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Diebstahl-Sicherung für Butter bei Kaufland

Foto-Montage: PL-Agentur

Diebstahl-Sicherungen an hochwertigen alkoholischen Getränken sind im Einzelhandel nichts Neues. Das jetzt auch Butter gegen Diebstahl geschützt wird, hat in Polen für Aufsehen gesorgt. Den Anfang hat damit die deutsche Kaufland-Kette in ihren mehr als 235 Märkten in Polen gemacht.

Durch ganz Europa schwappt eine Welle von steigenden Preisen. In Polen ist die Inflation mit 15,5 Prozent im Juni besonders hoch. Bei Backwaren, Milchprodukten und anderen Grundnahrungsmitteln sind die polnischen Verbraucher jetzt mit Preisen konfrontiert, die sie – zumindest die jüngeren Generationen – bisher nicht kannten. Mit den hohen Preisen hat auch die Zahl der Laden-Diebstähle zugenommen. Die wie Lidl zur deutschen Schwarz-Gruppe gehörende Einzelhandels-Kette Kaufland hat darauf als erster Lebensmittel-Händler in Polen reagiert und Butter mit Diebstahl-Sicherungen versehen.

Butter hatte sich im polnischen Einzelhandel im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent verteuert. Butter wird gegenwärtig bei den großen Super- und Discountermarkt-Ketten in Polen im Preis-Segment von 8 bis 13 Zloty je nach Marken-Produkt angeboten. Im Vergleich zu den Preisen in den Lebensmittel-Märkten der Euro-Zone scheint dieses Preis-Niveau erst einmal nicht besonders hoch zu sein. Ist es aber doch, wenn man berücksichtigt, dass das Stück Butter im polnischen Einzelhandel in der Standard-Verpackung von 200 g (in Deutschland 250 g) verkauft wird. Auch der ermäßigte Mehrwertsteuer-Satz für Grundnahrungsmittel wurde im Februar in Polen auf Null heruntergesetzt.

Doch nicht nur Butter wird jetzt bei Kaufland mit Anti-Diebstahlssicherungen geschützt. Auch bei Butter-Ersatz-Produkten wie Streichfetten aus pflanzlichen Ölen mit einem geringen Anteil von Milchfetten, deren Preise bei nur etwas über 3 Zloty liegen (weniger als 1 Euro), sind solche Anti-Diebstahlsicherungen vorzufinden. Wird ein solcher Artikel im nicht deaktivierten Zustand durch die mit Warensicherungsantennen ausgestatteten Ausgänge befördert, wird Alarm ausgelöst.

Wird Butter zum Luxus-Gut?

Wie hoch die Verluste bei Kaufland durch Laden-Diebstähle sind, wollte eine Sprecherin der polnischen Kaufland-Führungscrew nicht sagen. Auch nicht, warum gerade Butter mit Diebstahl-Sicherungen versehen werden. Bei Kaufland wie auch bei allen anderen polnischen Handelsketten sind vor allem Flaschen mit hochwertigen Alkohol gegen Diebstahl gesichert. Auch Verpackungen von Fleisch, wie z.B. teure Steaks, haben Sicherungen, was allerdings bei deren Preis von 60 und mehr Zloty nicht besonders verwundert  Aber Butter ??? Wird Butter damit jetzt zum Luxusgut? Bei Kaufland verweist man darauf, dass die Produkt-Sicherungen helfen sollen, das Risiko von Laden-Diebstählen zu beschränken.

25 000 Laden-Diebstähle registriert

Konkretere Angaben zu den Dimensionen des Laden-Diebstahls hat das Hauptkommando der polnischen Polizei. Wie aus deren Angaben hervorgeht, gab es im vergangenen Jahr in ganz Polen 24 995 registrierte Laden-Diebstähle . Das waren bereits ein Sechstel mehr als das Jahr zuvor. Nach Schätzungen der polnischen Filiale von Checkpoint Systems, einen der weltweit führenden Anbieter u.a. für elektronische Lösungen zur Schadensverhütung und Diebstahl-Sicherung, betragen die Waren-Verluste durch Laden-Diebstahl im polnischen Handel jährlich umgerechnet rund 1,7 Mrd. Euro. Der höchste Anteil entfällt dabei auf den Lebensmittel-Handel, gefolgt von Waren-Häusern und Tankstellen. Beträchtlich und zunehmend ist auch der Diebstahl in Baumärkten.
Über die Zahl der Laden-Diebstähle im ersten Halbjahr dieses Jahres liegen noch keine Angaben vor. Handels-Experten gehen jedoch davon aus, dass durch die rasante Preis-Entwicklung in nahezu allen Waren-Gruppen die Zahl der Laden-Diebstähle noch deutlicher zugenommen hat.

