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Foto: PL-MVI-Agentur

Netto übernimmt Tesco-Ladenkette in Polen

Schon seit geraumer Zeit versuchten die Briten einen Käufer für ihre lahmende Ladenkette Tesco in Polen zu finden. Interessenten gab es , darunter Kaufland. Jetzt hat jedoch der Scottish Terrier der schwarz-gelben Discount Kette zugeschnappt. Der dänische Netto schließt mit dem Kauf des britischen Handels-Riesen in Polen zum Discounter Lidl auf. Die großen Tesco-Märkte könnten aber auch ein zu gewaltiger Brocken für Scottie werden.

Der britische Handelskonzern Tesco hat den Verkauf seiner Ladenkette in Polen bekanntgegeben. Käufer ist die dänische Salling, Group, Eigentümer der Discount-Kette Netto. Die Transaktion, die noch der Zustimmung der Wettbewerbs-Behörden bedarf, umfasst den Verkauf von 301 Läden, zwei Vertriebszentren und die Firmen-Zentrale von Tesco in Polen. Der Vertrag schließt die Übernahme der rund 7000 Tesco-Mitarbeiter durch Netto ein.
Der Verkaufspreis fällt mit 900 Mio. Złoty (181 Mio. Pfund) relativ niedrig aus. Zum Vergleich: die Metro-Gruppe verkaufte 2012 ihre 91 Real-Märkte in Mittel- und Osteuropa, davon über 50 in Polen, für 1,1 Mrd. Euro an den französischen Handelskonzern Auchan. Was damals für die Metro-Gruppe ein Befreiungsschlag war, trifft auch heute auf Tesco zu.
Die Hyper-Märkte – große SB-Einkaufshäuser – als einstiges Parade-Stück des britischen Handelskonzerns haben schon lange ihre Blüte-Zeit in Polen überschritten. Die Kunden wanderten von der Hyper-Märkten zu kleineren Läden ab. Gleichzeitig verschärfte sich der Wettbewerb mit den beiden führenden Discountern Biedronka und Lidl. Hinzu kamen Fehl-Entscheidungen des Vorstands und das schrittweise eingeführte Sonntags-Handelsverbot in Polen. Damit einher gingen bei den Briten ein kontinuierlicher Umsatz-Rückgang und Netto-Verluste in den vergangenen Jahren. Tesco Polska erzielte im Geschäftsjahr 2019/2020 nur noch einen Umsatz von 1,368 Mrd. Pfund bei einem Netto-Verlust von 24 Mio. Pfund. Dabei hatte das Unternehmen bereits im vergangenen Jahr mit einer Verringerung der Größe seiner Hyper-Märkte auf ein Kompakt-Format begonnen und Läden geschlossen oder verkauft. Wie Tesco mitteilt, wurden allein in den vergangenen 18 Monaten 22 Märkte für 200 Mio. Pfund verkauft.

Auch Kaufland war interessiert

Zu den Käufern gehörte auch die deutsche Einzelhandelskette Kaufland, die noch Anfang des Jahres ,,in einem ersten Schritt“ die Übernahme von drei Tesco-Standorten vermeldete, der die Übernahme von weiteren vier Tesco-Filialen folgten sollten. Nach Angaben des Fach-Handelsportals Wiadomoscihandlowe soll Kaufland neben dem Fonds Mid Europa Partners (früherer Eigentümer der Einzelhandel-Kette Żabka) auch an der Übernahme von Tesco interessiert gewesen sein. Laut dem Portal soll auch Aldi in der frühen Phase der Verkaufs-Verhandlungen eingeschalten gewesen sein.
Vor diesem Hintergrund stellte der Tesco-Verkauf an die dänische Ladenkette Netto ein Paukenschlag im polnischen Einzelhandel dar.
Die dänische Netto-Kette gehörte zu den Vorreitern unter den ausländischen Handels-Unternehmen bei der Erschließung des polnischen Einzelhandels-Marktes. Bereits 1995 eröffnete Netto den ersten Markt in Stettin (Szczecin). Von dort aus startetes es seine Expansion, die regional gewichtet auf Westpolen lag.
Das Discount-Netz von Netto umfasst gegenwärtig 386 Läden in Polen, davon allein 68 in und um Stettin. Neben Westpolen ist Netto auch in Schlesien sehr gut bekannt. Ostpolen stellt dagegen auf der Netto-Filialkarte einen weißen Fleck dar.

Anschluß an Lidl gewonnen

Dies ändert sich jetzt mit der Tesco-Übernahme. Dadurch steigt die Laden-Zahl von Netto auf 687. Netto schließt damit zu Lidl als zweigrößter Discounter in Polen auf. Lidl hat gegenwärtig über 720 Filialen in Polen. Das ist zwar noch immer weit von der Nr. 1 in Polen, der zum portugiesischen Handelskonzern Jeronimo Martins Discount-Kette Biedronka entfernt. Mit der Übernahme der britischen Handelskette gewinnen die Dänen eine größere Präsenz in den polnischen Großstädten, z.B. in Warschau von fünf auf 16 Märkte.

Umgestaltung der großen Tesco-Märkte für Netto eine Herausforderung

Für Netto stellt aber die Übernahme von Tesco eine extrem große Herausforderung dar, weil die Kompakt-Hypermärkte von Tesco um ein Vielfaches größer sind als die durchschnittliche Laden-Größe eines Netto-Discount-Marktes. Michael Løve, CEO von Netto International kündigte bereits an, über eine Milliarde Złoty in die Umgestaltung der Tesco-Märkte zu investieren. Der neue Eigentümer will dazu die Tesco-Märkte in Netto-Läden im Format Netto 3.0 umgestalten. Neben einigen Märkten in Deutschland hat Netto bereits auch erste Läden in Polen in das Format 3.0 mit u.a. pechschwarzer Ausgestaltung des Verkaufs-Innenraumes umgebaut. Die Umgestaltung soll nicht später als 18 Monate nach Abschluß der Transaktion erfolgen. Der soll bis Ende des Jahres erfolgen.
,,Diese Transaktion erlaubt uns, unsere Tätigkeit in der Region auf Tschechien, Ungarn und die Slowakei zu konzentrieren, wo wir stärkere Markt-Positionen und Wachstums-Möglichkeiten haben als in Polen“, erklärte Vorstands-Chef Dave Lewis in der von Tesco herausgegebenen Erklärung.

©André Jański / infopol.PRESS