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Coronavirus: Polnische Kontrollen an deutscher Grenze

Polen hat Montagnachmittag 15 Uhr wegen des Coronavirus Kontrollen an den drei wichtigsten Grenzübergängen nach Deutschland eingeführt. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (PiS) erklärte, dass er das Vorgehen Montagfrüh mit Bundeskanzlerin Angela Merkel abgestimmt habe. ,,Wir wollen nicht den Verkehrs-Fluss an der Grenze unterbrechen, andererseits wollen wir eine schnelle Ausbreitung des Virus auf dem polnischen Territorium verhindern“, sagte Morawiecki. Es werden deshalb zunächst vorrangig Reisebusse und Kleintransporter mit mehr als acht Personen aus dem Verkehr gezogen. Bei den Insassen wird Fieber gemessen. Dazu müssen sie ein sogenanntes Lokalisierungs-Formular mit ihren persönlichen Angaben, Telefon-Nummer und Zielort ausfüllen. Personen, die Anzeichen eines Corona-Infekts aufweisen, werden ,,separiert“. Das Gleiche gilt für die Fahrzeuge, in denen sie saßen. Die Grenzschutz-Beamten werden bei ihren Kontrollen von Mitarbeitern des Gesundheitsdienstes sowie der Polizei, Feuerwehr und der Armee unterstützt. Die Kontrollen finden rund um die Uhr statt.

Die Kontrollen werden zunächst an den Grenzübergängen an der Autobahn A12 (Frankfurt/O.-Swiecko), an der Autobahn A-11 (Pomellen-Kolbaskowo) und an der Autobahn A4 (Ludwigsdorf/Görlitz – Jędrzychowice) eingeführt, teilte der Chef des polnischen Grenzschutzes, Tomasz Praga, mit. In den nächsten Tagen werden die Kontrollen auf alle Grenzübergänge im deutsch-polnischen Grenzgebiet auf der Strasse ausgeweitet. Dabei soll es nicht bleiben. ,,Innerhalb von Dutzenden Stunden werden wir alle Grenzen Polens sichern“, erklärte Innen-Minister Mariusz Kaminski (PiS) und setzte in der für die PiS-Regierung typischen nationalen Selbstüberhöhung hinzu, dass Polen ,, als erster Staat in Europa“ Sanitär-Kontrollen einführt. In der gleichen Ton-Lage pustete auch Premier Morawiecki die Backen auf : ,,Wir wollen schneller sein als die anderen Länder in Europa , in dem wir Schritte unternehmen, die die Ausbreitung des Virus beschränken“. Auf die in den sozialen Medien massiv erhobenen Vorwürfe, dass die polnische Regierung geraume Zeit die Ausbreitung des Corona-Virus und dessen Gefahren f[r Polen heruntergespielt hat, ging er freilich nicht ein.

Neben Kontrollen auf allen Flugplätzen sind auch Kontrollen in den Zügen geplant. Diese sollen sich nicht nur auf aus dem Ausland einfahrende Züge beschränken. Auch die internationalen Bus-Linienverkehre werden an den jeweilig ersten Haltestellen der nach Polen einfahrenden Busse überwacht.

Die ersten Corona-Fälle in Polen haben z.T. an Hysterie grenzende Zustände ausgelöst. So wurden z.B. die Insassen eines Fahrzeuge, das aus Deutschland kam, von Polizei und Beamten des Sanitär-Dienstes gestoppt, nachdem das Tankstellen-Personal meinte, diese Personen seien von Corona-Virus infiziert. In Warschau blieb ein IC-Zug 100 Minuten lang im Bahnhof stehen, weil ein Reisender die Behörden alarmierte, das sein Gegenüber im Zug-Abteil mit Husten und Schnupfen auffällige Anzeichen eines Coronavirus-Infekts habe.

Neuesten Meldungen des Gesundheits-Ministeriums zufolge gibt es mit Stand vom 9.März 16 bestätigte Corona-Fälle in Polen. ,,In den nächsten Tagen erwarten wir einen deutlichen Anstieg der Zahlen von Corona-Verdachtsfällen“, erklärte dazu Gesundheits-Minister Łukasz Szumowski, der einem Gesundheits-System vorsteht, das seit Jahren chronisch unterfinanziert ist.

Reise-Warnung für Nordrhein-Westfalen

Der erste bestätigte Corona-Fall wurde in Polen in der ersten März-Woche vermeldet. Ein Mann, der an den Karnevals-Feiern im nordrhein-westfälischen Heinsberg (nördlich von Aachen) teilgenommen hatte, wurde nach seiner Rückkehr in Polen mit Fieber in ein Krankenhaus in Zielona Góra eingeliefert. Das polnische Außenministerium sprach danach auch eine Reise-Warnung für Nordrhein-Westfalen aus. Den staatlichen Empfehlungen folgend bestehen in vielen polnischen Unternehmen Dienstreise-Verbote in Länder mit einer starken Verbreitung des Corona-Virus.
Ministerpräsident Morawiecki hat jetzt auch mit Hinweis auf Deutschland appelliert, Massenveranstaltungen in Polen abzusagen. ,,Entsprechend unseren Analysen waren Massenveranstaltungen eine der Ursachen für die schnelle Ausbreitung des Virus in Deutschland“.

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Polnischer Corona-Patient ,,Zero“ kam aus Deutschland

Der erste bestätigte Corona-Fall hat in Polen weitaus mehr Aufregung verursacht als die 40 000 Menschen, die nach Angaben des Gesundheits-Ministeriums  alljährlich in Polen an den Folgen des Smogs und der Luftverschmutzung sterben.

Bei dem mit dem Corona-Virus infizierten Patienten handelt es sich um ein Mann, der auf die Quarantäne-Station  des Krankenhauses Zielona Góra eingeliefert wurde. Sein Alter wollte das Gesundheitsministerium nicht bekanntgeben, nur soviel, dass es kein Senior sei. Auch sei er nicht gesundheitlich vorbelastet.

Foto: Sindbad Sp. z o.o.

Der Mann war mit einem Reisebus des polnischen Bus-Unternehmens Sindbad aus Deutschland gekommen. Nach Angaben des Unternehmens hatte der Bus Passagiere in Bonn, Düsseldorf, Essen, Hamm und Bielefeld aufgenommen. Der Bus fuhr über die Autobahn  A-12 bis Frankfurt (Oder), wo der Mann nach Grenzübertritt in der bei deutschen Einkaufs-Touristen populären Grenzstadt Słubice ausstieg. Danach setzte er sich in sein Auto und fuhr 10 Kilometer weiter in seinen Heimatort Cybinka, einen kleinen, knapp 3000-Seelen-Ort.  Dort traten die ersten Symptome auf.

Wie die Lokalzeitung Gazeta Lubuska berichtet, soll der Mann an den Karnevals-Feierlichkeiten im nordrhein-westfälischen Heinsberg (nördlich von Aachen)  teilgenommen haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass er sich dort infiziert hat, ist sehr hoch. Die Zahl der dort  auf den Karnvals-Veranstalten mit dem Sars-CoV-2- Virus Infizierten ist von den 37 Fällen der letzten Februar-Woche inzwischen laut amtlichen Mitteilungen auf nachweislich 104 Personen angestiegen.

Den Mann im Krankenhaus von Zielona Góra soll es nach Angaben  von Gesundheits-Minister Wojciech Andrusiewicz.den Umständen nach gut gehen. Personen, die mit dem Patienten ,,Zero“ Kontakt hatten, wurden unter häuslicher Quarantäne gestellt. Insgesamt handelt es sich dabei um 500 Personen.  Wie das Ministerium in Warschau mitteilt, konnten dabei alle Personen identifiziert werden, die mit den Patienten ,,Zero“ im Bus saßen.

