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Atom-Deal – Polen hat mehr als zwei Kernkraftwerke im Visier

Foto: PL-Agentur / ZEPAK

Unmittelbar nach der Entscheidung zum Bau des ersten polnischen Atomkraftwerkes durch den US-Konzern Westinghouse hat Polen einen weiteren Atom-Deal eingeleitet. Mit dem südkoreanischen Konzern KHNP wurde eine Absichtserklärung über den Bau ein Kernkraftwerkes unterzeichnet. Für seinen Standort soll das Braunkohle-Revier Pątnów östlich von Poznań erschlossen werden. Das Kraftwerk mit koreanischen Atom-Reaktoren soll eine Ergänzung und Erweiterung zum staatlichen polnischen Atomenergieprogramm sein. Das sieht den Bau von nur zwei Kernkraftwerken vor.

Der staatliche polnische Energiekonzern PGE und das private Braunkohle-Kraftwerk ZE PAK haben in Seoul mit dem südkoreanischen Konzern KNHP eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit beim Bau eines Atomkraftwerkes in Pątnów östlich von Poznań unterzeichnet. Gleichzeitig haben Polens Vizepremier Jacek Sasin und der koreanische Industrie- und Energieminister Lee Chang-Yang ein Memorandum zur Unterstützung des Projekts mit koreanischer Atomtechnologie in Polen unterzeichnet.
Auf die politischen Feinheiten der Prozessierung zum Kraftwerks-Bau mit koreanischen Atom-Reaktoren in Polen wird in Warschau größten Wert gelegt, um die US-amerikanischen Vertragspartner für den Atomkraftwerksbau in Polen nicht zu verprellen. Polens Vizepremier legte deshalb nach Vertragsunterzeichnung in Südkorea größten Wert auf die Feststellung, dass Polen das koreanische Projekt völlig getrennt vom staatlichen Atomenergie-Programm behandelt, dieses aber dennoch als halbstaatliches kommerzielles Projekt die Unterstützung der polnischen Regierung habe. De facto ist es aber ein über die Zielstellung des polnischen Atomenergie-Programms hinausgehendes drittes Atom-Großkraftwerk. Das polnische Regierungsprogramm zur Energiepolitik sieht den Bau von sechs Atom-Reaktoren mit einer Gesamtleistung von bis zu 9 GW bis zum Jahre 2040 vor.

Koreaner Konkurrenz für Westinghouse

Für deren Bau hatten der französische Energie-Konzern EDF, südkoreanische Konzern KHNP und der US-Kernkraftwerksausrüster Westinghouse in den vergangenen Monaten ihre Angebote abgegeben. Westinghouse galt von Anfang an in Warschau als uneingeschränkter Favorit bei der Auftragsvergabe. Die politischen Rahmenbedingungen wurden dazu bereits 2020 mit der damaligen US-Administration unter Donald Trump mit dem Abschluss eines polnisch-amerikanischen Vertrages über die strategische Partnerschaft bei der Entwicklung der Atomenergie Polen besiegelt. Wie im polnischen Atomenergie-Programm vorgesehen, umfasste das Angebot von Westinghouse den Bau von zwei Kernkraftwerken mit sechs Druckwasser-Reaktoren vom Typ APR 1000 der neuesten Generation. Wie das Nachrichtenportal money.pl unter Berufung auf nicht benannte Informationsquellen aus Regierungskreisen berichtete, lag das Angebot der Amerikaner jedoch bezüglich des Preises und der Kompensationsleistungen unter den Erwartungen der polnischen Regierung. In der polnischen Regierung gab es daher die Überlegung, den Bau der beiden im polnischen Energie-Programm geplanten Kernkraftwerke auf zwei Partner aufzuteilen. Dabei kam dem Angebot des südkoreanischen Konzerns KHNP eine besondere Bedeutung zu. Es schließt auch Offset-Möglichkeiten, also Kompensationsleistungen wie den Technologie-Transfer nach Polen ein.
Die polnischen Planungen mit der Konkurrenz aus Fernost hatten in Washington Unruhe ausgelöst. Am 21.Oktober reichte Westinghouse als Bieter für die beiden im polnischen Atomenergie-Programm geplanten Kernkraftwerke vor einem US-Gericht Klage gegen den koreanischen Konzern ein. Diese beruht darauf, dass KHNP für seine Atom-Reaktoren ein Reaktor-Design benutze, dass geistiges Eigentum von Westinghouse sei. Das US-Unternehmen teilte mit, es habe Kenntnis davon erhalten, dass KHNP im Begriff sei, eine Absichtserklärung mit der polnischen Regierung zur Lieferung von APR1400-Reaktoren an Polen zu unterzeichnen. Für einen solchen Prozess sei die Zustimmung von Westinghouse und eine Genehmigung des US-Energieministeriums erforderlich.

