Polen will Atomwaffen zur Abschreckung gegenüber Moskau

Polens Präsident Andrzej Duda bei seiner Rede zur Anschaffung von südkoreanischen Kampfflugzeugen vom Typ FA-50 auf dem Stützpunkt der 23. Taktischen Luftwaffen-Basis in Mińsk Mazowiecki. Foto: KPRP/Szymczuk

 

Polens Staatspräsident Andrzej Duda hat sich für die Integrierung seines Landes in das  Nuclear Sharing Program und die Stationierung von US-Atomwaffen in Polen ausgesprochen.

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine und Drohgebärden Moskaus, sein gesamtes Waffenarsenal, einschließlich der Atomwaffen, einzusetzen, müsse man die Überlegung anstellen, ob ,,Polen nicht einen atomaren Schutzschirm haben sollte“, erklärte Duda in einem Interview mit der Zeitung ,,Gazeta Polska“. ,,Das Problem ist jedoch vor allem, dass wir keine Atomwaffen haben“, sagte Duda. Es weise zwar nichts darauf hin, dass Polen in nächster Zeit Atomwaffen in eigener Verwaltung haben werde. Es bestehe jedoch immer die potenzielle Möglichkeit der Teilnahme am Nuclear Sharing Program der USA.

Nach Angaben von Duda habe Polen bereits mit führenden amerikanischen Politikern über die Möglichkeit einer Beteiligung Polens am Programm zur gemeinsame Nutzung von Atomwaffen gesprochen. ,,Das Thema ist offen“.

Polens Staatspräsident Duda stellt sich mit seinem Plädoyer für Atomwaffen in eine Reihe mit Jarosław Kaczyński. Der Chef der nationalkonservativen Partei hatte bereits im Frühjahr eine Ausweitung der nuklearen Teilhabe auf die NATO-Ostflanke gefordert. „Wenn die Amerikaner uns bitten würden, Kernwaffen in Polen einzulagern, stehen wir dem aufgeschlossen gegenüber. Es würde die Abschreckung gegenüber Moskau deutlich verstärken.“

Militär-Experten stehen dem polnischen Drängen nach Atomwaffen skeptisch gegenüber. Ungeachtet der hohen Ausgaben für das Anlegen von Bunkern sind Atombombenstellungen in Polen äußerst verletzlich gegenüber russischen Präventivschlägen. Innerhalb von wenigen Minuten können sie von Iskander-Raketensystemen aus der russischen Enklave Kaliningrad bombardiert werden. Praktisch ohne Vorwarnzeit haben die auf den wichtigsten polnischen Luftwaffenbasen wie der 31. Taktischen Luftwaffen-Basis bei Poznań oder der 31. Luftwaffenbasis in Mińsk Mazowiecki bei Warschau stationierten Flugzeuge wenig Spielraum, um innerhalb der Reichweite von russischen Luftabwehrraketen aufzusteigen. Im übrigen ist dann der hochexplosive Vergleich zur Kuba-Krise 1962, als die Sowjetunion 90 Meilen vor der US-Küste bei Florida Mittelstrecken-Raketen in Stellung brachte, nicht mehr von der Hand zu weisen. .

Das Nuclear Sharing Program, also die ,,Nukleare Teilhabe“, wurde bereits zu ‚Zeiten des Kalten Krieges in den 50er Jahren entwickelt. In seinen Rahmen können NATO-Verbündete im Extremfall US-Atomwaffen einsetzen.

Das Programm ist seit Jahrzehnten sowohl politisch wie auch unter völkerrechtlichen Aspekt umstritten. Zu den Ländern, in den US-Atomwaffen stationiert sind, gehört neben Belgien, den Niederlanden, Italien und der Türkei auch Deutschland (Fliegerhorst Büchel). Die Bundesregierung hatte erst im Frühjahr dieses Jahres im Rahmen der nuklearen Teilhabe Deutschlands über die Anschaffung von F-35-Tarnkappenjets als Ersatz für die veralteten Tornados entschieden.

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Regierung verteilt landesweit Jod-Tabletten

Die polnische Regierung hat landesweit mit der Ausgabe von Kaliumjodid-Tabletten an alle Feuerwehren begonnen. Im Falle einer nuklearen Katastrophe sollen die Tabletten an die Bevölkerung verteilt werden.

Offiziell wird die Bereitstellung der Tabletten mit dem Beschuss des ukrainischen Kernkraftwerks Saporischschja in Zusammenhang gebracht. In der dazu vom Innenministerium herausgegebenen Mitteilung heißt es , dass dies ,,ein Standard-Verfahren“ sei, dass im Fall einer eventuellen radioaktiven Bedrohung anzuwenden ist. Gleichzeitig wird aber in der Mitteilung auf Experten-Meinungen verwiesen, dass es keine Hinweise auf einen bedeutenden Anstieg einer radioaktiven Gefahr gebe.

Auf die Frage, ob die Ausgabe der Kaliumjodid-Tabletten eine Reaktion auf die Drohung Moskaus zum Einsatz von Nuklearwaffen sei, antwortete der Chef der Staatskanzlei Dworczyk im staatsnahen polnischen Rundfunk «als verantwortungsvolle Regierung» müsse man auf jedes erdenkbare «schwarze Szenario» vorbereitet sein.

Kaliumiodidtabletten schützen bei vorheriger Einnahme die Schilddrüse vor Radioiod, das durch Atmung oder Nahrung in den Körper gelangt. Sie sind allerdings keine universellen „Strahlenschutztabletten”, da sie nicht gegen andere radioaktive Substanzen und gegen direkte Strahlung wirksam sind.

Auch in westlichen Ländern besteht seit Jahrzehnten ein System der Bevorratung und Verteilung von Jodtabletten. So ist im Katastrophen-Fall für ein Gebiet im Umkreis von 100 Kilometern um ein Kernkraftwerk durch die Katastrophenschutzbehörden die Bevorratung und Ausgabe von Jodtabletten an alle Personen bis 45 Jahre und Schwangere vorgesehen.
Das deutsche Bundesumweltministerium hatte erst kürzlich vor einer Einnahme von Jodtabletten ohne Anlass gewarnt. Nach dem Beschuss des ukrainischen Kernkraftwerks Saporischschja sei aktuell nicht damit zu rechnen, dass die Einnahme von Jodtabletten erforderlich sei. Diese Position wird auch von den österreichischen Behörden geteilt. Selbst im Fall einer nuklearen Katastrophe im Kernkraftwerk Saporischschja sei die Einnahme von Kaliumiodid-Tabletten wegen der großen Entfernung Österreichs zum KKW-Standort in Enerhodar am Unterlauf des Dneprs in der Schwarzmeer-Niederung nicht erforderlich.

KKW Saporischschja 1300 Kilometer von Polen entfernt

Im Fall von Polen bestehen ähnliche Entfernungs-Proportionen. Der Standort des Kernkraftwerks Saporischschja in Enerhodar ist von Warschau rund 1300 Kilometer entfernt. Das ist fast das Dreifache der Entfernung zu Tschernobyl. Bei dem  Reaktor-Unglück  in den 80er Jahren wurden  seinerzeit in Polen auch Jodtabletten ausgegeben.

Also ist die jetzt auf mediale Aufmerksamkeit abzielende Mitteilung des Innenministeriums nur Panikmache oder Teil eines ausgeklügelten Plans, von den massiven innenpolitischen Problemen der PiS-Regierung abzulenken?
Der Chef der polnischen Staatskanzlei verweist dagegen auf die beiden anderen ukrainischen Kernkraftwerke bei Równo/Riwne und Chmielnicko/Chmelnyzkyj, die näher zu Polen liegen. In der Reichweite russischer Raketen liegen alle Ziele auf ukrainischen Territorium, betonte Dworczyk.

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Polen löst Frisches Haff aus dem russischen Joch

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Im Rahmen eines Staatsaktes hat Polens Staatspräsident Andrzej Duda jetzt offiziell den Durchbruch-Kanal durch die 70 Kilometer lange Frische Nehrung (Mierzeje Wiślana) eröffnet. Damit erhält Polen unabhängig von Russland einen direkten Zugang des Frischen Haffs zur Ostsee. Der Kanal sichere ,,Polen seine Sicherheit und die Wiedererlangung der Souveränität der eigenen Grenze”, hieß es bei der Eröffnung.

Der Durchstich-Kanal war bereits im Juni dieses Jahres geflutet worden. Dass seine offizielle Eröffnung auf den 17.September gelegt wurde, ist kein Zufall. Vor 83 Jahren marschierte die Rote Armee nach dem Überfall Deutschlands auf Polen am 17.September im Ergebnis des geheimen Zusatzprotokolls zum Hitler-Stalin Pakt in die von Polen verwalteten Gebiete östlich des Bugs und der Westukraine ein.
Nach der Gebiets-Neuordnung im Ergebnis des Zweiten Weltkriegs offenbarte das Frische Haff auch reichlich Konflikt-Potenzial mit der Sowjetunion und später Russland. Etwa anderthalbmal so groß wie der Bodensee gehören rund 330 km² des 840 km² großen Gewässers zu Polen. Der andere Teil zur russischen Exklave Kaliningrad (früher Königsberg).

