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Saudis übernehmen Anteile an Raffinerie in Danzig

Foto: PL-Agentur

Der größte Erdölproduzent der Welt, Saudi Aramco, wird 30 Prozent der Anteile an der Lotos-Raffinerie in Danzig (Gdansk) erwerben. Der Verkaufswert in dem jetzt unterschriebenen Vorvertrag wurde auf 1,15 Mrd. Złoty, umgerechnet rund 255 Mio. Euro, festgelegt. Wie der polnische Mineralölkonzern PKN Orlen mitteilt, ist die Transaktion Bestandteil der Paket-Lösung zur Erfüllung der Bedingungen, die die EU-Kommission für die Erteilung einer Genehmigung zur Übernahme der polnischen Lotos-Gruppe durch den Mineralölkonzern PKN Orlen gestellt hatte.

,,Mega-Fusion“ von zwei Staatsunternehmen

Sowohl PKN Orlen wie auch die Lotos-Gruppe werden bei den Stimmrechten durch den polnischen Staat kontrolliert. Bereits 2018 wurden die ersten Schritte zu der als ,,Mega-Fusion“ apostrophierten Übernahme der Lotos-Gruppe durch den Mineralölkonzern PKN Orlen eingeleitet. Da PKN Orlen durch den Zusammenschluss eine absolute Monopolstellung bei den Raffinerie-Kapazitäten, der Kraftstofflager und Tankstellen und bei der Produktion von Asphalt und Flugbenzin sowie anderer Erdölverarbeitungsprodukte erlangen würde, die den Wettbewerb in Polen nahezu ausschalten, stellte die EU-Kommission zahlreiche Bedingungen an die Übernahme.

Saudis werden knapp die Hälfte des  Erdölbedarfs in Polen decken

Zu den zur Erfüllung der EU-Auflagen unterzeichneten Vorverträgen der PKN Orlen mit Saudi Aramco gehört auch der Verkauf des Lotos-Großhandelsvertrieb für Kraftstoffe im Wert von 1 Mrd. Zloty. Bestandteil des Vertragswerks mit Saudi Aramco ist auch die langfristige Lieferung von saudi-arabischen Erdöl nach Polen in der Größenordnung von täglich 200 000 bis 370 000 t Barrel. Die Saudis erhalten damit eine mächtige Position auf dem polnischen Markt, der bisher von russischen Erdöl-Lieferungen dominiert war. Mit den bereits früher unterzeichneten Lieferverträgen werden damit 45 Prozent des polnischen Erdölbedarfs pro Tag durch Aramco gedeckt.
Aramco wird auch alle Anteile kaufen, die Lotos an der Lotos-Air BP Polska besitzt (Produktion von Flugbenzin).
Weiterhin hat PKN Orlen mit Saudi Aramco und Saudi Basic Industries Corporation (SABIC) einen Vertrag über die Zusammenarbeit bei der Analyse und Entwicklung gemeinsamer Investitionen unterzeichnet. Der Mehrheitlich im Besitz von Saudi Aramco befindliche Konzern SABIC gehört zu den weltweit führenden Petro-Chemieproduzenten, der u.a. die im Prozess der Erdölverarbeitung entstehenden Kohlenwasserstoffgase für die Produktion von Polymeren und Chemikalien nutzt. Vor dem Hintergrund der schwachen Margen im Kraftstoff-Sektor und den im Zusammenhang mit der Entwicklung der E-Mobilität sich abzeichnenden Nachfrage-Rückgang bei Diesel und Benzin sehen die Saudis in der Petrochemie eine glänzende Zukunft. Der polnische Konzern hofft als Trittbrettfahrer an dieser Entwicklung teilhaben zu können. So erklärte der Vorstandschef von PKN Orlen Daniel Obajtek, dass der Vertrag über strategische Zusammenarbeit und der Erdöl-Liefervertrag mit den Aramco wichtiger seien als der Verkauf von 30 Prozent der Anteile an der Lotos-Raffinerie.

