Schlagwortarchiv für: Polen gesetzlicher Mindestlohn

Durchschnittslohn in der Wirtschaft auf über 7000 Złoty gestiegen

Foto: PL-Agentur

Der in Polen gezahlte Durchschnittslohn hat jetzt erstmals die Schwelle von 7000 Złoty überschritten. Das sind umgerechnet rund 1.500 Euro. Auch der gesetzliche vorgeschriebene Mindestlohn wurde in diesem Jahr deutlich angehoben.

Nach den neusten Zahlen der polnischen Statistik-Behörde GUS haben die Beschäftigten in der Wirtschaft im Dezember durchschnittlich 7330 Złoty (~1550 Euro) brutto verdient. Die Überschreitung der 7000er-Grenze ist ein neuer Rekord in der polnischen Lohn-Statistik. Im Vergleich zu dem Dezember-Ergebnis von 2021 bedeutet der Wert ein Lohn-Wachstum von 10,3 Prozent.
Bei der Bewertung des statistischen Ergebnis ist allerdings zu berücksichtigen, dass der hohe Lohn-Wert auch ein Effekt der in polnischen Unternehmen weit verbreiteten Tradition ist, im Dezember ungeachtet ihrer Finanzlage Jahresend-Prämien und Feiertags-Gratifikationen an die Belegschaft auszuzahlen. Auch handelt es sich bei dem von der staatlichen Statistik-Behörde ermittelten Durchschnittslohn um ein ,,geschöntes“ Ergebnis. Seit Jahren von Wirtschafts-Experten kritisiert, zieht die Statistik-Behörde für die Ermittlung des gezahlten Durchschnitts-Lohns nur die Daten von Unternehmen mit mehr als 9 Beschäftigten heran. Polen hat aber 2,2 Mio. Firmen, die weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigen. Die können nur von einem Monatslohn von über 7000 Złoty träumen. Und nicht nur die. Auch der größte Teil jener, die statt eines Arbeitsvertrages auf der Grundlage eines zivilrechtlichen Vertrages ihr Einkommen erzielen. So sind es letztlich nur 6,5 Mio. von 15 Mio. Erwerbstätigen in Polen, die für den von der Statistikbehörde ermittelten Durchschnittslohn in Betracht kommen.
Auch sind in der Lohn-Statistik die Wirtschaftsbranchen überrepräsentiert, die mit dem verschwommenen Begriff Schwerindustrie umschrieben sind. Ganz vorne steht dabei der Bergbau und die Förderindustrie. Nach Angaben des Statistikamtes GUS stiegen dort die Brutto-Löhne um 32,6 Prozent, also um rund ein Drittel (!) auf 18 800 Złoty (4050 Euro). Dem Monat zuvor waren es noch 14 178 Złoty (3050 Euro).

In diesem Jahr zweimalige Anhebung des gesetzlichen Mindestlohnes 

Dieser Lohn-Höhenflug ist besonders vom Steinkohle-Bergbau getragen. Allein für die Beschäftigten von Polens größter Steinkohle-Bergbaugesellschaft PGG hatten deren Gewerkschaften vom Juli bis zum Jahresende die Auszahlung von drei zusätzlichen Monatslöhnen als Inflations-Ausgleich ausgehandelt.
Die in Polen außerordentlich hohe Inflationsrate – im Dezember 16,6 Prozent – hat auch maßgeblich die Entscheidung zur Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes geprägt. Seit dem 1. Januar beträgt er 3490 Złoty. Dabei wird es nicht bleiben. Ab 1. Juli erfolgt dann eine weitere Anhebung des Mindestlohnes auf 3600 Złoty (~ 775 Euro). Die polnischen Arbeitgeberverbände und Ökonomen sehen die durch die Inflationsbekämpfung motivierte deutliche Anhebung des gesetzlichen Mindestlohnes, die nicht mit der Anhebung der Arbeitsproduktivität einhergeht, kritisch. Davon betroffen sind vor allem die Vielzahl von kleinen Firmen, in denen in Regel Mindestlohn gezahlt wird. Neben den rasant gestiegenen Energiekosten sind sie jetzt auch noch mit höheren Arbeitskosten konfrontiert, was vielen von ihnen zur Aufgabe zwingen wird.

© André Jański / infopol.PRESS