Tschechien hält Grenze für Schlesier verschlossen

Wir haben die epidemiologische Situation in Schlesien unter Kontrolle, erklärte jetzt Vizepremier Jacek Sasin. Und setzte in der typischen sich überhebenden PiS-Propaganda-Tonlage  fort: ,,Schlesien ist der sicherste Ort in Europa“.

In der benachbarten Tschechischen Republik ist man darüber anderer Meinung. Schon Polens Ministerpräsident Morawiecki (PiS) hatte Anfang Juni eine ähnliche Erklärung abgegeben. Die Realität sah derweilen anders aus. Die schon ohnehin hohen Infektions-Zahlen in Schlesien nahmen weiter zu. Insbesondere in den Bergwerken. 12 polnische  Bergwerke wurden deshalb bis Anfang Juli geschlossen. Auf die Wojewodschaft Schlesien – eine von 16 Wojewodschaften – entfallen mehr als ein Drittel aller Corona-Infektionen in Polen: 12 084 von insgesamt 32 527 ( Stand 23.Juni). Der tschechische Nachbarstaat hat Schlesien deshalb auf den Index gesetzt.

Die Tschechische Republik hat zwar schon vor dem 15.Juni ihre Grenze zu den EU-Nachbarstaaten geöffnet, auch zu Polen. Polnische Bürger mit Wohnsitz in Schlesien dürfen jedoch nicht nach Tschechien einreisen. Ausgenommen davon sind Berufspendler und andere Ausnahme-Regelungen.

Das tschechische Gesundheits-Ministerium begründet die Aufrechterhaltung der Kontrollen an der tschechischen Grenze zu Schlesien mit dem hohen Gefährdungs-Risiko in Schlesien. Entsprechend ist Schlesien neben Schweden und Portugal auf der vom Gesundheits-Ministerium in Prag herausgegebenen und ständig aktualisierten interaktiven Europa-Karte rot gekennzeichnet. Alle anderen Landesteile Polens dagegen grün.

Entsprechend differenziert kontrollieren die tschechischen Behörden an der Grenze zu Polen. Und nicht nur dort. Auch bei Stichproben-Kontrollen im Landesinnern. Polnische Bürger, und nicht nur die, auch Ausländer und Tschechen selbst, die über die Grenzübergänge von Schlesien nach Tschechien einreisen wollen und nicht dokumentieren können, dass sie sich nicht in Schlesien aufgehalten haben, müssen einen negativen Corona-Test vorweisen. Der darf bei der Kontrolle nicht älter als vier Tage sein. Andernfalls müssen sie sich unter bestimmten Umständen in Quarantäne begeben.

Auch der Transit für touristische Zwecke über tschechisches Territorium nach Österreich und Südeuropa  ist für Bürger aus Schlesien nicht erlaubt. Wer dagegen verstößt, dem droht eine Geldstrafe von 1 Mio. Tschechischer Kronen (knapp 40 000 Euro). Für Polen, die aus Schlesien kommen und z.B. nach Österreich wollen, verbleibt nur der elegante Verweis tschechischer Behörden, einen Umweg über andere Grenzübergänge, z.B. über Deutschland, zu machen.

Die tschechische Unterscheidung zwischen Polen (grün) und Schlesien (rot) hat bei den Betroffenen und den Kommunalverwaltungen in der Wojewodschaft Schlesien Empörung ausgelöst. Insbesondere in den Orten mit Grenzübergängen nach Tschechien, wie in Cieszyn, wo Einwohner in den vergangenen Tagen auf den Brücken über die Olsa (Grenzübergänge) gegen die Maßnahmen protestierten. Die polnische Regierung hält sich dagegen weitgehend zurück. Schließlich hatte sie ja im März noch mit den gleichen Argumenten als eine der ersten Staaten in Europa die Grenzen nach Tschechien und Deutschland geschlossen, um Polen vor der Verbreitung des Corona-Virus aus dem Ausland zu schützen. Zur Erinnerung: Polens Corona-Patient Zero kam aus Deutschland.

Wie lange die Grenze für polnische Bürger aus Schlesien noch verschlossen bleibt, machte eine Sprecherin des tschechischen Gesundheits-Ministerium von einer rückläufigen Entwicklung der Corona-Infektionen in Schlesien abhängig. Tschechischer Pragmatismus eben – Wenn die Zahl der aktiven Corona-Fälle in Schlesien sinkt, werde man die Grenze öffnen.

Danach sieht es gegenwärtig noch nicht aus. Zu den Betroffenen in Schlesien gehört jetzt auch ein Prominenter. Die polnische Skispringer-Legende Adam Małysz , der in Wisła Kopytło im Süden von Schlesien heute eine Pension betreibt, meldete gestern, sich mit dem Corona-Virus infiziert zu haben.

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