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Polnischer Kohle-Exit: Subventionierter Kohle-Abbau bis 2049

Nach tagelangen Protest-Aktionen von Bergleuten haben sich Gewerkschaften und die polnische Regierung jetzt auf einen Kohle-Ausstieg bis zum Jahre 2049 geeinigt. Bei einer schrittweisen Schließung der Steinkohle-Bergwerke , die aber erst ab 2028 an Fahrt gewinnt, wird den Bergarbeitern eine Fortzahlung ihrer Bezüge bis zur Rente zugesichert. Bis es zur endgültigen Schließung der letzten Steinkohle-Mine 2029 kommt, sollen die Verluste der weiterhin unrentabel arbeitenden Bergwerke durch öffentliche Zuzahlungen, also mit dem Geld der Steuerzahler, ausgeglichen werden.

Würde man die polnische Staats- Führung beim Wort nehmen, dann müsste sie schon längst ihre Koffer gepackt haben. Vor nicht allzu langer Zeit war es noch Staatspräsident Andrzej Duda im Gespann mit Regierungschef Morawiecki, der mit viel nationalen Pathos vor Bergarbeitern tönte: ,,Kohle ist der größte Schatz Polens…..Solange ich in Polen das Amt des Präsidenten ausübe, werde ich nicht erlauben, dass Irgendwer den polnischen Kohlebergbau ermordet“.
Davon ist heute nichts mehr zu hören. Wozu auch, die populistischen Wahlkampf-Versprechen haben ja ihren Zweck erfüllt. Dabei waren sie schon zum Zeitpunkt ihrer Abgabe von den Realitäten auf dem Energiemarkt überholt.

Steinkohle aus Oberschlesien teurer als Import-Kohle

Bereits im vergangenen Jahr steuerten die im staatlichen Kohle-Konzern PGG vereinten Bergwerke mit ihren 43 000 Beschäftigten auf eine finanzielle Katastrophe zu. Mit dem Verfall der Weltmarkt-Preise für Steinkohle lagen die Kosten für Steinkohle aus Oberschlesien mit umgerechnet über 90 Dollar pro Tonne im vergangenen Herbst bereits zu 50 Prozent über den Preis- Indizes für Vertrags-Steinkohle in den Häfen von Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen.
Anstelle der teuren polnischen Steinkohle setzten deshalb die polnischen Stromerzeuger im vergangenen Jahr über 15 Mio. t Import-Steinkohle aus dem Ausland ein. Den größten Teil davon bezogen polnische Unternehmen aus Russland. Importiert wurde jedoch auch Steinkohle aus anderen Ländern wie Kolumbien und Südafrika. Selbst aus den USA, wo die Förderleistung pro Beschäftigten zehnfach höher ist als in den Bergwerken der vom Staat kontrollierten polnischen Kohle-Gesellschaft PGG. In der Folge wuchsen die Kohle-Halden bis Anfang des Jahres auf über 15 Mio. t an. Obwohl die vier großen polnischen Energiekonzerne vom Staat kontrolliert werden und vom Staatsschatz-Minister Jacek Sasin angehalten wurden, verstärkte polnische Kohle zur Verstromung in ihren Kraftwerken einzusetzen, hat sich an der Situation nichts Grundlegendes verändert. Im Gegenteil: Unter dem Druck der finanziellen und ökonomischen Realitäten haben die Energieunternehmen begonnen, den Schalter umzulegen. So wird der Bau des neuen Kraftwerks im nordpolnischen Ostrołęka, der noch im vergangenen Jahr von der PiS-Regierung als Kohlekraftwerk konzipiert wurde, jetzt mit Erdgas geplant.

Kosten-Druck zwingt zur Umstellung auf Erneuerbare Energien

Selbst Polens größter Strom-Erzeuger auf Kohle-Basis, der staatliche Energiekonzern PGG, hat kürzlich eine Energie-Wende angekündigt. Der Konzern, auf dessen Kohle-Kraftwerke etwa ein Fünftel des gesamten polnischen Co2-Ausstosses entfallen, kündigte an, bis zum Jahre 2050 die Energie-Erzeugung zu ,,100 Prozent“ auf Erneuerbare Energien umzustellen.


