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Minister-Wechsel in Krisen-Zeiten

Mit 903 Fällen pro Tag hat die Zahl der bestätigten Corona-Infektionen in Polen in der vergangenen Woche einen neuen Rekord-Stand erreicht. Vor Vermeldung des Höchst-Standes hatte Gesundheits-Minister Łukasz Szumowski sein Amt niedergelegt. Ein Tag vor seinem Rücktritt hatte bereits sein Stellvertreter den Posten aufgegeben. Szumowski, der erst seit 2019 das Amt bekleidete, begründete seinen Rücktritt damit, dass er bereits im Februar diese Entscheidung treffen wollte. Wegen der Pandemie sei er jedoch länger im Amt geblieben. Jetzt wolle er wieder in seinem Beruf als Kardiologe zurückkehren. Entschieden wies er den Verdacht zurück, dass sein Rücktritt mit den in Medien-Berichten erhobenen Korruptions-Vorwürfen im Zusammenhang stehe.
Ende März hatte sein Ministerium für rund 5 Mio. Zloty überteuerte Schutzmasken von einem Ski-Lehrer aus Zakopane gekauft, die nicht den deklarierten Verwendungs-Zweck erfüllten. Medien-Recherchen ergaben, dass der Ski-Lehrer ein Freund der Familie Szumowski war.
Szumowski hatte sich bis dahin mit seinen täglichen öffentlichen Auftritten als Corona-Krisen-Manager ein Ansehen in der Bevölkerung mit den höchsten Popularitäts-Werten unter den Politikern erworben. Zu der Zeit hatte Polen vergleichsweise sehr niedrige Corona-Infektionszahlen. Wie sein Stellvertreter gehörte Szumowski jedoch auch zum gemäßigten Partei-Flügel Porozumienie, der mit der PiS-Partei die Regierungskoalition der ,,Vereinigten Rechten“ eingegangen ist.

Deren Vorsitzender Jarosław Gowin hatte seinerzeit zu der ursprünglich am 12.Mai angesetzten und durch Änderung des Wahlgesetzes zur Brief-Abstimmung deklarierten Präsidenten-Wahl damit gedroht, die Koalition zu verlassen, wenn der Wahltermin nicht verschoben wird. PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczyński, der sich an diesen Wahltermin geklammert hatte, mußte einlenken. Doch Kaczyński ist dafür bekannt, dass er keinen Widerstand in den eigenen Reihen duldet und mit Abweichlern abrechnet. Ein Tag nach der Wiederwahl von Staatspräsident Andrzej Duda kündigt Kaczyński einen kompletten Umbau der Regierungskoalition nach dem Ende der Sommerferien an.

Szumowskis Rücktritt kann daher durchaus als Möglichkeit interpretiert werden, seinen Rausschmiss aus der Regierung vorweg zu kommen. Denn sein Parteichef Jaroslaw Gowin von der Partei Porozumienie als Koalitionspartner der PiS-Partei war auch schon vor Wochen als Minister zurückgetreten.
Von den Führungs-Persönlichkeiten der Flügel-Partei Porozumienie ist jetzt nur noch Jadwiga Emiliewicz als Ministerin in der Koalitions-Regierung übriggeblieben. Als Ministerin im Entwicklungs-Ministerin, der das Wirtschafts-Ressort untersteht, hatte sie sich mit ihrem engagierten Einsatz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Krise auf die Firmen in Wirtschaftskreisen einen guten Ruf erarbeitet. Als im Juli das Gerücht auftauchte, dass ihr Mann vom Innengeheimdienst verhaftet worden sei, was sie heftig dementierte, wurde dies von kritischen Medien als Ergebnis der Positions-Machtkämpfe innerhalb der Regierungskoalition gewertet. Vor diesem Hintergrund ist daher die Fragestellung berechtigt, ob Emiliewicz nach der von Kaczyński angekündigten Regierungs-Umbildung noch ihren Minister-Posten innehaben wird.

Das Gesundheits-Ministerium selbst wird jetzt von Adam Niedzielski geleitet. Abweichend von der in Polen bisher geltenden Linie, das Ministeramt mit einen Mediziner zu besetzen, ernannte Regierungschef Mateusz Morawiecki mit Niedzielski einen Ökonomen, der bisher den Nationalen Gesundheitsfonds leitete, zum Gesundheits-Minister.

Nahezu zeitgleich mit den Führungswechsel im Gesundheits-Ministerium hat auch Außenminister Jacek Czaputowicz sein Amt aufgegeben. Wie der Wechsel im Gesundheits-Ministerium im Moment des Corona-Anstiegs wurde der Rücktritt von Czaputowicz in der polnischen Öffentlichkeit mitten in der Krise im Nachbarland Belarus als kritisch bewertet. Dessen westliche Landesteile gehörten vor dem 2.Weltkrieg zu Polen. Noch heute leben in Belarus über 400 000 Menschen mit polnischer Herkunft. Der durch die Massenproteste unter Druck geratene Machthaber in Minsk, Lukaschenko, hatte die Regierung in Warschau vielfach der Einmischung in die inneren Angelegenheiten seines Landes bezichtigt.

Zbigniew Rau Foto: Wiki

Mit dem Rücktritt von Czaputowicz sehen Kritiker auch Polens Vermittler-Position geschwächt. Selbst der PiS-Europa-Abgeordnete und Ex-Außenminister Witold Waszczykowski äußerte gegenüber dem Super Express Kritik daran, dass Polen aller zwei Jahre den Außenminister wechselt.

Zum neuen ‚Außenminister wurde Zbigniew Rau ernannt. Über diplomatische Erfahrungen verfügt der Rechts-Professor kaum. Seit Herbst vergangenen Jahres leitet er den parlamentarischen Ausschuß für Aussenpolitik. Vor seiner Wahl ins Parlament war er für die PiS-Partei Wojewode in der Wojewodschaft Łódź. Bisher hatte der katholische Fundamentalist vor allem in den sozialen Medien mit kruden Aussagen über das LGBT-Lager und Vergleichen zur Zoophilie und zum Kannibalismus von sich Reden gemacht, die die christliche Zivilisation in Polen bedrohen würden.

