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Polen ruft zu den Waffen – Aufruf zu freiwilligen Wehrdienst

Fotos: MON

In Polen hat jetzt an 102 Standorten im gesamten Land eine Rekrutierungs-Aktion zur personellen Aufstockung der Streitkräfte begonnen. Grundlage dafür ist ein neues Gesetz, das im März nach Beginn des Ukraine-Krieges verabschiedet wurde.

Als Alternative zum Militärdienst in der Berufsarmee und den Territorialen Verteidigungs-Streitkräften WOT wird jetzt der bezahlte freiwillige Wehrdienst als dritte Form des Eintritts in bewaffneten Streitkräfte eingeführt. ,,Wir wissen alle, was an unserer Ostgrenze passiert und sind uns der Gefahren bewusst“, sagte Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak, der den neuen Militärdienst als Antwort auf die russische Aggression in der Ukraine wertet.

Aufstockung auf 300 000 Soldaten

Ziel sei es, die polnischen Streitkräfte zahlenmäßig auf 300 000 Soldaten aufzustocken.
Nach Abschaffung der gesetzlichen Wehrpflicht im Jahre 2009 umfasst die polnische Armee gegenwärtig rund 111 000 Berufssoldaten. Dazu kommen 32 000 Angehörige der Territorialen Verteidigungs-Streitkräfte WOT. Dabei handelt es sich um Männer und Frauen, die im Alltag zivilen Berufen nachgehen und an Wochenenden und anderen periodisch angesetzten Terminen in den polnischen Wäldern und Auen militärische Übungen unter Aufsicht und Führung des Verteidigungs-Ministeriums abhalten.

Soldaten besser bezahlt als Lehrer

Der neue bezahlte freiwillige Wehrdienst für Personen mit einem Lebensalter bis zu 50 Jahren umfasst dagegen eine 28-tägige Grundausbildung in einer Militäreinheit. Der Rekrut legt dazu einen militärischen Eid ab. Es folgt eine 11-monatige Fachausbildung in der Kaserne. Nach Absolvierung des einjährigen Dienstes haben die Absolventen die Wahl, ob sie den Dienst in der regulären Armee fortsetzen oder in die aktive Reserve eintreten. Dabei werden ihnen später auch Privilegien wie z.B. bei einer Tätigkeit in einer öffentlichen Verwaltung versprochen.

Foto: Wojsko Polskie

Neben kostenloser Logis und Verpflegung sowie Urlaubs-Ansprüchen wird die militärische Ausbildung mit einem Monats-Sold während von 4560 Zloty (knapp 1000 Euro) vergütet. Das ist gegenwärtig mehr als das Gehalt, was ein Lehrer in Polen nach Absolvierung seines Hochschul-Studiums erhält.

Nach Angaben des polnischen Verteidigungsministeriums haben sich bei der ersten Rekrutierungs-Runde am 21. Mai 1600 Personen für den freiwilligen Militärdienst gemeldet. ,,Dies ist erst der Anfang“, erklärte Verteidigungsminister Błaszczak, der sich optimistisch zeigte, dass sich deren Zahl bis zum Jahresende noch deutlich erhöhen wird.

© André Jański / infopol.PRESS

Polen kauft 250 Abrams-Panzer für die Eiserne Division

Foto> MON

Das polnische Verteidigungsministerium hat jetzt einen Vertrag für die Lieferung von 250 amerikanischen Abrams-Panzern vom Typ M1A2 unterzeichnet. Mit einem Vertragswert von 4,75 Mrd. Dollar ist der Kauf der Abrams der teuerste Rüstungs-Einkauf in der Geschichte der polnischen Armee.
Vize-Premier und PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński hatte bereits im vergangenen Sommer den Kauf der Panzer angekündigt. Zu dem Zeitpunkt war allerdings noch nichts bestätigt. Langwierige Verhandlungen standen erst am Anfang. Der Krieg in der Ukraine hat nun alles beschleunigt. In dem finalen Akt hat jetzt Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak den Vertrag zu Lieferung von 250 Abrams-Panzer an die polnischen Streitkräfte unterzeichnet. ,,Die ersten 26 Panzer sollen noch dieses Jahr in Polen eintreffen, um mit der Schulung der Panzerbesatzungen zu beginnen. Ihre Aufgabe ist die Abschreckung eines eventuellen Aggressors“, sagte der polnische Verteidigungsminister bei der Vertragsunterzeichnung.
Bei den Abrams M1A2 für die polnischen Streitkräfte handelt es sich um die dritte Generation SEPv3. Erst 2018 in die Serien-Produktion gegangen, wurden sie vor zwei Jahren in den Dienst der amerikanischen Land-Streitkräfte gestellt. Ältere Versionen der Abrams hatten sich u.a. bei der Operation ,,Wüstensturm“ im Zweiten Golfkrieg Anfang der 90er Jahre und bei späteren Einsätzen der US-Armee im Irak-Krieg und in Afghanistan bewährt. Die von Polen bestellten Abrams-Panzer wurden projektiert, ,,um den russischen Panzern der neuesten Generation entschieden die Stirn zu bieten“, ist der polnische Verteidigungsminister überzeugt.