,,Polnische Atom-Diplomatie“

Noch in der letzten Oktoberwoche eilten Vizepremier Jacek Sasin und Klimaministerin Anna Moskwa nach Washington, um im amerikanischen Energie-Ministerium die Wogen des Konflikts zu glätten. Zur Austarierung der Balance in der polnische ,,Atom-Diplomatie“ gab Ministerpräsident Mateusz Morawiecki danach bekannt, dass die polnische Regierung den US-Konzern Westinghouse für den Bau des ersten Atomkraftwerks an der polnischen Ostsee-Küste ausgewählt hat. 48 Stunden später wurde der Atom-Deal mit den Koreanern mit der ausdrücklichen Akzentuierung vermeldet, dass nicht der polnische Staat, sondern die polnischen Unternehmen PGG und ZE PAK die Vertragspartner des südkoreanischen Konzerns KHNP sein werden.

Kernkraftwerk im Braunkohle-Revier?

PGG ist Polens größter Stromerzeuger. Der staatliche kontrollierte Energie-Konzern untersteht direkt den von Vizepremier Sasin geleiteten Ministerium. ZE PAK ist dagegen ein Privatunternehmen, dessen Hauptaktionär der Unternehmer Zygmunt Solorz ist (u.a. Haupteigentümer des TV-Senders Polsat und des Mobilfunks Plus).
Zu ZE PAK gehörten ursprünglich drei Braunkohle-Kraftwerke. Das Unternehmen hatte bereits in der Vergangenheit mit der Stilllegung von über 1 Gigawatt Kraftwerkskapazität den Ausstieg aus der Braunkohle-Verstromung eingeleitet. Ende 2024 soll auch das letzte seiner drei Braunkohle-Kraftwerke im Braunkohle-Revier Pątnów stillgelegt werden. In dem jetzt in Seoul unterschriebenen Memorandum ist Pątnów als Standort für den Bau des Kernkraftwerkes mit den koreanischen Atom-Reaktoren vorgesehen. Pątnów befindet sich gut 80 Kilometer östlich der westpolnischen Metropole Poznań.
Ursprünglich hatte der Hauptaktionär von ZE PAK gemeinsam mit dem Milliardär Michał Sołowow (Eigner des Synthos-Konzerns) in Pątnów ein Atomkraftwerk auf der Basis von kleinen modularen Kernreaktoren vom Typ BWRX-300, die von General Electric und Hitachi entwickelt worden, geplant. Dazu wurde im vergangenen Jahr mit der Innovation Impulse GMBH in Wien, deren alleiniger Eigentümer Sołowow ist, eine Vertrag abgeschlossen. Dieser wurde jetzt zeitgleich mit der Vereinbarung mit dem koreanischen KHNP-Konzern annulliert. «Das Angebot der Koreaner war von allen das beste», erklärte Solorz, Haupt-Aktionär von ZE PAK, nach Abschluss des Deals mit den Koreanern.
Einzelheiten der Vereinbarung sind bislang noch nicht bekannt, nur soviel, dass das Kernkraftwerk zeitlich versetzt mit vier koreanischen Atom-Reaktoren vom Typ AP 1400 ausgestattet werden soll.
De facto bedeutet dies, dass in Polen nicht nur die zwei im staatlichen Atomenergieprogramm geplanten Kernkraftwerke, sondern darüber hinaus auch ein drittes Atomkraftwerk gebaut werden.
Dabei wird es nicht bleiben, wenn man dazu die kleinen modularen Kernreaktoren BWRX-300 berücksichtigt, die Synthos (Sołowow), der Polnische Mineralölkonzern PKN Orlen sowie der Kupferkonzern KGHM vor den Toren von Sachsen planen.

© André Jański / infopol.PRESS

Amerikaner bauen erstes Atomkraftwerk in Polen

 

Die Entscheidung ist gefallen: Der US-Konzern Westinghouse wird das erste Kernkraftwerk in Polen bauen. Es soll bis 2033 nahe des Ostsee-Bades Lubiatowo-Kopalino in Betrieb gehen. Die Entscheidung der polnischen Regierung ist überschattet von einer Klage des US-Konzerns gegen den koreanischen Mitwettbewerber KHNP um den Kraftwerksbau in Polen.