Das plötzliche Umdenken erklärt der PGE-Vorstand mit dem immer stärker werdenden Kosten-Druck. Aus den PGE-Kraftwerken wurden im ersten Halbjahr dieses Jahres 29,3 Mio. t Kohlendioxid in die Umwelt gepustet. Allein der Kauf von Co2-Emissionsrechten für die Kohle-Verstromung hat dem Konzern in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 3,1 Mrd. Złoty gekostet. PGE hat nun angekündigt, zunächst bis zum Jahre 2030 einen Viertel seiner Strom-Erzeugung auf Erneuerbare Energien umzustellen. Dazu sollen in den nächsten Jahren 6 Mrd. Złoty in Solar-Parks mit einer Leistung von 2500 MW investiert werden.

Inlands-Nachfrage nach Kohle sinkt schneller

Einen beschleunigten Abbau des Anteils der Kohle an der Energie-Erzeugung hat auch das Klima-Ministerium Anfang September in seinem Strategie-Programm zu Energie-Politik vorgelegt. ,,Das ursprüngliche Konzept ist aus heutiger Sicht in Verbindung mit den dynamischen Anstieg der Preise für Co2-Emissionsrechte unrealistisch”, sagte Michal Kurtyka, der als parteiloser Experte dem Ministerium vorsteht, bei der Vorstellung des neuen Programm-Entwurfs. Es sieht jetzt eine Senkung des Anteils der Kohle an der Energie-Erzeugung auf 37 Prozent bis zum Jahre 2030 vor. Gegenwärtig sind es noch knapp 75 Prozent. Bis zum Jahre 2040 sollen es dann nur noch 11 Prozent sein.

Der Entwurf des neuen Programms für die staatliche Energie-Politik stieß bei den mächtigen Kohle-Gewerkschaften auf entschiedenen Widerstand. Aus Protest dagegen fuhren mehrere Hundert Bergleute nicht mehr aus und blieben unter Tage. Die Gewerkschaften kündigten Streik-Aktionen an, wenn die Regierung den Gewerkschaften nicht konkrete Programme als Verhandlungs-Grundlage anbietet. In den nachfolgenden Verhandlungen ging es den Gewerkschaften in erster Linie um das Tempo für den Ausstieg aus der Kohle, Investitions-Möglichkeiten in moderne Kohle-Technologien und einem Restrukturierungsplan für den staatlichen Kohle-Konzern PGG, der technisch gesehen bereits insolvent ist. Anstelle der ursprünglich von den Gewerkschaften geforderten Verschiebung des Ausstieg aus der Steinkohle bis zum Jahre 2060 sieht die jetzt zwischen Gewerkschaften und Regierung getroffenen Vereinbarung die Schließung des letzten Steinkohle-Bergwerks im Jahre 2049 vor. Bis dahin wird schrittweise die Steinkohle-Förderung zurückgefahren. Den Bergarbeitern wird dabei eine Fortzahlung ihrer Bezüge bis zur Rente zugesichert.
Die Vereinbarung, die auf den ersten Blick wie ein Kompromiss erscheint, ist jedoch nur eine Sammlung von Zugeständnissen und Versprechen der Regierung, um die Bergarbeiter und ihre Gewerkschaften ruhig zu halten. Mit den Veränderungen und der Realität auf dem polnischen Energiemarkt haben sie nichts gemeinsam. So geht das Klima-Ministerium selbst in seinen Prognosen davon aus, dass der Bedarf der Energiewirtschaft an Steinkohle in den nächsten fünf Jahren um 11 Mio. t zurückgehen wird. Die jetzt mit den Gewerkschaften geschlossene Vereinbarung sieht dagegen nur eine bereits schon frühere geplante Schließung des Bergwerks Pokój im Jahre 2022 vor. Dadurch wird das derzeitige Förder-Aufkommen des staatlichen Kohlekonzerns PGG nur um knapp 1 Mio. t Steinkohle verringert. Eine Schließung von weiteren Bergwerken und Schachtanlagen, die der PGG finanzielle Verluste einbringen, ist in den nächsten Jahren nicht vorgesehen. Sie sollen mit anderen Bergwerken zusammengeschlossen werden. Erst im Jahre 2028 soll mit Bolesław Śmiały das nächste Bergwerk stillgelegt werden. Danach erfolgt die Schließung weiterer Bergwerke in zeitlich versetzten Etappen angelegt auf über 20 Jahre.