Durch die Nehrung von der Ostsee getrennt

Das Haff war bisher durch die Frische Nehrung (Mierzeje Wiślana), eine rund 70 Kilometer lange und 1 bis 2 Kilometer breite Landzunge von der Ostsee abgetrennt. Der einzige Zugang zum Haff, das im deutschen Geschichts-Gedächtnis einen besonderen Platz einnimmt (über sein zugefrorenes Gewässer führten 1945 unter den Beschuß russischer Flieger die Flüchtlings-Trecks aus Ostpreußen in Richtung Westen), bestand über das Pillauer Seetief ((Baltijsk) auf russisches Seite.
Zwar hatte sich die Sowjetunion nach 1945 verpflichtet, Handelsschiffen unter polnischer Flagge eine freie Durchfahrt durch das Pillauer Seetief in das Frische Haff zum Hafen von Elblag (früher Elbingen) zu gewähren. Diese Verpflichtung wurde jedoch nie eingehalten. Mit dem Ausbau von Baltijsk/Pillau zum Stützpunkt ihrer baltischen Flotte schlossen die Sowjets und später Russland unter Putin die Durchfahrt polnischer und ausländischer Handelsschiffe durch das Pillauer Seetief in das Haff zum Hafen von Elbląg.

Kaczyński legt selbst Hand an

Foto-Ausschnitt Youtube

Es war ein Abgeordneter des polnischen Parlaments, der bereits in den 90er Jahren in seinem Wahlkreis Elblag einen Durchbruch der Frischen Nehrung und den Bau eines Durchstichkanals für einen polnischen Zugang des Haffs zur Ostsee zu seinem zentralen Wahlkampf-Thema macht. Dieses Parlamentarier war der damalige Senator Jarosław Kaczyński. Nach zwischenzeitlichen Regierungswechseln wurde schließlich 2016 der Durchbruch der Nehrung zum Haff als Projekt von strategischer Bedeutung eingestuft. 2020 begannen die Bauarbeiten.  PiS-Parteichef Kaczyński  selbst stellte vorher noch in einem symbolischen Akt den letzten Vermessungsstab im Ostsee-Sand auf.

Bei den Einwohnern und der Verwaltung Elbląg fand der Durchstich durch die Nehrung mit dem Kanalbau eifrige Befürworter, weil sie sich dadurch eine wirtschaftliche Belebung für ihren Standort erhoffen.

Es gab jedoch auch Widerstand. Umweltschützer befürchten, dass es durch den Durchbruch zur Ostsee zu einer Vermischung von Salz- und Süßwasser kommen könnte. Flora und Fauna mit seltenen Arten im Haff seien dadurch gefährdet.

Schnitt durch das Natur-Paradies

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Auch bei Anwohnern regte sich Widerstand. Die als Umweltschutz-Gebiet ausgewiesene Frische Nehrung ist ein einzigartiges Natur-Paradies. Abgesehen vom Massen-Tourismus in Krynica Morska findet man hier abseits von der üblichen Rummel-Atmosphäre in polnischen Ostseebädern noch kilometerweite menschenleere Strände.

Finanzierung ohne EU-Fördergelder

 

Kritik am Kanalbau kommt auch von der Opposition. Insbesondere wegen der – aus polnischer Sicht – gigantischen Kosten. Ohne EU-Fördermittel werden die Kosten vollständig aus dem polnischen Staatshaushalt getragen. Ursprünglich wurden die Investitionskosten auf 900 Mio. Zloty kalkuliert. Bereits 2020 korrigierte das Infrastruktur-Ministerium die Kosten auf 2 Mrd. Zloty nach oben. Tatsächlich dürften die tatsächlichen Kosten durch die inzwischen gestiegenen Baupreise und noch weitere notwendige Bauarbeiten deutlich höher liegen. Bislang ist der von dem polnischen Unternehmen NDI und der belgischen Wasserbau-Firma Besix gebaute Durchstich-Kanal nur die erste fertiggestellte Phase des Projekts. Der Durchstich-Kanal erlaubt Schiffen mit einer Länge von 100 Metern und Breite von 20 Metern sowie einem Tiefgang von 4,50 Metern die Durchfahrt. Danach ist es für Schiffe dieser Größenordnung erst einmal Schluss. Bis zum Hafen von Elbląg durch das Haff und den Fluss Elbląg sind es noch 25 Kilometer. Die bestehende Wasserstraße muss vertieft, notwendige Uferbefestigungen ausgebaut werden.

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Die PiS-Regierung verbindet mit dem Durchstich-Kanal die Zielstellung, den wirtschaftlich daniederliegenden Hafen von Elbląg neues Leben einzuhauchen. Aus den großen-Häfen von Danzig und Gdynia sollte nach den Vorstellungen ihrer Planungsstrategen die ständig steigende Container-Fracht aus China und anderen asiatischen Ländern auf Feeder-Schiffe umgeladen und über den Durchstich-Kanal und das Haff zum Hafen von Elbląg weiter verfrachtet werden.

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Warschau speist antideutsche Phobien mit Billionen-Forderung

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Aus Milliarden sind nun Billionen geworden. Zum 83.Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen und Beginn des Zweiten Weltkriegs präsentierte die Regierungspartei in Warschau den Bericht zu den erlittenen Verlusten und Schäden. Die Chancen, von Deutschland als Entschädigung dafür Reparationszahlungen zu erhalten, liegen bei Null. Deutsche Regierungen lehnen seit Jahrzehnten Reparationsforderungen mit dem Verweis auf den polnischen Reparationsverzicht aus dem Jahre 1953 kategorisch ab. Das weiß auch Polens Politiker Nr. 1 Jarosław Kaczyński. Für ihn sind die Reparationsforderung ein erstrangiges parteipolitisches Instrument, um mit dem Schüren antideutscher Phobien das eigene Wähler-Klientel im kommenden Wahljahr zu mobilisieren.

Bezogen auf die Gesamtbevölkerung hat kein anderes Land soviel Leid und Schäden durch die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg erlitten wie Polen. Über 5,2 Millionen Polen kamen ums Leben. Auch die materiellen Schäden waren enormh. So wurde ab dem August 1944 die polnische Hauptstadt systematisch zerstört.

Polen will 1300 Milliarden Euro Reparationen von Berlin einfordern

In dem jetzt zum 83.Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen öffentlich gemachten Bericht werden die Schäden beziffert. Sie sollen zur Grundlage für Reparationsforderungen an Deutschland gemacht werden. Die Veröffentlichung des Berichts, der seit 2017 in Arbeit war, wurde immer wieder verschoben. Im Vergleich zu bereits früher genannten Beträgen von über 800 Milliarden Euro sind jetzt die Schäden und damit die Reparationsforderungen an Deutschland auf 6,22 Billionen Złoty angestiegen. Das sind mehr als 1300 Milliarden Euro. Diese gewaltige Summe macht über das Vierfache der gegenwärtigen öffentlichen Schulden Polens aus oder etwa ein Drittel der aktuellen deutschen Wirtschaftsleistung..

In dem Bericht werden als Hauptbestandteil der astronomischen Summe die ausgebliebenen Einkommen der während der deutschen Besatzung umgekommenen Polen auf 919 Milliarden Euro geschätzt. Die materiellen Schäden werden mit umgerechnet rund 170 Milliarden Euro beziffert. Dazu kommen zerstörte und geplünderte Kulturgüter und Finanzwerte. In die Berechnungen sind auch die rund zwei Millionen polnischen Zwangsarbeiter eingeflossen.

Die Berechnungs-Methode, für die eine Bestandsaufnahme des ministerialen Büros für Kriegsentschäden aus dem Jahre 1947 zur Grundlage genommen wurde, ist durchaus diskutabel. Seinerzeit wurde der Wert der Schäden und Verluste mit 258,4 Mrd. Złoty zum Bezugs-Jahr 1939 geschätzt. Dies entsprach – auch mit dem Bezugsjahr 1939 – 48,8 Mrd. US-Dollar.

Polnische Wirtschaftswissenschaftler haben auf Grundlage von makroökonomischen Daten aus dieser Zeit ein gravierendes Ungleichgewicht bei diesen Verlust-Schätzungen in Beziehung von Nationaleinkommen zum Nationalvermögen festgestellt. So hatte die polnische Statistik-Behörde für das Jahr 1938 Polens Nationaleinkommen mit 15 Mrd. Złoty angegeben. Der Wert der 1947 geschätzten Kriegsverluste betrug dagegen über 1500 Prozent des vor dem deutschen Überfalls bezifferten Nationaleinkommens. Nach Einschätzung des Ökonomen Marcin Wroński sind die Schätzungen völlig überhöht. Würde man sie zur Grundlage nehmen, dann müsste Polen vor Kriegsbeginn das reichste Land der Welt gewesen sein.
Unbeschadet der moralisch berechtigten Entschädigungsansprüche Polens sind die Schätzungen auch noch aus anderer Sicht problematisch. Mit der Westverschiebung der polnischen Grenzen im Ergebnis des Potsdamer Abkommens gehörten nur 53 Prozent des heutigen polnischen Staatsterritoriums zur Zweiten Polnischen Republik vor 1939. Im Potsdamer Abkommen der Siegermächte wurde unter den Druck von Stalin festgelegt, dass Polen die ,,Kresy“ an die Sowjetunion abgibt und als Ausgleich die deutschen Gebiete östlich von Oder und Neiße erhält.
Mit den ,,Kresy“ werden die Gebiete östlich des Bugs bezeichnet, die bis 1939 unter polnischen Verwaltung standen. Dabei handelt es sich um einen großen Teil der Westukraine, dem heutigen Weißrussland (Belarus) und Litauen. Nach der Wiederbegründung des polnischen Staates im Ergebnis des Ersten Weltkrieges 2018 hatten die Siegermächte Großbritannien und Frankreich die nach dem britischen Außenminister benannte Curzon-Linie als vorläufige Demarkationslinie zwischen Polen und Sowjetrussland verkündet. Sie war eine unter Bezug auf die Muttersprache der jeweiligen Mehrheitsbevölkerung eine ethnografische Linie. In den Gebieten östlich des Bugs war abgesehen von einigen Städten wie Lemberg (Lwów/Lwiw) die polnischstämmige Bevölkerung jedoch in der Minderheit. In den ländlichen Regionen bildeten dagegen Menschen, die ukrainisch, litauisch, russisch oder jiddisch sprachen, die Bevölkerungs-Mehrheit. Auch die Nachfahren deutscher Einwanderer spielten lokal eine Rolle. Für die polnische Politik unter Führung von Piłsudski spielte die Sprache und die Ethnien-Mehrheit keine Rolle. Anknüpfend an das Großreich der Polnisch-Litauischen Union aus dem Mittelalter, das bis zum 18.Jahrhundert weite Teile der Ukraine und Russlands beherrschte, wurden weit über die Curzon-Linie hinaus die Gebiete östlich des Bugs annektiert.