Polnische Armee mit Abrams größte Panzerwaffe in Europa

Die polnische Armee verfügt gegenwärtig über 247 deutsche Leopard-Panzer, 352 veraltete
sowjetische Panzer T-72 sowie 232 PT-91-Panzer (modernisierter T 72). Mit den 250 amerikanischen M1A2 Abrams-Panzer wird die polnische Armee einen größeren Panzerbestand haben als die britischen und französischen Streitkräfte sowie die Bundeswehr. Nach Russland verfügt die polnische Armee dann über die
größte Panzerwaffe in Europa.
Bei polnischen Militär-Experten ist unumstritten, dass die Abrams hervorragende moderne Panzer sind. Einige Zweifel bleiben dennoch bestehen, ob eine starke Panzerwaffe noch ein Mittel der modernen Kriegsführung ist. Dies macht auch der Krieg in der Ukraine deutlich. Die russische Armee hat dort große Panzer-Verluste erlitten. Obwohl viele der russischen Panzer über ein Anti-Luftraketensystem verfügten, wurden sie ein leichtes Ziel für Drohnen und moderne Panzer-Abwehrraketen, die von einzelnen Schützen aus der Deckung abgeschossen werden.
Mit den Abrams-Panzern steht die polnische Armee jedoch auch vor der Herausforderung, den Bestand von drei verschiedenen Panzer-Typen im System zu warten und zu erhalten, was neben der Material-Logistik mit enormen Kosten verbunden ist. Zudem sind die Abrams-Panzer 70-Tonnen-Kolosse. Sie verbrauchen doppelt so viel Treibstoff wie der deutsche Leopard. Bereits im vergangenen Jahr hatte der ehemalige
General-Chef der polnischen Streitkräfte, Panzer-General Mirosław Róźański kritisch angemerkt, dass die Abrams Panzer nur wenig für polnische Bedingungen geeignet sind. Viele Brücken würden überhaupt nicht deren Gewicht standhalten. Dies betrifft insbesondere die Infrastruktur im Osten Polens, wo die 2018 von der PiS-Regierung reaktivierte ,,Eiserne Division“ mit den Abrams Panzern zum Schutz der östlichen Flanke Polen ausgerüstet wird.
Die mit den Beinamen ,,Eiserne Division” reaktivierte 18. Mechanisierte Division gilt in der polnischen Militärgeschichte als Elite-Einheit. Sie wurde nach der Wiedererlangung der nationalen Souveränität und Gründung der Zweiten Polnischen Republik 1919 aus Einheiten der Blauen Armee gebildet und im polnisch-ukrainischen Krieg beim Anschluss Ost-Galiziens an Polen erfolgreich eingesetzt.
Die Blaue Armee (benannt nach der Uniform-Farbe) rekrutierte sich im 1.Weltkrieg aus polnisch-amerikanischen Freiwilligen, die für die Unabhängigkeit Polens an der Westfront unter französischen Oberkommando kämpften.

© André Jański / infopol.PRESS

Kaczyński: wenn du Frieden willst, bereite Krieg vor

Unter dem Motto ,,wenn du Frieden willst, bereite Krieg vor“ hat PiS-Parteichef und Vizepremier Jarosław Kaczyński eine ,,radikale“ Aufrüstung des Landes angekündigt.

