Ausgleichszahlungen für vom Fischsterben geschädigte Firmen

Die polnische Regierung hat jetzt als ersten Schritt für die vom Fischsterben in der Oder geschädigten Firmen eine Ausgleichszahlung beschlossen. Diese kommt allerdings nur Firmen auf der polnischen Seite der Oder zugute.

Der von der Regierung beschlossene Entwurf einer gesetzlichen Regelung sieht eine Einmalzahlung an Firmen vor, die vom Fischsterben in der Oder massiv geschädigt wurden. Wie Arbeits- und Sozialministerin Marlena Maląg nach der Kabinetts-Sitzung mitteilte, sind u.a. Oder-Anliegerfirmen aus der Tourismus-Branche, der Gastronomie und dem Freizeit-Sport dafür antragsberechtigt. Dazu müssen sie nachweisen, dass ihre Einnahmen durch die Katastrophe um mindestens 50 Prozent zurückgegangen sind.

Für die Ausgleichszahlung sind allerdings nur 3010 Złoty (~ 655 Euro) pro Beschäftigten mit Sozialversicherungs-Nachweis geplant. Die Regierung reagierte mit dem Beschluss auf zahlreiche Proteste von Anwohnern, Umwelt-Aktivisten und Unternehmern gegen die von den Regierungsbehörden verzögerten und versäumten Maßnahmen zur Verhinderung des Fischsterbens.

7000 Firmen geschädigt

Nach Schätzungen der Nördlichen Wirtschaftskammer in Stettin (Szczecin) sind bis zu 7000 lokale Firmen an der Oder von den Auswirkungen des Fischsterbens betroffen. Dabei handelt es sich u.a. die zahlreichen privaten Agro-Tourismus-Herbergen, denen im August zu 75 Prozent die Vor-Reservierungen storniert wurden, Fisch-Räuchereien, die Fischer selbst, die Zulieferungen an die Restaurants insbesondere in Stettin und am Oder-Haff, die Tretboot-, Kajak und andere Verleihe von Sportgeräten sowie Gastronomie-Einrichtungen an den leeren Oderstränden. Im Hauptsaison-Monat August sind sie ohne Einnahmen geblieben.
Mit der Einmal-Ausgleichszahlung werden sie sich aber nicht abfinden. Sie fordern Entschädigungen. Dazu wäre aber nach polnischen Recht die Ausrufung des ,,Naturkatastrophen-Zustands“ erforderlich. Dies hat die Regierung in Warschau tunlichst vermieden.

Um Entschädigungsforderungen stellen zu können, müssten jedoch erst einmal der oder die Täter festgestellt werden, die für die Verseuchung der Oder und das Fischsterben verantwortlich sind. Das könnte auch ein Unternehmen sein, dass Schadstoffbelastete Abwässer in die Oder geleitet hat. Für die Umweltkatastrophe könnten aber auch staatliche polnische Ämter im Bereich des Umweltschutzes verantwortlich sein, die ihre Aufgaben vernachlässigt haben.

Bekannterweise trat das Fischsterben in der Oder bereits Ende Juli ein. Das war auch den zuständigen Behörden bekannt. Wohl in der Hoffnung, dass sich das Problem mit dem weiteren Abfluss durch die Oder selbst lösen würde, wurde offiziell davon keine Kenntnis genommen. Das Problem löste sich aber nicht von selbst. Nachdem sich die ökologische Katastrophe nicht mehr vertuschen ließ, reagierte Warschau. Armee wurde an die Oder geschickt, um beim Einsammeln der toten Fische zu helfen, der Zugang zum Fluss wurde gesperrt und Regierungschef Morawiecki entließ die Chefs der Umweltschutz-Behörde und der staatlichen Wasserbetriebe.
Inzwischen hatte die Giftwelle der Oder auch die deutsche Seite erfasst. Dort wurde die Kritik laut, Polen habe deutsche Behörden nicht rechtzeitig informiert. Die Folge-Maßnahmen zu beiden Seiten machten deutlich, dass die Oder Deutschland und Polen nicht nur auf der Landkarte teilt. Die Polen sammelten auf ihrer Seite die Oder von den toten Fischen ab und die Deutschen auf ihrer Seite.

Polnische Wasserproben zur Verifizierung nach Schweden und den Niederlanden

Auch bei der Feststellung der Ursachen für das Fischsterben gab es keine Zusammenarbeit. Befeuert wurde die Dissonanz durch die verschiedenen Ergebnisse von Wasserproben, die auf beiden Seiten der Oder gezogen wurden. Bei den möglichen Ursachen für das massive Fischsterben wurde dabei unter Berufung auf Labor-Ergebnisse und Experten-Meinungen von den Medien eine Sau nach den anderen durch das öffentliche Dorf getrieben. Erst wurden erhöhten Sauerstoff-Konzentrationen infolge des Eintrags von Substanzen mit stark oxidierenden Eigenschaften ins Wasser gemeldet, dann berichtete der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) von hohen Quecksilber-Konzentrationen in den vom Landeslabor Berlin-Brandenburg gezogenen Wasserproben, was von offizieller polnischer Seite heftig dementiert wurde. Es folgten als mögliche Ursache Pestizid-Einträge und später wurde die als Goldalge bezeichnete Algenart Prymnesiumparvum und ein überhöhter Salz-Eintrag als Gründe für das Fischsterben genannt. Die polnische Klima- und Umweltministerin Anna Moskwa benutzte in diesen Zusammenhang die Bezeichnung ,,Fake-News aus Deutschland“.

Die guten deutsch-polnischen Beziehungen, von denen deutsche Politiker immer bei ihren Besuchen in Warschau reden, konterkarierend, hatte Polen auch nie seine aus der Oder gezogenen Wasserproben mit deutschen Laboren abgeglichen, was naheliegend wäre. Stattdessen wurden die polnischen Wasserproben zur Verfizierung an ,,international renommierte und glaubwürdige“ Prüfinstitute in Schweden, den Niederlanden und Tschechien eingesandt. Die ersten Ergebnisse liegen nun vor und decken sich weitgehend mit der Ergebnissen der polnischen Untersuchungen, heißt es aus dem Ministerium.

 

© André Jański / infopol.PRESS