Schlagwortarchiv für: Polen

Agrarminister auf der Flucht vor wütenden Bauern

Foto: kadr you tube / farmer .pl

Bei der Eröffnung der Internationalen Landwirtschafts-Messe im südpolnischen Kielce ist Polen Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk von Hunderten wütender Bauern bedrängt worden. Unter dem Schutz von Sicherheitspersonal und Polizei musste er aus der Messehalle in Sicherheit gebracht werden. Seit Monaten fordern die Bauern in Polen von ihrer Regierung und der EU entschiedene Maßnahmen gegen den Preisverfall ihrer Produkte infolge der Überschwemmung des Landes mit billigen ukrainischen Getreide.

Die Eröffnung der XXVIII. Internationalen Landwirtschaftsmesse mit Teilnehmern aus 15 Ländern lief diesmal anders ab als ihre Vorgänger-Veranstaltungen. Beim Eröffnungsrundgang durch die Messehallen sah sich Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk, der auch stellvertretender Ministerpräsident ist, plötzlich von einer immer größer werdenden Menge von wütenden Bauern umringt, die ihn auspfiffen. Wie die Gelbwesten in Frankreich trugen sie gelbe Warnwesten mit der Aufschrift (in polnisch) ,,Betrogenes Dorf“. Lauthals ,,Judas“ skandierend“ bedrängten mehrere Hundert Bauern den Minister und seine Regierungsdelegation. Als es zu Rangeleien mit den Personenschützern kam, musste der Minister unter dem Schutz von Sicherheits-Personal und Polizei, verfolgt von den wütenden Bauern aus der Messehalle evakuiert werden.

Statt im Transit zu den Weltmärkten landet ukrainisches Getreide in Polen

Die Bauern haben die Nase voll von den Versprechungen der Regierung und der Ignoranz der EU-Instanzen gegenüber der Realität, sagte der Vertreter einer Bauern-Organisation aus der Grenzregion zur Ukraine, die den Protest organisierte, dem Informations-Portal für die Landwirtschaft Farmer.pl. Polen werde von ukrainischen Getreide überschwemmt. Anstatt über die polnischen Ostseehäfen auf die Weltmärkte nach Afrika und Asien ausgeführt, wird es auf dem Binnenmarkt verkauft, was zum einem massiven Preisverfall geführt habe. Dies wird auch durch die Daten der polnischen Landwirtschaftskammer für Getreide und Futtermittel bestätigt. Laut ihrem jüngsten Marktbericht wird Weizen für Konsumzwecke gegenwärtig in einer Preisspanne von nur noch 950 Złoty bis 1220 Złoty (~200 bis 260 Euro) pro Tonne gehandelt. Vor einem Jahr waren es noch 2000 Złoty pro Tonne. Einen ähnlichen Preisverfall gibt es bei Mais, Raps und anderen Getreidesorten. Laut amtlichen Angaben des polnischen Landwirtschaftsministeriums wurden im zurückliegenden Jahr 3,27 Mio. t Getreide nach Polen eingeführt, davon über 75 Prozent aus der Ukraine.
Im Vergleich zu den rund 35 Mio.t , die im vergangenen Jahr von polnischen Feldern geerntet wurden, erscheint dies nicht besonders viel. Die Preis-Unterschiede sind jedoch gewaltig. Im Unterschied zur ukrainischen Landwirtschaft haben die Bauern in der EU im Zusammenhang mit den erfüllenden hohen Qualitäts-Parametern und Sanitärvorschriften der EU sowie zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln viel höhere Kosten. Durch den durch das billige Getreide aus der Ukraine ausgelösten Preisverfall , der den Verkauf ihrer eigenen Produkte zu einem den Kosten angemessenen Preise nahezu unmöglich macht, fürchten viele Bauern jetzt um ihre Existenz.

Verplombung ukrainischer Getreide-Transporte

Seit Ende des vergangenen Jahres hat es immer wieder Gespräche und Verhandlungen zwischen den landwirtschaftlichen Interessenvertretungen und der Regierung ohne substanzielle Ergebnisse gegeben. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, haben die Bauern am 16. März begonnen, Grenzübergänge zur Ukraine zu blockieren. Wie ein Sprecher der ,,Solidarność der Kleinbauern“ (Solidarność) informierte, sei dies in Absprache mit den Bauernverbänden in der Slowakei, Rumänien und Ungarn erfolgt, damit Brüssel endlich die Realität zur Kenntnis nehme. Die gleichen Probleme, die die Bauern in Polen haben, treten auch in den anderen EU-Ländern auf, die an der Ukraine angrenzen.
Das polnische Landwirtschaftsministerium hatte selbst in Absprache mit dem ukrainischen Landwirtschaftsressort die Vereinbarung getroffen, dass ab 8.März alle Transporte von ukrainischen Getreide und Ölfrüchten auf dem Straßen- und Schienenweg im Transit durch Polen verplombt werden. Im Fall des Schienentransports ist der Frachtführer verpflichtet, die Zollplomben an jedem Zug-Waggon anzubringen. An dem polnisch-ukrainischen Grenzübergängen werden die Plomben von den Beamten der polnischen Finanz-Administration KAS, zu der der Zoll gehört, überprüft. Falls es keine Übereinstimmung zwischen dem deklarierten und dem faktischen Ort der Warenentladung gibt, wollen die ukrainischen Behörden Spediteure, die dies ermöglicht haben, vom weiteren grenzüberschreitenden Verkehr ausschließen. Insofern die Transporte verplombt sind, führen die polnischen Veterinärämter keine Kontrollen auf die Einhaltung der EU-Vorschriften für Agrarprodukte beim Transit ukrainischer Getreide-Exporte zu den polnischen Häfen oder in andere EU-Länder durch.

Forderung nach wirksamen EU-Mechanismen zu ukrainischen Einfuhren

 

Die Bauernverbände halten die Regelungen für wenig wirkungsvoll. Sie kritisieren insbesondere, dass die Verplombung der Getreide-Transporte auf ukrainischen Gebiet erfolgt und polnischen Behörden darauf überhaupt keine Kontrolle haben. Sie fordern, dass die gesamt Einfuhr und der Transit von ukrainischen Getreide-Lieferungen auf dem europäischen Binnenmarkt unter die Kontrolle der EU gestellt wird. Es müssen langfristig und dauerhafte wirkende Mechanismen zur Warenzufuhr aus der Ukraine ausgearbeitet werden, betonte der Sprecher der Solidarność KI.
Bislang sieht es danach nicht aus. Während die Bauern die Wiedereinführung der Verzollung fordern, hat die EU-Kommission schon die Absicht verkündet, den zollfreien Export aus der Ukraine in die EU um ein weiteres Jahr zu verlängern.

© André Jański / infopol.PRESS

Erste Entlassungswelle in FCA-Motorenfabrik von Stellantis

Fotos: Stellantis Pressematerialien

♦ Verbrenner-Autoverbot der EU fordert  Tribut

Die zum Stellantis-Konzern gehörende FCA-Motorenfabrik in Bielsko Biała hat sich mit den Gewerkschaften auf einen Sozialplan zum Beschäftigungsabbau geeinigt. Zunächst werden bis Juni 300 Mitarbeiter entlassen. Die Entlassungen werden den EU-Klimabeschlüssen und dem Verbrenner-Autoverbot ab 2035 begründet.

