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Corona: Discounter jetzt Non stop geöffnet

Neue Regelungen für den Handel
Gesonderte Öffnungszeiten nur für Rentner

Polens führende Discount-Ketten Biedronka (Jeronimo Martins) und Lidl (Schwarz-Gruppe) verlängern ihre Öffnungszeiten bis 24.00 Uhr. In Großstädten wie Kraków, Breslau oder Danzig bleiben dagegen ihre Discount-Märkte rund um die Uhr offen. Die Discount-Märkte ziehen damit die Konsequenzen aus den heute (2.April) von der polnischen Regierung angeordneten Regelungen. Diese zielen darauf ab, die Kontakt-Möglichkeiten weiter einzuschränken, um eine Ausbreitung des Corona-Virus zu verringern. Alle Lebensmittel-Märkte sind danach angewiesen, zum besonderen Schutz von älteren Menschen Sperrzeiten von 10.00 bis 12.00 Uhr für Rentner einzurichten. In diesem Zeitraum dürfen nur ältere Menschen ab 65 Jahre in den Super- und Discount-Märkten einkaufen. Durch diese Einschränkung sollen ältere Menschen, die besonders vom Corona-Virus gefährdet sind, geschützt und gleichzeitig die Ansteckungs- und Übertragungs-Möglichkeiten eingeschränkt werden.

Neben der Schließung von Friseur- und Kosmetik-Salons wurden auch Einschränkungen für die Bau-Märkte angeordnet. Die waren in den vergangenen Wochen von den Kunden überlaufen worden. Wie in Deutschland hatten auch die großen Bau-Marktketten in Polen plötzlich Kartoffeln angeboten, um unter der Kategorie Grundversorgung der Bevölkerung einer Schließung zu entgehen. Alle großen Einkaufszentren – mit Ausnahme der Lebensmittelmärkte – waren bereits vor zwei Wochen geschlossen worden. Die Regierung hat jetzt zumindest eine Schließung aller Baumärkte an Wochenenden angeordnet.

Zu den verschärften Regelungen für den Handel wurde jetzt auch ein Limit für den Aufenthalt von Personen in Läden angeordnet – pro Ladenkasse nicht mehr als 3 Kunden.

 

Abstands-Regelungen und regel-mäßiges Desinfizieren der Hand-flächen von Einkaufswagen ist in den meisten Läden schon die Norm. Mit den neuen Regelungen sind jetzt alle Kunden verpflichtet, Einweg-Handschuhe beim Ein-kaufen zu tragen. Lidl will zudem ab nächste Woche für sein Ver-kaufspersonal Gesichts-Schutz-hauben einführen.

Die Discount-Märkte Biedronka und Lidl haben dies zum Anlass genommen, ihre Öffnungs-Zeiten massiv zu erweitern. Eine Fortsetzung des seit zwei Jahren in Polen herrschenden Konsum-Booms animierend, erklärt Biedronka, dass die von der Regierung eingeführten Regelungen zu langen Schlangen von Kunden geführt haben, die ihre Einkäufe machen wollen. Mit der Verlängerung der Öffnungszeiten wolle man den Kampf gegen die Corona-Epidemie unterstützen. Gleichzeitig werde aber durch längere Öffnungszeiten bei der angeordneten geringeren Zahl von Verbrauchern im Laden den Kunden mehr Komfort beim Einkaufen und auch eine höhere Sicherheit beim Einkaufen geboten, behauptet Biedronka.

 

Sowohl bei Biedronka wie auch bei Lidl beträgt ab heute die Grund-Öffnungszeit in allen Filialen von 6.00 Uhr bis 24.00 Uhr. Lidl geht noch einen Schritt weiter: In den Großstädten bleiben die Märkte rund um die Uhr geöffnet. Wenn man darauf steht, kann man also auch nachts um 3 Uhr bei Lidl einkaufen. Der deutsche Discounter plant deshalb auch zusätzliche Mitarbeiter einstellen.

Der Einkauf rund um die Uhr beginnt bei Biedronka in der Woche vor Ostern. Die Oster-Einkäufe sind etwas Besonderes und wir benötigen mehr Zeit, um sorgfältig Produkte auszuwählen und uns um jede Einzelheit zu kümmern, meint man bei Biedronka in Verkennung der Realitäten der Corona-Krise.

Ostern hat im katholisch geprägten Polen einen besonderer Stellenwert. Auch das erste schöne Frühlingswetter hält viele polnischen Familien nicht davon ab, Ostern mit Jung und Alt in geschlossenen Räumen am gedeckten Tisch zu verbringen, den Gang zur Oster-Messe eingeschlossen. Ein Ablauf in dieser Form dürfte dieses Jahr jedoch zu einer explosionsartigen Ausweitung der Corona-Krise in Polen führen, ist zu befürchten. Das ,,Mehr-Generationen-Leben“ ist in Polen ähnlich ausgeprägt wie in Italien und Spanien. Bei der Bedeutung, die die Oster-Feiertage im polnischen Familien-Leben haben, ist es daher sehr fragwürdig, ob die von der polnischen Regierung angeordneten Kontakt-Sperren auch zu Ostern eingehalten werden.

Gegenwärtig (2.April) sind in Polen 2692 bestätigte Corona-Fälle registriert. 51 Personen sind infolge der Corona-Infektion verstorben.

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Blitzartig Produktion auf Desinfektionsmittel umgestellt

Mit dem Kupferkonzern KGHM hat diese Woche eine weiteres branchenfremdes Unternehmen die Produktion von Desinfektionsmitteln aufgenommen. Gerade in Krisen-Zeiten zeigen sich polnischer Unternehmen von ihrer besten Seite: schnell und flexibel auf Lücken und dem Bedarf zu reagieren. Und Produkte herzustellen, die mit ihrem Kerngeschäft überhaupt nichts zu tun haben. So hat das KGHM-Tochterunternehmen Nitroerg die Produktion des Desinfektionsmittel nitrosept aufgenommen. Nitroerg ist eigentlich ein Hersteller von Sprengstoffen. Das Unternehmen verfügte weder über eine Produktionslinie, noch über die Technologie. Trotzdem hat das Unternehmen innerhalb von nur zehn Tagen die Desinfektionsmittel-Herstellung aus dem Boden gestampft. Nach Angaben der KGHM-Konzernleitung produziert Nitroerg täglich 30 000 Liter Desinfektionsmittel.