Das Busunternehmen Sindbad teilte mit, dass die beiden Fahrer und die Bus-Stewardess sich gut fühlen und keine beunruhigenden Anzeichen einer Infektion zeigen. Der Bus aus  Deutschland selbst wurde  vorerst aus dem Verkehr gezogen und gründlich desinfiziert.

Das Unternehmen Sindbad, das sich aus einer kleinen Privatfirma zu einem Unternehmen mit der größten Busflotte in Polen mit 200 Bussen, vorrangig der Marke Setra, entwickelt hat, bedient Verbindungen in 21 Länder Europas. Das Unternehmen hatte bereits in der letzten Februar-Woche auf allen Verbindungen nach Italien in seinen Bussen Vorsorge-Maßnahmen gegen den Korona-Virus getroffen. Dazu wurden u.a. Desinfektions-Mittel und Hygienetücher zwischen die Sitz-Reihen der Busse gelegt.  Nach den ersten polnischen Korona-Fall werden deshalb jetzt auch die Busse auf den Verbindungen nach Deutschland mit entsprechenden Vorsorge-Materialien ausgestattet, teilte das Unternehmen mit.

Die Befürchtung, dass nach Italien jetzt auch Deutschland ein Ansteckungs-Herd für eine Übertragung des Corona-Virus nach Polen sei, scheint man auch im Warschauer Gesundheits-Ministerium zu hegen. Darauf deuten die Festlegungen zur Einrichtungen von Quarantäne-Stationen in den Krankenhäusern hin. Neben Krankenhäusern in den polnischen Großstadt-Zentren wurde auch die Einrichtung einer Quarantäne-Station in dem kleinen Krankenhaus der Frankfurt (Oder) gegenüberliegenden Grenzstadt Słubice angeordnet.

Nach der neuesten Mitteilung des polnischen Gesundheits-Ministerium befinden mit Stand vom 3. März  68 Personen wegen Verdachts auf Corona im Krankenhaus und weitere knapp 500 Personen unter häuslicher Quarantäne. Weitere 4459 Personen werden von den Gesundheits-Behörden beaufsichtigt.

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Foto: PL-MVI-Agentur

Pkw-Maut – Jetzt schon 5 Euro pro 50 Kilometer

Ab heute (2.März) müssen von Berlin kommende Autofahrer in Richtung Warschau auf der Autobahn A-2 für Maut-Gebühren wieder tiefer in die Tasche greifen. Ohnehin schon eine der teuersten Autobahn Europas hat das private Autobahn-Konsortium Autostrada Wielkopolska wieder die Preise auf seinen Trassen angehoben. Die Preis-Anhebungen betreffen alle Fahrzeug-Klassen. Für Pkw sind auf der Trasse von Nowy Tomyśl nach Konin jeweils 22 Złoty an jeder Maut-Station zu zahlen. Für die insgesamt 150 Kilometer (3 Abschnitte zu jeweils 50 Kilometern) macht dies insgesamt 66 Złoty (rund 15 Euro).

Grafik. google Map / infopol.PRESS

Die Maut-Gebühren betragen für die anderen Fahrzeug-Klassen pro 50 Kilometer (von einer Maut-Station zur nächsten Mautstation):

> 33 Złoty (~ 7,70 EUR) Pkw mit Hänger sowie Zweiachser mit mindestens einer Achse mit Zwillingsreifen;
> 50 Złoty (11,70 EUR) für Dreiachser sowie Zweiachser mit mindestens einer Achse mit Zwillingsreifen und Hänger,
> 77 Złoty (~18 EUR) für Fahrzeuge mit mehr als drei Achsen und Dreiachser mit Hänger,
> 220 Złoty (~51 EUR) für übernormative Fahrzeuge.

Lediglich auf dem Abschnitt, der von Nowy Tomyśl zur Grenze nach Deutschland führt (Świecko/Frankfurt/.O.) bleiben die Gebühren unverändert. Dies betrifft auch die anderen Autobahn-Abschnitte auf der A-2 (von Konin bis Warschau), die vom Staat betrieben werden.

Das private Autobahn-Konsortium begründet die Erhöhung der Gebühren u.a. mit den stark gestiegenen Inflations-Druck in Polen und den erhöhten Kosten, insbesondere durch den dreispurigen Ausbau der Autobahn südlich von Poznań. Mit der Gebühren-Erhöhung will man aber wohl auch der Finanzierung eines elektronischen Maut-Systems vorgreifend Rechnung tragen . Das soll – so die Ankündigung des Autobahnkonsortiums -noch in diesem Jahr auf der A-2 eingeführt werden.
Die Autostrada Wielkopolska ist der letzte Autobahn-Betreiber, der die Gebühren noch ausschließlich manuell erhebt. Die privaten Betreiber der Autobahnen A-1 und A-4 hatten bereits im vergangenen Jahr ihre eigenen elektronischen Gebührenerfassungs-Systeme in Betrieb genommen. Sie beruhen auf dem System video tolling. d. h. die Kennzeichen der Fahrzeuge werden mittels speziellen Kameras registriert. Um das System nutzen zu können, muß der Autofahrer vorher eine App laden, seine Daten mit Fahrzeug-Kennzeichen eintragen und mit seinen Kontodaten/Geldkarte in Verbindung bringen. An der Mautstation werden die Daten elektronisch verifiziert und die Gebühren automatisch bei der Durchfahrt abkassiert.

Laut der Ankündigung von Autostrada Wielkopolska wird das Autobahn-Konsortium sein eigenes elektronisches Maut-Erfassungssystem auf der Grundlage von video tolling aufbauen. Damit findet das auf polnischen Autobahnen herrschende Maut-Chaos seine Krönung. Jeweils nach befahrenen Auto-Abschnitt und der Autobahn-Gesellschaft, die diesen Abschnitt betreibt, müssen Autofahrer ihre Maut-Gebühren in einen jeweils anderen Gebührenerfassungs-System entrichten. Dies ist die Konsequenz aus von der jetzigen Regierung wie auch von der Vorgänger-Regierung jahrelang verschleppten Politik, ein einheitliches elektronisches Gebühren-Modell für alle Autobahnen in Polen zu schaffen.

Neben der Autostrada Wielkopolska gibt es noch zwei weitere private Autobahn-Konsortien (A-4 und Nord-Süd-Autobahn A-1) sowie die öffentlich betriebenen Abschnitte auf der Autobahn A-2 von Konin bis Warschau, die ebenfalls Mautpflichtig sind.

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Gelder für Polen wegen Rechts-Reformen gestoppt

Die Vergabe von EU-Fördermitteln an Mitglieds-Länder von deren Einhaltung der Grundprinzipien der Europäischen Gemeinschaft abhängig zu machen ist schon seit geraumer Zeit ein Diskussionsthema in Brüssel und Strasbourg. In Fokus stand dabei neben Ungarn immer Polen wegen seinen umstrittenen Justiz-Reformen. Bei der Diskussion ist es immer geblieben. Bis jetzt. Erstmals hat jetzt ein Entscheidungs-Gremium Handlungsfähigkeit demonstriert und Polen Geldmittel gestrichen. Nein, nicht die EU, sondern Norwegen.

Das norwegische Außenministerium hat bekanntgegeben, aus Protest gegen die polnischen Justizreformen von der Zahlung von rund 700 Mio. Norwegische Kronen (knapp 70 Mio. Euro) an Polen im Rahmen des mit Mitteln des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) finanzierten Justizprogramms Abstand zu nehmen.