FCA Powertrain Poland gehört zum Stellantis-Konzern, dem Autohersteller von Fiat, Opel, Peugeot, Citroen und Alfa Romeo. Noch 2019 wurden in der Motoren-Fabrik von FCA Powertrain Poland in Bielsko Biała rund 264 000 Diesel- und Benzinmotoren produziert.
Seinerzeit waren in dem Werk 1200 Mitarbeiter beschäftigt. In dem Werk hat jetzt der Beschäftigungs-Abbau begonnen. Bis Juni werden zunächst 300 Mitarbeiter der gegenwärtig noch 800 Beschäftigten entlassen.
Gewerkschaften und Vorstand einigten sich auf einen Sozialplan. Für Mitarbeiter , die freiwillig ihren Arbeitsplatz verlassen, sind in Abhängigkeit von der Betriebszugehörigkeit Abfindungen in Höhe bis zu 24 Monatslöhnen vorgesehen.
Stellantis erklärt den Beschäftigungsabbau mit den stringenden Entscheidungen der EU zur Reduzierung der Schadstoff-Emissionen (Euro-7-Norm) und dem Beschluss des EU-Parlaments zum Verbrenner-Autoverbot ab dem Jahre 2035.
Die auf E-Autos fokussierte Politik der EU habe zu einem Rückgang der Bestellungen für Verbrenner-Motoren geführt. In der Konsequenz wird deshalb die Herstellung von Twin Air-Motoren für die Fiat-Modelle in Bielsko Biała eingestellt. Die Produktion der SDE- und GSE-Turbobenzinmotoren wird beschränkt. Die Produktionslinie für 1,3 Liter-Dieselmotoren soll nur noch bis 2025 in Betrieb bleiben. Was danach passiert und ob dann das Werk geschlossen wird, ist unbekannt.
Die FCA-Motorenfabrik war bisher der größte Arbeitgeber in der südpolnischen Stadt.

Produktionsbeginn für vollelektrifizierten Jeep Avenger 

Der Stellantis-Konzern hat erst Anfang Februar in seinem Werk im schlesischen Tychy (früher Fiat-Chrysler) die reguläre Produktion des Jeep Avenger aufgenommen. Das vollelektrifizierte Fahrzeug ist der erste Jeep, den der Autokonzern in Polen produziert. Beim Jeep Avenger handelt es sich um ein Fahrzeug aus dem B-Segment der SUV. Bei seiner Weltpremiere auf der Automesse in Paris war das Fahrzeug zum ,,Car of the year 2023″ gekürt worden.
In Tychy wurden bisher der Fiat 500 als Standard-Modell sowie das mit dem Fiat 500 verwandte Model Abarth 500 und der Lancia Ypsilon produziert.
Der Jeep Avenger ist das erste von drei neuen Elektro- und Hybrid-Modellen, die Stellantis in Tychy produzieren wird.

© AJ/ infopol.PRESS

Politische Demontage des Denkmals Papst Johannes Paul II.

Foto. Kanzlei des Staatspräsidenten Twitter

In gut sechs Monaten sind in Polen Wahlen. Nach einer als ,,beschämenden“ interpretierten ,,medialen Hetzjagd“ hat Kaczyńskis PiS-Partei die Verteidigung des polnischen National-Heiligtums, des Andenkens an seine Heiligkeit des früheren Papstes Johannes Paul II zu dem bestimmenden Wahlkampfthema gemacht. Der Bericht des privaten Fernsehsenders TVN, wonach der Papst in seiner Zeit als Erzbischof von Kraków vom sexuellen Kindes-Missbrauch in seiner Kirche gewusst und vertuscht habe, wertete die PiS-Regierungsmaschinerie als einen Angriff auf Polen. Dessen Auswirkungen seien identisch ,,mit den Zielen eines hybriden Krieges“ und des brutalen Krieges in der Ukraine . Jenseit von jeglicher Rationalität politischen Denkens und Handels wurde deshalb der US-Botschafter ins Außenministerium einbestellt, um sich zu dem Bericht des Fernsehsenders zu erklären. Dessen Eigentümer ist der US-Konzern Warner Bros.

Der Fernsehsender TVN hatte in seiner Recherche-Dokumentation berichtet, dass Karol Wojtyła vor seiner Weihe zum Papst Johannes Paul II in seiner Zeit als Kardinal und Bischof von Kraków von Fällen des sexuellen Kindes-Missbrauchs wusste, die von Priestern in seiner Diözese begangen wurden. Konkret werden in der Reportage namentlich drei Priester genannt, die der Papst durch Versetzungen im kirchlichen Amt beließ, obwohl er von deren pädophilen Neigungen und Handlungen wusste. So wurden sogar zwei der Geistlichen von der damaligen Justiz zu kurzen symbolischen Haftstrafen wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt. Neben Quellen-Bezügen zu Polizei-, Justiz- und Geheimdienst-Dokumenten aus kommunistischen Zeiten fußt der Enthüllungsbericht von TVN auch auf Aussagen von Zeugen, die Wojtyła in den Siebzigerjahren über den Missbrauch informiert haben wollen. Der spätere Papst haben jedoch keinen Priester seines Amtes enthoben.

Vertuschung von sexuellen Missbrauchs-Fallen

In dem TVN-Bericht wird auch der bekannte Fall des Priesters Bolesław Saduś dokumentiert. Laut Informationen eines Priesters aus der Diozöse an die polnische Stasi soll Saduś mehrfach von empörten Müttern ihrer von ihm sexuell missbrauchten Kinder in der Öffentlichkeit angegangen worden sein. Dies haben ihn laut verflucht. Um einen weiteren öffentlichen Skandal zu vermeiden, habe der spätere Papst Saduś aus dem Schussfeld genommen. TVN zitiert dazu aus einem Empfehlungsschreiben, in dem Saduś dem früheren Erzbischof von Wien, Franz König, bat, dem Priester aus seiner Gemeinde aufzunehmen. Dem Erzbischof von Wien soll er dabei verschwiegen haben, dass Saduś bereits in Polen minderjährige Kinder missbraucht hatte. So konnte der mutmaßliche Kinderschänder unbeschadet im österreichischen Weinviertel seinen Dienst aufnehmen.

,,Hybrider Angriff – Einbestellung des US-Botschafters

Nahezu zeitgleich mit der ausgestrahlten Investigativ-Recherche des Fernsehsenders TVN ist jetzt auch ein Buch des niederländischen Publizisten Ekke Overbeek in polnischer Sprache unter dem Titel ,,Maxima culpa“ erschienen. Darin werden auch die von TVN thematisierten Missbrauchs-Fälle mit detaillierten Beschreibungen bestätigt, wie Kinder zu sexuellen Handlungen unter der Kirchen-Soutane gezwungen wurden. Noch pointierter als bei TVN gibt Overbeck dem späteren Papst eine Mitschuld an dem sexuellen Kinder-Missbrauch.
Die jetzt erhobenen Vorwürfe sind nicht neu. Daher überrascht der plötzlich aufgebrachte Sturm der Entrüstung im Regierungslager, der den Verdacht einer politischen Inszenierung erweckt. So setzte Regierungschef Mateusz Morawiecki (PiS) bei Twitter einen mit klassischer Musik unterlegten Film mit Aufnahmen vom Papst ab. Morawiecki selbst im Bild neben einer polnischen Flagge legt das Narrativ vor, das der russischen Angriffs-Krieg in der Ukraine auf der gleichen Vergleichsebene liegt wie in ,,hybrider Angriff“ auf den Papst.

Ein Tag später wurde der US-Botschafter ins polnische Außenministerium mit der Erklärung einbestellt, dass „die potenziellen Auswirkungen dieser Aktionen identisch mit den Zielen eines hybriden Krieges sind, der darauf abzielt, zu Spaltungen und Spannungen in der polnischen Gesellschaft zu führen“.

Mit den Aktionen ist die Veröffentlichung des Fernsehsenders TVN über den Papst gemeint. Eigentümer des Sender ist der US-Medienkonzern Warner Bros. Bis zu Ende gedacht führt die Erklärung in letzter Konsequenz zu dem jegliche politische Rationalität vermissenden Vorwurf, die USA würden einen hybriden Krieg gegen Polen führen. Vor dem Hintergrund des Besuchs von US-Präsident Joe Biden vor einigen Tagen in Warschau und dass die USA Polens strategischer Partner sind, ist dies politisch völlig absurd. Und auch zynisch. Die polnische Gesellschaft ist durch die Politik von PiS-Parteichef Kaczyński mit seiner Klassifizierung von ,,guten und schlechten Polen“ schon seit Jahren gespalten.