Die Aufnahme der Desinfektionsmittel-Produktion erfolgte auf staatlichen Geheiß. Entsprechend wurden die ersten Produkt-Partien an öffentliche Gesundheits-Einrichtungen im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus kostenlos ausgeliefert. Das Desinfektionsmittel nitrosept wird jedoch auch an kommerzielle Abnehmer verkauft. ,,Jedoch mit geringer Marge, die die Produktionskosten deckt“, betont KGHM-Vorstand Marcin Chludziński.

Wie im Fall des KGHM hat auch der vom Staat kontrollierte Erdölkonzern PKN Orlen den staatlichen Appellen folgend blitzartig die Herstellung von Desinfektionsmitteln aufgenommen. Und dies im großen Maßstab. Bereits schon in der ersten Märzwoche hatte PKN Orlen in seinem Raffinerie-Betrieb in Jedlicze die Produktions-Linie, auf der bisher Scheibenwischer-Flüssigkeit hergestellt wurde, im Rekordtempo auf die Herstellung von Desinfektionsmittel umgestellt. Rund um die Uhr im Dreischicht-System wird seitdem dort ein Mittel zur Desinfektion von Händen hergestellt.

Das Produkt setzt sich zu 70 Prozent aus Äthanol, sowie Isopropylalkohol, Glycerin Wasser und Duftstoffen zusammen. PKN Orlen hatte für die Produktion des Desinfektions-Mittel von der polnischen Arznei-Zulassungsbehörde die Zulassung zur Verwendung von Äthanol in Pharmakopöe-Qualität (Pharmakopöe – Arzneibuch-Sammlung mit verbindlichen Qualitäts-Vorschriften) erhalten. In der gegenwärtigen Markt-Situation ist Äthanol in diesem Qualitäts-Standard preiswerter und auf dem Markt mehr verfügbar als das von der Europäischen Chemikalien-Agentur ECHA zertifizierte Äthanol.
Nachdem die ersten Produktions-Mengen an die staatliche Einrichtungen für strategische Material-Reserven ausgeliefert wurden, hat der Erdölverarbeitende Konzern begonnen, das Desinfektionsmittel über seine Tankstellen in Polen zu vertreiben. Die 1-Liter-Flasche wird dort zum Preis von 15 Zloty angeboten. Weiterhin wird das Produkt auch im 5-Liter Kanister angeboten. Mittlerweile wurde auch eine zweite Produktionslinie eröffnet. Nach Angaben von PKN Orlen ist die Produktions-Menge im März auf 2,5 Mio. Liter ausgelegt. Sie soll im April auf 4,5 Mio. Liter erhöht werden.

PKN Orlen betreibt über seine Tochter-Gesellschaft Orlen Deutschland GmbH auch über 600 Tankstellen (Star / Orlen) in Deutschland. Der Anfrage von infopol.PRESS an Orlen Deutschland, ob das Desinfektionsmittel in der 1-Liter-Flasche und dem 5-Liter-Kanister künftig auch an den deutschen Tankstellen von PKN Orlen verkauft wird, ist die deutsche Konzerntochter bislang ausgewichen.

Neben dem Kupferkonzern KGHM und PKN Orlen haben noch weitere polnische Unternehmen die Produktion von Desinfektionsmitteln aufgenommen. Dazu gehört Polfa Tarchomin. Das Unternehmen stellt in seinem Warschauer Betrieb u.a. Antibiotika und Insulin her. Um auf den plötzlichen Bedarf zu reagieren, habe ein spezieller Mitarbeiter-Stab innerhalb von 24 Stunden die Rezepturen für die Desinfektionsmittel erarbeitet, teilte Polfa-Chef Jarosław Król mit.
Dabei handelt es sich um die Anti-Virusflüssigkeit Trisept TZF (in 30 ml-Handpackung sowie in 5 Liter) und um Dezynmax TZF, ein Mittel zur Desinfizierung von Räumen (in 5-Liter Verpackung).

Neben Unternehmen mit staatlicher Beteiligung haben auch Privat-Unternehmen mit der Aufnahme der Produktion von Desinfektionsmitteln auf die sprunghaft angestiegene Nachfrage reagiert. Eines davon ist die Boryszew Group, die in verschiedenen Industrie-Branchen aufgestellt ist. Zu der Unternehmensgruppe gehören u.a. auch in Deutschland die Automotive-Zulieferer-Betriebe in Salzgitter, Prenzlau, Langenhagen, Gardelegen, Doberschau und Idar-Oberstein. Die Unternehmens-Gruppe besitzt aber auch mit der Boryszew ERG den größten Hersteller von Kühl- und Enteisungsmitteln für die Bahn- und Luftfahrtbranche in Polen. Boryszew ERG hat jetzt sein Produkt-Palette erweitert und produziert unter den Produkt-Namen ERG CleanSkin nun auch antibakterielle Mittel für die Desinfektion von Händen sowie für die Desinfizierung von Räumen im privaten, öffentlichen und Industriebereich. Die Präparate bauen auf einen 72prozentigen Äthyl-Alkohol auf.

Die notwendigen Genehmigungen für die Produktions-Aufnahme habe man innerhalb von zehn Tagen erhalten, erklärte Boryszew-Vorstand Piotr Lisiecki. Mit den modernen Produktionslinien und dem jahrelangen Knowhow in der Chemiebranche sei garantiert, dass ,,unsere Kunden ein Produkt von höchster Qualität erhalten, welches alle Anforderungen erfüllt“. Die Produktion läuft rund um die Uhr, sieben Tage die Woche.
Die Präperate werden in der 5-Liter-Verpackung sowie in der 500ml-Sprühflasche über die kommerziellen Vertriebs-Kanäle (ERGcleanskin@boryszew.com) von Boryszew angeboten.

Die Bereitschaft der Unternehmen, das desolate und chronisch unterfinanzierte polnische Gesundheits-System im Kampf gegen den Coronavirus zu unterstützen, ist enorm. Neben der Produktion von Desinfektionsmitteln, Schutz-Masken oder der Bereitstellung von Labor-Kapazitäten für Corona-Tests spenden Unternehmen Geldbeträge für örtliche Krankenhäuser.

Die Hilfsbereitschaft hat aber auch eine Kehrseite, die EU-Kommissionschefin Ursula van der Leyen gerade vor dem EU-Parlament mit den ,,nationalen Egoismus einzelner EU-Staaten“ umschrieb. Dies hat gerade das norwegische Unternehmen Norenco in seiner Fabrik im ostpolnischen Biała Podlaska erleben müssen. Das Unternehmen produziert dort seit 1997 Hygieneartikel und Produkte der Haushaltchemie für den skandinavischen Markt. Nach Angaben von Norenco-Chef Arne Haukland plante das Unternehmen, den norwegischen Markt mit wöchentlich zwei Lkw mit Desinfektionsmittel zu beliefern. Dies wurde vom polnischen Zoll untersagt.