Absurde Vorstellung – Subventionierte Kohle, die keiner haben will

Regierung und Gewerkschaften vereinbarten, dass für die Fortsetzung der Steinkohle-Förderung in den unrentablen Bergwerken eine Subsidiär-Finanzierung aus dem Staatshaushalt erfolgt, also der Steuerzahler dafür aufkommen soll. Die Rede ist hier von jährlich 1 Mrd. Zloty an staatlichen Zuschüssen. Diese Regelung setzt aber die Zustimmung der EU-Kommission voraus. Experten halten dieses Ansinnen für absurd. Weshalb sollte die EU-Kommission ihre Zustimmung für öffentliche Zuzahlungen zur Finanzierung einer laufenden Produktion geben, deren Ziel auf eine Stabilisierung der Tätigkeit von Steinkohle-Förderunternehmen für 30 Jahre ausgerichtet ist, fragt der Fachinformationsdienst WysokieNapięcie. Schließlich hat sich die EU bereits 2018 im Zuge ihrer Klima-Beschlüsse von ihrer in der Vergangenheit praktizierten Politik verabschiedet, öffentliche Zuschüsse nur für Kohle-Bergwerke zu bewilligen, für die ein konkreter und zeitlich überschaubarer Schließungs-Termin festgelegt wurde. Und was passiert mit der geförderten Steinkohle, für die es in Polen keinen Bedarf gibt? Wenn sich der gesamte Plan als unreal erweist, dann hat er für die Regierung in Warschau zumindest ein Plus, schreibt der Branchendienst. ,,Denn Bergleute kann man dann sagen, wir wollten das Beste. Aber die Brüsseler Eurokraten haben das verhindert und den Plan muss man jetzt ändern und die Bergwerke früher schließen“.

,,Genug Blah, Blah, Blah. Eine tatsachliche Transformation JETZT ! “ Mit dieser nächtlichen Licht-Installation auf der zentralen Kohle-Halde hat Greenpeacediese Woche  die Vereinbarung zwischen der Regierung und den Kohle-Gewerkschaften kommentiert.  Foto: Greenpeace

Partikular-Interessen statt neuer Perspektiven für Bergbau-Regionen

Auch Greenpeace Polska hat in einem Schreiben an Ministerpräsident Mateusz Morawiecki die Regierung aufgefordert, endlich damit aufzuhören, die Bergarbeiter und die gesamte polnische Gesellschaft ,,mit leeren Versprechen und der Vorstellung von Plänen, die nicht zu erfüllen sind, weiter zu betrügen“. Die zwischen der Regierung und den Bossen der Kohle-Gewerkschaften geschlossene Vereinbarung stehe im Widerspruch zu der Idee von einer wahrhaften Transformation der Bergbau-Regionen. Sie sei geprägt von partikularen Interessen von Politikern, die sich um ihre Stühle sorgen und von Gewerkschafts-Funktionären, die nicht die tatsächlichen Interessen der Bergarbeiter repräsentieren. ,,Anstatt neue Perspektiven für die Bergbau-Regionen aufzuzeigen, haben wir eine Vereinbarung, die keine Chance hat, realisiert zu werden“, schreibt der Programm-Direktor von Greenpeace, Paweł Szypulski, in dem Brief an Regierungs-Chef Morawiecki. Für die Erarbeitung eines realen Planes zur Transformation der Bergbau-Regionen sei ein breiter gesellschaftlicher Dialog unter Beteiligung aller Seiten notwendig, einschließlich der kommunalen und regionalen Selbstverwaltungen.

© André Jański / infopol.PRESS

Foto: Kozeluh/Pixa

Polnischer Kohle-Bergbau – Tanz auf dem Vulkan

Die im Februar von der polnischen Statistik-Behörde gemeldeten Lohn-Daten für Dezember waren für viele polnische Arbeitnehmer ein Schock. Durchschnittlich 17 584 Zloty haben die Kohle-Kumpel im Dezember verdient. Das sind umgerechnet rund 4140 Euro brutto und dreimal mehr als der von der Statistik ermittelte Durchschnittslohn in der polnischen Volkswirtschaft (in Firmen mit mehr als 10 Beschäftigten). Der betrug nur 5604 Zloty (~1320 Euro).

Bei den von der Statistik-Behörde gemeldeten Zahlen sind allerdings die traditionell im polnischen Bergbau im Dezember gezahlten Prämien-Zahlungen zu berücksichtigen. Ohne die würde der Lohn-Unterschied im Kohle-Bergbau zu den Beschäftigten in den anderen Wirtschaftsbranche nur etwa das Doppelte ausmachen.