Norwegen ist zwar nicht Mitglied der Europäischen Union, gehört aber dem eng mit der EU verbundenen Europäischen Wirtschaftsraum an. Wie in der EU, so ist Polen auch hier der größte finanzielle Nutznießer des EWR-Fonds. Neben Island und Lichtenstein zahlt Norwegen als größter Geldgeber für die Teilnahme am EU-Wirtschaftsraum hier Gelder für Entwicklungshilfe ein. Von den 2,8 Mrd. Euro für den Planungszeitraum 2014 bis 2021 entfallen rund ein Viertel der Gelder auf Polen (3,35 Mrd. Zloty / knapp 800 Mio. Euro) .

Die Zuschüsse aus Norwegen und der EWR sind in mehrere Programme aufgeteilt. Eines dieser Programme ist das Justizprogramm, für das Norwegen eine Unterzeichnung mit Polen und die entsprechende Bereitstellung der finanziellen Mitteln eben ablehnt.

Wegen der jüngsten Entwicklungen zu den Änderungen der Rechtsvorschriften und der Unabhängigkeit der Gerichte werde Norwegen ein entsprechendes Abkommen mit Warschau nicht unterzeichnen, erklärte das norwegische Außenministerium. ,,Wir können nicht mehr Partner eines Justizministeriums sein, dass aktiv die Funktion der Gerichte untergräbt“, teilte dazu der Direktor der norwegischen Gerichtsverwaltung (Domstols-administrasjonen) Sven Marius Urke , der Zeitung Aftenposten mit. Die Regierenden in Warschau wollen die Gerichte in ein politisches Instrument verwandeln. Es gebe kein Land in Europa, in dem die rechtsstaatlichen Grundsätze so unterminiert werden wie in Polen.

Die norwegische Regierung erklärte gleichzeitig, dass die Aussetzung des Justiz-Programms mit Polen und dessen Finanzierung sich nicht auf andere EWR-finanzierte Kooperationen mit Polen auswirken werde. Im Moment noch nicht!

Bereits in der Vergangenheit hatte es Kontroversen zwischen Norwegen und Polen um die Zuteilung der Gelder für das EWR finanzierte Bürger-Programm gegeben.. Kultur-Minister Piotr Gliński (PiS) hatte versucht, die Kontrolle über die dazu von der Norwegern bereitgestellten 53 Mio. Euro zu bekommen. Gliński wollte eine Verteilung der Gelder über das ,,Nationale Freiheits-Institut” durchsetzen. Dieses Institut eine staatliche Einrichtung, über die er selbst die Aufsicht führt. Damit war die norwegische Regierung überhaupt nicht einverstanden. Wir können nicht zulassen, dass die polnische Regierung Kontrolle über Gelder bekommt, die für gesellschaftliche und soziale Zwecke bestimmt sind, hieß es aus Oslo. Warschau legte dagegen sein Veto ein. Norwegen hielt jedoch an dem Grundsatz fest, dass die Gelder von regierungsunabhängigen Organisationen verwaltet werden.

© infopol.PRESS

Foto:PL-MVI-Agentur

Warschau – Wohnungs-Mieten fast so teuer wie in Berlin

Die Preise für den Kauf von Eigentums-Wohnungen in den polnischen Großstädten gehen weiter in die Höhe. Innerhalb eines Jahres sind sie um fast 13 Prozent gestiegen, teilt die Polnische Nationalbank NBP in ihrem jüngsten Immobilien-Bericht für 2019 mit. Dies ist bereits die dritte Preissteigerung in Jahresfolge. Damit sind die Mieten innerhalb von drei Jahren um fast ein Drittel gestiegen.

Am höchsten fallen die Preise in der Hauptstadt Warschau mit durchschnittlich 9476 Złoty pro Quadratmeter (für Wohnungen im Neubezug) aus. Das sind umgerechnet rund 2 225 Euro pro m². Mehr als 8000 Złoty pro m² muß man für Eigentumswohnungen in den an der Ostsee gelegenen Metropolen Danzig (Gdańsk) und Gdynia, sowie in Kraków hinlegen.


Nach Einschätzung des Branchen-Unternehmens HRE Investments besteht trotz der Verteuerung für einen weiteren Preis-Anstieg immer noch Luft nach oben. Das Risiko, dass sich wie vor 10 Jahren eine Immobilien-Blase herausbildet, wird von den HRE-Experten als gering eingeschätzt. Dazu ist die Nachfrage unverändert hoch und übersteigt das Angebot. Obwohl im vergangenem Jahr mit der Übergabe von 207 000 neugebauten Wohnungen ein Rekord-Wert seit 40 Jahren erzielt wurde, besteht nach wie vor ein Wohnungs-Mangel. Statistisch entfallen auf 1000 Einwohner rund 370 Wohnungen. Nach Auffassung von Entwicklungs-Ministerin Jadwiga Emilewicz wäre als Mindest-Zielstellung eine Zahl von 440 Wohnungen pro Einwohner notwendig. Um dahin zu kommen, müßten in den nächsten zehn Jahren 2 Mio. Wohnungen gebaut werden.

Die große Nachfrage erklärt aber nicht allein den rasanten Preis-Anstieg.  Weitere Faktoren dafür sind u.a. das starke Wachstum der Preise für Bau-Materialien sowie die Verknappung der Bau-Grundstücke mit der damit einhergehenden Preis-Explosion. Diese Kosten werden von den Bauträgern auf die Wohnungspreise umgeschlagen.
Ein weiterer Faktor sind die wie überall in Europa, so auch in Polen die sich auf den Tiefstand bewegenden Zinsen für Hypotheken-Kredite. Für die Finanzierung des Kauf einer Wohnung wird von den Banken in Polen nur ein Eigenanteil von 10 Prozent vom Kreditnehmer verlangt. Ob der Kreditnehmer in fünf Jahren noch seine Raten bezahlen kann und die Abwägung anderer Sicherheits-Kriterien steht dabei nicht im Mittelpunkt der Gespräche zur Kredit-Erteilung. Im Zusammenhang mit der von Jahresquartal zu Jahresquartal steigenden Nachfrage nach Krediten erwartet allerdings die Nationalbank eine Verschärfung der Kredit-Bedingungen durch die Banken.

Hinzu kommt die verbesserte Einkommens-Situation. Während vor mehr als zehn Jahren der Kauf einer Wohnung mit 50 m² im Durchschnitt etwa 180 Monatseinkommen kostete, sind es heute für die gleiche Größe weniger als 100 Monatseinkommen.

Der polnische Wohnungs-Markt weist auch im Vergleich zum deutschen Wohnungsmarkt eine bestimmte Spezifik auf. Mit einem Anteil von über 70 Prozent bilden Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser den Hauptbestand im polnischen Wohnungsmarkt. Zunehmend wird aber der Kauf von Eigentums-Wohnungen nicht mehr für den Eigenbedarf, sondern zur Vermietung als Investition angesehen. Mit dem Kauf einer Eigentums-Wohnung kann man zehnmal mehr Geld verdienen als das Geld bei der Bank anzulegen. Nach Berechnung polnischer Immobilien-Experten bezahlt man bei dem gegenwärtigen Zins-Niveau für eine 40 Quadratmeter große Wohnung bei einer Bank-Finanzierung weniger für die monatliche Zinsrate an die Bank als für die monatliche Mietzahlung. Abhängig von der jeweiligen Stadt beträgt der prozentuale Unterschied von 2 bis 57 Prozent.
Im Verhältnis von Kauf- und Mietpreisen zeichnet sich noch ein weiterer Grund-Trend ab: Im Erwerb billiger, in der Vermietung teurer. Während die Erwerbs-Preise für den Kauf von Eigentumswohnungen in den polnischen Großstädten immer noch deutlich um die Hälfte unter den Preisen vergleichbarer westeuropäischer Städte liegen, gleichen sich dagegen die Mietpreise in den polnischen Großstädten an das westeuropäisches Niveau an.