Politisch inszenierter Protest-Sturm

Der inszenierte Proteststurm fand seine Fortsetzung mit einer von der PiS-Partei eingebrachten Resolution gegen die „beschämende mediale Hetzjagd“ zur Verteidigung des guten Rufs des Papstes. Von einem Angriff auf Polen war da die Rede. In dem einem Kreuzzug gleichenden Spektakel zogen Kaczyński und die meisten Abgeordneten der nationale-konservativen PiS-Partei einheitlich mit dem gleichen Foto des Papstes in der Hand in das Parlament ein. In der Parlaments-Resolution werden die TVN-Publikation und das Buch von Ekke Overbeek als Versuch gewertet, ,, Johannes Paul II. mit Material zu kompromittieren, das nicht einmal die Kommunisten zu verwenden wagten“. Deren Recherchen aus anderen Quellen ausblendend, verurteilen die eifernden Papstverteidiger im Regierungslager wie auch der vielfach offen seine Unterstützung für die PiS-Politik ausdrückende Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Stanisław Gądecki die Veröffentlichungen als unglaubwürdig, weil sie sich auf Dokumente aus der kommunistischen Zeit stützen.

Zumindest in diesem Punkt ist die Kritik berechtigt. Gerade in den 80er Jahren ist der polnische Stasi-Dienst SB massiv gegen die Kirche und ihre Würdenträger vorgegangen. Ein eindeutiger Beleg dafür ist die Ermordung des Priesters Jerzy Popiełuszko durch drei Beamte der polnischen Stasi im Oktober 1984 und die Ertränkung seines Leichnams.

Juliusz Paetz – ,,Die Antwort war ein langes Schweigen“

Dagegen setzt sich die Vertuschungs-Praxis von Karol Wojtyła als Johannes Paul II. weit über diesen Zeitraum hinaus fort. So ernannte er 1996 Juliusz Paetz zum Erzbischof von Poznań. Auf die Vorwürfe, dass der Kleriker sich massiv an den ihm Untergebenen und insbesondere an den Jungs im Priester-Seminar sexuell vergriffen habe, reagierte Johannes Paul II. nicht. Anna Karoń-Ostrowska, eine langjährige Vertraute des Papstes berichtete später in einem Presse-Interview, dass sie den Pontifex gefragt habe, weshalb er nicht auf die Angelegenheit des Erzbischofs Paetz in Poznań reagiert. ,,Die Antwort war ein langes Schweigen. Um so länger er schwieg, um so mehr drängten mich die Fragen: Weshalb reagiert er nicht? Weshalb trifft er bei den sich anhäufenden Beweisen der Opfer von Paetz keine Entscheidungen? Aus seinem langen Schweigen habe ich gelernt, dass ist die Welt, in der du kein Recht hast, einzutreten.“

Übrigens war zu der Zeit von Paetz als Erzbischof der heutige Vorsitzende der polnischen Bischofs-Konferenz und offene Fürsprecher der PiS-Politik, Jędraszewski, sein damaliger Weihbischof in Poznań!

Ein weiteres prominentes Beispiel für die sexuellen Übergriffe von Geistlichen in der katholischen Kirche Polens ist der Fall des legendären Prälaten der Solidarność Henryk Jankowski. Vorwürfe, dass er Kinder in seinem Gemeindehaus sexuell missbraucht habe, wurden von den Kirchenoberen gedeckelt. Das ihm zu Ehren aufgestellte Denkmal nach seinem Tod wurde in Danzig (Gdańsk) wieder abgebaut, nachdem sich die Vorwürfe durch Zeugen-Aussagen erhärteten. Der Abbau erfolgte im Übrigen nicht auf Initiative der Kirche, sondern auf Grundlage eines Mehrheits-Beschlusses im städtischen Parlament gegen die Stimmen der PiS-Abgeordneten.

Tatsache ist, dass sich die katholische Kirche in Polen im Unterschied zu anderen Kirchen, z.B. in den USA, Irland oder zuletzt auch in Deutschland, einer gründlichen öffentlichen Aufarbeitung der sexuellen Missbrauchs-Fälle verweigert und sich nicht auf die Seite der Opfer stellt. Nach wie vor herrscht das Doktrin Verschweigen und Vertuschen sowie die Anmaßung, für sich besondere Rechte in Anspruch zu nehmen.

Instrumentalisierung des Papstes für den PiS-Wahlkampf

Die jetzt gegen den Papst erhobenen Vorwürfe sind im Grunde genommen nicht neu. Bereits in der Vergangenheit erschienen Artikel mit ähnlichen Inhalt in der Presse, ohne dass sie von der regierenden PiS-Partei besonders zur Kenntnis genommen oder bewertet wurden. Das jetzt politische Spektakel lässt ein gezielt kalkuliertes Planspiel von Kaczyńskis Regierungspartei erkennen, Papst Johannes Paul II. für den Wahlkampf der PiS-Partei zu vereinnahmen.

In allen Wahl-Prognosen für die im Herbst anstehenden Parlamentswahlen liegt die PiS-Partei zwar vorne. Ihre Stimmen-Mehrheit reicht jedoch nicht aus, um im Herbst eine Regierung zu bilden. Mit der zum Kulturkampf erhobenen Verteidigung des Papstes sieht die Kaczyński-Partei ein probates Mittel, die eigene Wählerschaft zu mobilisieren und die potenzielle Wählerschaft der Opposition zu spalten. Denn noch immer genießt der polnische Papst bei der Mehrheit der polnisches Bevölkerung für seine historischen Verdienste als Nationalheiliger ein hohes Ansehen. Wer also für seine Verteidigung eintritt, wählt die PiS-Partei. Wer deren Politik kritisiert, greift den Papst an, so die Kalkulation in der PiS-Parteizentrale.
Politische Beobachter sehen die Vereinnahmung des Papstes in die Wahlkampfstrategie der PiS-Partei ein durchaus wirkungsvolles Mittel. Die jetzt inszenierte moralische Entrüstung um den Papst macht jedoch jegliche inhaltliche Auseinandersetzung mit den Vorwürfen und eine Aufarbeitung unmöglich. Langfristig wird die schmerzende Diskussion wieder auf die Tagesordnung treten. Durch die parteipolitische Instrumentalisierung wird der Papst und das Gedenken an seine historischen Leistungen dann das gleiche Schicksal erleiden wie die ihn vereinnahmende Partei. Die auf diese Weise politische Beschädigung des Papst-Denkmals wird den Flurschaden der seit Jahren schleichenden Abwendung von der Katholischen Kirche, insbesondere bei den jüngeren Generationen, nur noch beschleunigen.

© André Jański / infopol.PRESS

Milliarden-Streit um Polens modernstes Kohle-Kraftwerk

Foto: Tauron

Ein einmaliger Vorgang im Beziehungs-Geflecht der polnischen Staats-Wirtschaft: Der staatliche Energiekonzern Tauron fordert vom Kraftwerks-Ausrüster Rafako die Rekord-Entschädigungssumme von 1,3 Mrd. Mrd. Złoty. Rafako selbst, dessen Vorstandschef ein ehemaliger Stellvertreter von Regierungschef Mateusz Morawiecki ist, fordert im Gegenzug von Tauron Entschädigungszahlungen in Höhe von über einer halben Milliarde Złoty. Causa des in der Öffentlichkeit erbittert ausgetragenen Streits ist Polens modernstes Steinkohle-Kraftwerk Jaworzno. Seit seiner Inbetriebnahme musste es mehrfach wegen Havarien und technischer Mängel abgeschalten werden.