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28.März 2020

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Corona – Polen öffnet wieder einige Grenzübergänge

Noch am ersten Tag der Grenzschließung konnten Einreise-Berechtigte mit ihren Fahrzeugen nach Polen einreisen. Dann war Schluß – Polen verrammelte alle kleinen Grenzübergänge für den Fahrzeug-Verkehr. Nicht nur für die Tausenden Berufspendler und den regionalen Warenverkehr eine Katastrophe. Auch Zehntausende polnische Urlauber, die nach Hause wollten, wurden auf die großen Autobahn-Übergänge in die kilometerlangen Staus abgewiesen. Nach 48 Stunden hat das polnische Innenministerium eine Kehrtwende gemacht und einige kleine Grenzübergänge wieder für den Fahrzeug-Verkehr geöffnet. Damit sollen die Stau-Situationen an den großen Autobahn-Grenzübergängen verringert werden.

Witold Kaczmarek traut seinen Augen nicht. Der Grenzübergang Kostrzyn-Küstrin, der gestern noch zugesperrt war, ist offen. Unter dem Dach des Grenzübergangs stehen drei Beamte vom Grenzschutz und Zoll gelangweilt herum. Seine vorsichtige Frage, ob man den Grenzübergang wieder mit dem Fahrzeug passieren kann, beantworten die Beamte. ,,Ja wir waren selber überrascht, als wir heute früh zum Dienst gekommen sind“, sagt der eine Mitarbeiter vom straż (Grenzschutz).

Und bleibt der Grenzübergang offen? ,,Das können wir nicht sagen. Das kann morgen schon wieder anders sein“. Das bestätigen auch die Erfahrungen der vergangenen Tage: Die Transparenz und Halbwertzeit amtlicher Mitteilungen ist begrenzt. Zumindest ist nach der Mitteilung des Innenministeriums in Warschau erst einmal festzuhalten, dass seit (18.März) vier Grenzübergänge von Deutschland nach Polen wieder für Einreise-Berechtigte mit Fahrzeugen geöffnet wurden. Diese sind:

– Küstrin – Kostrzyń
– Frankfurt (Oder) Stadtbrücke
– Görlitz-Zgorzelec
– Guben-Gubin

Diese können für den regionalen deutschen wie polnischen Waren-Verkehr mit Fahrzeugen in den jeweils zulässigen Gewichtsklassen(Kleintransporter, beschränkt Fahrzeuge bis 6 t) , Geschäftsreisende (auch deutsche mit Dienstreise- oder Beschäftigungs-Nachweis – in Polen arbeiten 8000 Deutsche, vorrangig als Fach- und Führungspersonal), Berufspendler und polnische Bürger mit Fahrzeugen genutzt werden.

Für Kaczmarek ist dies ein Segen. Bisher war gezwungen, über den Grenzübergang zu laufen. Wie viele andere polnische Berufspendler hatte er sein Auto über Nacht auf der deutschen Seite geparkt, denn ohne Auto wäre er nicht zu seinem Arbeitsplatz nach Mittenwalde gekommen. Um nach der Arbeit mit dem Auto nach Polen zurückzukehren, wäre er gezwungen, sich in die kilometerlangen Staus auf der Autobahn A12 zum einzigen, in der Groß-Region offengehaltenen Grenzübergang Frankfurt (Oder)-Świecko einzureihen. Zwar sollte die linke Spur der Autobahn für den Pkw-Verkehr freigehalten werden. Doch immer wieder blockieren Lkw die linke Spur, um andere, sich vordrängelnde Lkw an der Weiterfahrt auf der linken Spur abzubremsen.

Doch nicht nur auf der Autobahn A-12 bei Frankfurt, auch auf der anderen großen Einfahrts-Trasse nach Polen , der Autobahn A-4 in Sachsen bei Ludwigsdorf, reichten die Rück-Staus in den vergangenen Tagen bis zu 50 Kilometer.
Verursacht werden die Staus durch die polnischen Kontrollen auf Corona-Verdacht der Fahrer. Betroffen sind auch die deutschen Liefer-Verkehre, die den Handel und Unternehmen in den grenznahen Regionen nur noch mit zunehmenden Verspätungen beliefern können.

Stillstand für Waren-Transporte

Wie diese Kontrollen ausfallen ist ein Trauer-Spiel  angesichts der gigantischen Dimensionen des Ost-West-Lieferverkehrs. Nachdem die Truckfahrer 12 bis 14 Stunden im Stau standen und die langsam im Schnecken-Tempo sich vorschiebende Fahrzeug-Kolonne die Brücke über die Oder passiert hat, steht dort ein Grenz-Polizist im Schutzanzug. Ein einziger Grenzpolizist!! Der steigt auf das Trittbrett des Fahrzeugs hoch und hält den Fahrer durch die heruntergelassene Fahrzeug-Scheibe das Fieber-Meßgerät an die Stirn. Weist das Meßgerät eine Temperatur von über 37,9 Grad Celsius aus – und das geschieht nicht selten, denn die stundenlang wartenden Truck-Fahrer sitzen in beheizten Fahrer-Kabinen – wird der Fahrer in eine extra ausgewiesene Zone 100 Meter weiter eingewiesen. Dort steht ein Polizist mit automatischen Gewehr in Hollywoodreifer Pose. Mit Gewehr! Nachvollziehbar, wenn die Polizei auf der Suche nach Terroristen wäre. Das ist sie hier aber nicht.

In der dezentralen Zone wieder langes Warten. Fahrzeug steht hinter Fahrzeug. Dann noch einmal Kontrolle. Diesmal gründlicher. Das Meßgerät wird ans Ohr gehalten, dann an das Handgelenk. Diesmal ist die Temperatur im Zulässigkeits-Bereich. ,,Wundert mich auch. Sie sehen ja aus wie das blühende Leben“, sagt der Kontrolleur und setzt hinzu: ,,Ich glaube auch nicht, dass die Mess-Geräte hundertprozentig sicher arbeiten“.