Reparationen nicht direkt von Deutschland, sondern über UdSSR

Die bis 1939 unter polnischen Verwaltung stehenden Gebiete gehörten nach einer Erhebung des Völkerbunds von 1936 zu den ärmsten Regionen Europas. Die deutschen Gebiete, die Polen 1945 zum Ausgleich für die von Stalin vereinnahmten ,,Kresy“ zugesprochen worden, waren dagegen in der Infrastruktur und dem wirtschaftlichen Ausrüstungspotenzial vielfach höher entwickelt. In den Schätzungen und Berechnungen über die von den Deutschen angerichteten Schäden und Verlusten ist dieser Zugewinn nicht berücksichtigt.
Im Potsdamer Abkommen haben die USA. die Sowjetunion , Großbritannien und Frankreich die Gebietsverschiebung auch nicht als Reparationsleistung bewertet. Auch wurden aus den Fehlern des Ersten Weltkrieges lernend keine Geldsummen festgelegt, die Deutschland als Entschädigung zu zahlen hat. Reparationen sollten als materielle Leistungen eingezogen werden. Polen sollten dabei einen Teil der Reparationen erhalten, die von der Sowjetunion eingezogen wurden. Praktisch bedeutete dies, dass Polen Kriegs-Reparationen nicht direkt von Deutschland ,sondern in Vermittlung durch die UdSSR erhielt. Nach Darstellung der polnischen Seite, musste sich Polen in einen 1945 abgeschlossenen gesonderten Vertrag mit der Sowjetunion verpflichten, für die Reparationen Kohle in das Nachbarland zu liefern.

Reparations-Verzicht auch in der UNO bestätigt

Als in der sowjetischen Besatzungszone, der späteren DDR, infolge des massiven Abbaus von Infrastruktur, Fabriken, Maschinen und Anlagen durch die Sowjets der wirtschaftliche Kollaps drohte, immer mehr DDR-Bürger in den Westen flohen und der im Juni 1953 der sogenannte Volksaufstand ausbrach, gab die damalige kommunistische Regierung der Volksrepublik Polen unter dem Druck von Moskau am 23. August 1953 bekannt, dass sie auf weitere Reparationen aus Deutschland verzichtet. Im Unterschied zur Sowjetunion, die sie nur zeitweise aussetzte! Dieser Beschluss wurde auch im September 1953 in einer in der Plenarsitzung der UNO abgegebenen eindeutigen Erklärung bestätigt. International manifestiert, hatte er damit einen definitiven Charakter. Aus deutscher Sicht ist mit dem Verzicht von 1953 und den Zwei-Plus-Verhandlungen im Jahre 1990 die Frage der Reparationen somit endgültig abgeschlossen.

Appell an das deutsche Gewissen

Auch die bei der Vorstellung des Schadensberichtes abgegebene Behauptung, Polen habe im Unterschied zu anderen Ländern keine Entschädigung von Deutschland erhalten, ist nicht richtig. Seit 1972 hat Polen Schätzungen zufolge 1,25 bis 2,5 Mrd. Euro erhalten. Allerdings nicht in Form einer Zahlung von Staat zu Staat sondern als humanitäre Hilfe u.a. für die Opfer in den Konzentrationslagern und Zwangsarbeiter. ,,Dieser Betrag ist wirklich erbärmlich niedrig, wenn man unsere riesigen Kriegsverluste betrachtet», meint der Historiker Stanisław Żerko in einem Interview mit der Zeitung ,,Rzeczpospolita“. Seiner Meinung nach, die auch von den meisten Juristen und Völkerrechtler sowie Oppositionspolitikern geteilt wird, hat Polen jedoch keine Chance auf Reparationszahlungen. Unter dem rechtlichen Aspekt ist die Sache abgeschlossen. Man müsse sie aber auf eine moralische und politische Ebene heben, insbesondere weil deutsche Politiker gerne andere Staaten und Regierungen mit Werteorientierten Argumenten belehren. In diesem Zusammenhang erinnerte er an die wohlfeilen Erklärungen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seinen Besuch am 1.September 2019 in Wieluń und Warschau, wo er von der deutschen Schuld, den deutschen Verbrachen und der deutschen Schande sprach. Wenige Tage später habe der gleiche Bundespräsident dann schon in einem Interview mit dem italienischen Corriere della sera eine Rückkehr zu Reparationen ausgeschlossen. An dieser deutschen Haltung werde sich nichts wesentlich ändern.

Kaczynskis ,,große Aktion“

Dessen ist sich auch die nationalkonservative Regierung in Warschau bewusst. Es ist kein Zufall, dass die Publizierung des seit längerer Zeit vorliegenden Berichtes gerade jetzt erfolgt, da in Polen der Wahlkampf begonnen hat. Und es ist auch kein Zufall, dass nicht Staatspräsident Duda oder Regierungschef Morawiecki, sondern PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński bei der Vorstellung des Berichtes über die Opfer und Schäden der von den Deutschen verübten Gräuel-Verbrachen das Wort führt.
Eine drohende Wahl-Niederlage vor Augen hatte Kaczyński bereits im Juli in einem Interview mit der Nachrichtenagentur PAP eine ,,große Aktion“ angekündigt, mit der das ,,härteste Wählerklientel“ der PiS-Partei wieder aktiviert werden soll. Die jetzt erfolgte Veröffentlichung wird die Spannungen mit Deutschland noch weiter verschärfen. Die Schürung antideutscher Phobien ist für die Nationalkonservativen ein erstrangiges politisches Instrument, um vor dem Hintergrund der extrem hohen Inflation in Polen und den im Widerspruch zu der tatsächlichen Situation abgegebenen Energie-Versprechen verlorengegangenes Vertrauen des eigenen Wählerklientels zurückzugewinnen. Immerhin sprachen sich Ende August in einer Umfrage 51.1 Prozent der Polen für Reparationsforderungen gegenüber Deutschland aus.

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Ausgleichszahlungen für vom Fischsterben geschädigte Firmen

Die polnische Regierung hat jetzt als ersten Schritt für die vom Fischsterben in der Oder geschädigten Firmen eine Ausgleichszahlung beschlossen. Diese kommt allerdings nur Firmen auf der polnischen Seite der Oder zugute.

Der von der Regierung beschlossene Entwurf einer gesetzlichen Regelung sieht eine Einmalzahlung an Firmen vor, die vom Fischsterben in der Oder massiv geschädigt wurden. Wie Arbeits- und Sozialministerin Marlena Maląg nach der Kabinetts-Sitzung mitteilte, sind u.a. Oder-Anliegerfirmen aus der Tourismus-Branche, der Gastronomie und dem Freizeit-Sport dafür antragsberechtigt. Dazu müssen sie nachweisen, dass ihre Einnahmen durch die Katastrophe um mindestens 50 Prozent zurückgegangen sind.

Für die Ausgleichszahlung sind allerdings nur 3010 Złoty (~ 655 Euro) pro Beschäftigten mit Sozialversicherungs-Nachweis geplant. Die Regierung reagierte mit dem Beschluss auf zahlreiche Proteste von Anwohnern, Umwelt-Aktivisten und Unternehmern gegen die von den Regierungsbehörden verzögerten und versäumten Maßnahmen zur Verhinderung des Fischsterbens.

7000 Firmen geschädigt

Nach Schätzungen der Nördlichen Wirtschaftskammer in Stettin (Szczecin) sind bis zu 7000 lokale Firmen an der Oder von den Auswirkungen des Fischsterbens betroffen. Dabei handelt es sich u.a. die zahlreichen privaten Agro-Tourismus-Herbergen, denen im August zu 75 Prozent die Vor-Reservierungen storniert wurden, Fisch-Räuchereien, die Fischer selbst, die Zulieferungen an die Restaurants insbesondere in Stettin und am Oder-Haff, die Tretboot-, Kajak und andere Verleihe von Sportgeräten sowie Gastronomie-Einrichtungen an den leeren Oderstränden. Im Hauptsaison-Monat August sind sie ohne Einnahmen geblieben.
Mit der Einmal-Ausgleichszahlung werden sie sich aber nicht abfinden. Sie fordern Entschädigungen. Dazu wäre aber nach polnischen Recht die Ausrufung des ,,Naturkatastrophen-Zustands“ erforderlich. Dies hat die Regierung in Warschau tunlichst vermieden.

