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Swine-Tunnel zur Insel Usedom am Ziel

Foto: UM Świnoujście

Vor sechs Monaten wurden die Bohrarbeiten aufgenommen. Nach der Durchbohrung eines knapp 1,7 Kilometer langen Tunnels unter dem Meeresarm Swine hat die über 2700 t schwere Tunnelbohrmaschiene jetzt bereits ihr Ziel erreicht: die Herstellung eines Strassen-Tunnels, der die Insel Usedom mit dem polnischen Festland verbindet.
Wie die staatliche polnische Strassen- und Autobahnagentur GDKKiA meldet, ist die TBM-Tunnelbohrmaschine an der Wand der Aufnahmekammer am finalen Endpunkt des Tunnelbaus angelangt. Die Aufnahmekammer wurde bereits mit Wasser gefüllt, um den Druck beim Bohren durch die Wand und dem Einfahren des Bohrkopfes in die Kammer auszugleichen. Nach dem Durchbruch bedarf es laut GDKKiA etwa zwei Monate, um die 100 Meter lange und rund 2700 t schwere Tunnelbohrmaschine abzubauen. Zeitgleich beginnen dann bereits die ersten Arbeiten zur Ausstattung des Tunnels mit einem Entlüftungs-, Brandschutz- und Überwachungssystems. Im Tunnel wird dann auch eine Platte verlegt, auf der die zweispurige Auto-Fahrbahn aufgebaut wird. Die Freigabe für den Autoverkehr ist allerdings erst im Oktober kommenden Jahres geplant, also erst nach Ende der Urlaubssaison, die in Polen traditionell bis Ende August währt.
Mit einer Länge von 1780 Metern ist der Tunnel unter dem Ostsee-Arm Swine nach seiner Freigabe die längste Unterwasser-Tunnelverbindung Polens. Dieses Rekord hält gegenwärtig noch der 2016 fertiggestellte Tunnel unter der Martwa Wisła, einem Nebenarm der Weichsel in Danzig (Gdańsk) mit einer Länge von 1377 Metern. Im Unterschied zu den Danziger Tunnel mit seinen beiden Röhren wird der Autoverkehr durch den Swine-Tunnel nur durch eine Röhre mit jeweils zwei Spuren pro Fahrtrichtung fließen. Mit der Strassen-Anbindung auf der polnischen Festlands-Seite (Halbinsel Wolin) mit Kreisverkehr und auf der Insel Usedom hat das Bauwerk eine Gesamtlänge von 3,2 Kilometern. Sein tiefster Punkt befindet sich rund 11 Meter unter der Sohle der Swine, die an dieser Stelle eine Tiefe von 13 bis 15 Metern hat.

Polnische Wunschvorstellung: Einführung einer Maut

Die Ausführung des gesamten Bauprojekts liegt in der Hand des österreichischen Baukonzerns Porr im Konsortium mit der türkischen Gülermak. Projekt-Ingenieur für den Tunnelbau sind die polnischen Tochtergesellschaften von Lafrentz und Sweco.
Die Baukosten betragen zum jetzigen Stand rund 220 Mio. Euro (914 Mio. Złoty). 85 Prozent der Mittel kommen von der EU. Die restlichen 15 Prozent finanziert die Stadtverwaltung von Swinemünde. Vor dem Hintergrund des hohen Anteils der EU-Gelder an dem Bauprojekt ist es daher wenig wahrscheinlich, dass die Durchfahrt durch den Tunnel mit einer Maut belegt wird, wie es sich der Stadtpräsident von Swinemünde (Świnoujście) Janusz Żmurkiewicz wünscht. Solche Pläne, mit europäischen Steuergeldern zu bauen und dann damit eigene Einnahmen zu erzielen, sind schon bei anderen fertiggestellten Bauprojekten in Polen am Widerstand der EU gescheitert.
Ab Oktober kommenden Jahres sollen dann die ersten Autos durch den Tunnel rollen. Zu dem Zeitpunkt wird auch die gegenwärtig zur Autobahn umgebaute Schnellstrasse S 3 nördlich von Goleniów zu den Ostsee-Badeorten in Westpommern fertiggestellt sein. Die Insel Usedom, die von polnischer Seite bisher nur mit Fähren erreichbar ist, was bisher im Sommer und zu anderen saisonalen Höhepunkten stundenlanges Warten nach sich zieht, ist dann an eine Autobahn angebunden.
Zu erwarten ist, dass dann der Durchgangsverkehr über die Insel Usedom deutlich zunehmen wird. Für den gewerblichen Verkehr aus Nordpolen ist nach Fertigstellung des Tunnels der Weg über Usedom dann die kürzestes und schnellste Verbindung zum Wirtschaftsstandort Hamburg. Die Umsetzung des von der polnischen Regierung geplanten Baus des milliardenschweren Containerhafens am Ostsee-Strand des Swinemünder Stadtteils Warszów wird diese Entwicklung noch beschleunigen.
Die klapprigen, ein halbes Jahrhundert alten Fähren, die bisher auf der Swine ihren Dienst verrichten, sollen auch nach Inbetriebnahme des Tunnels weiter shippern, hat bereits die Stadtverwaltung von Swinemünde entscheiden. Dann aber nur noch als ,,Touristen-Attraktion“.

© André Jański / infopol.PRESS