Fotos: Lotos/Orlen

Neben den Vorverträgen mit Saudi Aramco hat PKN Orlen zur Erfüllung der EU-Auflagen weitere Vorverträge mit internationalen und nationalen Vertragspartnern unterzeichnet.
So wird der ungarische Konzern MOL Hungarian Oil knapp 610 Mio. Dollar für den Erwerb von 412 Lotos-Tankstellen in Polen bezahlen. Die Tankstellen machen rund 80 Prozent des gegenwärtigen Bestandes des Tankstellen-Netzes von Lotos aus. Gleichzeitig erhält der ungarische Konzern von PKN Orlen 259 Mio. Dollar für den Kauf von 144 Tankstellen in Ungarn und 41 Tankstellen in der Slowakei. Mit den über 600 Tankstellen, die der vom Staat und damit von der PiS-Regierung kontrollierte Konzern in Deutschland besitzt (Orlen/Star), erhöht sich der gesamte Tankstellen-Bestand von PKN Orlen auf rund 2 700 Tankstellen.
Weiterhin wurde mit dem privaten polnischen Energie-Trader Unimot eine vertragliche Vereinbarung zum Verkauf der Lotos-Treibstoffterminals und Treibstofflager getroffen.
Darüber hinaus werden 100 Prozent der Anteile an Lotos Biopaliwa (Produktion von Bio-Kraftstoffen) an das Unternehmen Rossi Biofue veräußert. Rossi Biofuel gehört zu den auf Malta registrierten Unternehmen Envien, das von dem slowakischen Geschäftsmann und früheren Staatsbeamten Robert Spišak geführt wird.

Fusion im politischen Kreuzfeuer

Der aus dem Zusammenschluss von PKN Orlen und Lotos resultierende Verkauf von Staatseigentum ist bei der Opposition in Polen auf Kritik gestossen. Dabei tat sich der ehemalige EU-Ratsvorsitzende und sich als Oppositionsführer aufspielende Donald Tusk mit der unsachlichen Bemerkung hervor , dass der ,,ungarische MOL-Konzern politisch mit Moskau verbunden“ sei, was bedeute, dass ,,Kaczyńskis Formation mehr russisch ist, als es die größten Pessimisten glauben“.
Der ehemalige Wirtschaftsminister der AWS-Regierung Janusz Steinhoff bewertete die von PKN Orlen getroffenen Vereinbarungen als ,,schwarzen Tag“ der Transformation der polnischen Volkswirtschaft nach 1989. Mit Verweis auf das im vergangenen Frühjahr realisierte Investitionsprogramm im Wert von 2,3 Mrd. Złoty zum Aufbau eines modernen Anlagenkomplexes in der Lotos-Raffinerie mit Anlagen für das thermische Cracken (DCU) , Hydrotreating (Entschwefelung) und der Destillation von Hydrowax werde jetzt die ,,von den Vorgängern des früheren Ortsvorstehers“ geschaffene moderne Petrochemie ausverkauft. Steinhoff bezieht sich mit dieser Aussage auf die steile Karriere des jetzigen Vorstandschefs von PKN Orlen, Daniel Obajtek. Noch vor einigen Jahren war der Ortsvorsteher einer kleiner Gemeinde in Südpolen. Als erfolgreicher Wahlkämpfer, protegiert von PIS-Parteichef Kaczyński wurde er trotz laufender gerichtlicher Klagen gegen ihn nach dem Wahlsieg der PiS-Partei auf den Sitz des Vorstandschefs von Polens größten Unternehmens PKN Orlen mit 22 000 Beschäftigten katapultiert. Dabei zog er auch seine Bekannte Zofia Paryła aus seiner Ortsgemeinde mit. Die war 17 Jahre Hauptbuchhalterin. Seit dem Frühjahr vergangenen Jahres ist sie Vorstandsvorsitzende von Lotos und damit Verhandlungspartnerin für Obajtek bei den Übernahme-Verhandlungen.

 

 

Schon jetzt gibt es erste Unkenrufe, dass die intransparenten Vorgänge um die Übernahme nach einem Regierungswechsel in Warschau Gegenstand eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses sein werden.
Obajtek wie die Regierung argumentieren dagegen, dass die Fusion von PKN Orlen und Lotos ein wichtiger Schritt zur Schaffung eines international wettbewerbsfähigen Multienergie-Konzerns sei.

© André Jański /infopol. PRESS

Kaczyńskis Goldener Reiter mit schmutziger Weste

,,Er ist die Hoffnung. Nicht nur unseres politischen Lagers, sondern die Hoffnung von ganz Polen und aller Polen, die das Wohl unseres Volkes wollen. Er hat hervorragende Möglichkeiten, eine ungewöhnliche Entschlossenheit und etwas, was Gott gibt und schwer zu definieren ist, eine Aura, die ihm gestattet, Menschen zu mobilisieren und um ein Ziel zu vereinen“.

Mit diesen Worten lobpreiste PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński noch vor einigen Wochen in einem Fernseh-Interview Daniel Obajtek, nachdem dieser als Vorstandschef von PKN Orlen einen großen Traum von Kaczyński erfüllt hatte. Mit staatlichem Geld wurde von der bayrischen Verlagsgruppe Passau deren in Polen geschaffenes Medien-Konglomerat PolskaPress mit 20 Regionalzeitungen gekauft.