Um Entschädigungsforderungen stellen zu können, müssten jedoch erst einmal der oder die Täter festgestellt werden, die für die Verseuchung der Oder und das Fischsterben verantwortlich sind. Das könnte auch ein Unternehmen sein, dass Schadstoffbelastete Abwässer in die Oder geleitet hat. Für die Umweltkatastrophe könnten aber auch staatliche polnische Ämter im Bereich des Umweltschutzes verantwortlich sein, die ihre Aufgaben vernachlässigt haben.

Bekannterweise trat das Fischsterben in der Oder bereits Ende Juli ein. Das war auch den zuständigen Behörden bekannt. Wohl in der Hoffnung, dass sich das Problem mit dem weiteren Abfluss durch die Oder selbst lösen würde, wurde offiziell davon keine Kenntnis genommen. Das Problem löste sich aber nicht von selbst. Nachdem sich die ökologische Katastrophe nicht mehr vertuschen ließ, reagierte Warschau. Armee wurde an die Oder geschickt, um beim Einsammeln der toten Fische zu helfen, der Zugang zum Fluss wurde gesperrt und Regierungschef Morawiecki entließ die Chefs der Umweltschutz-Behörde und der staatlichen Wasserbetriebe.
Inzwischen hatte die Giftwelle der Oder auch die deutsche Seite erfasst. Dort wurde die Kritik laut, Polen habe deutsche Behörden nicht rechtzeitig informiert. Die Folge-Maßnahmen zu beiden Seiten machten deutlich, dass die Oder Deutschland und Polen nicht nur auf der Landkarte teilt. Die Polen sammelten auf ihrer Seite die Oder von den toten Fischen ab und die Deutschen auf ihrer Seite.

Polnische Wasserproben zur Verifizierung nach Schweden und den Niederlanden

Auch bei der Feststellung der Ursachen für das Fischsterben gab es keine Zusammenarbeit. Befeuert wurde die Dissonanz durch die verschiedenen Ergebnisse von Wasserproben, die auf beiden Seiten der Oder gezogen wurden. Bei den möglichen Ursachen für das massive Fischsterben wurde dabei unter Berufung auf Labor-Ergebnisse und Experten-Meinungen von den Medien eine Sau nach den anderen durch das öffentliche Dorf getrieben. Erst wurden erhöhten Sauerstoff-Konzentrationen infolge des Eintrags von Substanzen mit stark oxidierenden Eigenschaften ins Wasser gemeldet, dann berichtete der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) von hohen Quecksilber-Konzentrationen in den vom Landeslabor Berlin-Brandenburg gezogenen Wasserproben, was von offizieller polnischer Seite heftig dementiert wurde. Es folgten als mögliche Ursache Pestizid-Einträge und später wurde die als Goldalge bezeichnete Algenart Prymnesiumparvum und ein überhöhter Salz-Eintrag als Gründe für das Fischsterben genannt. Die polnische Klima- und Umweltministerin Anna Moskwa benutzte in diesen Zusammenhang die Bezeichnung ,,Fake-News aus Deutschland“.

Die guten deutsch-polnischen Beziehungen, von denen deutsche Politiker immer bei ihren Besuchen in Warschau reden, konterkarierend, hatte Polen auch nie seine aus der Oder gezogenen Wasserproben mit deutschen Laboren abgeglichen, was naheliegend wäre. Stattdessen wurden die polnischen Wasserproben zur Verfizierung an ,,international renommierte und glaubwürdige“ Prüfinstitute in Schweden, den Niederlanden und Tschechien eingesandt. Die ersten Ergebnisse liegen nun vor und decken sich weitgehend mit der Ergebnissen der polnischen Untersuchungen, heißt es aus dem Ministerium.

 

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Polnische Regierung beordert Soldaten an die verseuchte Oder

Foto: OSP Gostchorze

Das Fischsterben an der Oder geht weiter. Die polnischen Feuerwehren melden bereits 28 Tonnen geborgener toter Fische. Inzwischen hat die polnische Regierung Soldaten an den verseuchten Fluss beordert. Nachdem die seit zwei Wochen anhaltende ökologische Katastrophe in dem grenzüberschreitenden Fluss sich nicht mehr vertuschen ließ, hat Regierungschef Mateusz Morawiecki die Chefs der Umweltschutz-Behörde und der staatlichen Wasserbetriebe entlassen. Über die Ursachen des Fischsterbens gibt es weiter keine gesicherten Erkenntnisse. Polnische Regierungsvertreter haben einen Bericht des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) über eine hochgradige Konzentration von Quecksilber in den vom Landeslabors Berlin-Brandenburg vorgenommenen Wasserproben heftig dementiert.

,,Wir sind nicht in der Lage, Worte für das finden, was sich hier ereignet hat und weiter stattfindet“. Das ganze Ausmaß der Katastrophe in der Oder, für das die Kameraden der örtlichen Feuerwehr von Gostchorze keine Worte finden, illustriert ihr ins Netz gestellte Foto (Siehe oben). Die Ufer-Gefilde sind übersät mit den Kadaver von Tonnenweise toten Fischen. Gostchorze liegt rund 80 Kilometer östlich des Zusammenflusses von Oder und Neiße bei Ratzdorf.
Das Foto von der aktuellen Situation am Mittellauf der Oder macht deutlich, was auf die Regionen am Unterlauf der Oder noch zukommen könnte. Das Fischsterben hat sich inzwischen flußabwärts bei Frankfurt an der Oder, den Küstriner Vorland bis nach Schwedt und Stettin (Szczecin) fortgesetzt, allerdings noch nicht in den Dimensionen wie am Mittel-Lauf der Oder. Die brandenburgischen Umweltbehörden haben daraufhin sofort Wasserproben gezogen.
Laut einem Bericht des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) vom Donnerstag haben Mitarbeiter des Landeslabors Berlin-Brandenburg in den Wasserproben Quecksilber in hoher Konzentration festgestellt. Dieses Quecksilber-Befund wurde vom Staatsekretär im polnischen Klima- und Umweltministerium, Jacek Ozdoba heftig dementiert. Auf einem Presse-Briefing erklärte er, dass alle von der polnischen Umweltbehörde gezogenen Wasserproben keinen erhöhten Quecksilber-Gehalt aufweisen. Die Quecksilber-Konzentration in den polnischen Wasserproben lege weit unterhalb der zulässigen Grenzwerte.

Absurde Behauptung: Havarie in Deutschland Ursache für Quecksilber in der Oder

Der Sprecher der Obersten Umwelt-Behörde GIOŚ , Maciej Karczyński, setzte dem noch einen darauf mit der Bemerkung, dass der RBB-Bericht mit dem Quecksilber-Befund reine Panikmache sei. In einem Interview mit dem Radio-Sender RMF FM schloss er sogar nicht aus, dass die Deutschen für das Fischsterben verantwortlich sind. In dem Interview stellte er die Frage, ,,Weshalb geht niemand davon aus“, dass der Eintrag einer schädlichen Substanz auf dem deutschen Gebiet erfolgt sei, und ,,nur sofort auf Polen gezeigt wird“. Ganz im Sinne der seit Jahren von der PiS-Regierungspolitik propagierten ideologischen Grundlinie behauptete er, insofern die Deutschen ,,irgendeinen Ausfluss“ festgestellt haben, sei es ja nicht auszuschließen, dass es gerade dort zu einer Havarie gekommen sei. Auf die Bemerkung des RMF-Reporters, der die Absurdität dieser Behauptung aufgreifend darauf hinwies, dass dann ja das Wasser der Oder entgegen den Strom nicht abwärts, sondern aufwärts fließen müsste, blieb der ehemalige Polizist und Sprecher des polnischen Innengeheimdienstes ABW eine Antwort schuldig.

Behörden war Fischsterben war seit längerer Zeit bekannt

Fakt ist, dass die Vergiftung der Oder den polnischen Behörden bereits schon längerer Zeit bekannt war. Schon Ende Juli hatten Fischer und Angler vermehrt tote Fische im Kanal von Olawa gemeldet. Olawa ist eine Kleinstadt an der Verwaltungsgrenze zum Oppelner Land. Mehrere Betriebe, die polymer-chemische Produkte verarbeiten, haben dort direkt am Kanal ihren Standort. Auch eine auf die Toilettenpapier-Herstellung spezialisierte Papierfabrik liegt direkt am Gewässer. Am 26. und 27. Juli hatte die regionale Umweltbehörde von Breslau nach Hinweisen aus der Bevölkerung mehrere Wasserproben am Kanal gezogen, darunter auch an den Schleusen und den Wehr mehrere Kilometer stromaufwärts in Richtung des Gleiwitzer Kanals (Kanal Gliwicki), der das Industrierevier von Oberschlesien mit der Oder verbindet.
In allen gezogenen Wasserproben wurden Substanzen von zyklischen und aromatischen Kohle-Wasserstoffen festgestellt. Zudem wurde in den an den Schleusen oberhalb des Kanals und in Oława entnommenen Wasserproben die giftige Substanz Mesitylen nachgewiesen. Es wurden zwar die in der Beamten-Kodex vorgeschriebenen üblichen Ermittlungen eingeleitet. Maßnahmen, die verhindern, dass die verseuchten Gewässer aus dem Oder-Kanal von Oława in die Oder gelangen wurden jedoch nicht getroffen. Erst zwei Wochen später am 11.August reagierte die Regierung, nachdem und eine Flut an alarmierenden Berichten in den sozialen Medien auf die Ausmaße der Katastrophe in der Oder aufmerksam machte und sich das Fischsterben nicht weiter verschleiern ließ.