Der vom Staat kontrollierte Energiekonzern Tauron hatte das neue Kraftwerk Jaworzno als ,,letzte große Investition in die Steinkohle“ Anfang 2021 in den Dauer-Betrieb genommen. Die Investitionskosten beliefen sich auf rund 6 Mrd. Złoty (rund 1,3 Mrd. Euro). Für seinen Bau und die technische Ausrüstung zeichnete der polnische Anlagenbauer Rafako verantwortlich. Mit einem um 80 Prozent geringeren Ausstoß von Schwefeldioxid und ein Drittel weniger Co2- Emissionen ist Jaworzno das modernste Steinkohle-Kraftwerk Polens. Geplant war, dass der Kraftwerks-Block mit einer Leistung von 910 jährlich bis zu 6,5 TWh Strom erzeugt, was den Strombedarf von 2,5 Mio. Privat-Haushalten deckt. Doch gleich nach Aufnahme des Dauerbetriebs kam es zu einer ersten Betriebsstörung. Im Sommer 2021 wurde der Kraftwerks-Block erneut wegen Fehlern abgeschalten. Nach erfolgter Reparatur durch das Konsortium unter Führung des Anlagenbauers Rafako wurde er mit erheblicher Verspätung erst im vergangenen Frühjahr wieder ans Netz gebracht. Im August 2022 stand dann der für die polnische Stromversorgung wichtige Kraftwerks-Block wieder für vier Wochen still.

Energiekonzern Tauron: Konstruktionsfehler beim Kraftwerks-Bau

Zu dem Zeitpunkt wurde der Streit zwischen dem Energiekonzern Tauron und dem Anlagenbauer Rafako bereits in aller Öffentlichkeit ausgetragen. Seinen vorläufigen Höhepunkt hat er jetzt mit der der Übersendung einer schriftlichen Note der Tauron-Gruppe an den Rafako-Vorstand erreicht. Darin fordert der staatliche Energiekonzern 1,3 Mrd. Złoty (280 Mio. Euro) in Form von Vertragsstrafen und Entschädigungen für die nach seiner Ansicht von Rafako verursachten Konstruktions-Fehler und nicht fachgerechten Arbeiten beim Bau des Kraftwerk-Blocks. Infolge dessen speiste der neue Kraftwerks-Block zeitweise nur zwei Drittel seiner ursprünglich projektierten Leistung in das polnische Stromversorgung-Netz ein.

Foto Rafako Pressematerialien

Die Zahlungs-Aufforderung von 1,3 Mrd. Złoty bedeutet das ,,Todesurteil für Rafako“, kommunizierte dessen Vorstand empört in der Öffentlichkeit. Der Anlagenbauer mit seinen 1000 Beschäftigten sei dadurch gezwungen, Konkurs anzumelden, hieß es zunächst. Dann machte der Rafako-Vorstand selbst eine Rechnung auf. Im Gegenzug forderte der Anlagenbauer vom Energiekonzern die Zahlung von über 600 Mio. Złoty als Entschädigung für den Rufschaden und den Auftragsverlust im Ergebnis des auf sachlich falschen Anschuldigungen aufgebauten öffentlichen Streits.

Rafako: Nicht normgerechte Kohle Ursache für Havarien  

Für den an der Warschauer Börse notierten Anlagenbauer sind die Forderungen von Tauron rechtswidrig und sachlich unbegründet. Nach Einschätzung von Rafako sind die technischen Probleme des Kraftwerks auf den Einsatz von Steinkohle aus unbekannten Herkunftsquellen von zweifelhafter Qualität zurückzuführen, die nicht die Brennstoff-Anforderungen für diese Art von Kraftwerken erfüllt. Tauron wird ein unprofessioneller Betrieb des Kraftwerksblocks vorgeworfen und Rafako daran gehindert zu haben, Inspektionen der Betriebsüberwachung durch Garantietechniker durchzuführen.
In der Erklärung des Rafako-Vorstands wird die Zahlungsforderung von Tauron als Versuch bewertet, die ,,katastrophalen Finanzergebnisse von Tauron“ auf Kosten der Rafako SA zu verbessern und die Verantwortung für die systematische Verschlechterung der Vermögenswerte des Unternehmens, insbesondere des neuen 910-MW-Blocks in Jaworzno, als Folge seines unsachgemäßen Betriebs zu verschleiern“.
An den seit Wochen in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Streit ist besonders bemerkenswert, dass sich hier zwei Unternehmen bekämpfen, die für die Energiesicherheit des Landes einen hohen Stellenwert haben und dabei beiden Unternehmen direkt oder indirekt in das Beziehungs- und Finanzgeflecht staatlicher Entscheidungen eingebunden sind Zwar ist der Anlagenbauer Rafako zwar ein börsennotiertes Unternehmen. Zu seinen Aktionären gehört aber auch der staatliche Entwicklungsfonds PFR.
Bislang ist es zu keiner Verständigung zwischen den beiden zerstrittenen Parteien gekommen. Dreimal hat man sich bisher – für Wirtschaftsangelegenheiten dieser Art ungewöhnlicher weise – am Sitz der Generalstaatanwalts getroffen und ist mit großen Krach wieder auseinandergegangen.
Der Streit um das Kraftwerk, das für das polnische Energieversorgungssystem Schlüssel-Bedeutung hat, ist inzwischen auch zum Thema der innerpolitischen Auseinandersetzung geworden. Donald Tusk, ehemaliger EU-Ratsvorsitzender und Chef der Oppositionspartei PO hat bei einen Treffen mit Gewerkschaftern des Rafako-Unternehmens an Regierungs-Chef Mateusz Morawiecki appelliert, sofortige und eindeutige Maßnahmen zu ergreifen. Aufgabe der Regierenden und der Staatsunternehmen sei es, ,,polnische Unternehmen und die polnische Industrie zu unterstützen und nicht sie zu begraben“.

© infopol.PRESS

Polnische Regierung beordert Soldaten an die verseuchte Oder

Foto: OSP Gostchorze

Das Fischsterben an der Oder geht weiter. Die polnischen Feuerwehren melden bereits 28 Tonnen geborgener toter Fische. Inzwischen hat die polnische Regierung Soldaten an den verseuchten Fluss beordert. Nachdem die seit zwei Wochen anhaltende ökologische Katastrophe in dem grenzüberschreitenden Fluss sich nicht mehr vertuschen ließ, hat Regierungschef Mateusz Morawiecki die Chefs der Umweltschutz-Behörde und der staatlichen Wasserbetriebe entlassen. Über die Ursachen des Fischsterbens gibt es weiter keine gesicherten Erkenntnisse. Polnische Regierungsvertreter haben einen Bericht des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) über eine hochgradige Konzentration von Quecksilber in den vom Landeslabors Berlin-Brandenburg vorgenommenen Wasserproben heftig dementiert.

,,Wir sind nicht in der Lage, Worte für das finden, was sich hier ereignet hat und weiter stattfindet“. Das ganze Ausmaß der Katastrophe in der Oder, für das die Kameraden der örtlichen Feuerwehr von Gostchorze keine Worte finden, illustriert ihr ins Netz gestellte Foto (Siehe oben). Die Ufer-Gefilde sind übersät mit den Kadaver von Tonnenweise toten Fischen. Gostchorze liegt rund 80 Kilometer östlich des Zusammenflusses von Oder und Neiße bei Ratzdorf.
Das Foto von der aktuellen Situation am Mittellauf der Oder macht deutlich, was auf die Regionen am Unterlauf der Oder noch zukommen könnte. Das Fischsterben hat sich inzwischen flußabwärts bei Frankfurt an der Oder, den Küstriner Vorland bis nach Schwedt und Stettin (Szczecin) fortgesetzt, allerdings noch nicht in den Dimensionen wie am Mittel-Lauf der Oder. Die brandenburgischen Umweltbehörden haben daraufhin sofort Wasserproben gezogen.
Laut einem Bericht des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) vom Donnerstag haben Mitarbeiter des Landeslabors Berlin-Brandenburg in den Wasserproben Quecksilber in hoher Konzentration festgestellt. Dieses Quecksilber-Befund wurde vom Staatsekretär im polnischen Klima- und Umweltministerium, Jacek Ozdoba heftig dementiert. Auf einem Presse-Briefing erklärte er, dass alle von der polnischen Umweltbehörde gezogenen Wasserproben keinen erhöhten Quecksilber-Gehalt aufweisen. Die Quecksilber-Konzentration in den polnischen Wasserproben lege weit unterhalb der zulässigen Grenzwerte.