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Dann zum nächsten Halt. An der Grenz-Station erfolgt die Kontrolle für Lkw inzwischen in zwei Spuren. Aber auch hier steht nur ein Kontrolleur an der Spur. Der Fahrer bekommt ein DIN-A4 Blatt in polnisch und englisch in die Hand gedrückt. Woher – Wohin? Vor- und Rückseite des Blattes sind mit den Angaben der Firma und den persönlichen Angaben des Fahrers auszufüllen. Einigen wartenden Truckfahrern, die am Strassen-Rand zusammensitzen, überrascht die stoische Gelassenheit, mit der die Beamten vom Zoll und Grenzschutz ihre Kontrollen durchführen, nicht. ,,Denen ist das doch egal, dass wir hier 20 Stunden im Stau stehen und der Warenverkehr hier langsam zusammenbricht. Die bekommen am Monatsende trotzdem ihren Gehalts-Check.“

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Und schon rollt eine neue Welle an

Und ein Truck-Fahrer meint, dass die Kontrollen auch besser organisiert werden könnten. Nur wenige Kilometer hinter der Grenze weitergefahren, befinden sich riesige Flächen, auf die man die Lkw umleiten und auf fünf oder mehr abgesperrten Spuren die Kontrollen mit mehr Personal durchführen könnte, ohne dass sich die Lkw an der Grenze aufstauen. Doch das interessiert die anderen Trucker-Fahrer schon nicht mehr. Sie wollen nur schnell nach Haus, denn am Wochenende geht es wieder retour Richtung Deutschland. Einer der Trucker-Fahrer, schon ein älterer, meint nur beim Einsteigen in seine Fahrer-Kabine : ,,Zum Glück kontrollieren die Deutschen nicht auf der Gegenseite“. Er kann sich noch gut an die Zeiten erinnern, als Sonntagabends, wenn sich die polnischer Truck-Flotte in Richtung Westeuropa in Bewegung setzte, die Lkw sich über 100 Kilometer auf der polnische Seite bis kurz vor Poznań aufstauten.

Die Stau-Situation an den deutschen Autobahn-Grenzübergängen wird auch in den nächsten Tagen anhalten. Daran ändert auch die Öffnung der vier kleinen Grenz-Übergängen für den Fahrzeugverkehr nicht viel. Sie ist aus Warschauer Sicht in erster Linie für die immer noch Zehntausende polnischen Urlauber gedacht, die im Ausland gestrandet sind und nach Polen zurückkehren wollen. Auch wird zum Wochenende hin mit rund 20 000 Polen gerechnet, die im Rahmen der Arbeits-Rythmen-Wechsel aus Großbritannien kommen und nach Hause zu ihren Familien wollen.

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Text: André Jański / infopol.PRESS

 

 

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Polen senkt wegen Corona-Krise die Leitzinsen

Der Geldpolitische Rat der Polnischen Nationalbank (NBP) hat erstmals seit 5 Jahren die Leitzinsen gesenkt. Der wichtigste Leitzins – der Referenzsatz – wurde um 0,5 Prozent auf 1 Prozent gesenkt. Das ist das niedrigste Niveau in der Geschichte der polnischen Zentralbank.

Die Maßnahmen dienen dazu, die negativen wirtschaftlichen Konsequenzen aus der Coronavirus-Verbreitung zu beschränken und in der weiteren Perspektive eine Belebung der wirtschaftlichen Aktivitäten zu stimulieren“, begründet die Nationalbank NBP den Zinsschritt.
Außer dem Referenz-Satz wurde der Lombard-Satz auf 2 Prozent und der Discount-Satz, der seit zehn Jahren unverändert war, auf 1,10 Prozent festgelegt. Der Lombard-Satz ist der Zinssatz, zu dem sich die Kredit-Institute durch Verpfändung eigener Wertpapiere von der Zentralbank kurzfristig Liquidität verschaffen können. Der Discount-Satz ist dagegen der Zinssatz, zu dem die Kreditinstitute Wechsel an die Zentralbank verkaufen können, um sich ebenfalls Liquidität zu verschaffen.
Die Zins-Entscheidung fiel in dem zehnköpfigen Geldpolitischen Rat der Nationalbank denkbar knapp aus. Die Hälfte der Rat-Mitglieder stimmte dagegen. Die entscheidende Stimme hatte jedoch der Präsident der Nationalbank Adam Glapiński . Der hatte schon Tage zuvor unisono mit Staatspräsident Andrzej Duda auf eine Absenkung der Leitzinsen gedrängt.
Der Zinsschritt der Nationalbank hat bei den Volkswirten und Bank-Analysten geteiltes Echo gefunden. Während die einen darauf verweisen, dass die kurzfristige Stützung der Bonität der Wirtschaftsunternehmen in der gegenwärtigen Situation absolut notwendig sei, verweisen andere auf die Inflationsgefahr. Polen hatte Anfang des Jahres mit knapp 5 Prozent mit die höchste Inflationsrate in Europa, die u.a. auf die Erhöhung der Strompreise, anderer Dienstleistungen und der Verteuerung von Lebensmitteln zurückzuführen ist. Nationalbank-Präsident hält dem entgegen, dass der jetzt zu beobachtende Rückgang der Nachfrage nach Dienstleistungen und Non-Food-Produkten sowie der Rückgang der Weltmarkt-Preise für Rohstoffe die Inflations-Risiken minimieren.
Leszek Balcerowicz, ,,Vater der polnischen Reformen“, der vor 30 Jahren mit eiserner Hand das damals zerüttete polnische Wirtschafts-und Finanzsystem (Inflationsrate 700 Prozent) wieder auf Stabilitätskurs brachte, kritisierte den Zinsschritt als undurchdachtes Nachahmen der US-amerikanischen Zentralbank Fed. Die hatte Zinssenkung zwei Tage vorher unter Druck von US-Präsident Donald Trump die Zinsen um 1 Prozent gesenkt. Dieser Zinsschritt ist weitgehend ohne Wirkung auf die Wirtschaft verpufft. Die Situation in Polen sei eine andere als im Westen, wo es keine hohe Inflation gebe. Die FED müsse sich keine Sorgen machen, dass durch ihre Zinssenkung der Dollar schwächer wird. In Polen bestehe schon die Gefahr, dass die polnische Währung an Währung verliert. Statt der von Glapiński und Staatspräsident Duda forcierten propagandistischen Zins-Senkung brauchen die Wirtschafts-Sektoren und Unternehmen, die von der Corona-Krise am härtesten getroffen sind, jetzt auf sie ausgerichtete selektive Hilfs-Maßnahmen, sagte Balcerowicz der Zeitung Rzeczpospolita.
Anders als die zweckoptimistischen Prognosen der Regierung und Volkswirte staatlicher Banken hat jetzt auch die amerikanische Investitionsbank Stanley Morgan ein düsteres Bild für die polnische Volkswirtschaft in diesem Jahr gezeichnet. Durch die Corona-Pandemie werde Polen in eine Rezession erleben, wie es sie noch nie gesehen habe. In ihrer düstersten Prognose erwartet die Banker von Morgan Stanley einen Rückgang der polnischen Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 5,6 Prozent. Im vergangenen Jahr erzielte Polen noch ein Wirtschaftswachstum von 4,1 Prozent, was der PiS-Regierung im Rahmen von Wahlversprechen massive Sozial-Transfers erlaubte.
Bei den düsteren Aussichten erwarten die Analysten von Morgan Stanley, dass die polnische Nationalbank noch eine weitere Zins-Senkung vornehmen wird.