Das Vorgehen der Regierung erfolgte dabei nach den üblichen Mustern. Eigene Fehler werden nicht eingeräumt. Schuld haben immer die anderen. Die Oder sei nicht so in einem solchen Maße verunreinigt, wie es die Umwelt-Aktivisten propagieren“. Gemeint sind damit die Angler, Fischer, Mitarbeiter von Kommunalverwaltungen und andere Freiwillige, die die toten Fische einsammeln. Symptomatisch dafür ist das Auftreten des Staatssekretärs im Infrastruktur-Ministeriums Grzegorz Witkowski, dem die Wasserwirtschaft untersteht. Noch am Donnerstag erklärte er öffentlich, er könne den Anglern mit reinen Gewissen versichern, dass sie in Ruhe angeln gehen und die Anwohner in die Oder zum Baden gehen können“. 24 Stunden später sprach er dann schon von einer großen ökologischen Katastrophe an der Oder. Damit im Zusammenhang wurde ein amtliches Verbot zum Angeln und zum Zugang an die Oder ausgesprochen.

Bisher 28 Tonnen verendete Fische aufgesammelt

Foto: MON

Das Verteidigungsministerium hat inzwischen 150 Soldaten der territorialen Selbstverteidigungskräfte an die Oder beordert, die den Feuerwehren bei der Beseitigung und Entsorgung der Fisch-Kadaver helfen sollen. Nach Angaben der Feuerwehr-Kommandos wurden mit Stand vom 12. August bisher 28 Tonnen verendeter Fische aufgesammelt.
Die Regierung hat inzwischen 1 Million Zloty als Belohnung für Hinweise auf den oder die Täter ausgelobt, die toxische Substanzen in die Oder als Ursache für das Fischsterben eingeleitet haben. In sozialen Medien wird dies als Demagogie bezeichnet. Die Regierung wisse doch selbst genau, wer die Täter sind, verschleiert dies jedoch, damit nicht herauskommt, dass staatliche Behörden Mitschuld am Fischsterben haben. So wird seit Tagen in den Medien spekuliert, dass der Toiletten-Papierproduzent Jack-Pol in Oława in der Vergangenheit mehrfach, zuletzt am 3.August Abwässer aus seinem Betrieb in den Oder-Kanal geleitet habe und dafür die Zustimmung des staatlichen Wasserwirtschaftsbetriebs Wody Polskie hatte. Der Wasserwirtschaftsbetrieb hat dies inzwischen dementiert und erklärt, den Papier-Produzenten keine Genehmigung zur Einleitung von Abwässern in den Oder-Kanal gegeben zu haben.

Kritik der Opposition an der Regierung

Regierungschef Morawiecki hat jetzt zwar den Chef der staatlichen Wasserwirtschaft und der zentralen Umweltschutz-Behörde entlassen. Für die Opposition sind dies jedoch nur Bauernopfer. Jarosław Gowin, der noch vor zwei Jahren Vizepremier war und im Konflikt mit PiS-Parteichef Kaczynski als kleiner Koalitionäre mit seiner Partei Porozumienia aus der Regierung ausschied, kommentierte dazu auf Twitter: Ich bin gespannt darauf, wie Morawiecki und die PiS-Partei in den nächsten Tagen versuchen wird aus ihrer Verantwortung für die ökologische Katastrophe an der Oder zu entfliehen. Er schloss mit der ironischen Bemerkung ab: ,,Möglicherweise erfahren wir dann, dass ich, Donald Tusk, Władysław Kosiniak-Kamysz (Chef der Bauernpartei PSL – d. R.) und andere Politiker der Opposition – in Abstimmung mit den Deutschen – persönlich Quecksilber in die Oder gegossen haben.“

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Polen rüstet mit koreanischen Kampfjets und 1000 Panzern auf

 

Koreanische Panzer rollen nach Polen. Foto: Verteidigungsministerium der Republik Korea (Südkorea)

Polen hat im Juli drei große Rüstungs-Aufträge im Wert von über 20 Mrd. Euro ausgelöst. Der größte Rüstungs-Deal wurde dabei mit der Unterzeichnung eines Vertrages zur Lieferung und Produktion von südkoreanischen Waffen-Systemen in Polen abgeschlossen, darunter 1000 Panzern und 680 Panzer-Haubitzen.

Mit den Worten ,,Wir müssen eine geschlossene, bewaffnete und mutige Nation sein“, hat PiS-Parteichef Jarosław Kaszyński auf einer seiner zahlreichen Wahlkampfveranstaltungen, die er gegenwärtig in ganz Polen abhält, die Erhöhung der Militär-Ausgaben begründet. Sie sollen schrittweise in den nächsten Jahren auf 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht werden. Bezogen auf die jeweilige nationale Wirtschaftsleistung wäre das von allen NATO-Staaten das höchste Ausgaben-Niveau.

Kaczyńskis Worten sind bereits Taten gefolgt. Seit Anfang Juli hat das polnische Verteidigungsministerium bereits drei große Rüstungs-Verträge im Wert von über 20 Mrd. Euro abgeschlossen.

Vertragsunterzeichnung für Militär-Hubschrauber AW 149. Foto: MON

Bereits Anfang Juli hat das Verteidigungsministerium in Warschau mit der italienischen Leonardo-Gruppe einen Vertrag über die Lieferung von 32 Mehrzweck-Militärhubschraubern vom Typ AW 149 unterzeichnet. Die ersten Hubschrauber werden bereits im kommenden Jahr für die polnische Armee einsatzbereit sein, frohlockte Vizepremier und Verteidigungs-Minister Mariusz Błaszczak, freilich dabei aussparend, dass seine Regierungspartei 2016/2017 einen bereits von der Vorgänger-Regierung auf dem Weg gebrachten Vorvertrag über die Lieferung von 50 französischen Airbus Helicopters an die polnische Armee für ungültig erklärt hatte.

Weitere Abrams-Panzer aus den USA

Im Juli hat das polnische Verteidigungs-Ministerium auch eine Vereinbarung über den Kauf von weiteren 116 Abrams-Panzern aus den USA geschlossen. Der Kauf erfolgt unabhängig von der bereits im vergangenen Jahr getroffenen Vereinbarung zum Kauf von 250 schweren Abrams-Panzern des neuesten Typs M1A2 im Wert von über mindestens 5 Mrd. Euro. Bei den jetzt gekauften 116 Panzern handelt es sich allerdings um Abrams-Panzer älteren Typs aus den Beständen der US-Armee. Über den Vertragswert wurden keine Angaben gemacht.

Nach Angaben von Verteidigungs-Minister Błaszczak werde mit den veralteten Abrams-Panzern eine Lücke geschlossen, die nach der Übergabe von 240 polnischen T-72 Panzern sowjetischer Bauart an die Ukraine entstanden ist.
Seit Wochen wirft Polen Deutschland vor, einen vereinbarten Ringtausch für die an die Ukraine gelieferten polnischen Panzer nicht einzuhalten. Polen wünschte sich zunächst eine 1:1 Kompensation durch deutsche Leopard-2-Panzer. Deren Zahl wurde dann reduziert. Die FDP-Verteidigungs-Expertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat unterdessen Polen eine überzogene Erwartungshaltung vorgeworfen. ,,Wir können uns die gewünschten Panzer nicht einfach aus den Rippen schneiden” sagte sie der ,,Zeit“ . Die deutsche Bundesregierung habe 20 Stück im Laufe des kommenden Jahres zugesagt, weil diese erst bereitgestellt werden müssen.”

Der Kauf der gebrachten amerikanischen Abrams-Panzer ist offensichtlich eine Reaktion auf den von Polen gewünschten und nicht erfolgten Ringtausch mit Deutschland. Allerdings werden die ersten Auslieferungen der amerikanischen Abrams-Panzer der ältere Versionen erst Anfang kommenden Jahres beginnen. Und dies – im Unterschied zu Deutschland – ohne polnische Vorwürfe gegenüber den USA.

Den größten Rüstungs-Deal hat Polen jedoch jetzt mit der Unterzeichnung eines Vertrages zur Lieferung und Produktion von sudkoreanischen Waffen-Systemen in Polen abgeschlossen. Der Vertrag mit Südkorea über eine umfassende Verteidigungspartnerschaft umfasst in zwei Etappen 1000 Panzer, über 670 Panzer-Haubitzen, mehrere Hundert Mehrfach-Raketenwerfer und mindestens 50 Kampfflugzeuge.

,,Wir haben gegenwärtig keine Möglichkeiten, neue F-16-Kampfflugzeuge aus den USA zu bekommen,” sagte Verteidungsminister Błaszczak gegenüber dem Militär-Magazin Defense24.pl. Darüber habe man mehrfach mit den amerikanischen Partnern gesprochen. ,,Wir können jedoch nicht länger warten”, begründete Błaszczak den Kauf von drei Staffeln, also 48 südkoreanischen Kampf-Flugzeugen vom Typ FA-50. Die ersten südkoreanischen Flugzeuge sollen bereits im kommenden Jahr in Polen eintreffen. Eine noch schnellere Lieferung ist bei den 180 gekauften südkoreanischen Panzern vom Typ K-2 vereinbart. Die ersten Panzer sollen bereits in diesem Jahr in Polen eintreffen.