Kaczyński ist nun alles andere als ein Politiker unbedachter Äußerungen. Jede seiner Aussagen sind als politische Botschaft zu werten. Sein Loblied auf Obajtek wurde daher noch vor einigen Wochen in der Öffentlichkeit als Signal verstanden, dass der große Steuermann des nationalkonservativen Lagers auf Daniel Obajtek als neuen Ministerpräsidenten setzt, der künftig Regierungschef Morawiecki ersetzen soll. Im Unterschied zum politischen Überläufer Morawiecki (war früher Berater von Ex-Ministerpräsident Donald Tusk) ist Obajtek ein langjähriger treuer Partei-Soldat der PiS-Partei.

Aufstieg vom Dorf-Bürgermeister zum Konzern-Chef

Noch vor einigen Jahren war der 45jährige Gemeinde-Vorsteher einer kleinen Gebirgs-Gemeinde mit knapp 5000 Einwohnern. Als Vorzeige-Figur in den Wahlkämpfen der PiS-Partei bewährt, wurde er von der PiS-Führung nach deren Wahlsieg 2015 sofort auf den Chefposten der staatlichen Landwirtschaft-Agentur gehievt. Die Agentur ist für die Auszahlung der EU-Direktsubventionen für die Bauern zuständig, beschäftigt 11 000 Mitarbeiter und verwaltet einen Haushalt von 27 000 Mrd. Złoty (ca 6 Mrd. Euro).
Den Posten übte Obajtek nur für kurze Zeit aus, er erfüllte jedoch konsequent die Aufgabe, die ihm von PiS-Parteichef Kaczynski als ,,politischer Kommissar” zugedacht war: die personelle Säuberung der Agentur. 1600 Beamte mussten gehen.
Unmittelbar danach wurde er mit der Führungs-Position beim nordpolnischen Stromversorger Energa betraut. In dieser Zeit erwarb er sich in Branchenkreisen den Ruf als ,,Totengräber der Windenergie” in Polen. 150 Verträge zum Kauf von Grünen Zertifikaten, die Energa im Zeitraum von 2007 bis 2013 mit den Betreibern von Windkraft- Anlagen abgeschlossen hatte, wurden in seiner Amtszeit für ungültig erklärt.
2018 wurde schließlich der ehemalige Ortsvorsteher mit einem abgebrochenen Studium an einer kleinen privaten Provinz-Hochschule in Radom als ,,geschätzten Manager und Unternehmer“ auf den Posten des Vorstands-Vorsitzenden von Polens größten Unternehmens gesetzt.
PKN Orlen ist mit Erdöl-Raffinerien in Polen, Litauen und Tschechien und Tankstellen-Ketten in Polen und im Ausland das größtes polnische Unternehmen mit 22 000 Beschäftigten und einem Umsatz von 111 Mrd. Złoty (2019). Der Konzern ist an der Börse notiert. Das entscheidende Stimmrecht liegt beim Mehrheits-Aktionär, dem Staat und damit unter den gegebenen politischen Verhältnissen bei der PiS-Partei und ihrer Regierung, die den Konzern politisch steuern. Zu dem Konzern gehören 2500 Tankstellen, darunter 600 in Deutschland. Damit wird der Konzern quasi auch von deutschen Autofahrern mitfinanziert, die an den Tankstellen von PKN Orlen (,,Star“ und ,,Orlen“-Tankstellen) zwischen Hamburg und München tanken.

Mit Polens Beitritt zur EU 2004 übernahm PKN Orlen rund 500 Tankstellen in Deutschland. Da anfänglich die Umsätze nicht den Erwartungen entsprachen, entschieden die damaliger Manager ein umfassendes Neu-Branding. Nach 2006 wurden die Orlen-Tankstellen umbenannt und unter die Marke ,,Star“ gestellt, was dem Geschäft dienlich war. Auf Anweisung von Obajtek werden seit dem vergangenen Jahr die Tankstellen nun wieder als nationale Symbolstätten in Orlen-Tankstellen umbenannt. Orlen heißt zu deutsch Adler. Der weiße Adler auf rotem Hintergrund ist das polnische Nationalsymbol. Fotos: PL-Agentur / PKN Orlen