 

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Geschützt: Kohle-Tagebau Adamów wird zum Jahresende geschlossen

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Corona – Polen führt 9 rote Schutzzonen ein

Im Juli noch bei niedrigen 200, ist die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Polen seit Anfang August dramatisch angestiegen. Dabei schlägt ein Rekordwert den anderen. War es am 1.August mit 628 Neu-Infektionen der höchste Wert seit Beginn der Corona-Krise im März, wurde seitdem dieser Rekord-Wert mehrfach überschritten: am 7. August 726 Neu-Infektionen, am 8.August 843. Die polnische Regierung hat deshalb als erste Maßnahme die Einführung von 19 Corona-Schutz-Zonen beschlossen. Davon sind 9 Kreise und Städte als rote Zonen ausgewiesen, in denen ab morgen ein strenges Sanitär-Regime durchgesetzt wird. Betroffen sind davon über 1 Mio. Menschen.   Die Ukraine hat als erstes Nachbarland auf die Corona-Entwicklung in Polen reagiert. Ab sofort wird jeder  Einreisende in die Ukraine, der aus Polen kommt, für 14 Tage in die Quarantäne geschickt.

Angesichts der beunruhigenden Entwicklung hatte die polnische Regierung bereits in der vergangenen Woche einen Krisenstab einberufen. In einer ersten Reaktion auf die Entwicklung hatte Regierungs-Chef   Mateusz Morawiecki zunächst von der Möglichkeit gesprochen, wieder eine 14tägige Quarantäne-Pflicht für Ausländer und Einreisende nach Polen  einzuführen.  Bei einer näheren Analyse der Situation  stellte sich jedoch heraus, dass die Ursachen für die jetzt entstandene Situation in Polen selbst  zu suchen sind.

Ohne Maske im Laden – ab 1. September Geldstrafe von mindestens 500 Złoty

Seit der Lockerung der Corona-Schutzmaßnahmen im Mai und Juni  hat eine allgemeine Sorglosigkeit um sich gegriffen. In den  Urlaubsorten wie in Zakopane herrschen Zustände als hätte es eine Corona-Krise nie gegeben.  Die polnische Ostsee-Strände sind  ohne Zugangs-Beschränkungen völlig überfüllt.  In öffentlichen Verkehrsmitteln  gilt zwar noch die Maskenpflicht.  Viele halten sich aber nicht daran. Besorgte Bürger, die darauf hinweisen, werden beschimpft.  Auch in den Supermärkten, Läden und Tankstellen , wo noch im Frühjahr ein strenges Sanitär-Regime herrschte,  hat die Sorglosigkeit um sich gegriffen. Laut dem  Sprechers des Gesundheitsministeriums  arbeitet die Regierung deshalb im Eilverfahren an der Präzisierung von Vorschriften zum Tragen von Mund- und Nasenschutz.  Dabei ist auch geplant, jeden Kunden in einer Verkaufseinrichtung die Bedienung zu verweigern,   der keinen Schutzmaske trägt. Verkaufspersonal und Ladenbesitzer, die sich nicht daran halten, drohen Geldstrafen.Ab 1.September werden die Vorschriften weiter verschärft. Jeder, der in einem Laden oder öffentlichen Verkehrsmitteln keine Maske trägt, droht eine Geld-Buße von 500 Złoty (rund 120 Euro). Dabei bleibt es nicht. Bei Weiterleitung des Verstosses gegen die Maskenpflicht können die Gesundheits-Behörden eine Geldstrafe von bis zu 30 000 Zloty (knapp 7000 Euro) aussprechen.

Hochzeits-Veranstaltungen sind größte Infektionsherde

Neben den Infektionsherden in Altenheimen und Klöstern  machen  Hochzeits-Veranstaltungen den polnischen Gesundheits-Behörden die größten Sorgen. Polnische Hochzeitsveranstaltungen dauern  einschließlich der  traditionellen ,,Poprawiny „ (Nachbesserung) immer zwei Tage. 150 und mehr Hochzeitsgäste sind eher die Regel als die Ausnahme. Eine Menge an Küssen, das traditionelle ,,gorzko gorzko“ mit viel  Wodka, Tanz- und Spielvergnügen  sind bei einer polnischen Hochzeit mit Abstands-Regelungen und Masken nicht denkbar. Nach Angaben der Vize-Ministerin im Entwicklungs-Ministerin, Olga Semeniuk , fand die Ausbreitung des Corona-Virus in 28 Kreisen ihren Auslöser in Hochzeitsveranstaltungen.

Ein bisheriger regionaler Schwerpunkt bei der Ausbreitung des Corona-Virus war Schlesien. Ein Hot-Spot waren  dabei die Steinkohle-Bergwerke, wo die Bedingungen unter Tage zur wirkungsvollen Bekämpfung der Corona-Infektionen besonders schwierig sind. Die Regierung hatte deshalb im Juni zeitweise bis zu 12 Bergwerke geschlossen. Dies hat aber nur vorübergehend zur Beruhigung der Situation  beigetragen. Mit  über 17 500 Infektionen steht Schlesien weiter an der Spitze. Betroffen sind jetzt nicht nur die Bergleute, sondern auch ihre Familien.

Zum Ausbruch von einzelnen  Corona-Infektionsherden ist es jetzt aber auch in Wojewodschaften gekommen, die bisher  nicht im Brennpunkt standen. In einigen Krankenhäusern der Wojewodschaft Małopolskie (Region um Kraków) werden seit gestern bereits keine Patienten mehr angenommen.

