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Iggi Pop – Nur eine Werbung für polnisches Bier?

Für die Bewerbung ihres Bieres hat die Privat-Brauerei Tenczynek die Punkrock-Legende Iggy Pop gewinnen können. Der ,,Godfather of Punk“ ist das Gesicht der Werbekampagne ,,Schäm Dich nicht“, in der die Brauerei, die schon mit ihrem Hanf-Bier ,,BUH“ für Aufsehen gesorgt hat, jetzt ihr neues Bier mit Maracuja-Geschmack bewirbt. Iggi Pop soll dabei helfen, Stereotype in Verbindung mit Geschmacks-Bieren zu brechen. Der Werbeclip mit Iggy Pop ist mit einem Fragment aus seinen Song ,,The Passenger“ aus dem Album ,,Lust for Life“ unterlegt. Iggi Pop hatte die Inspiration für diesen Song nach einem Gedicht von Jim Morrison (The Doors) einst bei seinen Fahrten durch Berlin mit der S-Bahn.
Die Einspannung der internationalen Punkrock-Legende in eine polnische Bier-Werbung kann als kleine Sensation gewertet werden. Schließlich ist die Brauerei Tenczynek alles andere als einer der großen finanzkräftigen Bierproduzenten in Polen wie der japanische Bierkonzern Asahi (u.a. ,,Lech“), Heinecken (u.a. ,,Żywiec“) oder Carlsberg (u.a. Okocim).  Das in dem beschaulichen Örtchen Tenczynek (bei Kraków) in einem historischen Gebäude produzierende Unternehmen kommt über eine Jahresproduktion von 50 00 Hektoliter nicht hinaus. Dass es der Brauerei trotzdem gelungen ist, Iggi Pop für ihre Produkt-Werbung zu gewinnen, ist vor allem auf ihren Eigentümer Janusz Palikot und dem Profil der Brauerei zurückzuführen.

Vom Alkohol-Business in die Politik und zurück

Ähnlich wie Iggi Pop ist Palikot eine schillernde Figur mit spektakulären Auftritten – in der polnischen Politik! Palikot, der u.a. an der Katholischen Universität Lublin studiert hatte, machte in den 90er Jahren mit den von ihm gegründeten Schaumwein- und Wodka-Unternehmen ein dreistelliges Millionenvermögen. Nach der Jahrtausend-Wende wechselte er in die Politik. Zunächst für die Bürgerplattform PO, der Partei des Ex-EU-Ratsvorsitzenden Donald Tusk, für die er ein Mandat im Parlament holt. Als Sejm-Abgeordneter setzte er sich für die Liberalisierung der polnisches Abtreibungs-Regelungen und die Rechte von sexuellen Minderheiten ein. Palikot gehört zu den Verfechtern eines antiklerikalen Kurses, einer klaren Trennung von Staat und Kirche und der Zurückdrängung des Einflusses der Katholischen Kirche auf die Politik und die Gesellschaft. Mit spektakulären politischen Happenings und Aussagen in der Öffentlichkeit verstörte er auch immer wieder die konservativen Kreise in der Bürgerplattform. So trat Palikot, selbst Vater von mehreren Kindern, bei einer Presse-Konferenz der Bürgerplattform mit einem T-Shirt mit der Aufschrift ,,Ich bin schwul“ auf. In seinen persönlichen Blog warf er die Frage auf, ob PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński , der noch im hohen Alter bei seiner Mutter wohnte, homosexuell sei. Für Verstörung in der politischen Landschaft sorgte er auch immer wieder mit Fernsehauftritten mit einen abgehauen Schweinekopf, einer Spielzeug-Pistole oder einem Dildo, die er als Symbole für die von der PiS-Partei propagierten Politik von Recht und Gerechtigkeit, für Polizei-Gewalt und sexuellen Mißbrauch in der Gesellschaft präsentierte.