® Andreas Höfer / infopol.PRESS

Foto: KGHM

Neue Kupfer- und Silbervorkommen in Grenzregion zu Deutschland

Das Klima-Ministerium in Warschau hat neue Kupfer- und Silbervorkommen in der an Deutschland angrenzenden Wojewodschaft Lubuskie bestätigt. Dies meldet die Miedzi Copper Corporation. Das kanadische Unternehmen hatte bereits 2014 mit den ersten Bohrungen in der Region begonnen. Insgesamt wurden 20 Bohrungen vorgenommen, von denen 19 positiv ausfielen. Die jetzt bestätigten und in die polnische Landes-Dokumentation aufgenommenen Vorkommens werden auf 11 Mio. t Kupfer und 36 000 t Silber geschätzt.

Grafik: infopol. PRESS

Die Vorkommen befinden sich nur wenige Kilometer östlich von Zielona Góra im nördlichen Punkt von Kolsko bis südlich von Nowa Sól. Sie sind die ersten seit 40 Jahren neu entdeckten Vorkommen, heißt es bei Miedzi Copper. Experten-Schätzungen zufolge sind sie größer als die Vorkommen, die der Kupferkonzern KGHM Polska Miedz, an dem der Staat beteiligt ist, nördlich von Legnica abbaut.

Um die neuen Vorkommen abzubauen, wären Investitionen im Umfang von umgerechnet 3 bis 3,5 Mrd. Euro notwendig. Bis es aber dazu kommt, wird der Streit um Förderkonzessionen und Genehmigungen sowie um die polnische Bergbau-Steuer noch weiter an Dynamik gewinnen.

Polen steht seit geraumer Zeit im Visier der globalen Minenbranche, insbesondere den Giganten der amerikanischen und kanadischen Kupfer-Konzerne. Nach Russland hat Polen die größten Kupfer-Vorkommen in Europa. Kupfer ist ein strategischer Rohstoff. Und das gilt für die Zukunft noch mehr als bisher. Ohne Kupfer funktioniert kein Smartphone, kein Computer, kein Solarmodul, kein Windrad. Und durch Elektro-Autos wird Kupfer noch weiter an Bedeutung gewinnen.

Bereits nach dem Systemwechsel Anfang der 90er Jahre hatte es den ersten Versuch gegeben, den staatlichen polnischen Kupferkonzern KGHM zu schlucken. Für lächerlich anmutende 400 Mio. US-Dollar wollte seinerzeit der amerikanische Konzern Asarco den polnischen Rohstoff-Lieferant kaufen. Die damals über zehntausend Mitarbeiter zählende Belegschaft verhinderte dies. Mehr als 30 Tage währte ihre Streik gegen die Übernahme. Die Regierung in Warschau ließ daraufhin von dem Verkaufs-Vorhaben ab.

KGHM entwickelte sich daraufhin in den nachfolgenden Jahren zu einem der finanziell potentesten Unternehmen in Polen. Zeitweise rangierte das Unternehmen als viertgrößter Kupfer-Förderer der Welt. Dies wollte das polnische Unternehmen auch durch eine Expansion auf ausländischen Märkten und im globalen Minen-Geschäft unterstreichen. Neben Versuchen, in Vietnam und Laos Fuß zu fassen, kaufte KGHM 1997 die Abbau-Rechte an Kupfer- und Kobalt-Vorkommen in Kimpe im afrikanischen Kongo. Dieser Ausflug endete mit der Blockierung der Konten von KGHM im Kongo und der Evakuierung der KGHM-Mitarbeiter aus dem afrikanischen Land. Der Verlust aus der fehlgeschlagenen Investition belief sich auf etwa 40 Mio. Dollar.

Kupfer-Förderung von KGHM in der Sierra Gorda. Mehrfach billiger als in Polen Foto: KGHM International

Mit einem 2011 erzielten Rekord-Gewinn von umgerechnet über 3 Mrd. Euro im Rücken setzte KGHM 2012 dann mit dem Kauf des kanadischen Konzerns Quadra FNX Mining Ltd zum großen Wurf an. KGHM zahlte für die Übernahme rund 9,1 Mrd. Zloty, also mehr als 2 Mrd. Euro. Durch die Übernahme von Quadra wurde KGHM in einem Joint venture mit der japanischen Sumitomo Miteigentümer am Kupfererz-Abbau in der Sierra Gorda in Chile (Chile hat die größten Kupfer-Vorkommen der Welt). Doch auch diesmal war die größte polnische Auslands-Investition mit einer Bruchlandung verbunden. 2017 vermeldete KGHM in seinem Jahresbilanz-Bericht Abschreibungen in Höhe von 5,19 Mrd. Zloty. Der größte Anteil davon – 4,33 Mrd. Zloty – entfiel auf Verluste im chilenischen Tagebau Sierra Gorda. Anstatt der 40 Jahre reicht die Ausbau-Zeit der Kupfer-Erzvorkommen dort nur 24 Jahre, wodurch sich die Kupfer-Produktion dort um mehr als die Hälfte halbiert.

Seitdem sind die Ambitionen von KGHM zu einem der weltweiten führenden Konzerne im Kupfer-Geschäfte aufzusteigen, deutlich verhaltener. Dazu hat auch die Sondersteuer für die Kupfer- und Silberförderung in Polen eingeführt. Der polnische Staat, der mit rund 30 Prozent der Anteile KGHM kontrolliert, hat den Kupferkonzern immer als Goldesel betrachtet. Um Löcher im Staatshaushalt zu stopfen, wurde 2012 die Steuer für die Kupfer-Förderung eingeführt. Der Ministerpräsident hieß damals Donald Tusk.

Diese Steuer ist in ihrer Höhe weltweit einmalig. Die Höhe der Steuer ist abhängig von den Weltmarktpreisen für Kupfer und Silber, dem Dollar-Kurs sowie den Förder-Mengen. Sie schränkt das zu schaffende Investitionskapital für die Erschließung neuer Kupfer-Vorkommen wesentlich ein. Betroffen davon ist in Polen nur KGHM. Die Steuerbelastung schließt aber auch den Zugang ausländischer Investoren zu den polnischen Kupfer-Vorkommen praktisch aus . Seit geraumer Zeit steht Polen deshalb unter dem Druck von vorrangig amerikanischen Mining-Investoren, die auf eine wesentliche Reduzierung der Steuerhöhe drängen. Dabei spielt auch die Politik mit. Erst vor einigen Wochen haben amerikanische Politiker in einem Schreiben an Ministerpräsident Mateusz Morawiecki eine wesentliche Reduzierung der Steuer gefordert. In dem von den republikanischen Mitgliedern des US-Repräsentantenhauses Neal P. Dunn und Joe ‚Wilson unterzeichneten Schreiben äußern diese ihre Unzufriedenheit über die Höhe der Steuer, die mit effektiv 89 Prozent jede neue Investition in die Erschließung und den Abbau von Kupfer-Vorkommen in Polen unbezahlbar macht.