9 rote Zonen

Die Regierung hat deshalb jetzt mit Wirkung vom 8.August 19 regionale Corona-Schutzzonen festgelegt. Davon sind 9 Kreise und Städte mit insgesamt 1,004 Mio. Einwohnern  als ,,rote Zonen“  ausgewiesen, in denen wieder ein strenges Sanitär-Regime eingerichtet wurde. Ab 8. August gilt dort wieder eine generelle Maskenpflicht im öffentlichen Raum. Kinos, Fitness-Räume wurden geschlossen.  Kultur-Veranstaltungen, Messen und andere öffentliche Ausstellungen und Verkaufsveranstaltungen  sind verboten. Hochzeits-Veranstaltungen sind anzumelden und dürfen nur noch mit max. 50 Teilnehmer stattfinden.  Zu den roten Zonen gehören u.a. fünf in Schlesien, darunter die Großstädte Ruda Sląsk und Rybnik, ein Kreis im Süden der Wojewodschaft Wielkopolskie (Region um Poznań), und mit Nowy Sącz eine touristische Schwerpunkt-Region.

Die Situation werde täglich analysiert  und gegebenenfalls weitere Gebiete  in rote oder gelbe Schutzzonen eingegliedert, erklärte Gesundheitsminister  Łukasz Szumowski . der jetzt auch verstärkte Kontrollen in den Touristen-Hochburgen ankündigte.   Die aktuelle Situation gebe aktuell noch keinen Anlass zur Schließung der polnischen Landes-Grenzen. Ausgeschlossen sei dies jedoch nicht. Erwogen werde jedoch wieder die Einführung einer Quarantänepflicht für Einreisende nach Polen. Eine Entscheidung ist darüber  noch nicht gefallen.

Die Corona-Entwicklung in Polen hat in der benachbarten Ukraine bereits eine Reaktion ausgelöst. Ab sofort muss jeder Einreisende in die Ukraine, der aus Polen kommt, sich in eine 14tägige Quarantäne begeben.

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Luxus-Hotel von Robert de Niro in Warschau eröffnet

In Warschau ist gestern das erste Hotel der Luxus-Marke Nobu in Polen offiziell eröffnet worden. Hollywood-Star Robert De Niro als einer der Gründer und Eigentümer von Nobu war selbst bei der Eröffnung nicht anwesend. Auch sonst ließ die Eröffnung den Glanz der Prominenz vermissen. Dies lag auch daran, dass die ursprünglich für den Juni geplante Eröffnung wegen den Corona-Beschränkungen verschoben werden musste. Dessen ungeachtet nahm das japanische Restaurant im Hotel von Robert de Niro bereits ab Mitte Juli die ersten Reservierungen an.

Beim Nobu-Hotel handelt es sich um einen komplexen Umbau des früheren sehr populären Hotels Rialto im südlichen Warschauer Stadtcentrum (ul. Wilcza), das um einen futristischen Flügel ergänzt wurde.

Foto: Nobu Hospitality

Das Lifestyle-Hotel hat 117 luxuriöse Zimmer und Suiten, die in unterschiedlichen Design, von klassisch bis modern, je nach Geschmack des Hotelgastes gestaltet wurden. Die Hotelpreise beginnen in der B&B-Option bei 199 Euro/Zimmer und gehen bis 850 Euro hoch.

Neben Wellness und einen exklusiven event-Bereich mit 450 m², bietet das 5-Sterne-Hotel ein Nobu Cafe. Im Mittelpunkt des Gastronomie-Angebots steht aber das Nobu Restaurant. Natürlich steht der japanische Herd-Künstler Nobu Matsuhisa nicht selbst am Herd. Geführt wird das Restaurant von Yannick Lohou, der bisher im Nobu Barcelona als Küchen-Chef das Zepter führte. ,,Wir glauben daran, dass unser Hotel und Restaurant zu einem kulinarischen und touristischen Pflichtpunkt auf der Stadtkarte von Warschau wird, durch den der Aufenthalt an diesem Ort attraktiver gestaltet wird“, sagte Anthony Campaniaris, Chef des Nobu in Polen.

12. Hotel der Luxus-Marke

Das Nobu Hotel in Warschau ist das 12.Objekt dieser Luxus-Marke weltweit.. Das erste Nobu Hotel wurde 2013 im Caesar’s Palace in Las Vegas eröffnet.
Die SignatureDishes des japanischen Meister werden seit der Eröffnung des ersten Nobu Restaurants in New York inzwischen weltweit in über 40 Nobu-Restaurants zelebriert.

Die Geschichte der globalen Marke Nobu Hospitality begann in den 80er Jahren in Los Angeles. Hollywood Star Robert de Niro war bei einem Besuch einem Restaurant, das Küchenmeister Nobu Matsuhisa gehörte so begeistert, dass er einige Jahre später mit dem japanischen Chef-Koch und dem Film-Regisseur Meir Teper die Lifestyle-Marke gründete.
Nobu Hotel hat bisher zahlreiche Auszeichnungen im Segment der Luxus-Hotelmarken erhalten, darunter u.a. den Luxury Travel Advisor’s Award of Excellence.

Im Zeichen der Corona-Pandemie gelten jedoch auch im Nobu Hotel und –Restaurant in Warschau einige Einschränkungen und an die Erfordernisse angepasste Bedingungen. Um die Abstands-Regelungen einzuhalten, gelten Personen-Limits beim Besuch des Restaurants und Cafés. Das Personal trägt Schutz-Masken. Die Aufzüge dürfen nur von Personen gleichzeitig genutzt werden, die auch gemeinsam übernachten. Die Zimmer selbst werden nach der Reinigung mit uv-Licht desinfiziert.

© Magda Szulc / infopol.PRESS

Minister: Schluss mit ,,Lumpen-Tourismus“ in Kraków

Wie in anderen Tourismus-Hotspots  sind  auch in Kraków die ausländische Touristen von Corona vertrieben worden. Für Krzysztof Mazur ist der Lockdown deshalb ein guter Moment, um über ein neues Tourismus-Leitbild für die Stadt Kraków nachzudenken.