Absurde Behauptung: Havarie in Deutschland Ursache für Quecksilber in der Oder

Der Sprecher der Obersten Umwelt-Behörde GIOŚ , Maciej Karczyński, setzte dem noch einen darauf mit der Bemerkung, dass der RBB-Bericht mit dem Quecksilber-Befund reine Panikmache sei. In einem Interview mit dem Radio-Sender RMF FM schloss er sogar nicht aus, dass die Deutschen für das Fischsterben verantwortlich sind. In dem Interview stellte er die Frage, ,,Weshalb geht niemand davon aus“, dass der Eintrag einer schädlichen Substanz auf dem deutschen Gebiet erfolgt sei, und ,,nur sofort auf Polen gezeigt wird“. Ganz im Sinne der seit Jahren von der PiS-Regierungspolitik propagierten ideologischen Grundlinie behauptete er, insofern die Deutschen ,,irgendeinen Ausfluss“ festgestellt haben, sei es ja nicht auszuschließen, dass es gerade dort zu einer Havarie gekommen sei. Auf die Bemerkung des RMF-Reporters, der die Absurdität dieser Behauptung aufgreifend darauf hinwies, dass dann ja das Wasser der Oder entgegen den Strom nicht abwärts, sondern aufwärts fließen müsste, blieb der ehemalige Polizist und Sprecher des polnischen Innengeheimdienstes ABW eine Antwort schuldig.

Behörden war Fischsterben war seit längerer Zeit bekannt

Fakt ist, dass die Vergiftung der Oder den polnischen Behörden bereits schon längerer Zeit bekannt war. Schon Ende Juli hatten Fischer und Angler vermehrt tote Fische im Kanal von Olawa gemeldet. Olawa ist eine Kleinstadt an der Verwaltungsgrenze zum Oppelner Land. Mehrere Betriebe, die polymer-chemische Produkte verarbeiten, haben dort direkt am Kanal ihren Standort. Auch eine auf die Toilettenpapier-Herstellung spezialisierte Papierfabrik liegt direkt am Gewässer. Am 26. und 27. Juli hatte die regionale Umweltbehörde von Breslau nach Hinweisen aus der Bevölkerung mehrere Wasserproben am Kanal gezogen, darunter auch an den Schleusen und den Wehr mehrere Kilometer stromaufwärts in Richtung des Gleiwitzer Kanals (Kanal Gliwicki), der das Industrierevier von Oberschlesien mit der Oder verbindet.
In allen gezogenen Wasserproben wurden Substanzen von zyklischen und aromatischen Kohle-Wasserstoffen festgestellt. Zudem wurde in den an den Schleusen oberhalb des Kanals und in Oława entnommenen Wasserproben die giftige Substanz Mesitylen nachgewiesen. Es wurden zwar die in der Beamten-Kodex vorgeschriebenen üblichen Ermittlungen eingeleitet. Maßnahmen, die verhindern, dass die verseuchten Gewässer aus dem Oder-Kanal von Oława in die Oder gelangen wurden jedoch nicht getroffen. Erst zwei Wochen später am 11.August reagierte die Regierung, nachdem und eine Flut an alarmierenden Berichten in den sozialen Medien auf die Ausmaße der Katastrophe in der Oder aufmerksam machte und sich das Fischsterben nicht weiter verschleiern ließ.

Das Vorgehen der Regierung erfolgte dabei nach den üblichen Mustern. Eigene Fehler werden nicht eingeräumt. Schuld haben immer die anderen. Die Oder sei nicht so in einem solchen Maße verunreinigt, wie es die Umwelt-Aktivisten propagieren“. Gemeint sind damit die Angler, Fischer, Mitarbeiter von Kommunalverwaltungen und andere Freiwillige, die die toten Fische einsammeln. Symptomatisch dafür ist das Auftreten des Staatssekretärs im Infrastruktur-Ministeriums Grzegorz Witkowski, dem die Wasserwirtschaft untersteht. Noch am Donnerstag erklärte er öffentlich, er könne den Anglern mit reinen Gewissen versichern, dass sie in Ruhe angeln gehen und die Anwohner in die Oder zum Baden gehen können“. 24 Stunden später sprach er dann schon von einer großen ökologischen Katastrophe an der Oder. Damit im Zusammenhang wurde ein amtliches Verbot zum Angeln und zum Zugang an die Oder ausgesprochen.

Bisher 28 Tonnen verendete Fische aufgesammelt

Foto: MON

Das Verteidigungsministerium hat inzwischen 150 Soldaten der territorialen Selbstverteidigungskräfte an die Oder beordert, die den Feuerwehren bei der Beseitigung und Entsorgung der Fisch-Kadaver helfen sollen. Nach Angaben der Feuerwehr-Kommandos wurden mit Stand vom 12. August bisher 28 Tonnen verendeter Fische aufgesammelt.
Die Regierung hat inzwischen 1 Million Zloty als Belohnung für Hinweise auf den oder die Täter ausgelobt, die toxische Substanzen in die Oder als Ursache für das Fischsterben eingeleitet haben. In sozialen Medien wird dies als Demagogie bezeichnet. Die Regierung wisse doch selbst genau, wer die Täter sind, verschleiert dies jedoch, damit nicht herauskommt, dass staatliche Behörden Mitschuld am Fischsterben haben. So wird seit Tagen in den Medien spekuliert, dass der Toiletten-Papierproduzent Jack-Pol in Oława in der Vergangenheit mehrfach, zuletzt am 3.August Abwässer aus seinem Betrieb in den Oder-Kanal geleitet habe und dafür die Zustimmung des staatlichen Wasserwirtschaftsbetriebs Wody Polskie hatte. Der Wasserwirtschaftsbetrieb hat dies inzwischen dementiert und erklärt, den Papier-Produzenten keine Genehmigung zur Einleitung von Abwässern in den Oder-Kanal gegeben zu haben.

Kritik der Opposition an der Regierung

Regierungschef Morawiecki hat jetzt zwar den Chef der staatlichen Wasserwirtschaft und der zentralen Umweltschutz-Behörde entlassen. Für die Opposition sind dies jedoch nur Bauernopfer. Jarosław Gowin, der noch vor zwei Jahren Vizepremier war und im Konflikt mit PiS-Parteichef Kaczynski als kleiner Koalitionäre mit seiner Partei Porozumienia aus der Regierung ausschied, kommentierte dazu auf Twitter: Ich bin gespannt darauf, wie Morawiecki und die PiS-Partei in den nächsten Tagen versuchen wird aus ihrer Verantwortung für die ökologische Katastrophe an der Oder zu entfliehen. Er schloss mit der ironischen Bemerkung ab: ,,Möglicherweise erfahren wir dann, dass ich, Donald Tusk, Władysław Kosiniak-Kamysz (Chef der Bauernpartei PSL – d. R.) und andere Politiker der Opposition – in Abstimmung mit den Deutschen – persönlich Quecksilber in die Oder gegossen haben.“

© André Jański / infopol.PRESS

Diebstahl-Sicherung für Butter bei Kaufland

Foto-Montage: PL-Agentur

Diebstahl-Sicherungen an hochwertigen alkoholischen Getränken sind im Einzelhandel nichts Neues. Das jetzt auch Butter gegen Diebstahl geschützt wird, hat in Polen für Aufsehen gesorgt. Den Anfang hat damit die deutsche Kaufland-Kette in ihren mehr als 235 Märkten in Polen gemacht.