Berücksichtigt man die Schwere der Arbeit unter Tage und die damit verbundenen Risiko-Faktoren scheint dies auch angemessen. Trotz der hohen Löhne im Kohle-Bergbau, von denen ein Großteil der Beschäftigten in Polen nur träumen kann, herrscht bei den Bergleuten und ihren Gewerkschaften Unzufriedenheit und Kampfes-Stimmung, die die Regierung in Warschau in Unruhe versetzt.

 

Im Unterschied zu ihren Vorgängern mußte sich die PiS-Regierung bislang nicht mit Spannungsherden im oberschlesischen Kohle-Bergbau auseinandersetzen. Dazu trugen die von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und Staatspräsident Andrzej Duda mit großen propagandistischen Aufwand inszenierten Reden in Oberschlesien bei. Ihr Tenor: Der Kohle-Bergbau war, ist und wird in den nächsten 100 Jahren das Rückgrat der polnischen Volkswirtschaft bleiben. Jetzt droht aber die Situation zu kippen. Die 13 führenden Gewerkschaften der Polnischen Bergbau-Gruppe PGG – insgesamt sind dort 143 selbständige Gewerkschaften tätig – haben für den 17.Februar einen zweitägigen Warnstreik angekündigt. Eine Woche später soll eine Streik-Urabstimmung erfolgen und für den 28. Februar ist ein Marsch auf Warschau geplant.

Die PGG ist Europas größter Steinkohle-Produzent. Von den insgesamt 129 000 Beschäftigten in der polnischen Kohle-Branche arbeiten rund ein Drittel (42 000) bei der PGG.

Die Vorbereitung zu Streiks und Protesten ist eine Reaktion auf die gescheiterten Verhandlungen mit dem Vorstand der vom Staat kontrollierten Kohle-Gesellschaft. Die Gewerkschaften fordern eine Lohn-Erhöhung um 12 Prozent, die Auszahlung des 14. Monatseinkommens in voller Höhe sowie ein Stopp der Kohle-Importe. Davon aufgeschreckt hat sich Polens mächtigster Mann in der staatlich dirigierten Wirtschaft Vizepremier Jacek Sahin, dem die staatlich kontrollierten Unternehmen des gesamten Energie-Sektors unterstehen, vergangene Woche nach Schlesien aufgemacht, um selbst an den Mediations-Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und PGG-Vorstand teilzunehmen.

Kraftwerk Łaziska. Bergarbeiter blockierten vor einigen Tagen dessen Zufahrten, um die angebliche Verstromung von russischer Kohle zu verhindern. Foto:Tauron/Łaziska.

Vor dem Hintergrund, dass Bergarbeiter bereits zuvor die Zufahrten eines Kraftwerkes im oberschlesischen Łaziska versperrt hatten, weil dort angeblich Kohle aus dem Import statt polnischer Kohle verstromt wurde, versprach der Vizepremier, dass die vier großen, vom Staat kontrollierten Energie-Erzeuger nicht mehr Steinkohle aus dem Ausland importieren werden. Bei den Lohn-Verhandlungen konnten dagegen keine grundsätzlichen Kompromisse erzielt werden, weshalb die Gewerkschaften an ihren Streik-Planungen festhalten.

Der PGG-Vorstand hatte ein verändertes Entlohnungs-Modell vorgeschlagen. Danach sollen Lohn-Erhöhungen in Abhängigkeit von dem Betriebsergebnis und nach Effektivitäts-Kriterien in den einzelnen Bergwerken der PGG erfolgen, gerade weil die Förderproduktivität im Vergleich zu anderen Bergwerksgesellschaften niedrig ist. Schätzungen zufolge betrug sie im vergangenen Jahr 700 t Kohle pro Beschäftigten in der staatlich dominierten PGG. In dem von der privaten tschechischen EPH-Gruppe kontrollierten Bergwerk Silesia betrug sie dagegen rund 1100 t pro Beschäftigten. Und in der an der Warschauer Börse notierten Bergwerksgesellschaft Bogdanka sogar auf dem Niveau von 1600 bis 1800 t pro Mitarbeiter. Die Gewerkschafter der PGG lehnten jedoch den Vorschlag ihres Vorstands entschieden ab. Für sie kommen nur gleichmäßige Lohn-Erhöhungen für die Beschäftigten in allen Bergwerken der PGG in Frage.