Krzysztof Mazur ist stellvertretender Minister im Entwicklungs-Ministerium. Schon vergangenen Herbst  hatte er bei den Parlamentswahlen  auf sich aufmerksam gemacht,  als er die Auswüchse des Alkohol-Tourismus in Kraków in den Mittelpunkt seines Wahlkampfes mit der Frage stellte: Kraków – die Hauptstadt des billigen Wodka-Saufens? Diese Schlagzeile eines seiner Wahl-Plakate war illustriert mit einem Foto von nahezu splitternackten Touristen, die sich auf einer der prachtvoll ausgeschmückten Pferde-Droschken, die für Kraków typisch sind, mit sich mit der Flasche in der Hand zur Schau stellten. Im Hintergrund die Fassaden der Altstadt mit den zum Unesco-Weltkulturerbe gehörenden Bauten der Sukiennice, der Tuchhallen, und der Marienkirche, in deren Innern sich der berühmte Hochaltar von Veit Stoß befindet.

Mit diesem ,,Lumpen- und Alkoholtourismus“ muss Schluß sein, forderte jetzt wieder Mazur bei einem Presse-Briefing, bei dem es vor einigen Tagen um die Vorbereitung eines neuen Tourismus-Bildes für die auf das nächste Jahr verschobene Expo-Weltausstellung in Dubai ging. Unter ,,Lumpentourismus“ versteht der Minister dabei die negativen Auswirkungen des Overtourism, unter denen Kraków wie auch andere europäische Städte zu leiden hat.

Seit dem EU-Beitritt 2004 sind die Besucher-Zahlen in der alten Königsstadt kontinuierlich gestiegen.  Im vergangenen Jahr kamen auf die 775 000 Einwohner der Stadt 14,5 Mio. Touristen, teilte die Stadtverwaltung mit. Davon 3,5 Mio. aus dem Ausland. Doch viele von ihnen, die mit den Billigfliegern Ryanair oder Easyjet  in Kraków landeten, hatten mit den Kulturgütern der Stadt wenig im Sinn. Insbesondere im anglo-amerikanischen Sprachraum wurde Kraków als Party-Stadt mit billigen Saufgelagen und wilden Partys angepriesen. Besonders populär bei jungen Engländern die Junggesellen-Abschiedspartys in Kraków.

American Airlines bewirbt Kraków mit der Wodka-Flasche

Nicht nur die Anwohner, auch einheimische Touristen fühlten sich zunehmend von den Saufgelagen in Krakóws historischer Altstadt mit ihren die nationale Identität und Souveränität repräsentierenden Bauten und Symbolen genervt und brüskiert. Als besonders verletzend wurde die Werbekampagne der Fluggesellschaft American Airlines (AA) im vergangenen Jahr empfunden. Bei der Ankündigung ihrer neuen Flugziele präsentierte sich AA-Vizechef Vasu Raja im Werbe-Film mit der Wodka-Flasche  in der Hand und das Flug-Ziel Kraków als Stadt empfehlend, in der man gut mit Freunden Wodka trinken kann.

6mal in der Woche  wollte American Airline von Chicago nach Kraków fliegen. Davon hat man jetzt Abstand genommen. Wegen der  Corona-Pandemie  sei die Nachfrage sehr gering. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben.  American Airlines kündigte jetzt an, im kommenden Frühjahr den Linienverkehr von Chicago nach Kraków aufzunehmen.

Staatlicher Tourismus-Bon soll Impuls für Familien-Tourismus geben

Anstelle seines auf Alkohol gestützten ,,Lumpen-Tourismus“ sollte Kraków an einem Tourismus-Konzept arbeiten, dass sich an Familien mit Kindern orientiert, meint Mazur. Ein Impuls dafür gebe der  von der Regierung vorgeschlagene Tourismus-Bon. Der Tourismus-Bon ist ein Instrument aus dem Programm der PiS-Regierung, mit dem der von der Corona-Pandemie schwer angeschlagenen heimischen Tourismus-Branche wieder auf die Beine geholfen werden soll. Der Bon in Form eines elektronischen Vouchers hat einen Wert von 500 Zloty pro Kind. Mit dem Betrag können ausschließlich nur touristischen Dienstleistungen auf  polnischem Territorium bezahlt werden.

Der Tourismus-Bon, der frühestens Ende Juli ausgeteilt werden soll, hat in der Tourismusbranche, die eigentlich der Adressat dieser Hilfsprogramm sein sollte, ein sehr geteiltes Echo hervorgerufen. Während Hotels und andere Ferieneinrichtungen an der Ostsee und in den Bergen jetzt davon profitieren, sind die Hotels in den Städten praktisch davon ausgeschlossen. Im März und April vollständig geschlossen, hat die Lockerung der Corona-Schutzbestimmungen seit Anfang Mai nur im geringen Maße dazu beigetragen, die Besucher-Frequenz  in den Hotels der großen Städte zu beleben. Dies wird sich auch in der jetzt beginnenden Urlaubs-Hochsaison nicht ändern.

Ausländische Touristen geben viermal mehr aus als einheimische Touristen

Auch über das Ansinnen des Entwicklungs-Ministerium, die Tourismus-Politik stärker auf  den Familien- und Kulturtourismus auszurichten, überwiegt in Branchenkreisen die Skepsis. So verweist die Stadtverwaltung von Kraków darauf, dass eine Auswahl und Segmentierung von Touristen für die Stadt nicht hilfreich sei. Dies belegen allein schon die Höhe der Ausgaben ausländischer Touristen im Jahre 2019. Nach Angaben der Stadtverwaltung geben Touristen aus Irland das meiste Geld Kraków aus  – rund 2000 Złoty am Tag. Polnische Touristen geben dagegen bei ihrem Besuch in Kraków viermal weniger aus – durchschnittlich 500 Złoty pro Tag. Bei solchen Unterschieden ist man schnell wieder bei der Tagesordnung.

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7. Juli 2020
Foto Volkswagen

Kaufprämie für E-Autos gibt`s in Polen jetzt nur mit Aufkleber

Mit sechsmonatiger Verspätung ist jetzt in Polen das Zuschuss-Programm für den Kauf von E-Autos gestartet. Gegenüber den ursprünglichen Planungen wurde die Höhe der vom Staat gezahlten Zuschuss-Prämie für den Kauf eines Stromers deutlich herabgesetzt. Und das nicht nur wegen den knapp gewordenen Kassen infolge der Corona-Krise.