Polen wird zur europäischen Produktions-Basis für gepanzerte Fahrzeuge aus Südkorea 

Das Kampf-Flugzeug FA-50 ist außer bei der koreanischen Luftwaffe bislang nur in geringer Stückzahl in Indonesien, den Philippinen sowie Thailand im Einsatz. Der insbesondere in den sozialen Medien aufkommenden Kritik an den Rüstungs-Deal trat Błaszczak mit der Erklärung entgegen, dass neben der schnellen Lieferung die Kompatibilität der südkoreanischen Militär-Technik mit amerikanischen Systemen den Ausschlag für die Kauf-Entscheidung gegeben habe. Bei der Konstruktion und der Entwicklung der südkoreanischen Waffen-Systeme seien US-Unternehmen beteiligt gewesen. Die erste Phase der Lieferung von südkoreanischen Waffen-Systemen, einschließlich von mobilen Artillerie-Systemen hat einen Vertragswert von rund 65 Mrd. Złoty, (rund 14,5 Mrd. Euro).

In einer zweiten Phase sieht die mit Südkorea vereinbarte Rüstungskooperation die Verlagerung und Massenproduktion gepanzerter Fahrzeuge aus Südkorea in Polen vor. Ab 2024 sollen die vom Konzern Hyundai Rotem gelieferten Kampf-Panzer vom Typ K-2 ,,polonisiert” werden, also in einer den Bedürfnissen der polnischen Armee angepassten Version aufgerüstet werden.

Ab 2026 ist dann die Produktion von 820 Stück des in der polnischen Version aufgerüsteten Kampfpanzer K2-PL geplant. Polen hätte damit mehr Panzer als die französische, britische Armee oder die Bundeswehr und damit nach Russland die zweitgrößte Panzer-Waffe Europas.

Auch nach dem Kauf von 48 Panzer-Haubitzen in der ersten Vertrags-Phase sollen die nachfolgend in Südkorea  bestellten 640 Haubitzen vom Typ K-9 bereits im Standard K9-PL in Polen produziert werden. Auf diese Weise soll die polnische Rüstungs-Industrie zur tragenden Säule für gepanzerte Fahrzeuge südkoreanischer Bauart in Europa entwickelt werden.

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Empörung über Melnyks Aussagen in Polen

♦ Außen-Ministerium: Skandalöse Worte

♦ Vizepremier: Melnyk ,,nützlicher Idiot“ für den Kreml

Anders als in der deutschen Öffentlichkeit haben die Aussagen des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk, zu Bandera und den von ukrainischen Nationalisten verübten Massenmorden in Polen für Entrüstung und Empörung gesorgt.

Mit seinen Aussagen habe sich Melnyk zum ,,nützlichen Idioten“ des Kremls gemacht, sagte Vize-Premier und Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak im polnischen Rundfunk. Der frühere Außenminister Witold Waszczykowski, der jetzt für die regierende PiS-Partei im EU-Parlament sitzt, kritisierte die Aussagen von Melnyk als „seltsamen Dank“ für Polens Unterstützung der ukrainischen EU-Kandidatur und für die Aufnahme von Millionen ukrainischer Kriegs- Flüchtlinge sowie der großen Waffen-Lieferungen Polens an die Ukraine.

Nach der Intervention des polnischen Außen-Ministeriums in Kiew über Melniks skandalöse ,,Falschaussagen“ hat sich der ukrainischen Außenminister Kuleba in einer halbseidenen Erklärung von seinem Botschafter in Deutschland distanziert. Melnyks Kommentare seien „seine eigene Meinung und spiegeln nicht die Position des Außenministeriums der Ukraine wider“.

Rechtsnationale Politiker in Polen haben jetzt sogar die Forderung erhoben, Melnik zur ,,persona non grata“ zu erklären und bei seiner Rückkehr in die Ukraine die Einreise nach Polen zu verwehren. Politische Beobachter in Polen werten die Aussagen des Botschafter als schwere Belastung der polnisch-ukrainischen Beziehungen, die auch der Ukraine schaden.

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, der seit Jahren als glühender Verehrer von Stepan Bandera bekannt ist, einem der Führer der Organisation der ukrainischen Nationalisten, hatte in einem, im Rahmen der auf You Tube verbreiteten Reihe Jung & Naiv Show im Gespräch mit Tilo Jung bestritten, dass es keine Beweise für den Massenmord an Juden und Polen durch Anhänger Banderas gebe. Auch die Kooperation der ukrainischen Nationalisten Banderas mit der deutschen Besatzungsherrschaft ließ er nicht gelten.
In Bezug auf die Ermordung von Polen argumentierte er, dass „es auch Massaker an Polen gegen die Ukraine gab … Es war ein Krieg“. Die Polen seien für die Ukrainer genauso ein Feind gewesen, wie es Nazi-Deutschland und die Sowjetunion waren. Aus polnischer Sicht besonders empörend, Melnyk stellt Polen auf die gleiche Stufe wie Hitler-Deutschland.
Auf ein von Bandera unterzeichnetes Propaganda-Flugblatt angesprochen, in dem die „Auslöschung“ von Juden, Polen, Russen, und Ungarn gefordert wurde, antwortete Melnyk, dass er „sich nicht davon distanzieren werde.

Mit seinen Aussagen hat Melnyk ein schwieriges und zugleich tragisches historisches Kapitel belebt, das seit Jahrzehnten die Beziehungen zwischen Polen und der Ukraine vergiftet und das nach der russischen Invasion in der Ukraine mit der Aufnahme von Millionen Kriegsflüchtlingen durch die polnische Bevölkerung und der massiven Waffen-Hilfe Polens für die Ukraine gedeckelt schien. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, da hat das polnische Parlament im Jahre 2016 Rzeź wołyńska, das Massaker von Wolhynien,   als einen von den Ukrainern verübten Völkermord an der polnischen Bevölkerung verurteilt.

Abgesehen von den Historikern ist der historische Kontext in deutschen Öffentlichkeit kaum bekannt. Er reicht bis in das Mittelalter zurück, in eine Zeit als Polen noch eine Großmacht war und mit Russland um die Vorherrschaft in Osteuropa kämpften. Seinerzeit standen große Teile der Ukraine bis hinunter zum Asowschen Meer unter polnischer Herrschaft.

Nach den drei Teilungen Polens durch Russland, Österreich-Ungarn und Preußen erfolgte ein Machtwechsel. Russland festigte seine Macht im Osten der heutigen Ukraine. Die westliche Ukraine ging an Österreich-Ungarn.

Mit der Wiedererlangung der staatlichen Souveränität und Unabhängigkeit 1918 unternahm Polen sofort Maßnahmen zur Wiederherstellung seiner Einflusssphären. In dem nach Ende des 1.Weltkrieges entstandenen Macht-Vakuum (u.a. Zusammenbruch Österreich-Ungarns, Schwächung Russlands) prallten dabei die Gebietsansprüche Polens mit den National-Interessen der Ukrainer und den Ansprüchen der sich formierenden Sowjetunion aufeinander. Die Gründung der Westukrainischen Republik als ersten unabhängigen ukrainischen Staates wurde sofort von Polen zerschlagen. Im Ergebnis des 2021 abgeschlossenen ,,Friedens von Riga“ wurde ein großer Teil der West-Ukraine – Ost-Galizien und Wolynhien – in das polnische Staatsgebiet eingegliedert. Damit einher ging eine stringende Politik der ,,Polonisierung“. In Städten wie Lemberg (polnisch Lwów, ukrainisch Lwiw) bildeten ethnische Polen die Bevölkerungs-Mehrheit. Auf dem Lande dagegen stellten Ukrainer die deutliche Mehrheit dar. Zum Ausgleich dieses Ungleichgewichts wurden deshalb im Rahmen einer staatlichen Boden- und Siedlungspolitik Bauern aus Zentralpolen in der Westukraine angesiedelt. Ukrainische Gymnasien wurden geschlossen und das gesamte ukrainische Schulsystem beschnitten. Mit Billigung der polnischen katholischen Kirche wurden Kirchen der Ukrainer, die zur griechisch-orthodoxen Kirche gehören, zerstört. Die katholische Kirche übernahm selbst 200 Kirchen, in denen nur noch in polnischer Sprache gepredigt wurde.

Anders als in Bezug auf Österreich-Ungarn in der Zeit vor dem 1.Weltkrieg empfand  ein Teil der Ukrainer Polen als Okkupanten und Besatzer. In Reaktion darauf wurde 1929 in Wien die Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) gegründet. Es folgten von der OUN organisierte Subversions-Maßnahmen gegen den polnischen Staat, Mordanschläge und ein Bauern-Aufstand , der massiv von der polnischen Armee und Polizei niedergeschlagen wurde. 1934 wurde der polnische Vize-Premier und Innenminister Pieracki in einem von Stepan Bandera organisierten Attentat getötet. Bandera, der von einem polnischen Gericht zum Tode verurteilt wurde (das Urteil wurde nicht ausgeführt), kam mit dem Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen frei.

