt insgesamt 52 Untertagebau-Betriebe zur Förderung von Erdgas und Erdöl in Polen. Die meisten davon sind im Südosten des Landes im Grenzgebiet zur Ukraine. Darunter befindet auch die Förderstätte Bóbrka bei Krosno. Sie gilt als Wiege der internationalen Erdölindustrie. 1854 wurde hier auf Initiative des Apothekers und Naturforschers Ignacy Łukasiewicz der erste Untertagebau-Erdölförderbetrieb der Welt eröffnet.
Ungeachtet der 34 von 52 Förderstätten in Südost-Polen entfällt der größte Anteil der Landesproduktion an Erdöl und Erdgas auf Westpolen und dabei auf die an Deutschland angrenzende Wojewodschaft Lubuskie mit den beiden größten Förderstätten bei Dębno und Lubiatowo. Mit 480 000 t im vergangenen Jahr produzierten diese bei Erdöl drei Viertel der Landesproduktion.
Für die Erhöhung von deren Produktion hatte die PGNiG bereits im vergangenen Jahr Investitionen in Höhe von 750 Mio. Złoty eingestellt. Der Ukraine-Krieg und die Lieferstopps und Beschränkungen bei Erdgas und Erdöl haben die Investitionen zur Verdopplung der Produktion noch beschleunigt.
Insgesamt entfallen rund 15 Prozent des Erdgas-Verbrauches in Polen auf die Förderung des Rohstoffes im Inland.

Langfristig geplante Umstellung auf LNG-Flüssig-Gas

Foto PL-MVI-Agentur

Foto PL-MVI-Agentur LNG Hafen Tanks

Zur Reduzierung der Abhängigkeit von russischen Erdgas hat Polen bereits 2015 den LNG-Gashafen auf der östlichen Seite der Insel Usedom in Świnoujście (Swinemünde) in Betrieb genommen.

Schon 2012 wurde mit dem Emirat Katar ein langfristiger Vertrag zur Belieferung von Swinemünde mit verflüssigten Erdgas (LNG) unterzeichnet.

2017 lief der erste LNG-Gastanker aus den USA Swinemünde an. Seitdem haben sich die LNG-Lieferungen aus den USA schrittweise erhöht.

Nach Angaben der PGNiG kann das LNG-Terminal ab diesem Jahr die Ladungen von LNG-Gastankern übernehmen, die nach der Regasifizierung der Menge von 6,2 Mrd. m³ Erdgas entsprechen.

Aufbau einer eigenen LNG-Tankerflotte

Mit dem Aufbau einer eigenen LNG-Tankerflotte will die PGNiG zu einem ,,Big Player“ im Erdgas-Geschäft aufsteigen. Nachdem bereits auf einer südkoreanischen Werft der LNG-Tanker mit den Namen ,,Lech Kaczyński” zu Wasser gelassen wurde, ist Anfang Juni das zweite, von der PGNiG bestellte LNG-Tankschiff auf Kiel gelegt worden.

Die PGNiG hat insgesamt acht LNG-Tankschiffe bestellt, die bis zum Jahre 2025 schrittweise ihren Betrieb aufnehmen werden. Alle bestellten Tankschiffe haben ein Ladevermögen von 174 000 m³ verflüssigten Erdgas. Nach der Umwandlung in den gasförmigen Zustand entspricht diese Menge 100 Mio. m³ Erdgas. Gegenwärtig beträgt der Erdgas-Verbrauch in Polen rund 20 Mrd. m³ . Das ist rund die 200fache Menge einer Tankschiff-Ladung.

LNG-Tankschiff für den polnischen Erdgasversorger in Südkorea zu Wasser gelassen. Foto: PGNiG

Die LNG-Gastanker-Flotte der PGNiG soll vorrangig für die Bedienung der langfristig abgeschlossenen Verträge für den Kauf von LNG-Gas aus den USA eingesetzt werden. Die bislang abgeschlossenen Verträge mit den US-amerikanischen Unternehmen sehen die Lieferung von 9 Mrd. m³ Erdgas (nach der Regasifizierung) pro Jahr vor.
Davon wurde der größte Teil nach der Formel free-on-board vereinbart, d.h. die PGNiG ist selbst für den Transport des LNG-Gases verantwortlich. Dies eröffnet für den polnischen Erdgas-Versorger die Möglichkeit, flexibel auf den internationalen Märkten als Händler aufzutreten und schon während des Abtransports seine Tankschiffe statt zum heimischen LNG-Gashafen in Swinemünde (Świnoujście) in Gashafen bzw. LNG-Terminals anderer Länder umzuleiten.
Die Tankschiffe werden auf der Grundlage von langfristig unterzeichneten Charter-Verträgen mit der norwegischen See-Reederei Knutsen OAS Shipping und der griechischen Maran Gas Maritim betrieben.

Infrastruktur fertiggestellt – Es fehlt nur das Gas

Von wesentlicher Bedeutung für die Gasversorgung in Polen ist die Ostsee-Pipeline ,,Baltic Pipe“. Ab 1.Oktober soll durch die Pipeline Erdgas aus Norwegen fließen. Erst vor einigen Tagen ist die rund 190 Kilometer lange Anschluss-Leitung zu Lande vorfristig fertiggestellt worden. Ab dem kommenden Jahr sollen über die Baltic Pipe 10 Mrd. m³ Erdgas nach Polen
fließen. Dies ist genauso viel, um die bisherigen russischen Lieferungen zu ersetzen.

