Minister-Wechsel in Krisen-Zeiten

Mit 903 Fällen pro Tag hat die Zahl der bestätigten Corona-Infektionen in Polen in der vergangenen Woche einen neuen Rekord-Stand erreicht. Vor Vermeldung des Höchst-Standes hatte Gesundheits-Minister Łukasz Szumowski sein Amt niedergelegt. Ein Tag vor seinem Rücktritt hatte bereits sein Stellvertreter den Posten aufgegeben. Szumowski, der erst seit 2019 das Amt bekleidete, begründete seinen Rücktritt damit, dass er bereits im Februar diese Entscheidung treffen wollte. Wegen der Pandemie sei er jedoch länger im Amt geblieben. Jetzt wolle er wieder in seinem Beruf als Kardiologe zurückkehren. Entschieden wies er den Verdacht zurück, dass sein Rücktritt mit den in Medien-Berichten erhobenen Korruptions-Vorwürfen im Zusammenhang stehe.
Ende März hatte sein Ministerium für rund 5 Mio. Zloty überteuerte Schutzmasken von einem Ski-Lehrer aus Zakopane gekauft, die nicht den deklarierten Verwendungs-Zweck erfüllten. Medien-Recherchen ergaben, dass der Ski-Lehrer ein Freund der Familie Szumowski war.
Szumowski hatte sich bis dahin mit seinen täglichen öffentlichen Auftritten als Corona-Krisen-Manager ein Ansehen in der Bevölkerung mit den höchsten Popularitäts-Werten unter den Politikern erworben. Zu der Zeit hatte Polen vergleichsweise sehr niedrige Corona-Infektionszahlen. Wie sein Stellvertreter gehörte Szumowski jedoch auch zum gemäßigten Partei-Flügel Porozumienie, der mit der PiS-Partei die Regierungskoalition der ,,Vereinigten Rechten“ eingegangen ist.

Deren Vorsitzender Jarosław Gowin hatte seinerzeit zu der ursprünglich am 12.Mai angesetzten und durch Änderung des Wahlgesetzes zur Brief-Abstimmung deklarierten Präsidenten-Wahl damit gedroht, die Koalition zu verlassen, wenn der Wahltermin nicht verschoben wird. PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczyński, der sich an diesen Wahltermin geklammert hatte, mußte einlenken. Doch Kaczyński ist dafür bekannt, dass er keinen Widerstand in den eigenen Reihen duldet und mit Abweichlern abrechnet. Ein Tag nach der Wiederwahl von Staatspräsident Andrzej Duda kündigt Kaczyński einen kompletten Umbau der Regierungskoalition nach dem Ende der Sommerferien an.

Szumowskis Rücktritt kann daher durchaus als Möglichkeit interpretiert werden, seinen Rausschmiss aus der Regierung vorweg zu kommen. Denn sein Parteichef Jaroslaw Gowin von der Partei Porozumienie als Koalitionspartner der PiS-Partei war auch schon vor Wochen als Minister zurückgetreten.
Von den Führungs-Persönlichkeiten der Flügel-Partei Porozumienie ist jetzt nur noch Jadwiga Emiliewicz als Ministerin in der Koalitions-Regierung übriggeblieben. Als Ministerin im Entwicklungs-Ministerin, der das Wirtschafts-Ressort untersteht, hatte sie sich mit ihrem engagierten Einsatz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Krise auf die Firmen in Wirtschaftskreisen einen guten Ruf erarbeitet. Als im Juli das Gerücht auftauchte, dass ihr Mann vom Innengeheimdienst verhaftet worden sei, was sie heftig dementierte, wurde dies von kritischen Medien als Ergebnis der Positions-Machtkämpfe innerhalb der Regierungskoalition gewertet. Vor diesem Hintergrund ist daher die Fragestellung berechtigt, ob Emiliewicz nach der von Kaczyński angekündigten Regierungs-Umbildung noch ihren Minister-Posten innehaben wird.

Das Gesundheits-Ministerium selbst wird jetzt von Adam Niedzielski geleitet. Abweichend von der in Polen bisher geltenden Linie, das Ministeramt mit einen Mediziner zu besetzen, ernannte Regierungschef Mateusz Morawiecki mit Niedzielski einen Ökonomen, der bisher den Nationalen Gesundheitsfonds leitete, zum Gesundheits-Minister.

Nahezu zeitgleich mit den Führungswechsel im Gesundheits-Ministerium hat auch Außenminister Jacek Czaputowicz sein Amt aufgegeben. Wie der Wechsel im Gesundheits-Ministerium im Moment des Corona-Anstiegs wurde der Rücktritt von Czaputowicz in der polnischen Öffentlichkeit mitten in der Krise im Nachbarland Belarus als kritisch bewertet. Dessen westliche Landesteile gehörten vor dem 2.Weltkrieg zu Polen. Noch heute leben in Belarus über 400 000 Menschen mit polnischer Herkunft. Der durch die Massenproteste unter Druck geratene Machthaber in Minsk, Lukaschenko, hatte die Regierung in Warschau vielfach der Einmischung in die inneren Angelegenheiten seines Landes bezichtigt.

Zbigniew Rau Foto: Wiki

Mit dem Rücktritt von Czaputowicz sehen Kritiker auch Polens Vermittler-Position geschwächt. Selbst der PiS-Europa-Abgeordnete und Ex-Außenminister Witold Waszczykowski äußerte gegenüber dem Super Express Kritik daran, dass Polen aller zwei Jahre den Außenminister wechselt.

Zum neuen ‚Außenminister wurde Zbigniew Rau ernannt. Über diplomatische Erfahrungen verfügt der Rechts-Professor kaum. Seit Herbst vergangenen Jahres leitet er den parlamentarischen Ausschuß für Aussenpolitik. Vor seiner Wahl ins Parlament war er für die PiS-Partei Wojewode in der Wojewodschaft Łódź. Bisher hatte der katholische Fundamentalist vor allem in den sozialen Medien mit kruden Aussagen über das LGBT-Lager und Vergleichen zur Zoophilie und zum Kannibalismus von sich Reden gemacht, die die christliche Zivilisation in Polen bedrohen würden.

 

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