Durch ganz Europa schwappt eine Welle von steigenden Preisen. In Polen ist die Inflation mit 15,5 Prozent im Juni besonders hoch. Bei Backwaren, Milchprodukten und anderen Grundnahrungsmitteln sind die polnischen Verbraucher jetzt mit Preisen konfrontiert, die sie – zumindest die jüngeren Generationen – bisher nicht kannten. Mit den hohen Preisen hat auch die Zahl der Laden-Diebstähle zugenommen. Die wie Lidl zur deutschen Schwarz-Gruppe gehörende Einzelhandels-Kette Kaufland hat darauf als erster Lebensmittel-Händler in Polen reagiert und Butter mit Diebstahl-Sicherungen versehen.

Butter hatte sich im polnischen Einzelhandel im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent verteuert. Butter wird gegenwärtig bei den großen Super- und Discountermarkt-Ketten in Polen im Preis-Segment von 8 bis 13 Zloty je nach Marken-Produkt angeboten. Im Vergleich zu den Preisen in den Lebensmittel-Märkten der Euro-Zone scheint dieses Preis-Niveau erst einmal nicht besonders hoch zu sein. Ist es aber doch, wenn man berücksichtigt, dass das Stück Butter im polnischen Einzelhandel in der Standard-Verpackung von 200 g (in Deutschland 250 g) verkauft wird. Auch der ermäßigte Mehrwertsteuer-Satz für Grundnahrungsmittel wurde im Februar in Polen auf Null heruntergesetzt.

Doch nicht nur Butter wird jetzt bei Kaufland mit Anti-Diebstahlssicherungen geschützt. Auch bei Butter-Ersatz-Produkten wie Streichfetten aus pflanzlichen Ölen mit einem geringen Anteil von Milchfetten, deren Preise bei nur etwas über 3 Zloty liegen (weniger als 1 Euro), sind solche Anti-Diebstahlsicherungen vorzufinden. Wird ein solcher Artikel im nicht deaktivierten Zustand durch die mit Warensicherungsantennen ausgestatteten Ausgänge befördert, wird Alarm ausgelöst.

Wird Butter zum Luxus-Gut?

Wie hoch die Verluste bei Kaufland durch Laden-Diebstähle sind, wollte eine Sprecherin der polnischen Kaufland-Führungscrew nicht sagen. Auch nicht, warum gerade Butter mit Diebstahl-Sicherungen versehen werden. Bei Kaufland wie auch bei allen anderen polnischen Handelsketten sind vor allem Flaschen mit hochwertigen Alkohol gegen Diebstahl gesichert. Auch Verpackungen von Fleisch, wie z.B. teure Steaks, haben Sicherungen, was allerdings bei deren Preis von 60 und mehr Zloty nicht besonders verwundert  Aber Butter ??? Wird Butter damit jetzt zum Luxusgut? Bei Kaufland verweist man darauf, dass die Produkt-Sicherungen helfen sollen, das Risiko von Laden-Diebstählen zu beschränken.

25 000 Laden-Diebstähle registriert

Konkretere Angaben zu den Dimensionen des Laden-Diebstahls hat das Hauptkommando der polnischen Polizei. Wie aus deren Angaben hervorgeht, gab es im vergangenen Jahr in ganz Polen 24 995 registrierte Laden-Diebstähle . Das waren bereits ein Sechstel mehr als das Jahr zuvor. Nach Schätzungen der polnischen Filiale von Checkpoint Systems, einen der weltweit führenden Anbieter u.a. für elektronische Lösungen zur Schadensverhütung und Diebstahl-Sicherung, betragen die Waren-Verluste durch Laden-Diebstahl im polnischen Handel jährlich umgerechnet rund 1,7 Mrd. Euro. Der höchste Anteil entfällt dabei auf den Lebensmittel-Handel, gefolgt von Waren-Häusern und Tankstellen. Beträchtlich und zunehmend ist auch der Diebstahl in Baumärkten.
Über die Zahl der Laden-Diebstähle im ersten Halbjahr dieses Jahres liegen noch keine Angaben vor. Handels-Experten gehen jedoch davon aus, dass durch die rasante Preis-Entwicklung in nahezu allen Waren-Gruppen die Zahl der Laden-Diebstähle noch deutlicher zugenommen hat.

© Magda Szulc / infopol.PRESS

 

Millionen-Raub beim deutschen Zoll – Täter in Polen gefasst

Foto: Polizei

Es wahr wohl der spektakulärste Raub in einem deutschen Zollamt. Die Diebe kamen mit Kernbohrer und drangen zielgerichtet in den Tresorraum des Zollamtes Emmerich (Nordrhein-Westfalen) vor, wo sie 6,5 Mio. Euro erbeuteten. Das war im Herbst 2020.

Jetzt klickten die Handschellen – in Zgorzelec, wie Görlitz auf der rechten Seite der Neiße heißt. Wie die Gazeta Wyborcza (GW) berichtet, kamen die Täter aus Polen.

Unter den vier Inhaftierten befindet sich auch Daniel L. – ,,ein im deutschen Zollamt arbeitender Pole“, schreibt die Zeitung. Er soll auch der Ideen-Geber für den spektakulären Raub gewesen sein. Dadurch konnten die Täter unter Umgehung der Sicherungs-Einrichtungen schnell und zielgerichtet zum Tresor-Raum vordringen. Dort fanden sie viel mehr Geld vor als sie erwartet hatten. Statt der 500 000 Euro schleppten sie 6,5 Mio. Euro aus dem Zollamt. Eine wahre fette Beute und peinlich für das deutsche Beamten-Wesen. Die Polizei schrieb zwar 100 000 Euro als Belohnung aus für Hinweise, die zu den Tätern führen. Aber eben nur in Deutschland.
Wie so oft, wenn es um das große Geld geht, war die egoistische Habgier und der Streit um das Geld der Katalysator, der die Diebe auffliegen ließ. Wie die GW berichtet, fuhr einer der Täter, die den Bruch durchführten, zu dem polnischen Ideen-Geber des Zollamts Emmerich, um ihm die vereinbarten 1,5 Mio. Euro zu übergeben. Tatsächlich übergab er ihm jedoch nur 500 000 Euro. Eine Million Euro steckte er sich selbst in die Tasche. Den Kumpanen in Polen erzählte er jedoch davon nichts.
Als der Zoll-Beamte mitkam, dass er gelinkt wurde, machte er ein Fass auf und das so laut, dass auch die polnische Unterwelt von Niederschlesien davon Wind bekam. Dies bekamen auch schnell die polnischen Ermittler mit. In dieser Woche klickten die Handschellen. Drei Männer und eine Frau wurden verhaftet.

© infopol.PRESS

Produktions-Start für Glas, das Strom erzeugt

Foto: ML System

Das polnische Unternehmen ML System hat eine Produktionslinie für Quantenbeschichtetes Glas in Betrieb genommen, das aus Sonnenlicht elektrischen Strom erzeugt. Wie das Unternehmen betont, ist es weltweit die erste Produktionslinie dieser Art.