Als die sowjetischen Truppen im Ergebnis des geheimen Zusatz-Protokolls zum Ribbentrop-Molotow-Pakt  die bis 1939 von Polen beherrschten Gebiete östlich des Bugs und der West-Ukraine besetzten, stellte sich die OUN  sofort in die Dienste der Wehrmacht bei der Vorbereitung des Vormarsches in die Ukraine. Am Sitz des in Kraków gebildeten Generalgouvernements spaltete sich die OUN 1940 in zwei Flügel auf: die OUN-B von Stepan Bandera und die OUN-M von Andrij Melnyk. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht in der Ukraine besetzten die Angehörigen des radikaleren Flügels der OUN von Bandera die Verwaltung und die ukrainische Hilfspolizei, die maßgeblich an der Ermordung der jüdischen Bevölkerung von Lwiw (Lemberg) beteiligt war. Als die OUN 1941 einen ukrainischen Satelliten-Staat ausrief, der seine Zugehörigkeit zu Hitlers neuer Ordnung proklamierte, wurden Bandera, sein Stellvertreter Stezko als selbsternannte Ministerpräsident sowie Melnijk aus den Verkehr gezogen und unter relativ komfortablen Bedingungen als Ehren-Häftlinge in einem Gefängnis in Österreich bzw. im KZ Sachsenhausen inhaftiert. In Hitlers Plänen zur Kolonialisierung gab es keinen Platz für einen ukrainischen Satelliten-Staat. Die von der OUN aufgestellte Hilfspolizei wurde der SS unterstellt und in die berüchtigten Schumas, wie die Schutz-Mannschaften im SS-Jargon tituliert worden, umgebildet. Es gab mehr als 100 Schumas mit über 200 000 Ukrainern, die an den Aktionen zur Ermordung von über 850 000 Juden in der Ukraine beteiligt waren. Aus Anhängern der Melnyk-Flügels der OUN wurde später die 14. SS-Division gebildet, die sich bis 1944 aus 22 000 Ukrainern zusammensetzte.

Das Abschlachten der polnischen Zivil-Bevölkerung in Wolhynien

Nach dem Untergang der Paulus-Armee vor Stalingrad und der sich abzeichnenden deutschen Niederlage leitete die OUN und die UPA (Ukrainische Aufständische Armee) als ihr bewaffneter Arm im Vorgriff auf Verhandlungen nach Kriegsende zur Präsentation eines neuen, ethnisch reinen ukrainischen Staates ab 1943 einen Vernichtungs-Feldzug gegen die polnische Bevölkerung in Wolhynien und Ost-Galizien ein. Der Massen-Mord erreichte im Juli 1943 seinen Höhepunkt. Allein in diesem Monat wurden nach Angaben polnischer Historiker in einer koordinierten Aktion unter Beteiligung ukrainischer Bauern mindestens 530 polnische Dörfer und Siedlungen überfallen. Die Aktionen sind in der westlichen Geschichtsschreibung als Massaker von Wolhynien eingegangen, treffender ist die polnische Bezeichnung in ihrer ursprünglichen Bedeutung: das Schlachten von Wolhynien. Auf der Grundlage von Berichten Überlebender berichten polnische Historiker von ganzen Dörfern, in denen auf die Staketen der Zäune die mit Sensen abgetrennten Häupter der Opfer aufgespießt waren. Frauen wurden mit Äxten von oben bis unten in zwei Hälften gespalten, polnische Priester wurden gekreuzigt, Menschen bei lebendigem Leib verbrannt. Laut polnischen Historikern wurden bis zu 100 000 Polen, vorwiegend Frauen und Kinder, Opfer der ethnischen Säuberungen.

In der alten Bundesrepublik Deutschland als ,,Freiheitskämpfer“ hochstilisiert

Die Wahrnehmung der Ereignisse von 1943 sind in der Ukraine als ,,Tragödie von Wolhynien“ ohne Schuldbekenntnis von den jahrzehntelang von der eigenen, die Geschichte verfälschten Interpretation der ukrainischen Diaspora und ihrer Institutionen im Westen geprägt worden. In der Mehrheit setzte sich die ukrainische Diaspora aus ehemaligen Angehörigen der OUN und der UPA zusammen, die von Stepan Bandera, der 1959 vom sowjetischen Geheimdienst in München umgebracht wurde, den 1964 in Düsseldorf verstorbenen Andrij Melnyk und Bandera-Stellvertreter Stezko (1986 in München verstorben) angeführt wurde. In Zeiten des Kalten Krieges stilisierten sie sich  als ,,Freiheits-Kämpfer“ für die Unabhängigkeit im Kampf gegen die Sowjetunion. Ihre Kollaboration mit den Nazis und Beteiligung am Holokaust in der Ukraine sowie die Verbrechen gegen die polnische Zivilbevölkerung in Wolhynien wurden abgestritten oder marginalisiert.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion fand diese Sichtweise auch Eingang in die Selbst-Darstellung des 1991 gebildeten ukrainischen Staates. Mit der Aufstellung von Denkmälern und der Benennung von Straßen und Stadien wurden Bandera und andere Führer der OUN und UPA, die von polnischer Seite für die Verbrechen in Wolhynien verantwortlich gemacht werden, als Freiheitskämpfer und Nationalhelden vor allem in der Westukraine glorifiziert.

In Polen dagegen gibt es nahezu keine Stadt, in der nicht ein Monument in Gedenken an die Opfer von Wolhynien aufgestellt ist.  In einem Teil der polnischen Gesellschaft mit Opfer-Biographien haben die Verbrechen der OUN und UPA über Jahrzehnte ein aversives Verhältnis zu den Ukrainern geprägt. Mit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine schien dies gedeckelt zu sein, als die polnische Bevölkerung in einzigartiger Weise Millionen von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine aufnahm und der polnische Staat mit seiner massiven militärischen, wirtschaftlichen und humanitären Hilfe ein neues partnerschaftliches Verhältnis mit der Ukraine aufgebaut hat. Mit seinen Aussagen hat Melnyk, der ukrainische Botschafter in Deutschland, dieses neue Verhältnis schwer belastet und die alte Ängste, Hass-Gefühle und Ablehnung gegenüber den Ukrainern zumindest in einem Teil des polnischen Gesellschaft neue Nahrung gegeben.

Wenn die Regierung eines der engsten Partner den eigenen Botschafter öffentlich als ,,Idioten“ tituliert,  wird Kiew dies nicht ignorieren können und ihn aus den Verkehr ziehen müssen.

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Polen ruft zu den Waffen – Aufruf zu freiwilligen Wehrdienst

Fotos: MON

In Polen hat jetzt an 102 Standorten im gesamten Land eine Rekrutierungs-Aktion zur personellen Aufstockung der Streitkräfte begonnen. Grundlage dafür ist ein neues Gesetz, das im März nach Beginn des Ukraine-Krieges verabschiedet wurde.

Als Alternative zum Militärdienst in der Berufsarmee und den Territorialen Verteidigungs-Streitkräften WOT wird jetzt der bezahlte freiwillige Wehrdienst als dritte Form des Eintritts in bewaffneten Streitkräfte eingeführt. ,,Wir wissen alle, was an unserer Ostgrenze passiert und sind uns der Gefahren bewusst“, sagte Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak, der den neuen Militärdienst als Antwort auf die russische Aggression in der Ukraine wertet.

Aufstockung auf 300 000 Soldaten

Ziel sei es, die polnischen Streitkräfte zahlenmäßig auf 300 000 Soldaten aufzustocken.
Nach Abschaffung der gesetzlichen Wehrpflicht im Jahre 2009 umfasst die polnische Armee gegenwärtig rund 111 000 Berufssoldaten. Dazu kommen 32 000 Angehörige der Territorialen Verteidigungs-Streitkräfte WOT. Dabei handelt es sich um Männer und Frauen, die im Alltag zivilen Berufen nachgehen und an Wochenenden und anderen periodisch angesetzten Terminen in den polnischen Wäldern und Auen militärische Übungen unter Aufsicht und Führung des Verteidigungs-Ministeriums abhalten.

Soldaten besser bezahlt als Lehrer

Der neue bezahlte freiwillige Wehrdienst für Personen mit einem Lebensalter bis zu 50 Jahren umfasst dagegen eine 28-tägige Grundausbildung in einer Militäreinheit. Der Rekrut legt dazu einen militärischen Eid ab. Es folgt eine 11-monatige Fachausbildung in der Kaserne. Nach Absolvierung des einjährigen Dienstes haben die Absolventen die Wahl, ob sie den Dienst in der regulären Armee fortsetzen oder in die aktive Reserve eintreten. Dabei werden ihnen später auch Privilegien wie z.B. bei einer Tätigkeit in einer öffentlichen Verwaltung versprochen.

Foto: Wojsko Polskie

Neben kostenloser Logis und Verpflegung sowie Urlaubs-Ansprüchen wird die militärische Ausbildung mit einem Monats-Sold während von 4560 Zloty (knapp 1000 Euro) vergütet. Das ist gegenwärtig mehr als das Gehalt, was ein Lehrer in Polen nach Absolvierung seines Hochschul-Studiums erhält.

Nach Angaben des polnischen Verteidigungsministeriums haben sich bei der ersten Rekrutierungs-Runde am 21. Mai 1600 Personen für den freiwilligen Militärdienst gemeldet. ,,Dies ist erst der Anfang“, erklärte Verteidigungsminister Błaszczak, der sich optimistisch zeigte, dass sich deren Zahl bis zum Jahresende noch deutlich erhöhen wird.

