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20 Mio. t Steinkohle: Tauron erschließt neue Zeche

Foto: Tauron

Der staatlich kontrollierte polnische Energiekonzern Tauron hat mit der Erschließung eines neuen Steinkohle-Flözes im Bergwerk Sobieski begonnen. Wie das Unternehmen mitteilt, will Tauron in den nächsten 10 Jahren rund 20 Mio. t Steinkohle aus den neuen Vorkommen abbauen. Die Steinkohle habe einen niedrigen Chlor-Gehalt, wodurch die ,,hochgeschraubten Anforderungen an moderne Kohlekraftwerke erfüllt werden“ heißt es dazu in der offiziellen Mitteilung des Unternehmens. Zudem sei das Steinkohlebergwerk auf kürzesten Wege über eine direkte Bahnverbindungen mit dem 4 Kilometer entfernte Kraftwerk Jaworzno verbunden, was die Kosten senke.

Der Energiekonzern Tauron hatte erst vor einigen Wochen im oberschlesischen Jaworzno (bei Katowice) ein neues Steinkohlekraftwerk mit 910 MW in Betrieb genommen. Jährlich sollen dort bis zu 6,5 TWh Strom erzeugt werden, wodurch der Strombedarf von 2,5 Mio. Privat-Haushalten gedeckt werden kann. Dazu werden im Jahr rund 2 Mio. t Steinkohle verstromt. Der neue Kraftwerks-Block hat einen um 45 Prozent höheren Wirkungsgrad als die aus dem Betrieb genommenen veralteten Erzeuger-Blöcke. Der Rückgang der Co2-Emissionen beträgt allerdings nur rund 30 Prozent.
Die Investition in das neue Kohlekraftwerk hat dem Energiekonzern rund 6 Mrd. Złoty (rund 1,35 Mrd. Euro) gekostet und wird von Tauron ,,als letzte große Investition in die Steinkohle“ bezeichnet. Tauron ist der zweitgrößte Energiekonzern Polens.

Kohle-Anteil an polnischer Energieerzeugung auf 70 Prozent gesunken

Wie aus den neuesten Daten der polnischen Agentur für den Energiemarkt hervorgeht, ist die Stromproduktion in Polen trotz des Lockdowns im zurückliegenden Jahr nur geringfügig um 3,8 Prozent auf 157,7 GWh zurückgegangen. Bei den einzelnen Energieträgern fiel der Rückgang am höchsten bei der Verstromung von Steinkohle mit 9 Prozent auf 71,6 TWh aus. Bei der Energieerzeugung auf der Basis von Braunkohle betrug der Rückgang 8 Prozent. Der Anteil von Steinkohle an der Stromerzeugung ist damit im Jahre 2020 auf 46 Prozent gesunken, der von Braunkohle auf 24 Prozent. In der Summe ist der Anteil der Kohle an der polnischen Energie-Erzeugung im vergangenen Jahr damit auf 70 Prozent gesunken. Zugenommen hat dagegen der Anteil von Erdgas und Erneuerbaren Energiequellen, insbesondere Photovoltaik-Anlagen.

Polen muss immer mehr Strom aus den Nachbarländern importieren

Da die Preise für Co2-Emissionsrechte bereits bei über 35 Euro pro t Kohlendioxid-Emissionen liegen und mit großer Wahrscheinlichkeit weiter steigen werden, ist in den nächsten Jahren mit einem weiteren deutlichen Rückgang der polnischen Energie-Erzeugung auf Kohlebasis zu rechnen. Laut den Prognosen der EU-Kommission könnten die Preise für Co2-Emissionsrechte bis zum Jahre 2030 bereits auf 50 bis 70 Euro pro t ansteigen. Die polnische Energieerzeugung auf Kohle-Basis wird damit komplett unrentabel . Da Polen aber die nächsten zehn Jahre zumindest noch einen Teil der Kohle-Kraftwerke benötigt, werden die polnischen Strompreise weiter steigen. Schon jetzt hat Polen die höchsten Strompreise auf Großhandels-Niveau in Europa. Laut Experten-Schätzungen wird Polen deshalb zumindest in den nächsten fünf Jahren verstärkt billigeren Strom aus dem Ausland importieren müssen. Im vergangenen Jahr stieg der Stromimport aus Deutschland, Schweden und den anderen Nachbarländern bereits auf den bisherigen Rekord-Wert von 13,3 TWh. Bis zum Jahre 2025 könnte der Import in der Maximal-Variante bis zu 40 TWh ansteigen, was fast ein Viertel des gesamten polnischen Energiebedarfes ausmachen würde.
Mit einer schrittweisen Entspannung ist erst nach 2025 zu rechnen, wenn die ersten Offshore-Windparks in der Ostsee in Betrieb gehen. Nach jahrelang hinausgezögerten Entscheidungen und Verzögerungen treibt die Regierung jetzt deren Entwicklung mit Hochdruck voran. Das von dem parteilosen Klima-Minister Michał Kurtyka entwickelte und im Januar beschlossene Regierungsprogramm zur Energiepolitik bis zum Jahre 2040 sieht u.a. vor, im Zeitraum ab 2025 bis zum Jahre 2030 eine Offshore-Leistungskapazität von 5,9 GW, und bis 2040 von rund 11 GW aufzubauen, den Anteil der Erneuerbaren Energien am gesamtpolnischen Brutto-Endverbrauch auf mindestens 23 Prozent (bis 2040) zu erhöhen und die Treibhaus-Gase bis 2030 um 30 Prozent zu senken. Ab 2033 soll dann das erste Atomkraftwerk in Polen (sehr wahrscheinlich mit amerikanischer Hilfe) in Betrieb gehen.

© André Jański / infopol.PRESS