,,Grünes Auto“, e-Van“ und ,,Kolibri“ . Das sind in der deutsche Übersetzung die Namen der drei Förderprogramme , aus denen der Staat jetzt einen Zuschuss für den Kauf eines Elektro-Autos zahlt Der fällt aber deutlich niedriger aus als noch vor einem halben Jahr angekündigt. Für den privaten Kauf eines E-Autos beträgt die Kauf-Prämie jetzt 18 750 Złoty (rund 4150 Euro).

Ursprünglich waren dafür die großzügige Summe von 37 500 Złoty angekündigt. Das war aber noch vor Beginn der Corona-Krise. Zu dem Zeitpunkt war aber schon klar, dass der Staat in seiner Ausgabe-Politik den Gürtel finanziell enger schnallen muss.
Heute – wie schon damals – ist die Zuschuss-Zahlung auf Elektro-Autos begrenzt, die einen Kaufpreis von max. 125 000 Złoty (rund 28 500 Euro) haben dürfen. Damit wird die Förderung nur auf die kleinsten, auf den Markt verfügbaren Elektro-Autos beschränkt. Das sind gegenwärtig:

• der Volkswagen e-up: 97 990 Złoty
• der Smart EQ Fortwo: 96 900 Złoty
• der Opel Corsa-e: 124 490 Złoty
• Nissan Leaf: 118 000  Złoty
• Peugeot e-208: 124 900 Złoty
• Renault Zoe: 124 900 Złoty

Mit 37,5 Mio. Złoty ist das Zuschuss-Budget für private E-Autos nur sehr bescheiden ausgestattet. Dies reicht max. für 2000 Fahrzeuge. Das ist nicht viel. Trotzdem wird es schwierig sein, diese Zahl zu erreichen. Um die Kauf-Prämie zu bekommen, muss man zahlreiche Bedingungen erfüllen.

Allein bei der Beantragung der Kauf-Prämie muss der Antragsteller 11 Verpflichtungs-Erklärungen abgeben. Dazu gehören u.a. das Verkaufsverbot des bezuschussten Fahrzeugs vor Ablauf von zwei Jahren und die Verpflichtung, im Jahr mindestens 10 000 Kilometer zu fahren.

Bei einem als Stadtfahrzeug genutzten kleinen E-Autos mit beschränkter Reichweite ist dies kaum zu realisieren. Auch ist man verpflichtet, das bezuschusste Auto mit vorgegebenen Aufklebern in der Größe von 44 x 7 cm sichtbar zu bekleben. Darauf steht (in deutscher Übersetzung) ,,Wir fördern die Elektro-Mobilität“ und ,,kofinanziert vom Umweltfonds“.

Dieser Aufkleber-Zwang ist für die meisten Polen, für die ein Auto (möglichst ein großer SUV) immer noch ein Status-Symbol ist, einfach ein verstörrendes Ansinnen.  Ohnehin spielt Umweltbewusstsein beim Kauf eines auch als ,,Spielzeug für reiche Leute“ bezeichneten E-Autos keine besonders große Rolle.

 

Foto Volkswagen

Foto Volkswagen

Vor dem Hintergrund der zahlreichen Anforderungen ist es daher keine Überraschung, dass seit Eröffnung der Antragsrunde (26.Juni) erst 200 Anträge auf einer Förder-Prämie gestellt wurden. In der benachbarten Slowakei war bei ähnlichen Zuschuss-Aktionen für Elektroautos das Fördervolumen bereits nach 5 Minuten ausgeschöpft.
Bei dem dominierenden Status-Denken polnischer Autofahrer hat der Verkauf von  E-Autos an private Nutzer für den Auto-Markt ohnehin nur untergeordnete Bedeutung. Ein viel höheren Stellenwert haben für die Auto-Branche Flotten-Fahrzeuge. Entsprechend ist das Zuschuss-Programm „eVAN“ für Firmenfahrzeuge mit 70 Mio. Złoty schon etwas besser ausgestattet.

Der Zuschuss beträgt hier 30 Prozent des Kaufwertes und ist auf max. 70 000 Złoty (knapp 16 000 Euro) begrenzt. Die Prämie wird für den Kauf oder das Leasing von Fahrzeugen bis max. 3,5 t gezahlt. Zusätzlich wird vom Nationalen Umweltfonds, bei dem die Anträge zu stellen sind, der Kauf von E-Ladesäulen (AC) mit max 22 kW kofinanziert. Der Zuschuß beträgt hier max 50 Prozent des Kaufpreises, jedoch nicht mehr als 5000 Złoty (rund 1100 Euro).

Das dritte Förderprogramm mit der Bezeichnung ,,Kolibri” richtet sich ausschließlich an Firmen mit einer Lizenz für die Personenbeförderung.

Laut dem polnischen Verband der Autohersteller PZPM sind in Polen insgesamt 7884 Elektro-Pkw registriert (Stand Oktober 2019). Davon sind 4701 voll batteriebetriebene Fahrzeuge (BEV), der Rest Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge.

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Präsidentschaft: Stich-Wahl wird zur Richtungswahl

Erwartungsgemäß fällt die Entscheidung über den künftigen polnischen Staatspräsidenten im zweiten Wahlgang. Amtsinhaber Andrzej Duda hat zwar – nach Auszählung von 99,7 Prozent der Stimmen – die Wahl am Sonntag mit 43,67 Prozent deutlich gewonnen. Für seine Wiederwahl im ersten Wahlgang, was das erklärte Ziel der ihm stützenden nationalkonservativen Regierungspartei PiS war, reicht das aber nicht. Dafür wäre die absolute Mehrheit notwendig gewesen. Sein Herausforderer, der Warschauer Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski und stellvertretender Parteivorsitzender der liberalkonservativen Bürgerkoalition KO, kam auf 30,34 Prozent der Stimmen.

