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Durchbruch für Bau von polnischen Atomkraftwerken

Polen und die USA haben einen 30-Jahre-Vertrag zur Entwicklung des polnischen Atomenergie-Programms unterzeichnet. Das US-Energieministerium hat den in einer virtuellen Zeremonie von US-Energieminister Dan Brouillette in Washington und den Regierungsbeauftragten für strategische Energie-Infrastruktur Piotr Naimski in Warschau unterzeichneten Vertrag als ,,historisch“ bezeichnet. Er eröffnet den Weg für den Bau von Atomkraftwerken in Polen mit Hilfe von amerikanischen Technologien und deren Finanzierung. Nimmt man den Zeitraum für den Bau , die Nutzung und den Rückbau eines AKW, dann stellt die Partnerschaft eine strategische Wahl für die nächsten 100 Jahre dar“, wird der polnische Botschafter in den USA in der Erklärung des US-Energieministeriums zitiert.

Mit der Unterzeichnung Vertrages mit den USA endet die Ära der Papier-Tiger in der polnischen Energiepolitik. Schon unter der damalige Regierung unter Donald Tusk, dem späteren EU-Ratsvorsitzenden, wurde ein Atomenergie-Programm aufgestellt. Danach müßte heute bereits das erste polnische Kernkraftwerk am Netz sein. Doch es blieb nur bei dem Versprechen.

Auf der Suche nach einem Geldgeber

Der Haupt-Grund, weshalb dieses Programm nur im Ansatz beschriebenes Papier blieb, war die völlig offene Finanzierung. Auch die nachfolgende PiS-Regierung sah sich mit diesem Problem konfrontiert. Auf Finanzhilfen aus Brüssel konnte man nicht zählen, da die EU grundsätzlich keine Kernkraftwerke kofinanziert. Mit dem Besuch von Polens Staatspräsident Andrzej Duda 2015 in Peking wurde dann eine chinesische Beteiligung an den polnischen Atomkraftwerks-Planungen ins Gespräch gebracht. Doch die Staatskanzlei in Warschau winkte danach ab. Man wolle nicht außerhalb von China das erste Land in der Welt mit einer Lizenz für eine chinesische Atom-Technologie sein.

Seitdem ruhten die polnischen Hoffnungen auf die Amerikaner. Der Durchbruch kam im Juni dieses Jahres beim Treffen von Polens Staatspräsident Andrzej mit US-Präsident Donald Trump in Washington. Beide Präsidenten kündigten den jetzt unterzeichneten Vertrag an. In der Zwischenzeit hatte die Entwicklungsbank DFC (US International Development Finance Corporation) auf Druck von Trump ihre bisherige Grundsatz-Regelung außer Kraft gesetzt, die eine Finanzierung von US-amerikanischen Atomkraftwerken im Ausland verbietet. Die USA würden ihre Position als Weltmarktführer in der Atom-Energie gegenüber China und Russland verlieren, wenn amerikanische Unternehmen lediglich nur die Technologie anbieten können, nicht aber deren Finanzierung, um die sich potenzielle Kunden selbst bemühen müssen, lautete zuvor die Kritik der von Trump einberufenen Arbeitsgruppe.

Bau von sechs Kern-Reaktoren

Die Finanzierung ist in dem jetzt mit Polen Vertrag eingeschlossen. Nach Angaben des Chefs der polnischen Staatskanzlei Krzysztof Szczerski sieht der Vertrag in den nächsten 18 Monaten die Erarbeitung eines gemeinsamen Papiers vor, das der polnischen Regierung als Entscheidungsgrundlage für die Auswahl eines Partners für die Entwicklung des polnischen Atomenergie-Programms dient. Gleichzeitig werden neben den Vorbereitungs- und Entwicklungsarbeiten durch die führenden amerikanischen Unternehmen im Kernenergie-Sektor gemeinsam mit den amerikanischen Finanz-Institutionen die Finanzierungs-Optionen vorbereitet, erklärte Szczerski.
Das von der polnischen Regierung Anfang Oktober in seiner aktualisierten Fassung beschlossene Atomenergie-Programm sieht den Bau von sechs Kernreaktoren mit insgesamt 6 bis 9 GW vor. Zum Einsatz sollen herkömmliche große Druckwasser-Kernreaktoren (PWR) kommen. Bis 2022 soll eine endgültige Auswahl des Standortes für das erste polnische Kernkraftwerk getroffen werden. . Bisher sind die nördlich von Gdynia gelegenen Standorte Lubiatowo-Kopalino und Żarnowiec nahe der Ostseeküste in die engere Auswahl genommen worden. Żarnowiec war bereits in den 80er Jahren als Standort für einen Atommeiler ausgewählt. Nach der Tschernobyl-Katastrophe wurde der Bau jedoch eingestellt.

In sechs Jahren soll dann der Bau beginnen und 2032 der erste Reaktor in Betrieb gehen.

© André Jański / infopol.PRESS

Foto: Baltic Pipe

Italiener bauen polnische Ostsee-Pipeline

Der polnische Gasnetzbetreiber Gaz-System hat mit dem italienischen Unternehmen Saipem einen Vertrag zum Bau der Baltic Pipe unterzeichnet. Die Baltic Pipe ist eine Erdgasleitung durch die Ostsee, über die Polen ab dem Jahre 2022 Erdgas aus dem norwegischen Schelf beziehen wird. Die aus Dänemark kommende Pipeline sei ein Meilenstein in Polens Bemühungen, sich von der einseitigen Abhängigkeit von russischen Erdgas-Lieferungen unabhängig zu machen, erklärte Staatspräsident Andrzej Duda auf einer mit großen Pomp im Staats-Fernsehen übertragenen Rede, die seit Wochen schon nahezu täglich von der Propaganda-Maschinerie der PiS-Regierung als Wahlkampf-Hilfe für ihren Kandidaten aufgezogen wurde.