Die fertige Rohr-Infrastruktur ist jedoch nur die eine Seite der Medaille. Die Frage, die Energie-Experten in Polen bewegt, ist, ob denn überhaupt Gas in der genügenden Menge durch die Pipeline nach Polen fließen kann.
Die Baltic Pipe ist eine von West nach Ost über das dänische Territorium verlaufende Anschluss-Leitung an die seit Jahren bestehende Gasleitung Europipe 2, über die Erdgas aus Norwegen direkt nach Deutschland fließt. Der deutsche Bundeswirtschafts-Minister Robert Habeck hatte unlängst in einem öffentlich wenig beachteten Nebensatz darauf hingewiesen, dass damit ein ,,Y” in der Gas-Leitung aus Norwegen entsteht, was eine Konkurrenz-Situation für die Erdgasversorgung in Deutschland aus Norwegen schafft. Bezeichnend für die Situation in diesem Zusammenhang ist eine Bemerkung des ehemaligen Vorstandschefs des staatlichen polnischen Erdgas-Versorger PGNiG, Marek Kossowski, in den sozialen Medien: ,,Allein der Fakt des Baus von Baltic Pipe wird nicht einmal um einen Kubikmeter die Menge an dem durch die Europipe 2 gepresste Menge an Erdgas erhöhen” Es sei noch völlig ungewiss, ob es gelingt, irgendeinen von den bisherigen Käufer des Gases aus dem Hauptrohr der Europipe 2, an dem Baltic Pipe angeschlossen ist, zu kegeln.

Der polnische Erdgas-Versorger PGNiG fördert zwar selbst auf der Grundlage von 58 Gas-Konzessionen Erdgas im norwegischen Schelf. In seiner Jahresprognose erwartet der Konzern in diesem Jahr dort die Förderung von 2,5 Mrd. m3. Woher und von wem die restliche 7 Mrd. m³ Erdgas kommen, die in einigen Monaten für die Befüllung der neuen Gasleitung Baltic Pipe benötigt werden, ist trotz vollmundiger Politiker-Versprechen eine weiterhin offene und drängende Frage.

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Danziger Hafen – Für deutsche Raffinerien bleibt nicht viel übrig

Fotos: PERN

Es könne zwar etwas ,,rumplig“ werden. Für Bundeswirtschafts-Minister Robert Habeck ist jedoch die Belieferung der beiden Raffinerien in Ostdeutschland über den Rostocker Hafen und dem Naftoport Gdansk (Ölhafen Danzig) ein wichtiger Teil der Problemlösung bei Einführung des Ölembargos. Der Umfang der Umschlag-, Lager- und Leitungskapazitäten in Polen wecken jedoch Zweifel, dass der Öl-Hafen in Danzig ein Teil der deutschen Problem-Lösung, insbesondere der Raffinerie in Schwedt an der Oder, sein könnte.
Dem von US-Präsident Joe Biden eingeführten Energie-Importverbot aus Russland zu folgen, ist für die EU viel schwieriger umzusetzen. Dies zeigt nicht nur der Widerstand von Ungarn, der Slowakei und Tschechien gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Öl-Sanktionen.
Für die USA hat das Energie-Importverbot keine negative wirtschaftliche Folgen. Erdgas und Kohle haben sie selbst im Überschuss und beim Import von Erdöl aus Russland, das preislich günstiger ist als das einheimische, haben sie im vergangenen Jahr lediglich 73 Mio. Barrel aus Russland eingeführt. Das machte weniger als 1 Prozent des gesamten Erdölverbrauchs in den USA aus. Russland wird dadurch nicht pleite gehen.
Größter Importeur von russischen Erdöl ist China. Und es ist davon auszugehen, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird. In der EU waren bisher die Niederlande größter Abnehmer von russischen Erdöl. Die Holländer hatten im vergangenen Jahr 9,5 Mrd. $ für den Bezug von russischen Erdöl bezahlt. Danach folgte Deutschland. Inzwischen ist der Anteil von russischen Erdöl am deutschen Gesamtverbrauch von 35 Prozent auf 12 Prozent gesunken. Und diese entfallen nahezu vollständig auf die Raffinerie Schwedt, die sich mehrheitlich im Besitz des russischen Rosnieft-Konzern befindet und über die Druschba-Pipeline das mittelschwere Ural-Rohöl bezieht, dessen Hauptproduzent Rosneft selbst ist. Da Rosneft natürlich kein Interesse am Öl-Embargo hat, plant die Bundesregierung unter Änderung des Energiesicherheits-Gesetzes die Raffinerie die PCK Schwedt in eine treuhänderische Verwaltung zu überführen.
Mit einer Änderung der Bezugsquellen zur Durchsetzung des Öl-Embargos allein sind aber die Versorgungsprobleme bei Rohöl für die Raffinerie in Schwedt nicht gelöst. In Ersatz für russisches Erdöl will Habeck Schwedt zwischenzeitlich mit der nationalen Rohöl-Reserve aus Wilhelmshaven über Rostock versorgen, das durch eine Pipeline mit der PCK Schwedt verbunden ist. Doch das Öl-Terminal in Rostock ist bislang überhaupt nicht auf die Aufnahme von großen, im Welthandel üblichen Tankschiffen vorbereitet. Das Öl müsste auf kleinere Schiffe umgepumpt werden, was nicht das einzige Versorgungs-logistische Problem ist. Die Kapazität der von Rostock ausgehenden Pipeline reicht nicht aus, um Schwedt und gleichzeitig auch noch die Leuna-Raffinerie mit zu beliefern. Eine industrielle Groß-Anlage wie eine Raffinerie benötigt aber neben einem ausreichenden Beschickungs-Volumen einen kontinuierlichen Work-Flow. Habeck räumte selbst ein: ,,Etwa 60 Prozent der jetzigen Leistung könnten über diese Pipeline dort erfolgen, und zu 60 Prozent ist vielleicht zu wenig, um den Standort wirtschaftlich zu betreiben“. Eine Ergänzung erhofft sich Habeck durch die Lieferung aus dem Hafen Danzig.