Mit der hohen Steuer ist eine Refinanzierung der Investitionskosten erst nach 30 Jahren möglich. ,,Wir sind davon überzeugt, dass die Beseitigung der Barriere für amerikanische Investitionen dazu beiträgt, ein gewaltiges Potenzial der polnischen Volkswirtschaft freizusetzen“, heißt es in dem Schreiben. Diese Forderung wurde gleichzeitig in einen politischen Kontext gestellt, der einer Erpressung gleichkommt. ,,Wenn die Vereinigten Staaten Garant für die polnische Sicherheit vor den Attacken Russlands sind“, dann stehen ihnen auch besondere Privilegien zu.

Dies hat im politischen Warschau für Verstimmung gesorgt. Offiziell hat man dazu nicht Stellung genommen. Lediglich Jan Parys, Büroleiter im Außenministerium und ehemaliger Verteidigungsminister, erklärte in einem Interview mit dem Rundfunk-Sender Polski Radio 24, dass eine solche Forderung für Polen nicht annehmbar sei, wenn die US- Senatoren das Bündnis mit den USA und die nationale Sicherheit Polens zum einem Anhängsel eines Handelsvertrages machen.
Für die Zeitung Rzeczpospolita, die als erste das Schreiben veröffentlicht hat, betreiben die US- Senatoren nur Lobby-Arbeit für große amerikanische Konzerne. An erster Stelle wird dabei das Unternehmen Electrum genannt, das in Polen Kupfer-Erz abbauen will. An dessen Spitze steht der Milliardär Thomas Kaplan aus New York, der mit US-Präsident Donald Trump einen vertrauten Umgang haben soll.

Die polnische Steuer für die Kupfer-Förderung steht auch den Plänen des kanadischen Unternehmens Miedzi Copper Corporation entgegen. Dies ist ein von der Lumina Goup für den Kupfererz-Bau in Polen eingeschaltetes Unternehmen, hinter dem mit Ross Beaty einer der erfolgreichsten Investoren im globalen Mining-Business steht. Auch hier versucht man, wenn auch politisch subtiler, Einfluss auf eine Änderung der polnischen Steuer für die Kupfer-Förderung zu nehmen. Das Unternehmen hat dazu erst im vergangenen Herbst Konrad Raczkowski an Bord des Vorstands geholt. Raczkowski ist ehemaliger stellvertretender Finanzminister und Vize-Chef der Bank für Umweltschutz. Er vervollständigt die von den Kanadierern angeworbene Schar von polnischen Fachleuten, an deren Spitze als Generaldirektor Prof. Stanisław Speczik steht. Der 73jährige war noch vor 15 Jahren Vorstands-Chef des staatlichen Kupfer-Konzerns KGHM !!!

Text: ©Andreas  Höfer / infopol.PRESS

Foto: PL-MVI-Agentur

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Foto: KPRP/Szymczuk

Staatspräsident macht Chaos im Rechtssystem komplett

Polens Staatspräsident Andrzej Duda hat jetzt offiziell seine Kandidatur für die anstehenden Präsidentschaftswahlen am 10. Mai bekanntgegeben. Diese Bekanntmachung fiel nahezu zeitgleich mit seiner Unterschrift unter das umstrittene ,,Maulkorb-Gesetz“ zusammen. Und das könnte wie ein Klotz am Bein seinen Wahlkampf für eine erfolgreiche Wiederwahl belasten. Dieses Gesetz sieht einen von Geldstrafen bis zur Entlassung umfassenden Straf-Katalog für Richter vor, die die Kompetenzen anderer Richter oder Gerichte in Frage stellen. Dieses Gesetz ist aber mehr als nur ein weiterer Akt in dem von der nationalkonservativen PiS-Partei seit 2015 vollzogenen und seit Jahren von den EU-Gremien kritisierten Umbau des polnischen Rechts-Systems. In seinen rechtlichen Konsequenzen stellt das Gesetz das Überschreiten einer Roten Linie dar, die die PiS-Regierung bisher– wenn auch mit taktischen Manövern, Verzögerungen – immer noch eingehalten hatte.

Im vergangenen November hatte der Europäische Gerichtshof EuGH entschieden, dass Polens Oberstes Gericht auf der Grundlage klar definierter Grundsätze darüber zu befinden hat, ob der von der PiS-Partei initiierte und weitgehend bestallte Landes-Justizrat und die Disziplinar-Kammer beim Obersten Gericht rechtmäßig seien. Und Polens Oberstes Gericht entschied darauf, dass diese Institutionen nicht dem EU-Recht entsprechen. Die Regierungs-Koalition mit den harten rechten Kern der von Justizminister Zbigniew Ziobro geführten Partei Solidarna Polska reagierte darauf sofort eben mit jenem Gesetz zur Disziplinierung der Richter. In seiner juristischen Konsequenz stellt es das Urteil des EuGH in Frage, in dem es den von der regierungskritischen Präsidentin geführten Obersten Gerichtshof entmachtet.

Chaos – Richter erkennen die Legitimität von anderen Richtern nicht an

Die Regierung hatte immer vorgegeben, mit ihrer Justiz-Reform ein transparenteres und effizienteres System schaffen zu wollen. Schon die Vorgänger-Regierung unter Donald Tusk hatte erste Versuche zur Beschleunigung der Arbeit der Gerichte unternommen. Auch in den dazu geführten öffentlichen Umfragen spricht sich die Mehrheit der Bevölkerung für Änderungen im Gerichtswesen aus. In den fünf Jahren ihrer Reformen hat sich die PiS-Partei aber ausschließlich nur mit der Änderung der Fundamental-Prinzipien des polnischen Rechtssystems darauf konzentriert, den Justiz-Apparat unter ihre parteipolitische Kontrolle zu bringen. Für jede Kritik an den Reform-Änderungen wird den Richtern mit dem Gesetz die moralische Erpessungs-Keule angedroht.

De facto hat dies zu zwei gleichzeitig parallel existierenden Rechtssystemen in Polen geführt, bei denen die einen Richter die Legitimität der anderen Richter und ihre Urteile nicht anerkennen. Das damit entstandene Chaos zeigt sich markant in den Vorgängen am Bezirksgericht von Olsztyn. Dort hat die im Rahmen der Justizreform neu geschaffene und mit der Regierung ergebenen Richtern besetzte Disziplinarkammer einen Richter des Bezirksgerichts suspendiert und sein Gehalt gekürzt, weil er in einem Gerichtsverfahren die Kompetenzen eines Richters in Frage gestellt hatte, der von dem neuen Landesjustizrat gewählt wurde. Die Richter des Bezirksgerichts verfassten daraufhin eine Petition mit der Forderung nach Rücknahme der Sanktionen gegen den Richter. Diese Petition wurde vom Präsidenten des Bezirksgerichts zerrissen.

Das jetzt unterschriebene Gesetz demoliert das Rechtssystem komplett. Es stellt die Richter vor das moralische Dilemma, sich entweder den Urteilen des Obersten Gerichts, das für sie die oberste Autorität ist, unterzuordnen oder sich den Diszplinar-Sanktionen des neuen Gesetzes auszusetzen, die bis zum Berufs-Ausschluß reichen. Nicht nur die juristischen Berufsverbände, die Opposition, die EU-Kommission und die Venedig-Kommission des Europarates hatten in ihrer Kritik vor den Konsequenzen gewarnt. Selbst das Episkopat der Katholischen Kirche hatte, was in Polen noch viel maßgeblicher ist, empfohlen, den Regelungen nochmal eine genauere Prüfung zu unterziehen. Staatspräsident Duda, der mit seinem Veto-Recht das Gesetz hätte verhindern können, hat sich mit seiner Unterschrift darüber hinweggesetzt.
Die Opposition, die Duda schon in seiner gesamten Amtszeit unselbständiges Handeln und die Wahrnehmung der politischen Interessen der PiS-Parteiführung vorwirft, wertet Dudas Entscheidung als weiteren großen Schritt, Polen vom europäischen Rechtssystem zu entfernen. Polen habe „einen großen Schritt hin zu einem rechtlichen Polexit gemacht“, schrieb dazu der Beauftragte für Bürgerrechte, Adam Bodnar.