Für den PGG-Vorstand ist dies nicht annehmbar. Er steht finanziell mit dem Rücken an der Wand. Die Arbeitskosten bei der PGG machen bereits über 50 Prozent der Gesamtkosten aus, was für polnische Verhältnisse ungewöhnlich hoch ist. Im Jahr 2018, als die Unternehmens-Gewinne wegen der hohen Weltmarkt-Preise für Steinkohl noch sprudelten, schien dies kein Problem zu sein. Inzwischen hat sich die Situation mit dem Absturz der Weltmarkt-Preise für Kohle dramatisch verändert. Während polnische Steinkohle nach drei Quartalen 2019 durchschnittlich über 90 Dollar pro Tonne kostete, sind die Preis-Indizes für Vertrags-Steinkohle in den ARA-Häfen (Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen) zum Jahresende auf unter 60 Dollar pro Tonne abhängig von den Güteklasse gesunken. Für die vier großen vom Staat kontrollierten Stromerzeuger-Konzernen ein weiterer Anreiz zum Einsatz von Import-Steinkohle bei der Energie-Gewinnung.

Die polnischen Stromerzeuger hatten bereits bis Ende November schon 14,9 Mio. t Steinkohle aus dem Ausland importiert, die nicht nur billiger, sondern oft auch qualitativ besser als die Kohle aus den polnischen Bergwerken ist. Gleichzeitig sind aber die Kohle-Halden um die polnischen Bergwerke, nicht nur der PGG, bis Ende 2019 auf über 5 Mio. t Steinkohle angewachsen.

Die Regierung hat deshalb Anfang des Jahres die Einrichtung eines zentralen Kohle-Lagers angekündigt, um den Bergwerken den Rücken für den Fortgang ihrer Kohleförderung freizuhalten. Dessen Standort Ostrów Wlkp. liegt in Westpolen, im südöstlichen Teil der Wojewodschaft Wielkopolskie. Seitdem rollen die Kohlezüge nach Ostrów. Bis Ende Januar wurden dort bereits 300 000 t Steinkohle abgeladen, teilte das Ministerium für staatliche Aktivas mit. Weitere 700 000 t sollen folgen.
Die Absatz-Situation des Bergbaus wird noch durch die relativ warmen Wintermonate verschärft. Nach Angaben der Stromnetz-Gesellschaft PSE ist die Strom-Erzeugung aus Steinkohle im Dezember 2019 um 14 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres zurückgegangen.

Mit dem Rückgang des Bedarfs an Steinkohle, den gesunkenen Weltmarktpreisen und deutlich reduzierten Gewinnen bei gleichzeitiger Verpflichtung 2 Mrd. Zloty an Anleihen zurückzuzahlen, steht der Vorstand des Kohlegesellschaft PGG mit dem Rücken an der Wand. Seine Hoffnung richtet sich jetzt darauf, dass die Weltmarkt-Preise für Steinkohle in den nächsten Monaten wieder anziehen. Eine trügerische Hoffnung, denn die Preis-Entwicklung ist nur ein Abbild der ersten Anzeichen einer einsetzenden Energiewende weg von fossilen Brennstoffen . Anders als die Regierung in Warschau, die sich im vergangenem Jahr auf dem EU-Gipfel als einziges EU-Land dem Ziel verschloss , bis zum Jahre 2050 Klima-Neutralität zu erreichen, setzt sich bei immer mehr polnischen Bürgern die Erkenntnis durch, dass es mit dem unrentablen polnischen Bergbau in staatlicher Hand nicht mehr so weitergehen kann. Dies belegt  auch eine Anfang Februar veröffentliche Umfrage von United Surveys. Danach sprachen sich 64 Prozent der Befragten für eine Aufgabe der Energie-Erzeugung auf Kohle-Grundlage aus. Und noch sogar 59 Prozent erklärten ihre Bereitschaft, mehr Geld für Strom auszugeben, wenn er nicht aus Kohle produziert wird.

Für die Regierung in Warschau wäre dies eigentlich ein unterstützendes Argument, den Schalter in der Energiepolitik umzulegen. Doch für die PiS-Regierung gilt das Gleiche, was schon für alle Vorgänger-Regierungen und wohl auch für nachfolgende Regierungen gilt. Sie scheuen es, bei Strafe ihres Untergangs sich mit den mächtigen Kohle-Gewerkschaften und ihren Interessen anzulegen. Ein Beleg dafür ist die drohende Aussage eines Gewerkschafters, dass die Buschbrände und ihre Auswirkungen in Australien nichts im Vergleich zu dem seien, wenn in Polen die Bergarbeiter zum Kampf für ihre Interessen rüsten.

Text: © André Jański / infopol.PRESS