Polen hatte bereits vor zehn Jahren im Zuge der Diversifizierung seiner Energie-Bezugsquellen begonnen, den Naftoport, wie der Ölhafen in Danzig heißt, auszubauen. 2016 wurde ein komplett neues See-Terminal mit sechs Öl-Großtanks mit einem Fassungsvermögen von jeweils 62 500 m3 in Betrieb genommen. Nach dem polnischen Mineralölkonzern Lotos ist die Leuna-Raffinerie nach Angaben des Hafenbetreibers nicht erst neuerdings, sondern bereits seit Jahren der zweitgrößte Kunde von Naftoport. Auch das PCK Schwedt hatte bisher Erdölprodukte aus dem Naftoport bezogen, allerdings im geringeren Umfang. Insbesondere war dies im Havarie-Modus 2019 der Fall, als die Druschba-Pipeline zeitweise mit Chlor verunreinigt war. Über dem polnischen Hafen wurden noch im vergangenen Jahr nach Angaben des polnischen Branchen-Verbandes POPiHN 60 Prozent des russischen Erdöls vom Typ REBCO (Russian Export Blend Crude Oil) bezogen. Es wird jetzt verstärkt durch Erdöl von Saudi Aramco ersetzt. Da es leichter ist als das schwere russische Erdöl sind technologische Anpassungen im Raffinerie-Prozess notwendig. Allerdings steht mit ,,White Eagle Blend“ auch ein Ersatz für russisches Erdöl zur Verfügung. ,,White Eagle Blend“ ist eine in den USA speziell für die Raffinerien in Mittelost- und Osteuropa entwickelte Öl-Mischung, die in ihren Parametern dem schweren Ural-Öl gleicht. Ob wagemütiges geschäftliches Kalkül oder Teil einer die geopolitischen Veränderungen vorausschauenden Planung, das sei dahingestellt. Bereits 2020 wurde jedenfalls schon von dem speziell für Erdöl-Lieferungen nach Mittelosteuropa gegründeten Unternehmen 3 Seas Energy das erste US-Rohöl dieses Typs (600 000 t Barrel) von dem bei Houston/Texas gelegenen Terminal Beaumont im Ölhafen von Danzig umgeschlagen.

Mit den seit 2020 forcierten Investitionen ist der Naftoport in Danzig heute der größte Öl-Hafen im Ostsee-Raum. Den Hafen können Tanker mit einem Tiefgang von bis zu 15 Metern und einer Länge von 300 Metern anlaufen, darunter auch VLCC-Tanker (VLCC Very Large Crude Carrier) mit einem Lade-Vermögen von über 200 000 t. Darüber hinaus wurde im laufenden Investitionsprozess auch der Nachbarhafen in Gdynia vorsorglich für die Aufnahme von Tankern mit einem Tiefgang von 15 Metern und einem Ladevermögen von bis zu 100 000 t sowie die Öl-Lagerkapazitäten ausgebaut.
Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der staatlichen Netzgesellschaft für Erdölprodukte PERN, zu der der Öl-Hafen in Danzig gehört, 270 Tanker im Naftoport abgefertigt und dabei die bisherige Rekordmenge von 17,9 Mio. t Rohöl umgeschlagen. Das Potenzial des Öl-Hafens ermöglich die Verladung von 36 Mio. t. Damit hat der Naftoport die Möglichkeit, freie Kapazitäten auch an die beiden ostdeutschen Raffinerien anzubieten. Dies behauptet zumindest die PERN und das ist auch die nach Berlin kommunizierte Botschaft, die in Habecks Planspiel zur Versorgung der Raffinerie in Schwedt eingegangen ist. Berücksichtigt man allerdings den Bedarf der beiden polnischen Raffinerien in Gdańsk (Lotos) und Płock (PKN Orlen), der gegenwärtig bei knapp 30 Mio. t liegt, dann bleibt bei erhöhten Lieferungen über den Öl-Hafen in Danzig für die beiden ostdeutschen Raffinerien nicht mehr viel übrig. Hinzu kommt die Durchleit-Kapazität der Pipeline, die von Danzig nach Płock führt, wo sie an die Druschba-Pipeline andockt, durch die das Erdöl weiter nach Westen zur Raffinerie in Schwedt fließt. Diese hat gegenwärtig eine Kapazität von 18 Mio. t im Jahr. Allein die Raffinerie von PKN Orlen benötigt bisher 17 Mio. t. Bei einer vollständigen Diversifizierung und Ablösung des russischen Erdöls wird sich dann auch die Orlen-Raffinerie in Płock hauptsächlich über die Pipeline aus dem Hafen in Danzig mit Erdöl versorgen. Für die ostdeutschen Raffinerien in Schwedt und Leuna bleiben dann weniger als 10 Mio. t, haben Analysten des polnischen Energiemarktes ausgerechnet. Der Bedarf der beiden deutschen Raffinerien liegt aber bei 24 Mio. t im Jahr. Die Halbwert-Zeit von Habecks Plänen scheint also sehr begrenzt zu sein.
Doch selbst wenn die beiden ostdeutschen Raffinerien bei Einsetzen des russischen Öl-Embargos nur in Teillast weiter betrieben werden, wird es nicht bei einigen Rumpeleien bleiben, wie Habeck der Öffentlichkeit weiß zu machen versucht. Versorgungs-Engpässe sind vorprogrammiert. Auch drohen durch die Umstellung und die damit verbundenen Kosten weitere Preissteigerungen. Und das nicht nur um einige Cents. Besonders Diesel-Fahrer werden an den ostdeutschen Tankstellen mehr in die Tasche greifen müssen. Noch mehr trifft es die Strassen-Transportfirmen, die bereits schon seit Jahresanfang wegen der hohen Dieselpreise für ihre Lkw und Lieferwagen immer mehr an ihre Liquiditätsgrenzen stoßen und ihre Liefer-Frequenzen verkürzen. Und das trifft dann die gesamte Wirtschaft.