Bei dem als Q-Glas bezeichneten Produkt handelt es sich um ein scheinbar gewöhnliches Glas, das neben seiner grundlegenden Funktion, Wärme und Lärm zu isolieren, auch elektrische Energie erzeugt. Dies wird möglich gemacht durch seine Quanten-Beschichtung. Bei den Quantenpunkten handelt es sich um für das menschliche Auge nicht sichtbaren kleinen Halbleitern in der Größe von wenigen Nanometern. Das Q-Glas wirkt dadurch wie ein Filter, der Lichtstrahlen in der sichtbaren Länge durchlässt und uv- und Infrarotstrahlen in Elektrizität umwandelt.
ML-System hat bereits solche Glasscheiben in der Hausfassade eines Touristenzentrums in Norwegen und im eigenen Firmengebäude installiert. Darüber hinaus hat das Unternehmen nach eigenen Angaben auch schon Partnerschaftsverträge mit Pilkington und Guardian Glass unterzeichnet
Mit der Aufnahme der Produktion von voll transparenten Glas mit Quantenbeschichtung bringt sich ML-System in idealer Weise in die Bedürfnisse und Anforderungen des Marktes ein, sagte Vorstandschef Dawid Cycon bei der Inbetriebnahme mit Verweis auf die EU-Direktive für Niedrigstenergie-Gebäude (NZEB), die einen sehr geringen Energiebedarf für Gebäude bei gleichzeitiger Nutzung Erneuerbarer Energien vorgibt. Besonders bei Investoren aus skandinavischen Ländern bestehe ein großes Interesse an innovativen BIPV-Lösungen für Fassadengläser (BIPV – building integrated photovoltaiks).
Die Jahreskapazität der von ML-System in Betrieb genommenen Produktionslinie ist zunächst auf 60 000 m² Glas ausgelegt. Das Unternehmen plant im Rahmen seines Investitionsprogrammes ,,Neue Quanten-Ära“ bis 2023 seine jährliche Produktionskapazität im Rahmen von drei Produktionslinien auf rund 200 000 m² zu erhöhen. Nach Angaben des ML-Vorstandes ist auch die Einführung von aktiven Scheiben mit Quantenbeschichtung für die Automobil-Industrie möglich.

ML-System ist ein seit 2018 an der Warschauer Börse notiertes Privatunternehmen mit Sitz in Zacziernie (bei Rzeszów).

© André Jański / infopol.PRESS

PepsiCo investiert 1 Mrd. Złoty in neue polnische Chips-Fabrik

Der US-amerikanische Getränke- und Nahrungsmittelhersteller PepsiCo wird 1 Mrd. Złoty (~225 Mio. Euro) in den Bau einer neuen Fabrik für die Snack-Herstellung in Polen investieren. In der unweit von Breslau (Wrocław) gelegenen niederschlesischen Ortschaft Święte wurde dafür jetzt der Grundstein gelegt.
Der Betrieb auf einer Fläche von 30 Hektar wird der fünfte Produktionsstandort von PepsiCo in Polen und zugleich der größte Betrieb des Konzerns in Europa werden. Seine Inbetriebnahme ist zum Jahreswechsel 2022/2023 geplant. Durch die Investition werden 450 neue Arbeitsplätze in der Region geschaffen. PepsiCo beschäftigt gegenwärtig an seinen vier Produktionsstandorten in Polen, von denen der gesamte europäische Markt beliefert wird, insgesamt 3600 Arbeitskräfte.
Neben seinen bekannten Knabbergebäck-Marken, darunter u.a. Lay’s-Kartoffelchips, die in Polen auch für den deutschen Markt produziert werden, soll in dem neuen Werk nach seiner Fertigstellung auch Doritos Tortilla-Chips hergestellt werden. Die Agrar-Produkte für die Snack-Herstellung werden von polnischen Bauern im Rahmen des von PepsiCo in den 90er Jahren initiierten Agrarprogramms geliefert. Gegenwärtig arbeitet der Konzern mit 80 Landwirtschaftsbetrieben in Polen direkt zusammen, die jährlich über 230 000 t Kartoffeln für die Chips und extrudierte Snacks liefern. Nach Angaben des Konzern wird diese Menge nach Inbetriebnahme des neuen Werkes um 60 000 t bis zum Jahre 2023 steigen. Zusätzlich will PepsiCo für die Herstellung seiner Doritos Tortilla-Chips bis 2027 Mais-Produzenten für die Lieferung von jährlich 30 000 t Mais unter Vertrag nehmen.
Die an dem neuen Produktionsstandort hergestellten Snacks werden nicht nur allein in Polen, sondern vor allem in 20 Ländern Europas vertrieben.

Erklärung der Regierungschefs im Kontrast zur Realität

An der Grundsteinlegung nahm auch Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (PiS) teil, der die Investition von PepsiCo als Beweis für das Vertrauen amerikanischer Investoren in Polen interpretierte. ,,Wir schaffen das weltweit bestmöglichste Klima für Investoren“, lobte Morawiecki seine Regierung und die PiS-Partei. Diese Behauptung steht im scharfen Kontrast zu der national und international geübten Kritik an der von der nationalkonservativen PiS-Partei initiierten Gesetznovelle zum Mediengesetz, die weitverbreitet in Polen nur noch als Lex TVN bezeichnet wird, weil sie auf die Ausschaltung des populären privaten Nachrichten-Fernsehsenders TVN24 gerichtet ist. Dessen Eigentümer ist der amerikanische Medienkonzern Discovery.
Nach der Abstimmung des Sejms zur Annahme des Gesetzes Anfang August hatten Mitglieder des US-Repräsentantenhaus die polnische Führung in einer gemeinsamen -Erklärung aufgefordert, freie und unabhängige Medien sowie den Schutz amerikanischer Investitionen in Polen zu gewährleisten. Auch US-Aussenminister Antony Blinken hatte gewarnt, dass mit der Verabschiedung des Gesetzes die Medien-Freiheit verletzt und das Investitionsklima in Polen geschädigt wird.
Der Gesetzentwurf wird gegenwärtig vom Senat , der zweiten Kammer des polnischen Parlaments, verhandelt. 52 Senatoren, das ist die Mehrheit in der Kammer, haben eine Erklärung abgegeben, dass die Gesetz-Novelle, insofern sie in Kraft tritt, ,,dramatisch die Beziehungen zu den USA verschlechtern wird“.

© André Jański / infopol.PRESS

Militärfahrzeug-Rallye für ,,Steel Buddys“ an polnischer Ostsee

Schrauber von ,,Fort Marian“ seit über 20 Jahren Organisator des Spektakels

In dem östlich von Koszalin gelegenen Küstenort Darłowo hat die 23. Internationale Militärfahrzeuge-Rallye begonnen. Sie ist die größte Show von militärhistorischen Fahrzeugen in Polen und in Mittelosteuropa.
Höhepunkte sind am Sonnabend (21.August) die Parade der historischen Militärfahrzeuge (Beginn 11 Uhr in Darłowo) und die Inszenierung von Kampfhandlungen bei der Landung der Alliierten 1944 in der Normandie. Das Spektakel mit der Nachstellung des D-Days beginnt am Sonnabend am Strand von Darłowo-West (Zachód) um 18 Uhr. ´
Der Zlot in Darłowo, wie die Militärfahrzeuge-Rallye im Polnischen bezeichnet wird, ist mit den erwarteten 3000 Teilnehmern aus ganz Europa nicht nur für passionierte Sammler und Händler von militärhistorischen Utensilien und Fahrzeugen seit über 20 Jahren ein festgebuchtes Ereignis. Für die Verwaltung des Ostsee-Bades Darłowo ist das jährlich mehrere Tage am Ostsee-Strand stattfindende Spektakel auch ein Höhepunkt in der Sommer-Saison an der polnischen Ostsee-Küste, das Tausende Urlauber anzieht.
Die Militärfahrzeuge-Rallye wird eingerahmt von zahlreichen Ausstellungen und Wettbewerben, in diesem Jahr u.a. um das beste Diorama einer militärischen Schlacht, einem Basar mit zahlreichen Ständen, auf denen mit militärhistorischen Utensilien gehandelt wird sowie anderen Attraktionen. ,,Wir organisieren für Touristen auch Fahrten mit Ketten-Fahrzeugen und Militär-Jeeps. So kann man mit großen Amphibien-Fahrzeugen oder amerikanischen Lastwagen wie z.B. dem REO-Truck fahren. Mit einem solchen Truck war Rambo auch im Hollywood-Klassiker unterwegs“, informiert Marian Laskowski, der seit über 20 Jahren das Groß-Ereignis organisiert.