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Pkw-Maut – Jetzt schon 5 Euro pro 50 Kilometer

Ab heute (2.März) müssen von Berlin kommende Autofahrer in Richtung Warschau auf der Autobahn A-2 für Maut-Gebühren wieder tiefer in die Tasche greifen. Ohnehin schon eine der teuersten Autobahn Europas hat das private Autobahn-Konsortium Autostrada Wielkopolska wieder die Preise auf seinen Trassen angehoben. Die Preis-Anhebungen betreffen alle Fahrzeug-Klassen. Für Pkw sind auf der Trasse von Nowy Tomyśl nach Konin jeweils 22 Złoty an jeder Maut-Station zu zahlen. Für die insgesamt 150 Kilometer (3 Abschnitte zu jeweils 50 Kilometern) macht dies insgesamt 66 Złoty (rund 15 Euro).

Grafik. google Map / infopol.PRESS

Die Maut-Gebühren betragen für die anderen Fahrzeug-Klassen pro 50 Kilometer (von einer Maut-Station zur nächsten Mautstation):

> 33 Złoty (~ 7,70 EUR) Pkw mit Hänger sowie Zweiachser mit mindestens einer Achse mit Zwillingsreifen;
> 50 Złoty (11,70 EUR) für Dreiachser sowie Zweiachser mit mindestens einer Achse mit Zwillingsreifen und Hänger,
> 77 Złoty (~18 EUR) für Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen und Dreiachser mit Hänger,
> 220 Złoty (~51 EUR) für übernormative Fahrzeuge.

Lediglich auf dem Abschnitt, der von Nowy Tomyśl zur Grenze nach Deutschland führt (Świecko/Frankfurt/.O.) bleiben die Gebühren unverändert. Dies betrifft auch die anderen Autobahn-Abschnitte auf der A-2 (von Konin bis Warschau), die vom Staat betrieben werden.

Das private Autobahn-Konsortium begründet die Erhöhung der Gebühren u.a. mit den stark gestiegenen Inflations-Druck in Polen und den erhöhten Kosten, insbesondere durch den dreispurigen Ausbau der Autobahn südlich von Poznań. Mit der Gebühren-Erhöhung will man aber wohl auch der Finanzierung eines elektronischen Maut-Systems vorgreifend Rechnung tragen . Das soll – so die Ankündigung des Autobahnkonsortiums -noch in diesem Jahr auf der A-2 eingeführt werden.
Die Autostrada Wielkopolska ist der letzte Autobahn-Betreiber, der die Gebühren noch ausschließlich manuell erhebt. Die privaten Betreiber der Autobahnen A-1 und A-4 hatten bereits im vergangenen Jahr ihre eigenen elektronischen Gebührenerfassungs-Systeme in Betrieb genommen. Sie beruhen auf dem System video tolling. d. h. die Kennzeichen der Fahrzeuge werden mittels speziellen Kameras registriert. Um das System nutzen zu können, muß der Autofahrer vorher eine App laden, seine Daten mit Fahrzeug-Kennzeichen eintragen und mit seinen Kontodaten/Geldkarte in Verbindung bringen. An der Mautstation werden die Daten elektronisch verifiziert und die Gebühren automatisch bei der Durchfahrt abkassiert.

Laut der Ankündigung von Autostrada Wielkopolska wird das Autobahn-Konsortium sein eigenes elektronisches Maut-Erfassungssystem auf der Grundlage von video tolling aufbauen. Damit findet das auf polnischen Autobahnen herrschende Maut-Chaos seine Krönung. Jeweils nach befahrenen Auto-Abschnitt und der Autobahn-Gesellschaft, die diesen Abschnitt betreibt, müssen Autofahrer ihre Maut-Gebühren in einen jeweils anderen Gebührenerfassungs-System entrichten. Dies ist die Konsequenz aus von der jetzigen Regierung wie auch von der Vorgänger-Regierung jahrelang verschleppten Politik, ein einheitliches elektronisches Gebühren-Modell für alle Autobahnen in Polen zu schaffen.

Neben der Autostrada Wielkopolska gibt es noch zwei weitere private Autobahn-Konsortien (A-4 und Nord-Süd-Autobahn A-1) sowie die öffentlich betriebenen Abschnitte auf der Autobahn A-2 von Konin bis Warschau, die ebenfalls Mautpflichtig sind.

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Lidl-Kassierer verdienen mehr als junge Ärzte

Die zur deutschen Schwarz-Gruppe gehörenden Handelsketten Lidl und Kaufland haben zum 1.März wieder die Löhne ihrer Mitarbeiter erhöht.

Beim Discounter Lidl erhält das Kassen- und Verkaufs-Personal, das mindestens 1 Jahr beschäftigt ist, jetzt den Starter-Lohn von 3500 bis 4350 Złoty brutto. Bei einer Beschäftigungsdauer von mindestens 2 Jahren erhöht sich der monatliche Brutto-Lohn auf 3700 bis 4600 Złoty (rund 1050 Euro), abhängig vom Standort des Marktes. Das ist oft mehr als ein als ein junger Arzt, der gerade sein Studium beendet hat und zu Anfang im staatlichen Gesundheitswesen erhält. Dies trifft auch auf Lehrer mit Anfangs-Etat und Angestellte im öffentlichen Dienst zu.

Der Discounter Lidl, der in Polen über 700 Märkte betreibt, gehört damit in der polnischen Handels-Branche zu den Unternehmen, die ihren Beschäftigten die höchsten Löhne bieten. Selbst die Nr. 1 im polnischen Discount-Handel Biedronka hält  da nicht mit. Biedronka hatte bereits im Januar eine neue Lohn-Erhöhungsrunde eingeleitet. Bei einer Lohnerhöhung von 100 bis 350 Złoty verdient das Kassen- und Verkaufspersonal bei Biedronka jetzt 3050 bis 3400 Złoty. Mitarbeiter, die bei Biedronka schon länger als drei Jahre beschäftigt sind, kommen auf bis zu 3650 Złoty (~850 Euro).