© Andreas Höfer infopol.PRESS

Luftverkehr über Warschau wird eingeschränkt

Foto: PAŻP

Flug-Passagiere von und nach Warschau müssen sich ab 1.Mai auf eine massive Streichung von Flügen einstellen. Die polnische Regierung hat jetzt eine Verordnung herausgegeben, die Einschränkungen des Luftraums über Warschau vorsieht. Grund dafür sind nicht etwa die Luftfahrt-Sanktionen gegen Russland und der Krieg in der Ukraine, sondern ein seit Wochen geführter Tarif-Konflikt um die Gehälter der Fluglotsen.
In Verbindung mit den beschränkten Möglichkeiten der Flugsicherung über den Warschauer Luftraum werden in der amtlichen Verordnung die Start- und Landezeiten auf den beiden größten polnischen Flughäfen in Warschau – Chopin-Flughafen Warschau und Modlin – auf den Zeitraum von 9.30 bis 17.00 Uhr eingeschränkt. Dies hat nicht nur eine Streichung von mindestens ein Drittel aller Flüge von und nach Warschau zur Folge. Betroffen könnten auch Flüge durch den polnischen Luftraum sein, was durch Umleitungen Auswirkungen auf den gesamten europäischen Luftverkehr hat.
Welche Flug-Verbindungen annulliert werden, ist bislang noch offen. In der Regierungs-Verordnung ist aber eine Prioritäten-Liste mit Flugzielen aufgeführt, die bevorzugt bei der Abfertigung des Flugverkehrs behandelt werden. Ganz oben auf der Prioritäten-Liste stehen die Flugziele London, Frankfurt, New York, Paris und Brüssel. Im weiteren Verlauf der Liste werden u.a. München, Wien und Zürich aufgeführt. Am unteren Ende der Liste stehen Düsseldorf, Berlin und der polnische Regionalflughafen Goleniów (bei Stettin/Szczecin).
Mit den am 1.Mai vorgesehen Beschränkungen zieht die polnische Regierung die Notbremse nach den seit Wochen ohne Einigung geführten Verhandlungen über die Gehälter der Fluglotsen.
Das zivile polnische Luftfahrtsamt PAŻP hatte Ende vergangenen Jahres ein neues Vergütungssystem mit einer Senkung der Gehälter für die Fluglotsen eingeführt. Die Gehälter-Senkung wurde mit dem Rückgang des Flugverkehrs in der Corona-Pandemie und den geringeren Einnahmen aus den von den Airlines zu entrichtenden Gebühren begründet. 180 der 208 in Warschau arbeitenden Fluglotsen nahmen die Gehalts-Kürzung nicht hin. Ende März schieden die ersten 44 Fluglotsen aus dem Dienst aus. Für weitere 136 Fluglotsen endet die Kündigungsfrist am 30.April. Damit würden ab 1.Mai nur noch 28 Fluglotsen zur Verfügung stehen.
Nach erfolglosen Verhandlungen mit der Gewerkschaft kündigte die im April neu ernannte Leiterin der Flug-Sicherheitsbehörde eine Rücknahme der Kündigungen und Rückkehr zu den alten Vergütungs-Bedingungen an. Diese Versprechen sahen die gewerkschaftlichen Vertreter und Anwälte der Lotsen jedoch nicht erfüllt. Nach Ostern wurde nahezu täglich über die Gehaltsforderungen verhandelt. Bislang ohne Ergebnis.