Als der Ex-Ortsvorsteher Obajtek auf den Vorstands-Posten von PKN Orlen gesetzt wurde, machte er sich sofort an die ihm zugedachte Aufgabe, den ebenfalls vom Staat kontrollierte Mineralölkonzern Lotos mit PKN Orlen zu einem staatlichen Quasi-Monopol zusammenzuführen.
Nun ist die Geschichte von dem rasanten Aufstieg des Daniel Obajtek nicht neu. Zahlreiche Medien haben darüber in den vergangenen Jahren berichtet. Sie hat jetzt jedoch neue Brisanz gewonnen. Seit Ende Februar veröffentlicht die liberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza in nahezu täglicher Abfolge Berichte aus der Zeit vor dem Karriere-Aufstieg Obajteks, die das Persönlichkeits-Profils des ,,politischen Saubermanns“ von Recht und Gerechtigkeit (in polnisch Prawo i Sprawiedliwość – Name der PiS-Partei) in einem anderen Licht darstellen.
Nach seinem hingeschmissenen Studium wurde Obajtek (Jahrgang 1976) von seinen beiden Onkeln in ihren auf die Herstellung von Elektroinstallations-Materialien spezialisierte Familien-Unternehmen ,,Elektroplast“ aufgenommen. Nicht ungewöhnlich und nachvollziehbar – Mit familiärer Unterstützung wurde er bald mit der Produktionsleitung betraut.

,,Mit schmutzigen Geschäften“

Mit seiner Wahl zum Ortsvorsteher der Gemeinde Pcim im Jahre 2007, Obajtek war zu diesem Zeitpunkt bereits PiS-Partei-Mitglied, gab er die Tätigkeit in der Firma seiner Onkel auf. Die Gazeta Wyborcza (GW) hat nun zweistündige Tonband-Aufzeichnungen aus dem Jahre 2009 veröffentlicht, die nach Auffassung der Zeitung belegen, dass Obajtek nach seiner Wahl quasi als ,,stiller Gesellschafter“ die Firma TT Plast dirigierte, um die mit ihr in Konkurrenz stehende Firma seines Onkels zu zerstören. Aus den Gesprächs-Mitschnitten geht hervor, dass Obajtek dem Vertriebs-Chef von TT-Plast interne Firmen-Daten zuspielte, Umsätze und Gewinn-Margen diktierte und auch andere Anweisungen zur Tätigkeit von Mitarbeitern gab.,, Er hat vom Rücksitz aus die Konkurrenz –Firma geführt“, schreibt die Zeitung, obwohl laut polnischer Gesetzgebung Amtsträgern eine geschäftliche Tätigkeit bei Androhung einer Haftstrafe verboten ist. Später hat Obajtek – so die Zeitung – vor Gericht unter Eid gelogen, dass er jemals geschäftliche Verbindungen mit der Firma TT-Plast hatte.
Obajtek war in seiner Amtszeit als kommunaler Amtsträger bis 2015 dreimal mit Vorwürfen in staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren belastet. So soll er 50 000 Złoty Schmiergeld für die Vergabe eines öffentlichen Auftrags genommen haben. In anderen Verfahren warf ihn die Staatsanwaltschaft vor, das Unternehmen seiner Onkel um rund 1,5 Mio. Złoty (rund 350 000 Euro) geschädigt zu haben und sich rund 800 000 Złoty erschlichen zu haben.
Nach der Regierungs-Übernahme durch die PiS-Partei 2015 wurden alle Verfahren eingestellt. Parteichef Kaczyński selbst, mit dem Obajtek in vorhergehenden Wahlkämpfen posierte, setzte sich persönlich für seinen Partei-Soldaten ein: Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft seien politisch motiviert gewesen. Auch ein 2018 vom Sejm-Abgeordneten der Oppositions-Partei Nowoczesna Marek Sowa gestellter Antrag bei der Antikorruptions-Behörde CBA, die Richtigkeit der Vermögens-Erklärung des Vorstands-Chef von PKN Orlen zu überprüfen, verlief im Sande. Der Sejm-Abgeordnete hatte in Obajteks Vermögenserklärungen von 2011/2012 eine Differenz von 800 000 Złoty zwischen den offiziell deklarierten Einnahmen und neuen Vermögenswerten festgestellt.
Obajtek soll auch nach seinem Karriere-Aufstieg einen schlossartigen Landsitz gekauft haben, für dessen Renovierung er über 1 Mio. Złoty Zuschüsse vom Kultur-Ministerium und weitere Zuschüsse von den Stiftungen des Kupferkonzerns KGHM und der Bank PKO erhalten hat. KGHM und die PKO werden wie PKN Orlen vom Staat kontrolliert.

Verwandte und Bekannte im Karriere-Sog

In ihrer täglichen Artikel-Serie hat die Gazeta Wyborcza auch die persönlichen Beziehungs-Geflechte von Daniel Obajtek aufgehellt.