Biedronka gehört zum portugiesischen Handelskonzern Jeronimo Martins. Während der Umsatz von Lidl in Polen nur rund 5 Prozent des globalen Umsatzes des deutschen Discounters ausmacht (Jahres-Bericht der Schwarz-Gruppe 2018) durchbricht Biedronka in der Bilanz des portugiesischen Handelskonzerns jegliche Verhältnismäßigkeit im internationalen Handelsgeschäft. Jeronimo Martins verdient mit Biedronka mehr als im Mutterland Portugal. Die 3002 Biedronka-Märkte in Polen machen allein zwei Drittel des gesamten Geschäfts-Volumens der portugiesischen Handelsgruppe
aus (67,7 Prozent der Einnahmen).

Zum 1.März hat auch Kaufland die Löhne erhöht. Der Lohn-Erhöhung gingen monatelange Tarifstreitigkeiten zwischen der ,,Freien Gewerkschaft „Jedność Pracownicza“ (Mitarbeiter-Einheit) und dem Kaufland-Vorstand voraus. Zwar agieren Kaufland und Lidl in getrennten selbstständigen Gesellschaften. Allgemein ist bei den Beschäftigten, wie auch bei den Verbrauchern, wahrscheinlich mehr als in Deutschland, in der Wahrnehmung das Wissen verankert, dass beide Ketten mit der Schwarz-Gruppe einen gemeinsamen Eigentümer haben. Dies assoziert auch Vergleichs-Maßstäbe. Die Gewerkschafter bei Kaufland forderten deshalb eine Angleichung der Löhne an die besserbezahlten von Lidl. Zuletzt forderten sie eine Lohn-Erhöhung um 800 Zloty für alle Mitarbeiter von Kaufland. Dies lehnte der Vorstand ab. Nachdem die Verhandlungen auch unter Einschaltung eines vom Arbeits-Ministerium bestellten Mediators im Februar auch ergebnislos endeten, drohte der Handelskette ein Streik-Referendum. Kaufland kündigte daraufhin eine Lohn-Erhöhung zum 1.März um 200 bis 500 Złoty in Abhängigkeit von der Größe und dem Standort des Marktes an. Das Kassen- und Verkaufspersonal kommt damit im Monat jetzt auf 3200 bis 3900 Złoty brutto (rund 900 Euro).

Kaufland betreibt gegenwärtig 213 Einkaufs-Märkte mit insgesamt 16 000 Mitarbeitern in Polen. Mit einem Umsatz von rund 9,9 Mrd. Złoty (Stand 2018) ist Kaufland Polska zu 10,2 Prozent am Gesamt-Umsatz von Kaufland beteiligt.

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Warschau – Wohnungs-Mieten fast so teuer wie in Berlin

Die Preise für den Kauf von Eigentums-Wohnungen in den polnischen Großstädten gehen weiter in die Höhe. Innerhalb eines Jahres sind sie um fast 13 Prozent gestiegen, teilt die Polnische Nationalbank NBP in ihrem jüngsten Immobilien-Bericht für 2019 mit. Dies ist bereits die dritte Preissteigerung in Jahresfolge. Damit sind die Mieten innerhalb von drei Jahren um fast ein Drittel gestiegen.

Am höchsten fallen die Preise in der Hauptstadt Warschau mit durchschnittlich 9476 Złoty pro Quadratmeter (für Wohnungen im Neubezug) aus. Das sind umgerechnet rund 2 225 Euro pro m². Mehr als 8000 Złoty pro m² muß man für Eigentumswohnungen in den an der Ostsee gelegenen Metropolen Danzig (Gdańsk) und Gdynia, sowie in Kraków hinlegen.


Nach Einschätzung des Branchen-Unternehmens HRE Investments besteht trotz der Verteuerung für einen weiteren Preis-Anstieg immer noch Luft nach oben. Das Risiko, dass sich wie vor 10 Jahren eine Immobilien-Blase herausbildet, wird von den HRE-Experten als gering eingeschätzt. Dazu ist die Nachfrage unverändert hoch und übersteigt das Angebot. Obwohl im vergangenem Jahr mit der Übergabe von 207 000 neugebauten Wohnungen ein Rekord-Wert seit 40 Jahren erzielt wurde, besteht nach wie vor ein Wohnungs-Mangel. Statistisch entfallen auf 1000 Einwohner rund 370 Wohnungen. Nach Auffassung von Entwicklungs-Ministerin Jadwiga Emilewicz wäre als Mindest-Zielstellung eine Zahl von 440 Wohnungen pro Einwohner notwendig. Um dahin zu kommen, müßten in den nächsten zehn Jahren 2 Mio. Wohnungen gebaut werden.

Die große Nachfrage erklärt aber nicht allein den rasanten Preis-Anstieg.  Weitere Faktoren dafür sind u.a. das starke Wachstum der Preise für Bau-Materialien sowie die Verknappung der Bau-Grundstücke mit der damit einhergehenden Preis-Explosion. Diese Kosten werden von den Bauträgern auf die Wohnungspreise umgeschlagen.
Ein weiterer Faktor sind die wie überall in Europa, so auch in Polen die sich auf den Tiefstand bewegenden Zinsen für Hypotheken-Kredite. Für die Finanzierung des Kauf einer Wohnung wird von den Banken in Polen nur ein Eigenanteil von 10 Prozent vom Kreditnehmer verlangt. Ob der Kreditnehmer in fünf Jahren noch seine Raten bezahlen kann und die Abwägung anderer Sicherheits-Kriterien steht dabei nicht im Mittelpunkt der Gespräche zur Kredit-Erteilung. Im Zusammenhang mit der von Jahresquartal zu Jahresquartal steigenden Nachfrage nach Krediten erwartet allerdings die Nationalbank eine Verschärfung der Kredit-Bedingungen durch die Banken.

Hinzu kommt die verbesserte Einkommens-Situation. Während vor mehr als zehn Jahren der Kauf einer Wohnung mit 50 m² im Durchschnitt etwa 180 Monatseinkommen kostete, sind es heute für die gleiche Größe weniger als 100 Monatseinkommen.