Nach deutschen Fluglotsen höchste Vergütungen in Europa

Infrastruktur-Minister Andrzej Adamczyk, der zuletzt als Vermittler die Verhandlungen begleitet hat, verwies darauf, dass eine gute Bezahlung für Fluglotsen völlig unstrittig ist. Schließlich tragen Fluglotsen eine enorme Verantwortung. Ein kleinster Fehler von ihnen kann Hunderten von Menschen das Leben kosten. Entsprechend hatten polnische Fluglotsen vor Beginn der Corona-Krise nach den deutschen Fluglotsen die höchsten Gehälter in Europa. Ein erfahrener Fluglotse kam mit den Zuschlägen in der Spitze auf bis zu 100 000 Złoty im Monat, also umgerechnet mehr als 20 000 Euro.
Mit der Corona-Pandemie und dem Rückgang des Flugverkehrs wurden die Gehälter der Lotsen drastisch reduziert. Nach Angaben des Ministers haben die Fluglotsen in Warschau gegenwärtig ein Gehalt von rund 33 500 Złoty (rund 7500 Euro) im Durchschnitt pro Monat. Die höchsten Gehälter liegen mit den verschiedenen Zuschlägen gegenwärtig bei 70 000 Złoty ( rund 15 500 Euro) . Laut dem Minister laufen die Forderung der Gewerkschaft auf eine Verdopplung der gegenwärtig gezahlten Durchschnitts-Gehälter hinaus. Dies hätte die Konsequenz, die von den Airlines zu entrichtenden Flug-Gebühren zu erhöhen, was zu einer Verteuerung der Flug-Tickets für die Passagiere führen würde.
Die Verhandlungen zwischen der Gewerkschaftsvertretung der Fluglotsen und der Luftfahrtbehörde dauern noch weiter an.
Die von der Regierung vorgesehenen Beschränkungen auf den Warschauer Flughäfen sind zunächst bis 31. Mai befristet.

© André Jański / infopol.PRESS

Russische Kohle gesetzlich verboten, nicht aber LPG-Gas

Foto: PL-Agentur

Das polnische Parlament hat in seinen heute in Kraft getretenen Sanktions-Gesetz den Import von Kohle aus Russland und Belarus beschlossen. Der Import von russischen LPG-Gas wurde jedoch vom Verbot ausgeschlossen.
Der Senat, die zweite Kammer des polnischen Parlaments, hatte ursprünglich in einer Änderung zum Gesetzentwurf den Import von russischen LPG-Gas in die Sanktionen eingeschlossen. Mit knapper Mehrheit hat die Regierungskoalition diese Änderung überstimmt. Vizepremier Jacek Sasin von der nationalkonservativen PiS-Partei argumentierte, dass das Import-Verbot für russisches LPG-Gas schädlich wäre.
LPG (Liquefied Petroleum Gas) ist ein Propan-/Butan-Gemisch, das in Polen insbesondere in ländlichen Regionen zum Heizen und Kochen und als Autogas benutzt wird. Neben Italien nimmt Polen in Europa einen Spitzenplatz in Europa bei der Verwendung von LPG-Flüssiggas als Fahrzeug-Antrieb ein.
3,5 Mio Polen wären der Möglichkeit beraubt, billigen Treibstoff zu tanken, wenn der jetzt beschlossene Sanktions-Mechanismus auch auf russisches LPG-Gas Anwendung gefunden hätte, verteidigte Vizepremier Sasin den Beschluss der Regierungskoalition. Von der Opposition kam dagegen heftige Kritik. Seit Wochen führt Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und seine Regierung in der Öffentlichkeit verbale Angriffe gegen die Führung anderer EU-Staaten, darunter Deutschland, dass sie Sanktionen gegen Russland insbesondere beim Bezug von russischen Erdgas und Erdöl verzögern und damit Putins Krieg in der Ukraine weiter finanzieren. Wenn es jedoch um die eigenen Interessen geht, gilt dies nicht. ,,Die Regierung liebt es, den Splitter in den Augen des anderen zu sehen, Sie selbst ist jedoch auch kein Primus“ kritisierte eine Abgeordnete der Oppositionspartei Polska 2050 den Beschluss, den Bezug von russischen LPG-Gas vom Verbot auszunehmen.

Polen bisher zweitgrößten EU-Importeur von russischer Kohle

Das jetzt per Gesetz beschlossene Verbot russischer Kohle schmerzt Polen wie die gesamte EU am wenigsten. Laut Eurostat hat Russland 2020 über 43 Mio. t Steinkohle an die EU verkauft. Mit 9,40 Mio. t war Polen nach Deutschland (14,23 Mio. t) zweitgrößter Importeur von russischer Steinkohle in der EU. Allerdings wurde russische Steinkohle in Polen nicht als energetische Kohle zur Stromerzeugung eingesetzt. Die vom Staat kontrollierten Kohlekraftwerke setzen polnische Steinkohle ein. Russische Steinkohle wurde bisher in den Privat-Haushalten und örtlichen Heizwerken zur Wärmeerzeugung eingesetzt. Russische Steinkohle ist von besserer Qualität als polnische Steinkohle und billiger.
Die polnischen Kohle-Gesellschaften haben bereits angekündigt, die eigene Kohle-Förderung zu erhöhen. So will die Tauron-Gruppe ihre Förder-Kapazität von gegenwärtig 4,6 Mio. t auf 6 Mio. t erhöhen. Auch Polens größter Kohlekonzern PGG hat eine Erhöhung des Kohle-Abbaus angekündigt. Allerdings wird dies nicht innerhalb von wenigen Monaten geschehen und auch nicht ausreichen, um die russische Steinkohle zu ersetzen. Kohle wird auf dem Weltmarkt zugekauft werden müssen, allerdings zu höheren Preisen. Und das wird dann wohl auch russische Steinkohle sein, denn es stehen genügend Länder bereit, die sich nicht an den Sanktionen beteiligen und russische Steinkohle-Exporte annehmen. So suggeriert ein Bericht russischen Lomonossow-Universität, dass die russische Steinkohle, die bisher an die EU verkauft wurde, künftig in die Türkei geliefert wird. Mit der schon seit vielen Jahren in der internationalen Geschäftswelt praktizierten Methode der ,,Neutralisierung der Warenherkunft“ wird diese dann schon als nichtrussische Kohle in der EU weiterverkauft.