Projekt bereits vor 20 Jahren geplant

Das Projekt zum Bezug von Erdgas aus Norwegen war bereits 2001 unter der damaligen Buzek-Regierung aus der Taufe gehoben worden, um die einseitige Abhängigkeit von russischen Erdgas-Lieferungen abzubauen. Weil sich jedoch nicht genügend Partner fanden und eine Kosten-Explosion drohte, wurde das Projekt mehrfach wieder auf Eis gelegt. Nach dem Wahlsieg der PiS-Partei wurde das Projekt 2016 sofort wieder auf die Tagesordnung gesetzt.
Baltic Pipe ist heute ein gemeinsames Projekt der polnischen Netzgesellschaft Gaz-System und der dänischen Energinet. Baltic Pipe ist eine rund 275 Kilometer langen Verbindungsleitung vom norwegischen Leitungssystem. Vom dänischen Festland bei Faxe South auf Seeland kommend verläuft sie südlich der schwedischen Insel Bornholm durch die Ostsee. In Niechorze wird sie dann auf polnisches Festland überführt.

Niechorze liegt auf ungefähr auf halben Weg zwischen Koszalin und der Insel Usedom. Beim polnischen Gasleitungs-Systembetreiber legt man Wert auf die Feststellung, dass die Gas-Pipeline in ihrem Verlauf deutsche Hoheitsgewässer umgeht. Von Schlüssel-Bedeutung ist dabei der Standort, wo die Baltic Pipe mit der aus Russland kommenden Gas-Pipeline Nord Stream kreuzt, die Deutschland und Westeuropa mit russischen Erdgas versorgt.

Foto: PL-MVI-Agentur

Den Auftrag im Wert von 280 Mio. Euro, den der italienische Saipem-Konzern jetzt erhalten hat, sieht neben der Verlegung der Rohre in Wassertiefen von 4 bis 57 Metern u.a. auch Mikrotunnel- und Tiefbauarbeiten in Polen und Dänemark vor.

Die Kosten des gesamten Baltic-Pipe-Projekts werden auf rund 1,6 Mrd. Euro geschätzt. Davon steuert die EU 215 Mio. Euro Fördermittel aus dem EU-Fonds Connecting EuropaFacility bei, mit dem Infrastruktur-Projekte in der EU gefördert werden. Für das Projekt Baltic Pipe hatte die EU in den vergangenen drei Jahren bereits rund 52 Mio. Euro für Machbarkeitsstudien und für die Kofinanzierung von Genehmigungsverfahren bereitgestellt

 

Aufstieg zum ,,Big-Player“ im Erdgasgeschäft geplant

Die Gas-Pipeline wird auf einen Durchlauf von jährlich 10 Mrd. m³ Erdgas ausgelegt. Das sind etwa 60 Prozent des gesamten polnischen Erdgas-Verbrauchs, der gegenwärtig bei 17 Mrd. m³ liegt. In den Planungen der polnischen Regierung ist das Jahr 2022 als Termin der Fertigstellung fest eingepreist. 2022 läuft auch der langfristige Vertrag über die Lieferung von russischen Erdgas nach Polen aus. An einer Verlängerung dieses Vertrages ist Polen nicht mehr interessiert.
Polen hatte die Dienste des italienischen Saipem-Konzern bereits beim Bau des LNG-Flüssighafens in Świnoujście (Swinemünde) auf der polnischen Seite der Insel Usedom in Anspruch genommen. Über dieses Terminal wird verflüssigtes Erdgas (LNG) über Tankschiffen aus dem Emirat Katar und den USA (Schiefergas) bezogen, wieder in den gasförmigen Zustand umgewandelt und in das landesweite Leitungsnetz von Gaz-System gepumpt. Nach dem Abschluß von langfristigen Verträgen zur Lieferung von LNG-Gas aus den USA soll die gegenwärtige Verarbeitungskapazität des LNG-Terminals in Swinemünde von gegenwärtig 5 Mrd. m³ auf 7,5 Mrd. m³ ausgebaut werden.
Einschließlich der Landes-Förderung von Erdgas (4 Mrd. m³) stehen Polen nach dem Jahre 2022 mit Baltic Pipe und dem Terminal rund 21,5 Mrd. m³ Erdgas zur Verfügung. Dies ist weit mehr als Polen selbst verbraucht. Mit dem Überschuß verbindet man in Warschau die Absicht, zum ,,Big-Player“ bei der Erdgas-Versorgung Mittelosteuropa aufzusteigen und einen Nord-Süd-Korridor von der Ostsee bis zum Mittelmeer zu schaffen. Länder wie die Ukraine, Ungarn und  Slowakei  sollen dann mit ,,polnischem Erdgas” versorgt werden. Ob dieser Wunsch aber aufgeht, hängt wesentlich vom Preis ab, zu dem Polen das Erdgas verkauft. Und über den Preis schweigt man sich bei den polnischen Entscheidungs-Trägern bislang aber beharrlich aus.

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