Damit kommt es zur Stichwahl zwischen Duda und Trzaskowski am 12.Juli. Deren Ausgang entscheidet nicht nur über die Ausgestaltung des parteipolitischen Kräfteverhältnisses, sondern generell über die Situation in Polen in den nächsten Jahren. Bei einer Wiederwahl von Andrzej Duda wird die Allmacht der nationalkonservativen Partei PiS-Partei für die nächsten Jahre betoniert. Die nächsten Wahlen finden dann erst in drei Jahren statt. In dieser Zeit kann die Partei von Jarosław Kaczyński ihre ,,Politik des guten Wechsels“ fortführen und die eingeleiteten Veränderungen im Justiz-System, den Medien, dem Bildungswesen, in der Außenpolitik und den kommunalen Selbstverwaltungen vertiefen. Kaczyński selbst hat mit seiner Meinung nie hinter dem Berg gehalten, dass ein dauerhafte Veränderung Polens in seinem Sinne ohne ,,seinen Präsidenten“ (Duda) nicht möglich wäre.
Wenn dagegen Trzaskowski die Stichwahl gewinnt, dann sind die Tage der PiS-Regierungszeit gezählt. Anders als der Bundespräsident in Deutschland beinhaltet das Amt des polnischen Staatspräsidenten nicht nur repräsentative Funktionen. Der polnische Staatspräsident hat ein Veto-Recht. Damit kann er jedes Gesetz blockieren und damit die Regierungsarbeit paralysieren. Wie dies funktioniert, hat Aleksander Kwaśniewski in der Vergangenheit demonstriert. In seiner Amtszeit (1995 bis 2005) hat er zahlreiche Gesetze der damaligen AWS-Regierung (mit dem Justizminister Kaczynski), aber auch der Regierung des ihm politisch nahestehenden SLD-Linksbündnisses blockiert.
Wenn Trzaskowski dem Beispiel Kwasniewskis folgt und darüber dürfte kein Zweifel bestehen, dann könnte die Regierungskoalition,,Vereinigten Rechte“ (nationakonservative PiS mit der Partei Solidarna Polska und Partei Porozumienie als Juniorpartner) keines ihrer umstrittenen Gesetze mehr durchbringen. Früher oder später wären dann Neuwahlen die Folge.
Die Stichwahl am 12.Juli verspricht ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Duda und Trzaskowski. Mit seinen über 45 Prozent der Wählerstimmen liegt zwar der amtierende Staatspräsident deutlich vorn. Doch sein Spielraum, im Wähler-Lager der anderen neun, jetzt aus dem Rennen geworfenen Präsidentschafts-Kandidaten zu fischen, sind beschränkt. Am ehesten kommen da die Wähler des Kandidaten der Konföderation in Frage. Die Konförderation ist ein Bündnis von Splitter-Gruppierungen, das rechts von der nationalkonservativen Partei PiS steht und nach den Maximen von deren Partei-Chef Kaczyński keine Existenz-Berechtigung hat (,,Für eine Partei rechts von der PiS gibt es keinen Platz“). Der Kandidat der Konföderation, Krzysztof Bosak kam auf 6,75 Prozent der Wählerstimmen.

Bosak hat zwar bereits schon die Aussage getroffen, bei der Stichwahl seinen Wählern keine Empfehlung für die Wahl von Duda oder Trzaskowski auszusprechen, allerdings gehen Beobachter davon aus, dass zumindest ein Drittel der Konföderations-Wähler Duda ihre Stimme geben werden. Ob das ausreicht und es Duda gelingt, noch Stimmen aus anderen Lagern für sich zu gewinnen, bleibt abzuwarten.

Trzaskowski steht im Vergleich zu Duda vor einer noch schwierigeren Aufgabe. Er muß praktisch 20 Prozent der Stimmen zugewinnen. Aus dem Lager der Linken, deren Kandidat Robert Biedron nur auf 2,21 Prozent kam, scheint ihm deren Stimmen sicher. Auch auf die Stimmen von Szymon Hołownia kann er zählen. Hołownia, der nicht dem politischen Establisment angehört, gilt als der heimliche Sieger dieses ersten Wahlgangs. Der parteiunabhängige Kandidat, Journalist und bekannter Buch-Autor, war mit dem politischen Anspruch angetreten, eine ,,neue und bessere“ Bürgerpartei zu schaffen als die, die Trzaskowski vertritt. Nur wenige Monate in der Politik kam er auf Anhieb auf knapp 14 Prozent der Wählerstimmen. Viele Polen hätten ihn lieber anstelle von Trzaskowski im zweiten Wahlgang gesehen. Holownia hat jetzt unmittelbar nach dem ersten Wahlgang die Empfehlung an seine Wähler ausgegeben, mit ihrer Stimmvergabe an Trzaskowski ,,das kleinere Übel zu wählen“.

Die liberalkonservative Partei, der einst Ministerpräsident und später EU-Ratsvorsitzender Donald Tusk vorstand, hatte sich zwar konsequent seit der Macht-Übernahme durch die PiS konsequent für die Verteidigung rechtsstaatlicher Normen in Polen eingesetzt. Nur mit sich selbst beschäftigt und mit ihrer Klientel-Politik ist sie jedoch in der Vergangenheit den Erwartungen der Polen als Hoffnungsträger für eine bessere Zukunft nicht gerecht geworden.

Foto: PL-MVI-Agentur

Porr und TGE bauen Gashafen auf Usedom aus

© André Jański / infopol.PRESS


Auf der polnischen Seite der Ostsee-Ferieninsel Usedom wird ein dritter gigantischer Gas-Tank errichtet. Die Betreibergesellschaft des LNG-Gashafens Swinemünde (Świnoujśćie) Polskie LNG hat dazu jetzt dem österreichischen Baukonzern Porr und der TGE Gas Engineering GmbH mit Sitz in Bonn den Auftrag zum Ausbau des Terminals erteilt.

Der Auftrag beinhaltet neben dem Bau eines Tanks mit einer Kapazität von 180 000 m³ den Bau eines zweiten Schiffs-Anlegeufers sowie einer dreigleisigen Bahnanschluss-Anlage mit einer Station zur Verladung von LNG-Gas in Bahn-Kesselwaggons. Der Auftragswert beträgt rund 450 Mio. Euro (1,9 Mrd. Złoty). Der Auftrag wird von der EU mit 130 Mio. Euro kofinanziert.