© Magda Szulc / infopol.PRESS

 

Supermarkt als Bus-Haltestelle am Sonntag weiter offen

 Sonntags-Handelsverbot verschärft – Unternehmen mit kreativen Ideen bei der Umgehung des Verbots

Die Kreativität polnischer Unternehmer bei der Umgehung von Gesetzen und Regeln kennt keine Grenzen! Kaum hatte der Gesetzgeber die Regeln für das Sonntagshandels-Verbot verschärft, warteten die Betreiber von Läden und Supermärkten bereits mit neuen Ideen auf, um an Sonntagen weiter offen zu bleiben.

Foto: podworka/Twitter

Den Vogel schoss dabei ein Intermarché -Markt in der an der Grenze zu Tschechien gelegenen Stadt Cieszyn ab. An der Breitseite des Supermarktes wurde ein großes Leuchtreklame-Schild mit der Aufschrift ,,Busbahnhof“ montiert und der Eingang zum Supermarkt als ,,Warteraum „ ausgewiesen. An den ,,Busbahnhof“ hält zwar nur eine örtliche Buslinie. Für den Betreiber des ,,Intermarché –Marktes ist das jedoch ein ausreichender Grund, das Geschäft auch an Sonntagen weiter offen zu halten. Denn das Gesetz zum Sonntagshandelsverbot lässt als eine der zahlreichen Ausnahmeregelungen sonntags eine Öffnung von Geschäften an Flughäfen, an Bus- und Bahnhöfen zu.
Das sonntägliche Handelsverbot wurde 2018 von der nationalkonservativen Regierung auf Initiative der Gewerkschaft Solidarność eingeführt. Federführend war dabei der frühere Gewerkschafts-Chef Janusz Śniadek, der seit 2011 für die nationalkonservative PiS-Partei im polnischen Parlament sitzt. Auch die katholischen Kirche drängte auf ein Verbot, erhoffte sie sich dadurch einen verstärkten Zustrom zu den Sonntags-Messen. Das gesetzliche Sonntags-Handelsverbot war vorrangig gegen die großen internationalen Handelsketten gerichtet und sollte die von denen an die Wand gedrückten kleinen Händler stärken. Inhabergeführte kleine ,,Tante Emma Läden“ konnten dagegen neben Blumen-Läden, Bäckereien u.a. weiter ihr Geschäft an Sonntagen offen halten.

Schlupfloch ,,Poststelle“ geschlossen

Doch das Handelsverbots-Gesetz an Sonntagen ging nach hinten los. Ohnehin war die Mehrheit der Bevölkerung gegen das Verbot. Mit der gesetzlich vorgegebenen, von Jahr zu Jahr abnehmenden Zahl der verkaufsoffenen Sonntage begannen die Handelsfirmen nach Schlupflöchern zur Umgehung des sonntäglichen Handelsverbots zu suchen. Die Gelegenheit dazu boten die im Gesetz formulierten Ausnahme-Regelungen. Den Anfang machte Polens größte Convinience-Kette Żabka in ihren 7200 Läden. .An der Ladeneingangstür wurde ein Schild mit der Aufschrift ,,Poststelle“ angebracht. Mit diesem Alibi ließ sich dank der gesetzlichen Ausnahmeregelung ,,Postdienstleistungen“ das übliche Waren-Sortiment auch an Sonntagen 24 Stunden rund um die Uhr verkaufen. Anfangs wetterten die Wettbewerber wie Lidl, Biedronka und andere lautstark dagegen. Doch bald folgten nahezu alle Super-, Discount- und Hypermärkte dem Beispiel von Żabka und die Läden waren sonntags wieder offen. Das brachte die Handelsgewerkschaft der Solidarność auf die Barrikaden. Mit Erfolg! Anfang Februar schloss der Gesetzgeber dieses Schlupfloch mit der Verordnung, dass große Märkte und Einkaufszentren an Sonntagen nur noch dann öffnen dürfen, wenn die angebotenen Postdienstleistungen mehr als 40 Prozent der Einnahmen des jeweiligen Geschäftes ausmachen. Für die, die bisher auf die Masche ,,Postdienstleistungen“ gesetzt hatten, eine völlig illusorische Größe.