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat auf Twitter bekanntgegeben, dass die polnische Regierung den US-Konzern Westinghouse für den Bau des ersten Atomkraftwerks in Polen ausgewählt hat. Die  Investition werde die europäische Energie-Sicherheit stärken und die amerikanisch-polnischen Beziehungen vertiefen, begrüßten US-Vizepräsidentin Kamala Harris und Außenminister Blinken in einer ersten Stellungnahme die Entscheidung der polnischen Regierung..
Entsprechend dem polnischen Programm zur Energiepolitik bis zum Jahre 2040 soll der erste Atomenergie-Block im Jahre 2033 mit einer Leistung von rund 1 bis 1,6 GW in Betrieb gehen. Danach sollen im Zeitraum von zwei bis 3 Jahren weitere Blöcke folgen. Insgesamt sind im polnischen Kernenergie-Programm der Bau von sechs Atom-Reaktoren  mit einer Gesamtleistung von bis zu 9 GW geplant.
Mit dem Bau des ersten Kernkraftwerkes soll 2026 begonnen werden. Als Standort wurde bereits die Region um die Ostsee-Badeorte Lubiatowo-Kopalino festgelegt, in westlicher Richtung rund 60 Kilometer von Danzig (Gdańsk) entfernt.
Westinghouse wird dafür drei Druckwasser-Reaktoren vom Typ APR 1000 liefern und aufbauen.
Für den Bau der zwei im polnischen Energie-Programm geplanten Atomkraftwerke hatten sich auch der französische Energie-Konzern EDF und der südkoreanische Konzern KHNP beworben. Beide Angebote wurden von ihren jeweiligen Regierungen massiv beworben. Dessen ungeachtet galt der US-Konzern Westinghouse von Anfang an in Warschau als uneingeschränkter Favorit bei der Auftragsvergabe. Die politischen Rahmenbedingungen wurden dazu bereits 2020 mit der damaligen US-Administration unter Donald Trump mit dem Abschluss eines polnisch-amerikanischen Vertrages über die strategische Partnerschaft bei der Entwicklung der Atomenergie in Polen besiegelt.
Als im September der US-Konzern Westinghouse sein 2000 Seiten umfassendes Angebot abgab, ließ Klima- und Umweltministerin Anna Moskwa auch deutlich werden, wo die Präferenzen bei der Entscheidungsfindung liegen. Die Amerikaner zeigten sich bereits siegessicher. «Polen wird keine besseren Partner als Westinghouse finden.» teilte der US-Botschafter in Polen Brzezinski mit.

Die Amerikaner drängten darauf , dass die polnische Regierung Warschau bis zum 12.Oktober ihre Entscheidung zur Auswahl des Partners für den Bau der Kernkraftwerke treffen soll. Dieser Termin verstrich jedoch ohne Ergebnis.
Die polnische Regierung wollte ihre Entscheidung davon abhängig machen, dass der Partner für das polnische Atomenergie-Programm 49 Prozent der Anteile an der Gesellschaft PEJ (Polnische Atomkraftwerke) übernimmt, eine entsprechende Finanzierung liefert. und sich nicht nur am Bau, sondern auch am späteren Betrieb der Atomkraftwerke beteiligt. Das Angebot der Amerikaner war jedoch weit von diesen Werten entfernt, berichtete das Nachrichtenportal money.pl unter Berufung auf nicht benannte Informationsquellen aus Regierungskreisen.

Günstigeres Angebot aus Korea

In der polnischen Regierung gab es daher die Überlegung , den Bau der beiden im polnischen Energie-Programm geplanten Kernkraftwerke auf zwei Partner aufzuteilen. Dabei spielte nicht nur der im Angebot des koreanischen KHNP-Konzern unterbreitete Preis eine Rolle. Nach Angaben des Nachrichtendienstes Business Korea , ist KHNP in der Lage, sechs Reaktoren mit einer Gesamtleistung von 8,4 GW mit einem Kostenaufwand von 26,7 Mrd. Dollar zu bauen, «während die Kosten der Vereinigten Staaten und die von Frankreich für die gleiche Anzahl von ähnlichen Atom-Reaktoren 31,3 Mrd. Dollar und 33 Mrd. Dollar betragen». Von noch größerer Bedeutung für die polnische Regierung ist die im koreanischen Angebot unterbreitete Möglichkeit des Transfers von Atom-Technologie nach Polen. In Polen könnte eine Fabrik gebaut werden, die Elemente für Kernreaktoren baut. Nachdem die polnische Regierung bereits im Sommer Milliardenschwere Verträge für die Lieferung von koreanischen Kampfflugzeugen, Panzern und Haubitzen sowie deren Bau in Polen unterzeichnet hatte, ist man in Warschau zu der Überzeugung gelangt, dass ein Atom-Deal mit den Koreanern ein weiterer wichtiger Schritt für eine engere wirtschaftliche Kooperation mit dem asiatischen Land wäre.