Stopp für russische und belarussische Lkw

Das vom polnischen Parlament beschlossene Sanktions-Gesetz verbietet auch deren Transit durch Polen. Darüber hinaus ist auch heute Nacht (16.April) auf Antrag Polens im Rahmen des fünften Sanktionspakets der EU ein Verbot für russische und belarussische Straßen-Transportunternehmen auf dem EU-Gebiet in Kraft getreten. Bereits im Vorfeld hatte es mehrfach Straßen-Blockaden von pro-ukrainischen Initiativ-Gruppen an den Grenzübergängen nach Belarus gegeben. Die polnischen Zollbehörden selbst haben in dieser Woche bis 12.April 236 Lkw mit russischen und belarussischen Kennzeichen die Einfahrt nach Polen verweigert. Zu erwarten ist, dass mit dem heute generell eingeführten Einfahrt-Verbot Russland und Belarus Gegen-Maßnahmen treffen werden und die Einfuhr von Lkw mit EU-Kennzeichen verbieten. Allerdings gibt es Ausnahmen, u.a. für den Transport von medizinischen Produkten und Lebensmitteln sowie Vieh-Transporten.

Polnische Liste zur Einfrierung des Vermögens

Das vom polnischen Parlament beschlossene Sanktions-Gesetz sieht auch die Einfrierung des Vermögens von Privatpersonen und Unternehmen vor, die Putins Krieg unterstützen. Dazu soll eine spezielle Personen-Liste erarbeitet werden. Namen sind bislang noch nicht benannt. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird auf der Liste auch Wjatscheslaw Moshe Kantor stehen. Dem russischen Milliardär mit einem geschätzten Vermögen von 3 Mrd. Dollar werden Beziehungen zu Putin nachgesagt. Seine Karriere begann aber bereits unter Boris Jelzin, als er mit dem Vermögen aus dem Verkauf von Computern sich die Mehrheits-Rechte an dem russischen Chemie- und Düngemittelkonzern Acron sicherte. 2012 versuchte Kantor mit Acron die polnischen Stickstoffwerke in Tarnów zu übernehmen, an denen der polnische Staat beteiligt war. In Warschau wurde dies als Versuch einer feindlichen Übernahme bewertet. Für Polen war die Abhängigkeit von weiteren russischen Rohstoffen –in dem Fall Apatit, ein wichtiges Erz zur Gewinnung von Phosphor und damit zur Herstellung von Düngemitteln – nicht hinnehmbar. Durch eine Fusion mit anderen polnischen Düngemittel-Werken, in deren Ergebnis die Azoty-Gruppe entstand, und eine Änderung der Statuten wurde Kantor, der international als Philanthrop  im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus eine große Reputation genießt und zu den Großspendern  der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem gehört, die Übernahme erschwert. Letztlich konnte Kantor mit Acron seinerzeit nur 12 Prozent von Polens zweitgrößten Chemie-Unternehmen erwerben. In den nachfolgenden Jahren kaufte Kantor mit Acron weitere Aktien-Pakete an der Börse zu und besitzt heute knapp 20 Prozent an der Azoty-Gruppe. Weitere Zukäufe machen allerdings keinen Sinn, da sich der polnische Staat durch die geänderten Statuten die operative Kontrolle über die Azoty-Gruppe gesichert hat.

Keine Vergabe von öffentlichen Aufträgen

Auf der Sanktions-Liste dürfte auch der russische Milliardär Oleg Deripaska stehen, der über die auf Zypern registrierte MKAO Rasperia Trading mit rund 30 Prozent Anteilen zu den Eigentümern des Baukonzerns Strabag gehört. Nach Aufkündigung des Syndikatsvertrag Anfang März mit der von Deripaska dominierten Rasperia Trading durch die anderen Strabag-Aktionäre hat Deripaska über die Rasperia Trading zwar keine Mitbestimmungsrechte mehr, ist aber weiterhin an der Strabag beteiligt. Vieles wird nun von der Auslegung des polnischen Gesetzgebers abhängig sein, ob die Strabag künftig noch öffentliche Aufträge in Polen erhält. Schließlich ist der Baukonzern einer der größten Auftragnehmer von öffentlichen Bauaufträgen in Polen. Laut tenders. guru hat die Strabag im Verlauf der vergangenen drei Jahre in Polen öffentliche Aufträge im Wert von über 3 Mrd. Złoty an sich ziehen können. Im polnischen Sanktionsgesetz ist dagegen der Ausschluss von auf der Sanktions-Liste stehenden Personen und Unternehmen an öffentlichen Auftrags-Vergabeverfahren festgeschrieben. In Polen ist der mit dem Kreml vernetzte Deripaska nach Recherchen der Stiftung Moje Panstwo Nutznießer von 31 im Handelsregister registrierten Gesellschaften. Die Mehrheit von ihnen ist mittelbar mit der Strabag verbunden. Dazu gehört auch das Hotel Polonia-Palace im Zentrum von Warschau. Das Luxus-Hotel war lange Zeit die Visitenkarte von Warschau.
Das Hotel gehört zur Gruppe der Syrena-Hotels. Die gehört zu der auf Zypern registrierten Syrena Immobilien Holdings Ltd. Verfolgt man weiter die Kapital-Verbindungen, taucht dann laut der Stiftung der Name Oleg Deripaska als Nutznießer auf.