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Danziger Hafen – Für deutsche Raffinerien bleibt nicht viel übrig

Fotos: PERN

Es könne zwar etwas ,,rumplig“ werden. Für Bundeswirtschafts-Minister Robert Habeck ist jedoch die Belieferung der beiden Raffinerien in Ostdeutschland über den Rostocker Hafen und dem Naftoport Gdansk (Ölhafen Danzig) ein wichtiger Teil der Problemlösung bei Einführung des Ölembargos. Der Umfang der Umschlag-, Lager- und Leitungskapazitäten in Polen wecken jedoch Zweifel, dass der Öl-Hafen in Danzig ein Teil der deutschen Problem-Lösung, insbesondere der Raffinerie in Schwedt an der Oder, sein könnte.
Dem von US-Präsident Joe Biden eingeführten Energie-Importverbot aus Russland zu folgen, ist für die EU viel schwieriger umzusetzen. Dies zeigt nicht nur der Widerstand von Ungarn, der Slowakei und Tschechien gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Öl-Sanktionen.
Für die USA hat das Energie-Importverbot keine negative wirtschaftliche Folgen. Erdgas und Kohle haben sie selbst im Überschuss und beim Import von Erdöl aus Russland, das preislich günstiger ist als das einheimische, haben sie im vergangenen Jahr lediglich 73 Mio. Barrel aus Russland eingeführt. Das machte weniger als 1 Prozent des gesamten Erdölverbrauchs in den USA aus. Russland wird dadurch nicht pleite gehen.
Größter Importeur von russischen Erdöl ist China. Und es ist davon auszugehen, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird. In der EU waren bisher die Niederlande größter Abnehmer von russischen Erdöl. Die Holländer hatten im vergangenen Jahr 9,5 Mrd. $ für den Bezug von russischen Erdöl bezahlt. Danach folgte Deutschland. Inzwischen ist der Anteil von russischen Erdöl am deutschen Gesamtverbrauch von 35 Prozent auf 12 Prozent gesunken. Und diese entfallen nahezu vollständig auf die Raffinerie Schwedt, die sich mehrheitlich im Besitz des russischen Rosnieft-Konzern befindet und über die Druschba-Pipeline das mittelschwere Ural-Rohöl bezieht, dessen Hauptproduzent Rosneft selbst ist. Da Rosneft natürlich kein Interesse am Öl-Embargo hat, plant die Bundesregierung unter Änderung des Energiesicherheits-Gesetzes die Raffinerie die PCK Schwedt in eine treuhänderische Verwaltung zu überführen.
Mit einer Änderung der Bezugsquellen zur Durchsetzung des Öl-Embargos allein sind aber die Versorgungsprobleme bei Rohöl für die Raffinerie in Schwedt nicht gelöst. In Ersatz für russisches Erdöl will Habeck Schwedt zwischenzeitlich mit der nationalen Rohöl-Reserve aus Wilhelmshaven über Rostock versorgen, das durch eine Pipeline mit der PCK Schwedt verbunden ist. Doch das Öl-Terminal in Rostock ist bislang überhaupt nicht auf die Aufnahme von großen, im Welthandel üblichen Tankschiffen vorbereitet. Das Öl müsste auf kleinere Schiffe umgepumpt werden, was nicht das einzige Versorgungs-logistische Problem ist. Die Kapazität der von Rostock ausgehenden Pipeline reicht nicht aus, um Schwedt und gleichzeitig auch noch die Leuna-Raffinerie mit zu beliefern. Eine industrielle Groß-Anlage wie eine Raffinerie benötigt aber neben einem ausreichenden Beschickungs-Volumen einen kontinuierlichen Work-Flow. Habeck räumte selbst ein: ,,Etwa 60 Prozent der jetzigen Leistung könnten über diese Pipeline dort erfolgen, und zu 60 Prozent ist vielleicht zu wenig, um den Standort wirtschaftlich zu betreiben“. Eine Ergänzung erhofft sich Habeck durch die Lieferung aus dem Hafen Danzig.

Polen hatte bereits vor zehn Jahren im Zuge der Diversifizierung seiner Energie-Bezugsquellen begonnen, den Naftoport, wie der Ölhafen in Danzig heißt, auszubauen. 2016 wurde ein komplett neues See-Terminal mit sechs Öl-Großtanks mit einem Fassungsvermögen von jeweils 62 500 m3 in Betrieb genommen. Nach dem polnischen Mineralölkonzern Lotos ist die Leuna-Raffinerie nach Angaben des Hafenbetreibers nicht erst neuerdings, sondern bereits seit Jahren der zweitgrößte Kunde von Naftoport. Auch das PCK Schwedt hatte bisher Erdölprodukte aus dem Naftoport bezogen, allerdings im geringeren Umfang. Insbesondere war dies im Havarie-Modus 2019 der Fall, als die Druschba-Pipeline zeitweise mit Chlor verunreinigt war. Über dem polnischen Hafen wurden noch im vergangenen Jahr nach Angaben des polnischen Branchen-Verbandes POPiHN 60 Prozent des russischen Erdöls vom Typ REBCO (Russian Export Blend Crude Oil) bezogen. Es wird jetzt verstärkt durch Erdöl von Saudi Aramco ersetzt. Da es leichter ist als das schwere russische Erdöl sind technologische Anpassungen im Raffinerie-Prozess notwendig. Allerdings steht mit ,,White Eagle Blend“ auch ein Ersatz für russisches Erdöl zur Verfügung. ,,White Eagle Blend“ ist eine in den USA speziell für die Raffinerien in Mittelost- und Osteuropa entwickelte Öl-Mischung, die in ihren Parametern dem schweren Ural-Öl gleicht. Ob wagemütiges geschäftliches Kalkül oder Teil einer die geopolitischen Veränderungen vorausschauenden Planung, das sei dahingestellt. Bereits 2020 wurde jedenfalls schon von dem speziell für Erdöl-Lieferungen nach Mittelosteuropa gegründeten Unternehmen 3 Seas Energy das erste US-Rohöl dieses Typs (600 000 t Barrel) von dem bei Houston/Texas gelegenen Terminal Beaumont im Ölhafen von Danzig umgeschlagen.

Mit den seit 2020 forcierten Investitionen ist der Naftoport in Danzig heute der größte Öl-Hafen im Ostsee-Raum. Den Hafen können Tanker mit einem Tiefgang von bis zu 15 Metern und einer Länge von 300 Metern anlaufen, darunter auch VLCC-Tanker (VLCC Very Large Crude Carrier) mit einem Lade-Vermögen von über 200 000 t. Darüber hinaus wurde im laufenden Investitionsprozess auch der Nachbarhafen in Gdynia vorsorglich für die Aufnahme von Tankern mit einem Tiefgang von 15 Metern und einem Ladevermögen von bis zu 100 000 t sowie die Öl-Lagerkapazitäten ausgebaut.
Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der staatlichen Netzgesellschaft für Erdölprodukte PERN, zu der der Öl-Hafen in Danzig gehört, 270 Tanker im Naftoport abgefertigt und dabei die bisherige Rekordmenge von 17,9 Mio. t Rohöl umgeschlagen. Das Potenzial des Öl-Hafens ermöglich die Verladung von 36 Mio. t. Damit hat der Naftoport die Möglichkeit, freie Kapazitäten auch an die beiden ostdeutschen Raffinerien anzubieten. Dies behauptet zumindest die PERN und das ist auch die nach Berlin kommunizierte Botschaft, die in Habecks Planspiel zur Versorgung der Raffinerie in Schwedt eingegangen ist. Berücksichtigt man allerdings den Bedarf der beiden polnischen Raffinerien in Gdańsk (Lotos) und Płock (PKN Orlen), der gegenwärtig bei knapp 30 Mio. t liegt, dann bleibt bei erhöhten Lieferungen über den Öl-Hafen in Danzig für die beiden ostdeutschen Raffinerien nicht mehr viel übrig. Hinzu kommt die Durchleit-Kapazität der Pipeline, die von Danzig nach Płock führt, wo sie an die Druschba-Pipeline andockt, durch die das Erdöl weiter nach Westen zur Raffinerie in Schwedt fließt. Diese hat gegenwärtig eine Kapazität von 18 Mio. t im Jahr. Allein die Raffinerie von PKN Orlen benötigt bisher 17 Mio. t. Bei einer vollständigen Diversifizierung und Ablösung des russischen Erdöls wird sich dann auch die Orlen-Raffinerie in Płock hauptsächlich über die Pipeline aus dem Hafen in Danzig mit Erdöl versorgen. Für die ostdeutschen Raffinerien in Schwedt und Leuna bleiben dann weniger als 10 Mio. t, haben Analysten des polnischen Energiemarktes ausgerechnet. Der Bedarf der beiden deutschen Raffinerien liegt aber bei 24 Mio. t im Jahr. Die Halbwert-Zeit von Habecks Plänen scheint also sehr begrenzt zu sein.
Doch selbst wenn die beiden ostdeutschen Raffinerien bei Einsetzen des russischen Öl-Embargos nur in Teillast weiter betrieben werden, wird es nicht bei einigen Rumpeleien bleiben, wie Habeck der Öffentlichkeit weiß zu machen versucht. Versorgungs-Engpässe sind vorprogrammiert. Auch drohen durch die Umstellung und die damit verbundenen Kosten weitere Preissteigerungen. Und das nicht nur um einige Cents. Besonders Diesel-Fahrer werden an den ostdeutschen Tankstellen mehr in die Tasche greifen müssen. Noch mehr trifft es die Strassen-Transportfirmen, die bereits schon seit Jahresanfang wegen der hohen Dieselpreise für ihre Lkw und Lieferwagen immer mehr an ihre Liquiditätsgrenzen stoßen und ihre Liefer-Frequenzen verkürzen. Und das trifft dann die gesamte Wirtschaft.

© Andreas Höfer infopol.PRESS