Klage von Westinghouse gegen koreanischen Konzern KHNP

Dies hatte Unruhe in Washington ausgelöst. An die polnische Regierung wurde die Warnung gesendet, dass der Export von koreanischer Atom-Technologie einer Genehmigung von Westinghouse und Zustimmung durch die amerikanische Regierung bedarf. Der Warnung folgten Taten. Am 21.Oktober reichte Westinghouse beim US-Bezirksgericht für den District of Columbia Klage gegen den koreanischen Konzern ein. Diese beruht darauf, dass KHNP für seine Atom-Reaktoren ein Reaktor-Design benutze, dass geistiges Eigentum von Westinghouse sei. Das US-Unternehmen teilte mit, es habe Kenntnis davon erhalten, dass KHNP im Begriff sei, eine Absichtserklärung mit der polnischen Regierung zur Lieferung von APR1400-Reaktoren an Polen zu unterzeichnen. Die Bereitstellung der technischen Informationen für ein solches Memorandum würde die Genehmigung des US-Energieministeriums und die Zustimmung von Westinghouse erfordern, so Westinghouse. Der amerikanische Konzern forderte Gericht auf, KHNP zu untersagen, diese technischen Informationen mit Polen zu teilen.

Der Streit ist nicht neu. Bereits beim Bau von vier Kern-Reaktoren von KHNP in den Vereinigten Arabischen Emiraten hatte er sich entzündet. Unbestritten ist, dass die Entwicklung der Kern-Technologie in Korea ähnlich wie in Japan auf die Zusammenarbeit mit den Amerikanern beruht. KHNP besteht jedoch darauf, im Laufe der Jahre eine eigene unabhängige Kerntechnologie entwickelt zu haben.
Für Westinghouse ist der koreanische Konzern jetzt bei der Entwicklung des polnischen Atomenergie-Programms ein Konkurrent. Westinghouse verspricht sich vom Bau der Atomkraftwerke in Polen Folge-Aufträge in der Tschechischen Republik und mittelfristig auch in der Ukraine, um in den dortigen Kernkraftwerken die russische Technologie durch die eigene Atomtechnologie zu ersetzen.

Interesse an Kernenergie neu belebt

Westinghouse hat von seinen Druckwasser-Reaktoren der neuesten Generation APR 1000, die auch in Polen zum Einsatz kommen, weltweit bisher vier in Betrieb genommen, alle in China. In den USA selbst war Westinghouse dagegen mit massiven Problemen konfrontiert. Aufgrund der Schwierigkeiten bei den Neubau-Projekten für die Kernkraftwerke Vogtle und Virgil C. Summer in den USA hatte der Mutterkonzern Toshiba die Westinghouse Electric nach Insolvenz 2018 an die kanadische Brookfield Business Partners, einschließlich mit deren Schulden, verkauft. Für den Bau der beiden Westinghouse-Reaktoreinheiten AP 1000 für das Kernkraftwerke Vogtle im US-Bundesstaat Georgia, die in den nächsten Monaten in Betrieb gehen sollen, waren ursprünglich 16 Mrd. Dollar Baukosten geplant. Diese sind inzwischen auf 34 Mrd. Dollar gestiegen.
Anfang Oktober gaben nun die Brookfield Renewable Partners und die Cameco Corp bekannt, dass sie die Westinghouse Electric im Rahmen eines 7,9-Milliarden-Dollar-Deals einschließlich deren Schulden, übernehmen würden. Die Übernahme wird mit einem wieder sprunghaft gestiegenen Interesse an der Kernenergie infolge der Energie-Krise in Europa und gestiegener Energiepreise in Verbindung gebracht.

Ist das französische Angebot noch im Rennen?

Um die Wogen in den USA  wegen eines möglichen polnischen Deals mit den Koreanern zu  zu glätten, waren Polens Vizepremier Jacek Sasin und Klimaministerin Anna Moskwa noch Ende Oktober  in Washington mit der US-Energieministerin Jennifer Granhol zusammengekommen.  Nach Angaben von Sasin habe man die strittigen Fragen geklärt. Die jetzt bekanntgegebene Entscheidung zugunsten des US-Konzerns Westinghouse ist offensichtlich das Ergebnis. Allerdings ist bislang weiter offen, wer das zweite Atomkraftwerk in Polen bauen wird.  Das EDF-Angebot des EU-Partners Frankreich, für das sich Staatspräsident Macron zuletzt massiv eingesetzt hatte, scheint aus dem  Rennen zu sein. Die polnische Regierung hatte ursprünglich kalkuliert, dass Frankreich Druck auf Brüssel und Berlin bei der Freigabe der wegen der in Polen umstrittenen Rechtsregelungen zurückgehaltenen 36 Mrd. Euro aus dem EU-Corona-Wiederaufbaufonds ausübt. Dies ist offensichtlich nicht geschehen.