Für den Ausbau des LNG-Hafens hatte die Betreibergesellschaft Polskie LNG bereits Ende vergangenen Jahres mit der Selas-Linde GmbH aus Pullach einen Vertrag zur Lieferung der Regasifizierungstechnik unterzeichnet. Dabei handelt es sich um zwei Tauchflammenverdampfer (SCV -submerged combustion vaporiser), die zur Verdampfung von Flüssig-Erdgas (LNG) eingesetyt werden.

Kapazität hochgesetzt

Mit dem Ausbau wird die Regasifizierungskapazität des Gashafens bei der Wiederverdampfung des auf Schiffen angelieferten verflüssigten Erdgases (LNG) auf 8,3 Mrd. m³ im Jahr erweitert. Gegenwärtig beträgt die jährliche Regasifizierungskapazität des LNG-Hafens in Swinemünde 5 Mrd. m³ Erdgas. Ursprünglich hatte man einen Ausbau auf 7,5 Mrd. m³ geplant. Die in jüngster Zeit sich vollzogenen großen Veränderungen auf dem Gas-Markt und der Aufbau des Vertrauens in die Stabilität der Gaslieferungen hat uns zu der Entscheidung bewegen, die Kapazität des dritten Tank zu erhöhen und den Ausbau im größeren Maßstab vorzunehmen, erklärte dazu Tomasz Stępień, Vorstands-Chef der Gesellschaften Polskie LNG und der für das polnische Gasleitungs-System verantwortlichen Gaz System. Weltweit sei mit verflüssigten Erdgas (LNG) ein selbständiges Segment im Erdgas-Markt entstanden, z.B. als Antriebs-Kraftstoff im Transportwesen, auch in der Meeres-Schifffahrt. Polen will dabei ganz vorn mitspielen. Der Bau des zweiten Schiffsufer ermöglich uns eines Re-Export des verflüssigten Erdgases und ein Umladen auf kleinere Schiffe, also eine Bunkerung von LNG.

Bereits im vergangenen Jahr war in den Seehäfen von Danzig (Gdańsk) und Gdynia erstmals eine Bunkerung von LNG-Gas vorgenommen worden. Dabei erfolgte das Einpumpen in die mit LNG-Gas angetriebenen Schiffe noch über LNG-Tankwagen. In Zukunft soll dies über Bunker-Schiffe erfolgen.

Foto: PL-MVI-Agentur

Der LNG-Gashafen von Swinemünde hat gegenwärtig eine Auslastung von über 60 Prozent. Im Vergleich zu den anderen 22 Terminals in der gesamten EU ist dies ein hoher Wert. In den meisten dieser Terminals, in denen das in flüssiger Form angelieferte Erdgas (LNG) wieder in den gasförmigen Zustand umgewandelt wird, liegt die Auslastung bei nur etwa 30 Prozent.

Der LNG-Gashafen auf der Insel Usedom wurde offiziell im Sommer 2015 nach einjähriger Verspätung in Betrieb genommen. Gebaut wurde er von dem italienischen Unternehmen Saipem im Verbund mit polnischen Unternehmen, von denen seinerzeit einige Pleite gingen.

,,Epochale“ Bedeutung für ganz Polen

In den ersten Jahren nach der Inbetriebnahme bezog der staatliche polnische Erdgas-Versorger PGNiG in der das mit Tankschiffen angelieferte verflüssigtes Erdgas vor allem auf Grundlage einer langfristigen Vereinbarung aus dem Emirat Katar. Nach dem Macht-Wechsel in Warschau wurde die östlich der Swinemündung gelegene Anlage im Rahmen eines Staatsaktes im Juni 2016 in LNG Terminal Lech-Kaczyński umbenannt.  Im Juni 2017 folgte der nächste Staatsakt. Die gesamte polnische Regierung war angetreten als der erste US-Gastanker in Swinemünde einlief. Der Bezug von Erdgas aus den USA habe,,epochale” Bedeutung für ganz Polen, erklärte die damalige Regierungschefin Szydlo bei der Ankunft. Damit werde Polen für amerikanisches Erdgas zum Tor für die Märkte in Mittel- und Osteuropa. Die Vereinbarung mit den Amerikanern bedeute  das Ende des Preis-Diktats durch die Russen und eröffne die Möglichkeiten des Re-Exports. Nach dem Besuch von US-Präsident Donald Trump in Warschau im Sommer 2017, wo Trump bei einem Treffen mit Staatspräsident Andrzej Duda Polen die USA als neuen Erdgas-Lieferanten anbot, schloss der polnische Ergasversorger PGNiG mehrere umfangreiche Verträge für die Lieferung von US-amerikanischen LNG-Gases nach Swinemünde ab. Bei dem amerikanischen LNG-Gas handelt es sich um im umweltschädlichen Fracking-Verfahren gewonnes Erdgas.

Aufstieg zum ,,Big Player“ im Gasgeschäft geplant

Nach dem Jahre 2022, wenn die Verträge mit dem russischen Erdgas-Versorger Gazprom auslaufen, wird Polen russisches Erdgas durch amerikanisches LNG-Gas und Erdgas aus Norwegen (über die Ostsee-Pipeline Baltic Pipe) ersetzen.

Die dabei vertraglich gebundenen Kapazitäten ermöglichen Polen nicht nur den Landesbedarf an Erdgas zu decken, sondern auch Erdgas zu exportieren. Erklärtes politisches Ziel ist es, zum ,,Big Player“ bei der Erdgas-Versorgung im Mittel-/Osteuropa aufzusteigen. Dabei ist u. a. ein verstärkter Export von Erdgas in die Ukraine geplant.


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Netto übernimmt Tesco-Ladenkette in Polen

Schon seit geraumer Zeit versuchten die Briten einen Käufer für ihre lahmende Ladenkette Tesco in Polen zu finden. Interessenten gab es , darunter Kaufland. Jetzt hat jedoch der Scottish Terrier der schwarz-gelben Discount Kette zugeschnappt. Der dänische Netto schließt mit dem Kauf des britischen Handels-Riesen in Polen zum Discounter Lidl auf. Die großen Tesco-Märkte könnten aber auch ein zu gewaltiger Brocken für Scottie werden.