Supermarkt mit ,,Buchclub“

Doch die Gesetzes-Verschärfung hat sofort neue kreative Kräfte zur Umgehung des Handelsverbots an Sonntagen freigesetzt. Das Beispiel des Intermarché-Marktes in Cieszyn ist dabei keine Einzelfall. In einigen andere Supermärkten der Einzelhandelskette Intermarché
wurde einfach nur ein Stand mit einigen Büchern aufgestellt, an dem für einen sieben Tage in der Woche geöffneten Buchclub geworben wird, an dem die Kunden Bücher ausleihen, lesen oder kaufen können, während sie gleichzeitig Lebensmittel einkaufen. Der jeweilige Intermarché -Markt nutzt auf diese Weise eine weitere Ausnahmeregelung des Gesetzes zum sonntäglichen Handelsverbot aus, die Organisationen und Firmen in den Bereichen Kultur, Sport, Bildung, Tourismus und Freizeit erlaubt, sonntags zu arbeiten.

Der Kunde hat die Wahl: Kulturvolles oder sportliches Trinken?

Auf diese Ausnahme-Regelung setzt auch die polnische Ladenkette Al. Capone. Zu der gehören 89 Läden in Polen. Al. Capone weist sich selbst als ,,Spezialist für Alkohol“ aus. Mit den verstaubten Image der klassischen „Monopol-Läden“ hat das Unternehmen aber wenig Gemeinsames. Ohnehin gibt es nicht mehr die typischen Quartals-Trinker. Die sind schon vor Jahren zu Tausenden nach Deutschland und Westeuropa abgewandert. Al. Capone vertreibt sein weltweites Alkohol-Sortiment mit hippen Marketing- und Werbekonzepten, die sich vorrangig an ein jüngeres dynamisches Publikum aus der Mittelschicht wenden. Um auch an Sonntagen öffnen zu können, bietet Al.Capone seit einigen Tagen auch Kultur- und Sportgeräte zum Ausleihen an. Dazu gehören Pokerspiele, Roulette, Schach, Badminton, Dart, Tischtennis-Schläger. Selbst eine Angel kann man in dem Schnaps-Laden ausleihen. Der Kunde hat die Auswahl: kulturvolles oder sportliches Trinken!

Fotos: Al. Capone

Beim Vorstand der Gewerkschaft Solidarność haben die Umgehungsversuche des Handelsverbots an Sonntagen heftige Proteste ausgelöst. In einer Verbandserklärung fordert Gewerkschafts-Boss Duda scharfe Kontrollen und hohe Geldstrafen. Als ,,Verbrechen“ wertetet der Chef der Handels-Gewerkschaft der Solidarność, Alfred Bujara, die Vorgänge in den Intermarché-Filialen. ,,Diese Handels-Kette zeigt, dass sie … das polnische Gesetz ignoriert.“ Im eigenen Land, in Frankreich, würde sie das Gesetz respektieren, ,,in Polen beutet sie dagegen die Beschäftigten als billige Arbeitskräfte aus“, erklärte der Gewerkschafts-Funktionär gegenüber dem Handelsblatt WiadomościHandlowe.
Beim Vorstand der Vertriebskette Intermarché, die zur französischen Musketier—Gruppe (Einzelhandelskonzern Les Mousquetaires) gehört, perlt die mit nationaler Rhetorik befeuerte Kritik ab. Die Intermarche-Märkte werden schließlich von polnischen Unternehmern auf Franchise-Basis betrieben und nicht von französischen Kaufleuten. Man greife nicht in die Entscheidungen von selbständigen polnischen Unternehmern ein, ließ die Intermarché -Führung verlauten.

Geöffnete Schalter von Stadtverwaltungen an Sonntagen?