Zofia Paryła Fotos: Lotos

So ist sein Bruder vom Forstarbeiter in der Staatlichen Forstverwaltung, die in Polen ein ,,Staat im Staate“ ist, zum Direktor der Forstverwaltung Nord in Danzig (Gdańsk) aufgestiegen.

Noch spektakulärer verlief der Aufstieg von Zofia Paryła, einer Buchhalterin, mit der Obajtek einst in der Firma seines Onkels zusammengearbeitet hatte und die später in der von Obajtek geführten Dorf-Gemeinde ,,Hauptbuchhalterin“ des Zentrums für Sozialhilfe war. Paryła wurde mit einer leitenden Funktion im Energiekonzern Energa betraut, als Obajtek dessen Vorstandschef war. Heute ist die Buchhalterin Vorstandsvorsitzende des staatlich kontrollierten Mineralölkonzerns Lotos, der in Danzig einen großen Erdöl-Raffineriekomplex betreibt , Haupt-Lieferant von Flugzeugbenzin, Asphalt und anderen Erdölverarbeitungsprodukten in Polen ist sowie Eigentümer einer Tankstellen-Kette. Zwei miteinander seit Jahrzehnten bekannte Personen aus dem Gebirgs-Dorf Pcim verhandeln also heute über die Bedingungen des Zusammenschlusses der beiden staatlich kontrollierten Mineralkonzerne in einem für den polnischen Staat strategisch wichtigen Bereich der Energie-Sicherheit.
Erwartungsgemäß hat Obajtek alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe abgestritten. Die von der Gazeta Wyborcza publizierte Inhalte und die von ihr zitierten Personen seien nicht glaubwürdig und die aufgezeichneten Gesprächs-Protokolle aus dem Zusammenhang gerissen und montiert. Es sei kein Zufall, dass gerade zum jetzigen Zeitpunkt eine Kampagne gegen ihn eröffnet wird, da die Übernahme von Lotus durch PKN Orlen vor dem finalen Abschluss steht, so Obajtek.
Zumindest was den Zufall betrifft, dürfte Obajtek nicht unrecht haben. Die Genehmigung zur Fusion der beiden Staatskonzerne macht die EU davon abhängig, dass 30 Prozent der Anteile der Danziger Lotus-Raffinerie verkauft werden. Dies bringt ausländische Unternehmen ins Spiel . Und das ruft auch in einigen Kreisen des Regierungslagers Unruhe hervor, die vor diesem Hintergrund keinen Sinn in der von Obajteks forcierten Fusion sehen.
Die seit Tagen anhaltende Artikel-Serie zu einem Zeitpunkt, da der PiS-Parteichef Obajtek als neuen ,,Goldenen Reiter“ präsentierte, lässt Parallelen zu ähnlichen Enthüllungs-Affären mit in den Medien veröffentlichten Gesprächs-Aufzeichnungen aus der Vergangenheit erkennen. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass die der Gazeta zugespielten Aufnahmen, die staatsanwaltliches Beweis-Material waren, aus dem Regierungslager stammen.

In Verdacht stehen dabei die Umgebung von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, dem mit dem ,,politischen Tod“ von Obajtek ein Konkurrent vom Hals gehalten wird, und Justizminister Zbigniew Ziobro. Der Vorsitzende der nationalen Rechts-Außenpartei Solidarna Polska im Regierungsbündnis sieht sich als einzig wahrhaften ,,Rechter“ im Regierungslager und potenzieller Nachfolger des 72jährigen Kaczyński. Seit ihm Kaczyński auf dem Parteikongress 2019 dazu kategorisch eine Absage erteilt hat, arbeitet Ziobro und seine Fraktion, ohne die die Regierungskoalition ihre Mehrheit im Parlament verlieren würde, systematisch daran, die Führungsrolle von Kaczyński zu untergraben. Die Obajtek-Enthüllungen dürften also PiS-Parteichef Kaczyński, der Obajtek auf das goldene Tableau gehoben hat, noch vielmehr treffen.

Politisch ist Obajtek durch die Enthüllungen auf jedem Fall ,,verbrannt“. Und in seiner Position als Vorstands-Vorsitzender von PKN Orlen?

Ex-Ministerpräsident Donald Tusk, ehemaliger EU-Ratsvorsitzender und heute Chef der Europäischen Volkspartei gab dazu im privaten Fernseh-Sender TVN zu dessen ,,grundsätzlich Qualifikationen“ zu bedenken, ob man ,,Herrn Obajtek nicht mit der  Führung einer Tankstelle“ beauftragen sollte anstatt mit der des Mineralölkonzerns PKN Orlen.

© Andreas Höfer /infopol.PRESS