Der britische Handelskonzern Tesco hat den Verkauf seiner Ladenkette in Polen bekanntgegeben. Käufer ist die dänische Salling, Group, Eigentümer der Discount-Kette Netto. Die Transaktion, die noch der Zustimmung der Wettbewerbs-Behörden bedarf, umfasst den Verkauf von 301 Läden, zwei Vertriebszentren und die Firmen-Zentrale von Tesco in Polen. Der Vertrag schließt die Übernahme der rund 7000 Tesco-Mitarbeiter durch Netto ein.
Der Verkaufspreis fällt mit 900 Mio. Złoty (181 Mio. Pfund) relativ niedrig aus. Zum Vergleich: die Metro-Gruppe verkaufte 2012 ihre 91 Real-Märkte in Mittel- und Osteuropa, davon über 50 in Polen, für 1,1 Mrd. Euro an den französischen Handelskonzern Auchan. Was damals für die Metro-Gruppe ein Befreiungsschlag war, trifft auch heute auf Tesco zu.
Die Hyper-Märkte – große SB-Einkaufshäuser – als einstiges Parade-Stück des britischen Handelskonzerns haben schon lange ihre Blüte-Zeit in Polen überschritten. Die Kunden wanderten von der Hyper-Märkten zu kleineren Läden ab. Gleichzeitig verschärfte sich der Wettbewerb mit den beiden führenden Discountern Biedronka und Lidl. Hinzu kamen Fehl-Entscheidungen des Vorstands und das schrittweise eingeführte Sonntags-Handelsverbot in Polen. Damit einher gingen bei den Briten ein kontinuierlicher Umsatz-Rückgang und Netto-Verluste in den vergangenen Jahren. Tesco Polska erzielte im Geschäftsjahr 2019/2020 nur noch einen Umsatz von 1,368 Mrd. Pfund bei einem Netto-Verlust von 24 Mio. Pfund. Dabei hatte das Unternehmen bereits im vergangenen Jahr mit einer Verringerung der Größe seiner Hyper-Märkte auf ein Kompakt-Format begonnen und Läden geschlossen oder verkauft. Wie Tesco mitteilt, wurden allein in den vergangenen 18 Monaten 22 Märkte für 200 Mio. Pfund verkauft.

Auch Kaufland war interessiert

Zu den Käufern gehörte auch die deutsche Einzelhandelskette Kaufland, die noch Anfang des Jahres ,,in einem ersten Schritt“ die Übernahme von drei Tesco-Standorten vermeldete, der die Übernahme von weiteren vier Tesco-Filialen folgten sollten. Nach Angaben des Fach-Handelsportals Wiadomoscihandlowe soll Kaufland neben dem Fonds Mid Europa Partners (früherer Eigentümer der Einzelhandel-Kette Żabka) auch an der Übernahme von Tesco interessiert gewesen sein. Laut dem Portal soll auch Aldi in der frühen Phase der Verkaufs-Verhandlungen eingeschalten gewesen sein.
Vor diesem Hintergrund stellte der Tesco-Verkauf an die dänische Ladenkette Netto ein Paukenschlag im polnischen Einzelhandel dar.
Die dänische Netto-Kette gehörte zu den Vorreitern unter den ausländischen Handels-Unternehmen bei der Erschließung des polnischen Einzelhandels-Marktes. Bereits 1995 eröffnete Netto den ersten Markt in Stettin (Szczecin). Von dort aus startetes es seine Expansion, die regional gewichtet auf Westpolen lag.
Das Discount-Netz von Netto umfasst gegenwärtig 386 Läden in Polen, davon allein 68 in und um Stettin. Neben Westpolen ist Netto auch in Schlesien sehr gut bekannt. Ostpolen stellt dagegen auf der Netto-Filialkarte einen weißen Fleck dar.

Anschluß an Lidl gewonnen

Dies ändert sich jetzt mit der Tesco-Übernahme. Dadurch steigt die Laden-Zahl von Netto auf 687. Netto schließt damit zu Lidl als zweigrößter Discounter in Polen auf. Lidl hat gegenwärtig über 720 Filialen in Polen. Das ist zwar noch immer weit von der Nr. 1 in Polen, der zum portugiesischen Handelskonzern Jeronimo Martins Discount-Kette Biedronka entfernt. Mit der Übernahme der britischen Handelskette gewinnen die Dänen eine größere Präsenz in den polnischen Großstädten, z.B. in Warschau von fünf auf 16 Märkte.

Umgestaltung der großen Tesco-Märkte für Netto eine Herausforderung

Für Netto stellt aber die Übernahme von Tesco eine extrem große Herausforderung dar, weil die Kompakt-Hypermärkte von Tesco um ein Vielfaches größer sind als die durchschnittliche Laden-Größe eines Netto-Discount-Marktes. Michael Løve, CEO von Netto International kündigte bereits an, über eine Milliarde Złoty in die Umgestaltung der Tesco-Märkte zu investieren. Der neue Eigentümer will dazu die Tesco-Märkte in Netto-Läden im Format Netto 3.0 umgestalten. Neben einigen Märkten in Deutschland hat Netto bereits auch erste Läden in Polen in das Format 3.0 mit u.a. pechschwarzer Ausgestaltung des Verkaufs-Innenraumes umgebaut. Die Umgestaltung soll nicht später als 18 Monate nach Abschluß der Transaktion erfolgen. Der soll bis Ende des Jahres erfolgen.
,,Diese Transaktion erlaubt uns, unsere Tätigkeit in der Region auf Tschechien, Ungarn und die Slowakei zu konzentrieren, wo wir stärkere Markt-Positionen und Wachstums-Möglichkeiten haben als in Polen“, erklärte Vorstands-Chef Dave Lewis in der von Tesco herausgegebenen Erklärung.

©André Jański / infopol.PRESS