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Polnische Städte erwarten weitere 5 Mio. Flüchtlinge

Foto: MJN / Twitter

Über 1,43 Mio. Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine haben bereits die Grenze nach Polen überschritten. Die Hilfsbereitschaft eines übergroßen Teils der polnischen Bevölkerung ist nach wie vor groß. Doch es gibt bereits erste Stimmen, die vor gigantischen Problemen des Landes und der Gefahr einer humanitären Katastrophe warnen.
142.300, 141 500 und 117 600 – Das sind die Zahlen der ukrainischen Kriegsflüchtlinge, die allein in den vergangenen drei Tagen über die Grenze nach Polen geströmt sind. Nach Schätzung des polnischen Migrations-Wissenschaftlers Maciej Duszczyk von der Warschauer Universität haben bereits etwa 40 Prozent der nach Polen geflüchteten Ukrainer das Land wieder verlassen oder sind bereits auf den Weg in andere EU-Länder. Es verbleiben aber immer fast eine Million Flüchtlinge in Polen. Einige von ihnen haben in den an den Grenzorten zur Ukraine eingerichteten Notunterkünften Platz gefunden. Der größte Teil wurde jedoch von Privat-Personen, Freunden, Bekannten in privaten Unterkünften aufgenommen. Die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die jetzt an der Grenze zu Polen ankommen, sind allerdings bereits schon Menschen, die keine Kontakte nach Polen oder in die EU haben.
Inzwischen erinnern die Bilder vom Warschauer Zentralbahnhof an die vom Spätsommer 2015 in Budapest. Mit einem wesentlichen Unterschied: Eine Vielzahl von Privat-Personen, Helfer von privaten und nichtstaatlichen Organisationen, Unternehmen und lokalen Behörden leisten aufopferungsvolle Hilfe, kaufen auf eigene Kosten Lebensmittel, Hygiene-Produkte, medizinische Hilfsmittel für die Flüchtlinge. Aus ihren Reihen kommt jetzt zunehmend Kritik an der Regierung, deren einziger Verdienst, wie in Kommentator der ,,Rzeczpospolita“ ironisch schreibt, bisher darin bestand, ,,die Polen nicht bei der Verteilung ihrer Hilfsgaben an die ukrainischen Kriegsflüchtlinge gestört zu haben“. Es wurden weder zentrale Flüchtlings-Aufnahmelager noch große Wohneinrichtungen vorbereitet. Alles wurde den privaten Initiativen überlassen, die jetzt an die Grenzen ihres Leistungsvermögens stossen.
Es herrscht inzwischen ,,Chaos“ , erklärte Warschaus größte private Bürger-Initiative MJN. Die Flüchtlinge im Zentrum von Warschau würden unter schlechten Bedingungen leben, ohne angemessenen Zugang zu Heizung, Wasser, Strom, Toiletten und regelmäßigen Mahlzeiten.
Auch der Verband der polnischen Großstädte UMP appelliert an die Regierung, jetzt schleunigst ein professionelles System zur Aufnahme der Flüchtlinge und ihre Weiterleitung in anderer Landesteile zu organisieren. Die Zeit, da die Hilfe nur vom Herzen kommt, sei vorbei, sagte der Vorsitzende des Städteverbandes, Rafał Trzaskowski, Stadtpräsident von Warschau. Es kommen immer mehr Kriegsflüchtlinge. Der Städteverband rechnet mit weiteren 5 Mio. Flüchtlingen. Um mit dieser gewaltigen Herausforderung müsse sich die Regierung auch professionelle Hilfe vom UN-Flüchtlingshilfswerk und der Europäischen Union holen.
Von den von der Regierung angekündigten 40 Złoty (8,30 Euro) pro Tag an Personen und Einrichtungen, die Ukrainern eine Unterkunft bieten, ist bei den Kommunen noch nichts angekommen, beklagt der Städteverband. Zudem sei der Betrag viel zu niedrig.
Die finanzielle Hilfe ist Bestandteil eines vom polnischen Parlament gebilligten Gesetzes zur Unterstützung der ukrainischen Kriegsflüchtlinge. In dem Gesetz wird den Ukrainern ein Schutzstatus, die Legalisierung ihres Aufenthalts für 18 Monate, der genehmigungsfreie Zugang zum Arbeitsmarkt sowie Sozialleistungen, Bildung und Gesundheit zugesprochen. Die ukrainische Kriegsflüchtlinge sollen hier die gleichen Rechte erhalten wie polnische Bürger. Von den Rechten werden allerdings die Ehepartner von ukrainischen Kriegsflüchtlingen ausgegrenzt, die eine russische Staatsbürgerschaft oder die Staatsbürgerschaft eines anderen Landes haben. Dies gilt  auch generell für Kriegsflüchtlinge mit anderer Staatsbürgerschaft.
Allein die Kosten für die gesundheitliche Betreuung der Kriegsflüchtlinge werden von der Regierung auf 8 Mrd. Złoty geschätzt. Dieser Schätzung liegt allerdings die Annahme von rund 1 Mio. ukrainischer Kriegsflüchtlinge in Polen zugrunde.
Bei den Kostenschätzung von 8 Mrd. Złoty handelt es sich jedoch nur um einen kleinen Ausschnitt der Kosten, Belastungen und Probleme, mit denen die polnische Gesellschaft zukünftig konfrontiert sein wird.