Die Kritik der Intermarché findet bei der Mehrheit der polnischen Bevölkerung nur einen geringen Widerhall. Und das hat nicht nur damit zu tun, dass die Gewerkschaft nicht mehr das Ansehen genießt, das die Solidarność vor 30 Jahren hatte. Dazu hat auch die politische Bändelei der Gewerkschaftsbosse mit der regierenden PiS-Partei beigetragen. Seit Jahren spricht sich die Mehrheit der Bevölkerung in den Umfragen gegen das Verbot und für einen durchgehenden Geschäftsbetrieb aus. Für viele ist die durch das Christentums tradierte Trennung von Arbeitswoche und Sonntagsruhe nicht mehr zeitgemäß. Ob man den für eine Sonntagsarbeit zustehenden freien Tag in der Woche verbringt oder am Wochenende sei nicht mehr maßgeblich. Dazu haben auch die mit der Corona-Pandemie eingeführten flexiblen Arbeitszeit-Modelle wie z. B Home office beigetragen. Inzwischen gibt es in den sozialen Medien sogar Forderungen, dass auch der öffentliche Dienst eine Anpassung an die sich dynamisch verändernde Arbeitswelt vornehmen sollte. Nicht nur der Handel, sondern auch Beamte und Angestellte in den Kommunal-Verwaltungen sollten dienstleistungsorientiert und bürgerfreundlich an Sonntagen, auf Grundlage von flexiblen Arbeitszeit-Modellen, arbeiten, um den Antrags-Stau abzubauen.

© André Jański / infopol.PRESS

Foto: PL-MVI-Agentur

Netto übernimmt Tesco-Ladenkette in Polen

Schon seit geraumer Zeit versuchten die Briten einen Käufer für ihre lahmende Ladenkette Tesco in Polen zu finden. Interessenten gab es , darunter Kaufland. Jetzt hat jedoch der Scottish Terrier der schwarz-gelben Discount Kette zugeschnappt. Der dänische Netto schließt mit dem Kauf des britischen Handels-Riesen in Polen zum Discounter Lidl auf. Die großen Tesco-Märkte könnten aber auch ein zu gewaltiger Brocken für Scottie werden.

Der britische Handelskonzern Tesco hat den Verkauf seiner Ladenkette in Polen bekanntgegeben. Käufer ist die dänische Salling, Group, Eigentümer der Discount-Kette Netto. Die Transaktion, die noch der Zustimmung der Wettbewerbs-Behörden bedarf, umfasst den Verkauf von 301 Läden, zwei Vertriebszentren und die Firmen-Zentrale von Tesco in Polen. Der Vertrag schließt die Übernahme der rund 7000 Tesco-Mitarbeiter durch Netto ein.
Der Verkaufspreis fällt mit 900 Mio. Złoty (181 Mio. Pfund) relativ niedrig aus. Zum Vergleich: die Metro-Gruppe verkaufte 2012 ihre 91 Real-Märkte in Mittel- und Osteuropa, davon über 50 in Polen, für 1,1 Mrd. Euro an den französischen Handelskonzern Auchan. Was damals für die Metro-Gruppe ein Befreiungsschlag war, trifft auch heute auf Tesco zu.
Die Hyper-Märkte – große SB-Einkaufshäuser – als einstiges Parade-Stück des britischen Handelskonzerns haben schon lange ihre Blüte-Zeit in Polen überschritten. Die Kunden wanderten von der Hyper-Märkten zu kleineren Läden ab. Gleichzeitig verschärfte sich der Wettbewerb mit den beiden führenden Discountern Biedronka und Lidl. Hinzu kamen Fehl-Entscheidungen des Vorstands und das schrittweise eingeführte Sonntags-Handelsverbot in Polen. Damit einher gingen bei den Briten ein kontinuierlicher Umsatz-Rückgang und Netto-Verluste in den vergangenen Jahren. Tesco Polska erzielte im Geschäftsjahr 2019/2020 nur noch einen Umsatz von 1,368 Mrd. Pfund bei einem Netto-Verlust von 24 Mio. Pfund. Dabei hatte das Unternehmen bereits im vergangenen Jahr mit einer Verringerung der Größe seiner Hyper-Märkte auf ein Kompakt-Format begonnen und Läden geschlossen oder verkauft. Wie Tesco mitteilt, wurden allein in den vergangenen 18 Monaten 22 Märkte für 200 Mio. Pfund verkauft.