Eintritt für Legalisierung weicher Drogen

Janusz Palikot – Skandal-Politiker und Spirituosen-Millionär

2010 trat Palikot aus der Tusk-Partei aus und gründete eine eigene nach ihm benannte politische Gruppierung, die auf Anhieb bei den Wahlen 2011 drittstärkste Kraft im Parlament wurde. Neben den Einsatz für die Rechte von sexuellen Minderheiten und heftigen Angriffen auf die Katholische Kirche versuchte er mit seiner Partei einen Gesetzentwurf zur Legalisierung von Marihuana für den Eigen-Gebrauch durchzubringen. Palikot selbst hat sich in der Öffentlichkeit nie seine Sympathie für einen Joint zum Relaxen verhehlt.

Wie allen anderen Parteien in Polen, die von Einzelpersonen gegründet wurden und auf die Führungs-Persönlichkeiten fixiert sind, zerfiel die Partei von Janusz Palikot an innerparteilichen und persönlichen Streitigkeiten genauso schnell wie sie aufgestiegen war. 2015 verabschiedete sich Palikot aus der Politik und stieg wieder ins Alkohol-Geschäft ein. 2018 erwarb er die Brauerei Tenczynek, in deren Modernisierung er nach eigenen Aussagen 40 Mio. Zloty investierte. Vergangenen Herbst sorgte Janusz Palikot dann wieder für ein starkes mediales Interesse als er gemeinsam mit Stars aus der polnischen Medienwelt die Gründung der Aktien-Gesellschaft ,,Przyjazne państwo“ bekanntgab. ,,Przyjazne państwo“ heißt so viel wie freundlicher oder freundschaftlicher Staat. Mit Politik hat dies aber nichts zu tun. Ihre Mission sieht die Gesellschaft in der Produktion und Vermarktung von alkoholischen und alkoholfreien Getränken mit CBD-Zusätzen, also Cannabidiole aus dem weiblichen Hanf (Cannabis). Den Anfang machte das im Januar dieses Jahres von der Brauerei Tenczynek gebraute Bier der neukreierten Marke ,,BUH“. Verkauft wird es im Direktvertrieb der Brauerei. Der ist besonders ausgerichtet  auf die Investoren des speziell für die Brauerei aufgelegten Crowdfundings. Nach Angaben von Janusz Palikot hat der 5500 Investoren, die gleichzeitig auch ein nach ihrem Geschmack gut gebrautes Bier zu schätzen wissen.

,,Alkotheken“ und ,,Trinkhäuser“ zum Mieten geplant

Bis kommenden Jahr sollen vier ,,Trinkhäuser“ zum Mieten an der Brauerei gebaut werden. Foto: Tenczynek – Temam S.C.

Bei dem jetzt von Iggi Pop in den sozialen Medien beworbenen Maracuja-Bier wurde der Vertriebskreis größer gezogen. Seit Anfang April gibt es dieses Lager-Bier auch in der Supermarkt-Kette Żabka. Und natürlich geht es bei dieser Art der Werbung nicht allein nur um das Maracuja-Bier. Es ist in erster Linie eine Werbung für die Brauerei und ihre Produkte.
In der Vertriebs- und Marketing-Strategie mangelt es Janusz Palikot und seinen Gesellschaftern nicht an Ideen. In Kürze sollen sogenannte ,,Alkotheken“ landesweit gegründet werden. Auch ,,Trinkhäuser“ sind in der Planung. Bis nächstes Jahr sollen zunächst vier ,,Trinkhäuser“ oberhalb des Brauerei in Tenczynek gebaut werden. Dabei handelt es sich um vollausgestattete Häuser mit Bad, Küche , Schlafräumen und Lounge, die wie ein Ferienhaus gemietet werden können. Der Clou sind im ,,Trinkhaus“ installierte Bierhähne, die direkt an die Bier- Tanks und –fässer der Brauerei angeschlossen sind und aus denen man das Bier seiner Wahl zapfen kann. Ähnlich dem Zähler einer Wasser-Leitung werden die gezapften Biermengen über einem an den Bierhähnen angeschlossenen Zähler abgerechnet.

© André Jański / infopol PRESS