Fortgang der PiS-Politik von Dudas Wiederwahl abhängig

Unabhängig davon, wie real das beschworene Gespenst eines solchen ,,Polexit“ ist, für die Opposition ist es eine Vorlage im jetzt anstehenden Wahlkampf gegen Duda und dem hinter ihm stehenden PiS-Parteilager. In dem Bewußtsein, dass die Zustimmung der Bevölkerung zur EU-Mitgliedschaft Polens hoch ist, ist für Opposition die beschworene Gefahr eines Polexits eine gewichtiges Argument im Wahlkampf gegen Duda. Bereits vor einem Jahr hatte sie in der Kampagne zu den Europa-Wahlen ihre Strategie auf einen drohenden Polexit ausgerichtet. Die PiS-Partei hatte seinerzeit diesen Angriff den Wind aus den Segeln genommen, in dem sie ihren Wahlkampf unter das Motto stellte ,,Polen- das Herz Europas”. Mit Erfolg: Die PiS ging als Wahlsieger aus den Europawahlen hervor.

Diesmal dürfte der PiS-Partei kaum ein ähnlicher Schachzug gelingen. Dazu sind die Fakten zu eindeutig. Nun ist die Präsidentenwahl anders als Parlamentswahlen keine Parteiwahl, sondern eine Personen-Wahl. Für die PiS-Partei hat diese Wahl jedoch herausragende Bedeutung, weil von deren Ausgang abhängig ist, ob sie ihre bisherige Regierungs-Politik so weiterführen kann oder nicht. Einige polnische Politologen sprechen sogar davon, dass es am 10. Mai für die PiS-Partei um ,,Sein oder Nichtsein“ geht.

Trotz ihres Wahlsieges im vergangenen Oktober ist die PiS-Partei bereits mit einem Bremsblock aus den Parlamentswahlen hervorgegangen. Erstmals in der Geschichte der Republik hatte sie als Regierungspartei nicht die Mehrheit im Senat, der zweiten Kammer des Parlaments, erringen können. Die Mehrheit, wenn auch nur dünn, liegt bei der Opposition. Der Senat als ,,Kammer der Reflexion” im polnischen Parlaments-System kann zwar nicht die Gesetze verhindern, die der von der absoluten Mehrheit der Regierungspartei dominierte Sejm beschlossenen hat. Der Senat kann den legislativen Prozeß jedoch verzögern. Damit kann das Regierungslager schon mal nicht mehr – wie in der Vergangenheit – Gesetze innerhalb von 24 Stunden durch das Parlament durchpeitschen.

Ganz anders sieht es dagegen mit den Befugnissen des polnischen Staatspräsidenten aus, die über die repräsentative Funktion eines Staatsoberhaupts wie z.B. in Deutschland oder Österreich, hinausgehen. Der polnische Staatspräsident hat ein Veto-Recht. Damit kann er jedes Gesetz blockieren und damit die Regierungsarbeit paralysieren. Wie dies funktioniert, hat Aleksander Kwaśniewski in der Vergangenheit demonstriert. In seiner Amtszeit (1995 bis 2005) hat er zahlreiche Gesetze der damaligen AWS-Regierung (mit dem Justizminister Kaczynski), aber auch der Regierung des ihm politisch nahestehenden SLD-Linksbündnisses blockiert. Wohl auch deshalb ist er bis heute in den Meinungs-Umfragen der populärste Präsident und auch der einzige in der Geschichte der Dritten Polnischen Republik, der für eine zweite Amts-Periode wiedergewählt wurde. Sowohl den Führungsspitzen des Regierungslager als auch den Oppositions-Parteien ist klar, wenn Staats-Präsident Andrzej Duda , der in den entscheidenden Fragen sein Amt immer nur als Vollzugs-Organ der PiS-Partei einsetzte, nicht wiedergewählt wird und eine Oppositionspolitiker die Spitze des Staates übernimmt, dann ist das der Anfang vom Ende der von PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński propagierten Politik des ,,guten Wechsels”.

©  André Janski  / infopol.PRESS

Foto:Lidl Polska

Lidl auf drei Stockwerken

Untypisch für einen Discounter –  Lidl hat Ende Januar seinen ersten Markt auf drei Stockwerken in Warschau eröffnet. Eher von außen an ein Kaufhaus erinnernd , ist das sich von den typisch ebenerdigen Funktionalbauten aller Super- und Discountmärkte unterscheidende Bauwerk einzigartig in Polen, und in dieser Form auch in Europa.  Statt der sonst üblichen Parkplätze vor dem Eingang , ist das Parterre gelegene Stockwerk nur für die dort parkenden Fahrzeuge der Kunden reserviert.  Dafür stehen 115 Parkplätze (!) zur Verfügung. Der Markt selbst befindet sich im 2.Stockwerk. Zum Markt kommt man über den Fahrstuhl oder  den rollenden Gehsteig, für dem man heute im modernen Markt-Management den  Anglizismus ,,Travelator“ verwendet .

Foto: Lidl Polska

Die Verkaufsfläche des Marktes umfasst 1400 m. Statt der sonst üblichen engen Gänge in breite Alleen unterteilt. Nicht nur beim Einkauf wurde auf hohen Komfort Wert gelegt. Wie Lidl mitteilt, wurden auch bei der Energie-Effektivität hohe Standards angelegt. Dazu gehört nicht nur die LED-Beleuchtung. Neben Erdwärme-Pumpe wird die von den Kühl-Vitrinen erzeugte Wärme wiederverwendet.  Im dritten Stock des Gebäudes befinden sich Büroflächen.

Auch bei der Anzahl der Mitarbeiter durchbricht Lidl in dem Objekt alle Dimensionen, die man in westlichen Discounter-Märkten in Wahrnehmung der dort Schwerstarbeit leistenden wenigen Mitarbeiter/innen kennt. In dem neuen Warschauer  Objekt sind nach Angaben von Lidl 40 (!) Mitarbeiter/innen beschäftigt.

Insgesamt beschäftigt Lidl rund 18 000 Mitarbeiter in seinen über rund 700 Discount-Märkten in Polen. Nach dem zum portugiesischen Handelskonzern Jeronimo Martins gehörenden Biedronka ist das deutsche Unternehmen zweitgrößter Discounter in Polen. Bei einem Umsatz von 18,3 Mrd. Złoty (Stand 2018) erwirtschaftete Lidl in Polen einen Gewinn von rund 900 Mio. Złoty

Der von den Normen abweichende Lidl-Bau hat seinen Grund. Er befindet sich im Warschauer Stadtteil Wilanów, genauer gesagt  in Miasteczko Wilanów. Nach der Jahrtausend-Wende entstanden ist es das z.Z. größte zusammenhängende Neubaugebiet in Zentraleuropa  mit neomoderner Architektur. Alle z.T. exklusiven Wohnanlagen, von denen viele von ausländischen Bauträgern entwickelt wurden, verfügen über Tief-Garagen. Viele Gebäude sind Penthäuser mit Dachterrassen. In der Mitte des ,,Städtchens“  mit  50 000 Einwohnern steht  das 2016 eingeweihte Pantheon der Göttlichen Vorsehung,  eines der größten Kirchen-Neubauten Europas seit 200 Jahren. Nicht weit entfernt ist der Palast von Wilanów, wo der als Retter Europas bei der Zweiten Wiener Türken-Belagerung (Schlacht am Kahlen Berg) geltende König Sobieski und später der polnische Hoch-Adel residierte.