Letzte Schweißarbeiten an einem Schwimmpanzer. Foto: PL-Agentur

Marian Laskowski ist auch deutschen Zuschauern der Doku-Soap ,,Steel Buddys“ beim Fernseh-Sender DMAX bestens bekannt. Als ,,Meisterschrauber Marian“ restauriert er für Michael Manousakis und seinem Gebrauchtwarenhandel Morlock Motors den legendären Geländewagen Ford Mutt. Morlock Motors bietet die aufgearbeiteten Fahrzeuge in Deutschland zum Verkaufspreis ab 27 000 Euro an. Auf dem Firmengelände von Marian in Malechowo einige Kilometer südlich von Darłowo warten noch zahlreiche Karossen des ,,Mutt“ auf ihre Aufarbeitung. Die beiden großen Werkshallen an der Schnellstraße S6 sind in großen Lettern mit ,,Fort Marian“ beschriftet und schon von weiten sichtbar.
Neben der Restaurierung und Instandsetzung von militärhistorischen Fahrzeugen steht Fort Marian auch Besuchern als privat geführtes Museum offen. Zu der Ausstellung mit über 500 Exponaten auf dem Freigelände und in der Halle gehören u.a. Panzer, amerikanische Truppentransporter und Jeeps, Flakgeschütze, Motorräder aus der Vorkriegszeit und Überreste des weltgrößten Stahlbunkers für Munitionstests und des ,,Kugelbunker“. Sie stammen von der Küsten-Batterie ,,Schwerin“ und dem unweit gelegenen Schießplatz, der vor Kriegsende Rügenwalde-Bad hieß und wo die Wehrmacht Geschütze für die schwere Artillerie, u.a. auch das weltgrößte Bahn-Geschütz ,,Dora“ und seinem Zwilling ,,Gustav“ erprobte.

Foto: PL-Agentur

Inmitten und unbeeindruckt von der Besucherschar führen die Mechaniker von Marian letzte Schweißarbeiten an einem Schwimmpanzer PT 76 sowjetischer Bauart durch, der bei der ,,Zlot“ am Sonnabend zum Einsatz kommen soll. Auf dem Freigelände neben der untypischen Fahrzeug-Reparaturwerkstatt werden gerade die Rotorblätter auf einen Helikopter Mi-2 montiert. Es wird aber noch mindestens anderthalb Monate dauern, bis der aus Bestände der polnischen Armee gekaufte Hubschrauber wieder flugfähig ist, erklärt einer der Helikopter-Mechaniker.
Gleich neben dem Montageplatz ist eines der neuesten Errungenschaften von Marian Laskowski abgestellt: Ein auf den ersten Blick nicht näher definierbares riesiges stählernes Ungetüm auf Rädern. Dabei handelt es sich um ein für schwieriges Gelände projektierten Tankwagen, der für die US-Armee für den Korea-Krieg Anfang der 50er Jahre entwickelt wurde. Er wurde nur als Prototyp gebaut und in Deutschland getestet. Das Fahrzeug ist das einzige seiner Art weltweit. Wahrscheinlich wurde nur dieses eine Exemplar gebaut. ,,Ist Fort Marian der Spielplatz für einen Waffen-Narr?“, fragen wir den Mann, der hier alles verantwortet und dem man die 67 Jahre überhaupt nicht ansieht.

Marian Laskowski Foto: PL-Agentur

In einer englischsprachigen Publikation wurde Marian, der sich mit täglichen Hantel-Training und Eisbaden, u.a. in Sibirien, fit hält, einmal als der ,,polnische Terminator“ bezeichnet. Doch mit dem über den durchtrainierten Oberkörper gestreiften Shirt mit der Aufschrift ,,Army“ erinnert er mit seinem Erscheinungsbild eher an den Prototyp des gnadenlosen Militär-Ausbilders á la dem Gunnery Sergeant Hartman in Stanley Kubricks Film-Klassiker „Full Metal Jacket“. Dabei ist Marian alles andere als ein sadistischer Menschen-Schinder, der Rekruten quält. Er ist außerordentlich hilfsbereit und herzlich und zieht mit seiner persönlichen Aura sofort alle Sympathien der Gesprächspartner auf sich.
Marian Laskowski war auch nie Ausbilder bei der polnischen Armee oder Angehöriger der international geschätzten polnischen Spezial-Einheit ,,Grom“. Seine Lebenserfahrungen wurden auf See geprägt. Mit Anfang 20 arbeitete er auf einen Fisch-Kutter. Dabei hätte ihn die Liebe zum Meer fast das Leben gekostet. Das war vor knapp 40 Jahren. ,,Trotz Sturm-Warnungen wollten wir die Netze einziehen“, erinnert er sich. Auf dem Rückweg brach dann der Sturm und die Wellen über die Fischer herein. ,,Der alte noch aus der deutschen Vorkriegszeit stammende Kutter war nur noch ein Ruine. Der Boden unter dem Steuerrad brach ein, die Steuerkette war gerissen“ Der Kutter begann zu sinken. Der Skipper und die Fischer wechselten in ein Rettungsfloß. Marian als der jüngste und kräftigste Mann wurde angewiesen, in das tosende Wasser zu springen und das Floß an das sich nähernde Ufer zu ziehen. Zum Glück hatte jemand an Land das Drama auf See bemerkt und die Rettungswacht alarmiert, die im letzten Moment die Männer vor dem Ertrinken retten konnte. Kurze Zeit später nach dem lebensgefährlichen Einsatz stand er bereits wieder auf einen Fischkutter.

Foto: PL-Agentur

Nach einigen Jahren wechselte Marian dann zur Handels-Marine, wo er als Mechaniker im Maschinen-Raum arbeitete. Auch bei der Handels-Marine hatte er eine lebensbedrohliche Situation im Suez-Kanal bestehen müssen. Nach einigen Jahren zurück auf Land machte er sich mit dem bei der Marine gut verdienten Geld als Unternehmer selbständig. Zunächst als Handelsvertreter mit Spezial-Reinigungsmitteln aus westlicher Produktion. Das Geschäft lief aber schlecht, da diese Reinigungsmittel zehnfach teurer waren als einheimische Produkte. Marian konzentrierte sich darauf auf das, was seine Leidenschaft war – auf Motoren und deren Klang. Schon auf hoher See hatte er sich in der dienstfreien Zeit Kassetten-Tonbänder mit verschiedenen anlassenden Motoren-Geräuschen angehört. Er begann altes Kriegsgerät zu sammeln. Besonders faszinierte ihn die Technik der Fahrzeuge aus dem 2. Weltkrieg. ,,Für extreme Bedingungen entwickelt, wurden sie solide und gleichzeitig einfach gebaut. Ohne jede Elektronik wie heute“. Aus seiner Technik-Leidenschaft ist er zu einem Maniac, einem von Militärfahrzeugen Besessenen geworden, einer Leidenschaft, die er mit vielen anderen Teilnehmern und Besuchern der Rallye für historische Militärfahrzeuge in Darłowo teilt.

© André Jański / infopol.PRESS

Fort Marian ist an den Wochentagen von Montag bis Freitag ab 9 Uhr für Besucher geöffnet. Das Besucher-Ticket kostet 20 Złoty pro Person. Auf Vorbestellung sind auch Fahrten mit amerikanischen Truppen-Transportern und Jeeps auf den 30 Hektar großen Gelände gegen Entgelt möglich. Auf den Firmengelände wurde auch ein ,,Battlefield“ eingerichtet. Auf Vorbestellung und gegen Bezahlung werden dort für Besucher auch Schieß-Übungen mit Pistolen und Karabiner angeboten.
Fort Marian liegt direkt an der Schnellstrasse S6 in Malechowo. Von Stettin/Goleniów kommend, benötigt man auf der gegenwärtig bis Koszalin als Autobahn ausgebauten S6 ca. 2 Stunden.