Die Welle der Hilfsbereitschaft, die Polen gegenwärtig durchzieht, könnte bald zusammenbrechen, warnt der Migrations-Experte Duszczyk. Spätestens dann, wenn die ersten Fragen und Proteste in der polnischen Gesellschaft auftauchen, wenn für die eigenen Kinder die Plätze in den Kinderbetreuungseinrichtungen fehlen, das Schul-System auseinanderplatzt – in Polen sind bereits 250 000 Kinder, den Flüchtlingen die Sozialleistungen wie 500+ zugesprochen werden, oder der Zugang zur eigenen medizinischen Versorgung erschwert ist. Dann tauchen auch die Dämonen der leidvollen, nur in Ansätzen aufgearbeiteten polnisch-ukrainischen Vergangenheit auf, die viele Polen heute noch bewegen.

©  Magda Szulc © infopol.PRESS

Polen sperrt Luftraum für russische Flugzeuge

 

In Reaktion auf die Invasion russischer Truppen in der Ukraine hat Polen seinen Luftraum für russische Fluggesellschaften gesperrt. Das von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki angeordnete Verbot gilt seit heute Mitternacht. Mit der Anordnung ist sowohl der Start und die Landung von Flugzeugen russischer Fluggesellschaften, insbesondere der Aeroflot, auf polnischen Flughäfen verboten wie auch der Über-Flug von deren Flugzeugen über das polnische Territorium aus anderen Staaten.

Nach Angaben der polnischen Luftfahrtbehörde verkehrten Mitte Februar vor Krieg-Ausbruch in der Ukraine täglich zwischen 970 und 1 110 Flüge zwischen Russland und anderen europäischen Ländern, rund 250 bis 350 nach oder von Polen.
Mit der Sperrung seines Luftraums folgte Polen dem Beispiel von Großbritannien, das ein sofortiges Landeverbot für Russlands nationale Fluggesellschaft Aeroflot auf seinen Flughäfen ausgesprochen hatte. Als Reaktion darauf hatte Russland sofort auch britische Flugzeuge aus seinem Luftraum verbannt. Eine ähnliche Reaktion aus Moskau wird auch im Fall von Polen erwartet.
Luftfahrtexperten verweisen darauf, dass der Luftraum über Russland für die europäischen Luftfahrtgesellschaften strategische Bedeutung hat. Flüge von Europa nach Asien unter Umgehung des Luftraums über Sibirien sind kaum rentabel. Darüber hinaus verlängert sich bei Langstrecken-Flügen von Europa nach Asien über das Schwarze Meer und den Nahen Osten die Flugzeit.
Neben Polen haben auch die EU-Länder Tschechien und Bulgarien ihren Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt.
In Warschau hatte man ursprünglich erwartet , dass die EU eine Entscheidung zur Schließung des Luftraums – die in die Zuständigkeit jedes Landes fällt – koordinieren würde. Dies ist jedoch ausgefallen. Ohnehin erwartet man in Warschau entschlosseneres Handeln vom Westen gegen Putin anstatt langer Diskussionen, Ankündigungen und Protest-Erklärungen. Noch vor dem Abflug zum EU-Krisengipfel zu den Sanktionen gegen Russland erklärte Regierungschef Morawiecki : ,,Genug von den allgemeinen Erklärungen zur Unterstützung der Ukraine, genug von den Naivitäten. Die Zeiten des Geschwätzes und allgemeinen Geredes sind vorbei“. Das EU-Sanktionspaket müsse so ausgebaut werden, dass es für den russischen Aggressor in der Ukraine abschreckend wird.

Selbst der ehemalige EU-Ratsvorsitzende Donald Tusk, der im Gegensatz zur nationalkonservativen PiS-Regierung für eine europafreundliche Politik steht, übte scharfe Kritik an der inkonsequenten Sanktionspolitik der EU und einiger ihrer Länder. Namentlich nannte er Deutschland, Ungarn und Italien. Auf Twitter schrieb Tusk: ,,Eure Sanktionen sind scheinheilig. Schande über diese Regierungen, die schwierige Entscheidungen blockiert haben.“ Auch Regierungschef Morawiecki hat bei seinem heutigen Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz Deutschland aufgefordert, seinen ,,betonierten Egoismus“ aufzugeben. Die Ukraine brauche substanzielle Hilfe.  Morawiecki appellierte an das Gewissen Deutschlands, damit endlich wirklich harte Sanktionen beschlossen werden, die Russland unter Druck bringen. Im Zentrum der polnischen Forderungen steht der Ausschluss Russlands vom internationalen SWIFT-Bankensystem.  Auch müsse nicht nur Nord Stream 2, sondern auch die schon seit über 10 Jahren bestehende Erdgasleitung Nord Stream 1 abgeschalten werden.

Polnischer Waffentransport in die Ukraine. Foto Blaszczak / Twitter

Polen selbst hat dagegen weitere Waffen in die Ukraine geliefert. Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak veröffentlichte dazu auf seinem Twitter-Account ein Foto mit einem Lkw-Konvoi, der gestern in der Ukraine angekommen ist. Zu der gelieferten Militär-Ausrüstung gehören u.a. Panzer-Abwehrwaffen. Wegen der Situation in der Ukraine hat das polnische Verteidigungs-Ministerium auch die erhöhte Einsatz-Bereitschaft der Armee angewiesen. Urlaub, Ausgang usw. wurde gestrichen. Die Soldaten müssen in den Kasernen bleiben.

Heute wurde auch in Przemyśl an der Grenze zur Ukraine ein Rettungszug bereitgestellt, der für den Transport von 150 Verletzten aus der Ukraine umgerüstet wurde.


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