Der polnische Wohnungs-Markt weist auch im Vergleich zum deutschen Wohnungsmarkt eine bestimmte Spezifik auf. Mit einem Anteil von über 70 Prozent bilden Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser den Hauptbestand im polnischen Wohnungsmarkt. Zunehmend wird aber der Kauf von Eigentums-Wohnungen nicht mehr für den Eigenbedarf, sondern zur Vermietung als Investition angesehen. Mit dem Kauf einer Eigentums-Wohnung kann man zehnmal mehr Geld verdienen als das Geld bei der Bank anzulegen. Nach Berechnung polnischer Immobilien-Experten bezahlt man bei dem gegenwärtigen Zins-Niveau für eine 40 Quadratmeter große Wohnung bei einer Bank-Finanzierung weniger für die monatliche Zinsrate an die Bank als für die monatliche Mietzahlung. Abhängig von der jeweiligen Stadt beträgt der prozentuale Unterschied von 2 bis 57 Prozent.
Im Verhältnis von Kauf- und Mietpreisen zeichnet sich noch ein weiterer Grund-Trend ab: Im Erwerb billiger, in der Vermietung teurer. Während die Erwerbs-Preise für den Kauf von Eigentumswohnungen in den polnischen Großstädten immer noch deutlich um die Hälfte unter den Preisen vergleichbarer westeuropäischer Städte liegen, gleichen sich dagegen die Mietpreise in den polnischen Großstädten an das westeuropäisches Niveau an.

® Andreas Höfer / infopol.PRESS

Foto: Zalando

Zalando eröffnet drittes Logistik-Zentrum in Polen

Der Online-Modehändler Zalando hat jetzt im zentralpolnischen Głuchów sein drittes Logistik-Zentrum in Polen offiziell eröffnet. Das kleine Örtchen Głuchów liegt rund 30 Kilometer südöstlich der Großstadt Łódz. Mit einer Nutz-Fläche

von 130 000 m² (ursprünglich 194 000 m² geplant) gehört es zu den größten Logistik-Objekten in Polen.

Foto: Archiv / Zalando

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Wie das vor der deutschen Haustür gelegene und 2018 in Betrieb genommene Zalando-Logistikzentrum in Gardno an der Autobahn S3 ist das neue Logistik-Zentrum mit modernsten Intra-Logistik-Lösungen ausgestattet. Dazu gehören auch zwei fünfstöckige Hochregal-Türmen. In ihnen können mehrere Mio. Warenstücke gelagert werden. Den hohen Automatisierungs-Grad sichern vier Sortier-Anlagen der Marke Optimus, die die Waren nach konkreter Bestellung sortieren.

In dem Logistik-Zentrum werden 1200 Arbeitskräfte beschäftigt, die bis auf 2500 aufgestockt werden sollen. Da in Polen ein großer Arbeitskräfte-Mangel herrscht, bietet die günstige Lage die Möglichkeit, wie in vielen anderen polnischen Betriebe Arbeitskräfte aus der Ukraine und anderen östlichen Nachbarstaaten zu beschäftigen.

Im Unterschied zum Online-Riesen Amazon, dessen sieben Logistikzentren in Polen bisher nur auf den deutschen und westeuropäischen Markt ausgerichtet sind, betreibt Zalando ein eigenes Internet-Verkaufsportal in Polen. Dem und dem schnell wachsenden E-Commerce-Markt wird auch mit der Standort-Wahl in zentraler Lage in Głuchów Rechnung getragen.

Das Logistik-Zentrum bearbeitet vor allem Bestellungen aus Polen, Deutschland, Österreich und Tschechien. Der deutsche Online-Händler hat in Polen bereits 2018 ein Logistik-Zentrum südlich von Stettin und danach ein Lounge-Warenlager im nordpolnischen Olsztynek eröffnet. Während diese Logistik-Zentren vom deutschen Logistik-Dienstleister Fiege betrieben werden, hat Zalando für das Logistik-Zentrum Głuchów jetzt den Dienstleister DHL eingeschalten.

© infopol.PRESS

22.Februar 2020

Foto: KGHM

Neue Kupfer- und Silbervorkommen in Grenzregion zu Deutschland

Das Klima-Ministerium in Warschau hat neue Kupfer- und Silbervorkommen in der an Deutschland angrenzenden Wojewodschaft Lubuskie bestätigt. Dies meldet die Miedzi Copper Corporation. Das kanadische Unternehmen hatte bereits 2014 mit den ersten Bohrungen in der Region begonnen. Insgesamt wurden 20 Bohrungen vorgenommen, von denen 19 positiv ausfielen. Die jetzt bestätigten und in die polnische Landes-Dokumentation aufgenommenen Vorkommens werden auf 11 Mio. t Kupfer und 36 000 t Silber geschätzt.

Grafik: infopol. PRESS

Die Vorkommen befinden sich nur wenige Kilometer östlich von Zielona Góra im nördlichen Punkt von Kolsko bis südlich von Nowa Sól. Sie sind die ersten seit 40 Jahren neu entdeckten Vorkommen, heißt es bei Miedzi Copper. Experten-Schätzungen zufolge sind sie größer als die Vorkommen, die der Kupferkonzern KGHM Polska Miedz, an dem der Staat beteiligt ist, nördlich von Legnica abbaut.

Um die neuen Vorkommen abzubauen, wären Investitionen im Umfang von umgerechnet 3 bis 3,5 Mrd. Euro notwendig. Bis es aber dazu kommt, wird der Streit um Förderkonzessionen und Genehmigungen sowie um die polnische Bergbau-Steuer noch weiter an Dynamik gewinnen.

Polen steht seit geraumer Zeit im Visier der globalen Minenbranche, insbesondere den Giganten der amerikanischen und kanadischen Kupfer-Konzerne. Nach Russland hat Polen die größten Kupfer-Vorkommen in Europa. Kupfer ist ein strategischer Rohstoff. Und das gilt für die Zukunft noch mehr als bisher. Ohne Kupfer funktioniert kein Smartphone, kein Computer, kein Solarmodul, kein Windrad. Und durch Elektro-Autos wird Kupfer noch weiter an Bedeutung gewinnen.

Bereits nach dem Systemwechsel Anfang der 90er Jahre hatte es den ersten Versuch gegeben, den staatlichen polnischen Kupferkonzern KGHM zu schlucken. Für lächerlich anmutende 400 Mio. US-Dollar wollte seinerzeit der amerikanische Konzern Asarco den polnischen Rohstoff-Lieferant kaufen. Die damals über zehntausend Mitarbeiter zählende Belegschaft verhinderte dies. Mehr als 30 Tage währte ihre Streik gegen die Übernahme. Die Regierung in Warschau ließ daraufhin von dem Verkaufs-Vorhaben ab.