Die beim Bau der Miasteczko Wilanów verwendeten Materialien und die Gestaltung der Fassaden nehmen teilweise Bezug auf das Schloß.  Der Stadtteil Miasteczko Wilanów ist heute ein, wenn nicht sogar das Symbol  des Erfolgs der neu entstanden Mittelschicht Polens. Und die hat hohe Ansprüche. Dies hat Lidl auch bei der Projekt-Entwicklung  zu spüren bekommen . Das Projekt des Lidl-Markts mußte mehrfach verändert werden, weil eine Bürger-Initative engagiert gegen den Bau eines gewöhnlichen Discounter-Marktes mit Blechfassade eintrat. Wie Aleksandra Robaszkiewicz , Sprecherin von Lidl Polska betont, zeichnet sich jetzt der neue Lidl-Markt  durch eine elegante,  moderne, mehrstöckige Architektur  im Stile des Warschauer Stadtteils aus. Dies kommt auch bei den Kunden an.

Foto: Carrefour

Der neue Lidl-Markt in Warschau verdeutlicht ein weiteres Mal, dass Polen als Experimentierfeld für die Entwicklung neuer Verkaufsformate viel weiter ist, als es deutsche Einkaufs-Touristen bei ihren Besuchen auf den Grenz-Basaren mit ihrer Buden-Kultur wahrnehmen.  So hat z.B. französische  Handelskonzern Carrefour in Warschau seinen ersten Carrefour Express-Laden in einem neuen Selbstbedienungs-Format eröffnet . Der SB-Laden ohne Laden-Personal  ist sieben Tage rund um die Uhr geöffnet. Alle Produkte des Grundbedarfs  werden dort  in Vending-Automaten angeboten.

Noch ein Schritt weiter geht das von einem start up in Poznań entwickelte Ladenkonzept Take&Go, das von seinen Gründern als ,,Laden der Zukunft“ bezeichnet wird. Dabei handelt es sich auf den ersten Blick um einen ganz normalen Markt. Allerdings funktioniert der ohne Personal und Kassen. Um den Laden betreten zu können, muß man vorher eine spezielle App auf sein Smartphone installieren und sich mit seinen persönlichen Daten, einschließlich die der Geldkarte, registrieren. Im Laden selbst nimmt man dann die mit einem speziellen Code gekennzeichneten Produkte aus dem Regal, die an der Ausgangs-Schranke gescannt und damit elektronisch bezahlt werden.

© Magda Szulc/infopol.PRESS

Condor auf der Langstrecke in Zukunft über Warschau?

Foto: Staatskanzlei KPRM / Adam Guz

Der angeschlagene deutsche Reiseflieger Condor hat mit der polnischen Airline LOT einen neuen Eigentümer gefunden. In ihren Absichts-Erklärungen umrissen die Vorstände beider Unternehmen das Ziel, einen Luftfahrtkonzern mit jährlich mehr als 20 Mio. Passagieren zu schaffen, neue Märkte anzusteuern und die Flotte zu erneuern und zu erweitern. Auf den ersten Blick eine ganz normale Unternehmens-Übernahme. Ist sie aber nicht! Denn zur gleichen Zeit, da die Unternehmens-Chefs von Condor und der LOT, Ralf Teckentrup und Rafał Milczarski, auf den Frankfurter Flughafen die Übernahme bekanntgeben, bauten sich Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und Jacek Sasin vor einer mit den Markenzeichen von Condor und der LOT geschmückten Wand auf, um triumphal vor laufenden Kameras der polnischen Öffentlichkeit die Übernahme zu verkünden.
Unter Benutzung ,,patriotischer“ Formulierungen bezeichnete Regierungs-Chef Morawiecki die Übernahme der Pleite bedrohten Condor als mutigen Schritt: ,,Polnische Firmen übernehmen mächtige ausländische Firmen“. Dies sei nur durch die erfolgreiche Wirtschaftspolitik der PiS-Regierung möglich geworden. Und Jacek Sasin erklärte im Stile eines Feldzugs: ,,Wir haben neue polnische Aktivas in Deutschland“.

Jacek Sasin ist im Regierungs-Mechanismus der Wirtschaftslenkung der mächtigste Mann. Als Vertrauter von PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński wurde er nach dem Wahl-Sieg der nationalkonservativen Partei vergangenen Oktober in die Regierung beordert, um eine straffe Verwaltung der Staats-Unternehmen im Sinne der Nowogrodzka (Sitz der Parteizentrale von Jarosław Kaczyński) zu sichern und die Machtkämpfe einzelner Gruppierungen im Regierungslager um die Posten in den Aufsichtsräten und Vorständen der Staats-Unternehmen zu beenden. Mehr als 200 der wichtigsten, von insgesamt offiziell 367 Unternehmen mit staatlicher Beteiligung unterstehen seinen dafür extra gegründeten Ministerium für staatliche Aktivas. Eines davon ist die staatliche Airline LOT. Die hat in den vergangenen 20 Jahren im Wechselbad der jeweiligen politischen Stimmungslage zur mögliche Privatisierung der Airline Höhen und Tiefen erlebt. Dabei stand als möglicher strategischer Investor immer die Deutsche Lufthansa hoch im Kurs, erstmals 1999 mit der ‚Abgabe eines Angebots. Dies änderte sich auch nicht in den Folgejahren bei erneuten, und wieder von der Politik gestoppten, Anläufen für eine Privatisierung. Zuletzt stand im Jahre 2012 der Verkauf der LOT auf der Tagesordnung.

Mit staatlicher Finanzspritze vor dem  Crash gerettet

Nach den Kauf des ersten Dreamliners (Boeing 787-8) durch eine europäische Fluggesellschaft stand die Airline kurz vor der Pleite. Anfang Dezember 2012 war nicht mehr in der Lage, ihren Zahlungsverpflichtungen für Flugbenzin nachzukommen. Wieder einmal wie schon zehn Jahre zuvor griff der Staat mit einer Finanzhilfe von 400 Mio. Zloty der Airline unter die lahmen Flügel. Dies gab der LOT die Möglichkeit, weitere Dreamliner in den Dienst zu stellen, die sie als Sprungbrett für die Eroberung des asiantischen Marktes betrachtete, um im lukrativen Segment der Langstreckenflüge der Deutschen Lufthansa und Air France Paroli bieten zu können. Mit nur mäßigen Erfolg.

Einen Aufschwung erlebte die LOT erst nach 2015. Zu der Zeit stellte ihre Tochtergesellschaft Eurolot den Flugbetrieb im Inland ein. Die Flugzeuge und ein Teil der unrentablen Linien übernahm die LOT, deren Einrichtung von den jeweiligen regionalen Selbstverwaltungen mit zweistelligen Millionen-Beträgen ,,gesponsert” wurden, darunter auch die kürzeste Flugverbindung von Warschau nach Lublin (~180 Kilometer). 2015 beförderte die LOT mit 41 Flugzeugen noch 4,3 Mio. Reisende. Vier Jahre später waren es bereits über 10 Mio. Fluggäste. Gleichzeitig wuchs die Flotte in diesem Zeitraum von 41 auf über 80 Flugzeugen.