Verräter“ oder ,,Feinde“ gehören ja schon lange zum Vokabular der nationalkonservativen PiS-Partei in der innenpolitischen Auseinandersetzung mit der Opposition. Die Kriegs-Rhetorik hat sich in jüngster Zeit auch in den Beziehungen zur EU festgesetzt. ,,Pistole an unserem Kopf“ und vom Beginn eines ,,Dritten Weltkriegs“ hatte gerade Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (PiS) in einem Interview mit der britischen ,,Financial Times“ gesprochen, wenn Brüssel im Streit um die Rechtsstaatlichkeit Polen die zugesprochenen EU-Gelder zurückhalte.
,,Wenn du Frieden willst, bereite Krieg vor“ – Dieses lateinischen Sprichwortes bediente sich jetzt auch PiS-Parteichef und Vize-Premier Jarosław Kaczyński bei der Vorstellung des Aufrüstungsprogramms für die polnischen Streitkräfte. Der von Kaczyński und Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak vorgestellte Gesetzentwurf ,,zur Verteidigung des Vaterlands“ verfolge das Ziel, „Polen zu einem militärisch starken Land zu machen“. Dazu sollen die Streitkräfte, die gegenwärtig 110 000 Berufssoldaten zählen, massiv aufgestockt werden.

Biała Podlaska – Die in der Höhe von Brest an der Grenze zu Belarus gelegene Garnison wird als eine der größten Militär-Basen in Ostpolen ausgebaut. Sie wird auch die mit dem Beinamen ,,Eiserne Division” reaktivierte 18. Mechanisierte Division beherbergen, die mit amerikanischen Abrams-Panzer der neuesten Generation ausgerüstet werden soll. Die ,,Eiserne Division“ gilt in der polnischen Militärgeschichte als Elite-Einheit mit Kult-Status. Sie wurde nach der Wiedererlangung der nationalen Souveränität und Gründung der Zweiten Polnischen Republik 1919 im polnisch-ukrainischen Krieg beim Anschluss Ost-Galiziens an Polen erfolgreich eingesetzt. Fotos: MON

,,Es geht hier nicht um einen Anstieg um 20 Prozent, nicht um 50 Prozent und auch nicht um 100 Prozent, sondern um ein Vielfaches mehr“, sagte Kaczyński. Seine Aussagen wurden von Verteidigungsminister Błaszczak dahingehend präzisiert, dass es um 300 000 Mann geht, davon 250 000 Berufssoldaten und 50 000 Angehörige der Territorialen Verteidigungskräfte WOT. Diese Anzahl sei aber das Minimum, so Błaszczak, weil die Anzahl größer sein soll. ,,Wir lehnen entschieden eine Konzeption ab, dass eine Armee nicht groß sein muss, dafür aber gut bewaffnet“, sagte Kaczyński. Eine gut bewaffnete Armee müsse auch groß sein, unterstrich er.
Um mehr Angehörige für die Streitkräfte zu gewinnen, sieht der Gesetzentwurf auch eine Reihe von Vergünstigungen und finanziellen Anreize vor. Dazu müssen auch die Verteidigungsausgaben erhöht werden.
Polen hat in den vergangenen Jahren rund 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Militär-Ausgaben verwendet. Kaczyński kündete an, dass diese Summe in Zukunft durch neue Finanzierungsformen vielfach erhöht werden soll. Genannt wurden dazu u.a. Einnahmen aus staatlichen Wertpapieren oder Schuldverschreibungen, die außerhalb des Staatshaushaltes im Rahmen von Fonds ausgegeben werden.

,,Radikale“ Aufrüstung der Streitkräfte

Die Regierung sei durch die internationale Lage dazu gezwungen, begründete Kaczyński die geplante Aufrüstung, die er ausdrücklich mit ,,radikal“ titulierte. Er verwies dazu auf die ,, imperialen Ambitionen“ Russlands und die hybriden Attacken des Lukaszenko-Regimes bei der Schleusung von Migranten über die Grenze nach Polen. ,,Ein Staat, der an der Grenze der Nato und der EU liegt, muss eine starke militärische Abschreckungs-Kraft haben“, sagte Kaczyński. Im Falle der Notwendigkeit müsse man die Möglichkeit zu einer wirksamen Verteidigung haben, ,,und das selbständig über lange Zeit“.

© Andreas Höfer /  infopol.PRESS