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US-Angebot für Kern-Reaktoren in Polen vorgelegt

Die Angebote der französischen EDF und des koreanischen Konzerns KHNP liegen bereits seit Monaten vor. Jetzt hat auch der US-Konzern Westinghouse als letzter Bieter sein lange erwartetes Angebot für Kern-Reaktoren in Polen abgegeben. Im Oktober will nun die Regierung in Warschau entscheiden, wer das erste Kernkraftwerk in Polen baut.

3000 Seiten umfasst der Concept Execution Report, den US-Botschafter Mark Brzezinski jetzt offiziell an die polnische Klima- und Umweltministerin Anna Moskwa übergeben hat. Die „detaillierte Roadmap“ wurde gemeinsam mit den US-Konzernen Westinghouse und Bechtel erstellt und soll die amerikanische Nukleartechnologie AP1000 mit den Erwartungen des polnischen Kernenergieprogramms in Einklang bringen. Das amerikanische Angebot umfasst den Bau von sechs Druckwasser-Reaktoren (PWR – Pressurized Water Reactor). Dies entspricht der im polnischen Kernenergie-Programm formulierten Zielstellung. Laut dem polnischen Regierungsprogramm zur Energiepolitik soll der erste Atomenergie-Block im Jahre 2033 mit einer Leistung von rund 1 bis 1,6 GW in Betrieb gehen. Danach sollen im Zeitraum von zwei bis 3 Jahren weitere Blöcke folgen. Insgesamt sind im polnischen Kernenergie-Programm der Bau von sechs Atomenergieblöcken mit einer Gesamtleistung von bis zu 9 GW geplant. Die polnische Regierung erwartet auch, dass der künftige Partner 49 Prozent an einer gemeinsamen Kernkraftwerks-Gesellschaft übernimmt und außer der Lieferung der Kernkraftwerks-Technologie auch die Finanzierung beisteuert.
Bei dem APR 1000 von Westinghouse handelt es sich um einen Druckwasser-Reaktor der III. Generation. Er verfügt über ein passives Notkühlsystem, das ohne Strom funktioniert. Im Unterschied zu anderen Kernkraftwerken ist er beim Abschalten der nuklearen Kettenreaktion zur Kühlung der Nachzerfallswärme nicht auf eine funktionierende Stromversorgung angewiesen.
Der erste APR 1000 wurde 2018 im chinesischen Kernkraftwerk Sanmen in Betrieb genommen. Statt der geplanten 4 Jahre dauerte die Bauzeit 9 Jahre. Gegenwärtig sind weltweit sind vier Reaktoren dieses Typs in Betrieb, alle in China. Zwei weitere sollen in den nächsten Monaten in den USA an den Start gehen.

Baubeginn ab 2026?

Unbeeindruckt von dem sich schließenden Zeitfenster zeigte sich Klima- und Umweltministerin Moskwa gegenüber dem TV-Sender Polsat optimistisch, dass der Zeitplan der Regierung für die Inbetriebnahme des ersten Kernkraftwerks 2033 eingehalten wird. «2026 ist weiterhin als Zeitpunkt des Baubeginns realistisch ».
Entsprechend den vertraglichen Regelungen mit den USA habe die Regierung jetzt 30 Tage Zeit, das vorgelegte Dokument zu analysieren und eine Entscheidung zu treffen. Das 3000 Seiten umfassende Konzept der Amerikaner sei anders als die von den Koreanern und Franzosen vorgelegten Dokumente, die «nicht ein solches verbindliches wirtschaftliches Angebot» darstellen.
Der französische Energiekonzern EDF hatte bereits im vergangenen Jahr der polnischen Regierung den Bau von 4 bis 6 seiner EPR-Druckwasserreaktoren der dritten Generation zum Preis von 33 Mrd. Euro (im Fall von vier Reaktoren) bzw. 48,5 Mrd. Euro bei sechs Reaktoren angeboten. Im Frühjahr folgte der südkoreanische Konzern KHNP (Korea Hydro&Nuclear Power) mit seinem technischen und finanziellen Angebot für 6 Druckwasser-Reaktoren vom Typ APR 1400.
US-Botschafter Brzezinski ist sich in der Bewertung des amerikanischen Angebots bereits sicher: «Polen wird keine besseren Partner als Westinghouse und Bechtel finden.»


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