LOT-Chef – Gute Kontakte zur Regierung

Dieser Zeitraum fällt auch mit der Einsetzung von Rafał Milczarski zum Vorstands-Chef der LOT zusammen. Im Unterschied zu den meisten Führungsposten in Unternehmen, in denen der Staat die Kontrolle hat, kommt Milczarski nicht aus dem Partei-Apparat der PiS. Nach seiner Ausbildung in London war er jahrelang im privaten Bahn-Transportgewerbe tätig, zuletzt im Management bei der polnischen Tochtergesellschaft der britischen Freightliner (gehört seit 2015 zum US-Bahn-Unternehmen Genesee and Wyoming Inc.), die auch im deutschen Schienen-Netz Schüttgüter (Kohle) transportiert. Ließ er noch bei den privaten Freightliner keine Gelegenheit in der Öffentlichkeit aus, gegen den großen Einfluß staatlicher Unternehmen in der Wirtschaft zu polemisieren und für deren Privatisierung einzutreten, hat er nach seinen Karriere-Sprung bei der LOT die Gesinnung gewechselt. Mit der Betonung des ,,wirtschaftlichen Patriotismus“ ist er inzwischen ein Befürworter des Staatskapitalismus in den blau-weiß-roten Farben der PiS-Partei geworden.
Seine guten Kontakte zur Regierung werden von polnischen Branchen-Experten als Grundlage für seinen bisherigen größten Erfolg mit der Gründung der Polnischen Luftfahrt-Gruppe (PGL – Polska Grupa Lotnicza) gewertet.. Unter dem Dach dieser Gesellschaft ist die LOT mit den Bodenabfertigungsfirmen LS Airport Services und LS Technics, dem Wartungsunternehmen Lot Aircraft Maintenance Services und der PGL Leasing vereint. Durch die Dachgesellschaft hat die LOT einen leichteren Zugang zu Krediten erhalten. So wird die Übernahme der Condor jetzt auch durch ein von der Bank Pekao geschaffenes Konsortium finanziert. Dem gehören auch die Bank PKO und die Versicherung PZU an. Alle drei Finanz-Institute werden vom Staat kontrolliert. Die Finanzierung schließt sowohl die Rückzahlung der an die Condor geleistete Finanzhilfe von 380 Mio. Euro, als auch die Übernahme selbst ein, die 250 Mio. Euro gekostet haben soll.

Führungsstil: Mit der Klobürste in der Hand

Als Schwachstelle von Milczarski wird sein Umgang mit der Belegschaft gewertet, der 2018 bis Anfang 2019 zu langanhaltenden Streik-Aktionen führte. Der Vorstand entließ 67 Mitarbeiter, darunter Piloten, die nach seiner Auffassung an den illegalen Streik teilgenommen haben. Ein bis dahin einmaliger Vorgang in einem Staats-Unternehmen. Nicht nur damit stellt er sich für die Gewerkschaft als das ,,Böse in Person“ dar. Keinesfalls nur eine Legende, sondern eine wahre Begebenheit: Bei einem LOT-Flug schloss er die Bord-Toilette, um mit der Klobürste in der Hand der Stewardess zu demonstrieren, wie man ordentlich die Bord-Toiletten zu säubern hat. Mehrfach hat der LOT-Chef hervorgehoben, dass er sich bei der Leitung des Flugunternehmens von der Meritokratie leiten läßt. Meritokratie bedeutet für ihn – so in einem Interview mit dem Fach-Portal Pasażer – ,dass nur die gut verdienen, die hart arbeiten und sich am meisten im Unternehmen bemühen“. Die Gewerkschaften dagegen wollen nur, dass alle das gleiche verdienen.

Rafał Milczarski Foto: LOT

Milczarski ist auch einer der größten Befürworter des CPK, bei dem die LOT die Hauptrolle spielen soll. Das Kürzel CPK steht für den geplanten Groß-Flughafen. Die Linie dafür hat Partei-Chef Jarosław Kaczyński vorgegeben. Auf einem Treffen
mit Partei-Funktionären im Frühjahr 2017 in Białystok räsonierte Kaczyński: Es könne nicht sein, dass polnische Bürger auf Fernreisen erst über Frankfurt, München und Wien umsteigen müssen, ,,oder – was man uns häufig vorschlägt -, in Berlin, wo es die deutsche Politik nicht schafft, den dortigen Großflughafen fertigzustellen“ Polen brauche einen Flughafen, der der Größe und der Bedeutung des Landes angemessen sei, und der mit Frankfurt, Paris oder London konkurrieren könne.
Nach Kaczyńskis Weisung wurde sofort die Regierungs-Maschinerie in Gang gesetzt und 2018 ein Spezial-Gesetz mit einer terminlichen Festlegung verabschiedet. 2027 soll das erste Flugzeug von dem neuen, als Hub konzipierten Groß-Flughafen abheben. Seine Abfertigungskapazität ist auf eine Größenordnung konzipiert, die die gegenwärtige Kapazität von Frankfurt übersteigt.

Hatte dies auch LOT-Vorstandschef Milczarski bei seiner Aussage im Sinne, die Übernahme der Condor passe voll ins Konzept der LOT? Bereits im Vorfeld der Entscheidung waren erste mediale Spekulationen aufgetaucht, dass die Langstrecken-Flüge der Condor für deutsche Feriengäste nicht mehr mit Umstieg in Frankfurt, sondern in Zukunft über Warschau erfolgen könnte. Auch ist es für die LOT erklärtes Ziel, ihr Netz an Interkontinental-Verbindungen massiv auszubauen. Dies trifft nach Einführung der Visa-Freiheit für polnische Bürger im vergangenen November insbesondere für Reisen in die USA zu. Die Langstrecken-Flugzeuge Boeing 767 der Condor sind für die LOT in diesem Zusammenhang ein fetter Bissen. Ein Großteil der LOT-Flotte selbst ist auf die Boeing aufgebaut. Dazu gehören u.a. 15 Dreamliner vom Typ Boeing 787.

LOT im polnischen Charter-Geschäft am Boden

Auch bei der Ankündigung des LOT-Managers in Frankfurt, mit Urlaubern aus Polen und Ungarn neue Märkte für die Condor zu erschließen, bleibt Skepsis angesagt. Die LOT hatte bisher im polnischen Charter-Verkehr wenig zu sagen. Mit der Beförderung von gerademal 100 000 Fluggästen im Charterverkehr hatte sie vergangenen Jahr lediglich einen Marktanteil am polnischen Charter-Geschäft von nur 2 Prozent Anteil. Marktführer ist hier die polnische Fluggesellschaft Enter Air mit weit über 20 Prozent. Zudem ist auch Polens größte Fluggesellschaft, der irische Billig-Flieger Ryanair (11,5 Mio. Fluggäste) bereits 2018 mit der Tochtergesellschaft Ryanair sun in das polnische Chartergeschäft eingestiegen.
Skepsis ist auch bei der noch auf der Übernahme-Konferenz in Frankfurt getroffenen Aussage angebracht, dass es bei der Condor keinen weiteren Stellen-Abbau geben wird. Beim Zusammenschluß des deutschen Ferienfliegers mit der LOT ist der aber schon vorprogrammiert. Nach der Rückkehr aus Frankfurt nach Warschau ist in der von der LOT herausgegebenen Erklärung davon keine Rede. Der LOT-Chef erklärte jedoch dort, bei den Kosten ,,sehen wir gewaltige Synergie-Effekte“. Und damit dürfte er wohl nicht nur die Einspar-Möglichkeiten bei den Treibstoff-Kosten auf den deutschen Flughäfen meinen, wo die Condor und LOT gleichzeitig operieren.

Text: © Andreas Höfer / infopol.PRESS