KGHM entwickelte sich daraufhin in den nachfolgenden Jahren zu einem der finanziell potentesten Unternehmen in Polen. Zeitweise rangierte das Unternehmen als viertgrößter Kupfer-Förderer der Welt. Dies wollte das polnische Unternehmen auch durch eine Expansion auf ausländischen Märkten und im globalen Minen-Geschäft unterstreichen. Neben Versuchen, in Vietnam und Laos Fuß zu fassen, kaufte KGHM 1997 die Abbau-Rechte an Kupfer- und Kobalt-Vorkommen in Kimpe im afrikanischen Kongo. Dieser Ausflug endete mit der Blockierung der Konten von KGHM im Kongo und der Evakuierung der KGHM-Mitarbeiter aus dem afrikanischen Land. Der Verlust aus der fehlgeschlagenen Investition belief sich auf etwa 40 Mio. Dollar.

Kupfer-Förderung von KGHM in der Sierra Gorda. Mehrfach billiger als in Polen Foto: KGHM International

Mit einem 2011 erzielten Rekord-Gewinn von umgerechnet über 3 Mrd. Euro im Rücken setzte KGHM 2012 dann mit dem Kauf des kanadischen Konzerns Quadra FNX Mining Ltd zum großen Wurf an. KGHM zahlte für die Übernahme rund 9,1 Mrd. Zloty, also mehr als 2 Mrd. Euro. Durch die Übernahme von Quadra wurde KGHM in einem Joint venture mit der japanischen Sumitomo Miteigentümer am Kupfererz-Abbau in der Sierra Gorda in Chile (Chile hat die größten Kupfer-Vorkommen der Welt). Doch auch diesmal war die größte polnische Auslands-Investition mit einer Bruchlandung verbunden. 2017 vermeldete KGHM in seinem Jahresbilanz-Bericht Abschreibungen in Höhe von 5,19 Mrd. Zloty. Der größte Anteil davon – 4,33 Mrd. Zloty – entfiel auf Verluste im chilenischen Tagebau Sierra Gorda. Anstatt der 40 Jahre reicht die Ausbau-Zeit der Kupfer-Erzvorkommen dort nur 24 Jahre, wodurch sich die Kupfer-Produktion dort um mehr als die Hälfte halbiert.

Seitdem sind die Ambitionen von KGHM zu einem der weltweiten führenden Konzerne im Kupfer-Geschäfte aufzusteigen, deutlich verhaltener. Dazu hat auch die Sondersteuer für die Kupfer- und Silberförderung in Polen eingeführt. Der polnische Staat, der mit rund 30 Prozent der Anteile KGHM kontrolliert, hat den Kupferkonzern immer als Goldesel betrachtet. Um Löcher im Staatshaushalt zu stopfen, wurde 2012 die Steuer für die Kupfer-Förderung eingeführt. Der Ministerpräsident hieß damals Donald Tusk.

Diese Steuer ist in ihrer Höhe weltweit einmalig. Die Höhe der Steuer ist abhängig von den Weltmarktpreisen für Kupfer und Silber, dem Dollar-Kurs sowie den Förder-Mengen. Sie schränkt das zu schaffende Investitionskapital für die Erschließung neuer Kupfer-Vorkommen wesentlich ein. Betroffen davon ist in Polen nur KGHM. Die Steuerbelastung schließt aber auch den Zugang ausländischer Investoren zu den polnischen Kupfer-Vorkommen praktisch aus . Seit geraumer Zeit steht Polen deshalb unter dem Druck von vorrangig amerikanischen Mining-Investoren, die auf eine wesentliche Reduzierung der Steuerhöhe drängen. Dabei spielt auch die Politik mit. Erst vor einigen Wochen haben amerikanische Politiker in einem Schreiben an Ministerpräsident Mateusz Morawiecki eine wesentliche Reduzierung der Steuer gefordert. In dem von den republikanischen Mitgliedern des US-Repräsentantenhauses Neal P. Dunn und Joe ‚Wilson unterzeichneten Schreiben äußern diese ihre Unzufriedenheit über die Höhe der Steuer, die mit effektiv 89 Prozent jede neue Investition in die Erschließung und den Abbau von Kupfer-Vorkommen in Polen unbezahlbar macht.

Mit der hohen Steuer ist eine Refinanzierung der Investitionskosten erst nach 30 Jahren möglich. ,,Wir sind davon überzeugt, dass die Beseitigung der Barriere für amerikanische Investitionen dazu beiträgt, ein gewaltiges Potenzial der polnischen Volkswirtschaft freizusetzen“, heißt es in dem Schreiben. Diese Forderung wurde gleichzeitig in einen politischen Kontext gestellt, der einer Erpressung gleichkommt. ,,Wenn die Vereinigten Staaten Garant für die polnische Sicherheit vor den Attacken Russlands sind“, dann stehen ihnen auch besondere Privilegien zu.

Dies hat im politischen Warschau für Verstimmung gesorgt. Offiziell hat man dazu nicht Stellung genommen. Lediglich Jan Parys, Büroleiter im Außenministerium und ehemaliger Verteidigungsminister, erklärte in einem Interview mit dem Rundfunk-Sender Polski Radio 24, dass eine solche Forderung für Polen nicht annehmbar sei, wenn die US- Senatoren das Bündnis mit den USA und die nationale Sicherheit Polens zum einem Anhängsel eines Handelsvertrages machen.
Für die Zeitung Rzeczpospolita, die als erste das Schreiben veröffentlicht hat, betreiben die US- Senatoren nur Lobby-Arbeit für große amerikanische Konzerne. An erster Stelle wird dabei das Unternehmen Electrum genannt, das in Polen Kupfer-Erz abbauen will. An dessen Spitze steht der Milliardär Thomas Kaplan aus New York, der mit US-Präsident Donald Trump einen vertrauten Umgang haben soll.

Die polnische Steuer für die Kupfer-Förderung steht auch den Plänen des kanadischen Unternehmens Miedzi Copper Corporation entgegen. Dies ist ein von der Lumina Goup für den Kupfererz-Bau in Polen eingeschaltetes Unternehmen, hinter dem mit Ross Beaty einer der erfolgreichsten Investoren im globalen Mining-Business steht. Auch hier versucht man, wenn auch politisch subtiler, Einfluss auf eine Änderung der polnischen Steuer für die Kupfer-Förderung zu nehmen. Das Unternehmen hat dazu erst im vergangenen Herbst Konrad Raczkowski an Bord des Vorstands geholt. Raczkowski ist ehemaliger stellvertretender Finanzminister und Vize-Chef der Bank für Umweltschutz. Er vervollständigt die von den Kanadierern angeworbene Schar von polnischen Fachleuten, an deren Spitze als Generaldirektor Prof. Stanisław Speczik steht. Der 73jährige war noch vor 15 Jahren Vorstands-Chef des staatlichen Kupfer-Konzerns KGHM !!!

Text: ©Andreas  Höfer / infopol.PRESS

Foto: PL-MVI-Agentur

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