Auch Kaufland war interessiert

Zu den Käufern gehörte auch die deutsche Einzelhandelskette Kaufland, die noch Anfang des Jahres ,,in einem ersten Schritt“ die Übernahme von drei Tesco-Standorten vermeldete, der die Übernahme von weiteren vier Tesco-Filialen folgten sollten. Nach Angaben des Fach-Handelsportals Wiadomoscihandlowe soll Kaufland neben dem Fonds Mid Europa Partners (früherer Eigentümer der Einzelhandel-Kette Żabka) auch an der Übernahme von Tesco interessiert gewesen sein. Laut dem Portal soll auch Aldi in der frühen Phase der Verkaufs-Verhandlungen eingeschalten gewesen sein.
Vor diesem Hintergrund stellte der Tesco-Verkauf an die dänische Ladenkette Netto ein Paukenschlag im polnischen Einzelhandel dar.
Die dänische Netto-Kette gehörte zu den Vorreitern unter den ausländischen Handels-Unternehmen bei der Erschließung des polnischen Einzelhandels-Marktes. Bereits 1995 eröffnete Netto den ersten Markt in Stettin (Szczecin). Von dort aus startetes es seine Expansion, die regional gewichtet auf Westpolen lag.
Das Discount-Netz von Netto umfasst gegenwärtig 386 Läden in Polen, davon allein 68 in und um Stettin. Neben Westpolen ist Netto auch in Schlesien sehr gut bekannt. Ostpolen stellt dagegen auf der Netto-Filialkarte einen weißen Fleck dar.

Anschluß an Lidl gewonnen

Dies ändert sich jetzt mit der Tesco-Übernahme. Dadurch steigt die Laden-Zahl von Netto auf 687. Netto schließt damit zu Lidl als zweigrößter Discounter in Polen auf. Lidl hat gegenwärtig über 720 Filialen in Polen. Das ist zwar noch immer weit von der Nr. 1 in Polen, der zum portugiesischen Handelskonzern Jeronimo Martins Discount-Kette Biedronka entfernt. Mit der Übernahme der britischen Handelskette gewinnen die Dänen eine größere Präsenz in den polnischen Großstädten, z.B. in Warschau von fünf auf 16 Märkte.

Umgestaltung der großen Tesco-Märkte für Netto eine Herausforderung

Für Netto stellt aber die Übernahme von Tesco eine extrem große Herausforderung dar, weil die Kompakt-Hypermärkte von Tesco um ein Vielfaches größer sind als die durchschnittliche Laden-Größe eines Netto-Discount-Marktes. Michael Løve, CEO von Netto International kündigte bereits an, über eine Milliarde Złoty in die Umgestaltung der Tesco-Märkte zu investieren. Der neue Eigentümer will dazu die Tesco-Märkte in Netto-Läden im Format Netto 3.0 umgestalten. Neben einigen Märkten in Deutschland hat Netto bereits auch erste Läden in Polen in das Format 3.0 mit u.a. pechschwarzer Ausgestaltung des Verkaufs-Innenraumes umgebaut. Die Umgestaltung soll nicht später als 18 Monate nach Abschluß der Transaktion erfolgen. Der soll bis Ende des Jahres erfolgen.
,,Diese Transaktion erlaubt uns, unsere Tätigkeit in der Region auf Tschechien, Ungarn und die Slowakei zu konzentrieren, wo wir stärkere Markt-Positionen und Wachstums-Möglichkeiten haben als in Polen“, erklärte Vorstands-Chef Dave Lewis in der von Tesco herausgegebenen Erklärung.

©André Jański / infopol.PRESS

Foto: PL-MVI-Agentur

Corona: Discounter jetzt Non stop geöffnet

Neue Regelungen für den Handel
Gesonderte Öffnungszeiten nur für Rentner

Polens führende Discount-Ketten Biedronka (Jeronimo Martins) und Lidl (Schwarz-Gruppe) verlängern ihre Öffnungszeiten bis 24.00 Uhr. In Großstädten wie Kraków, Breslau oder Danzig bleiben dagegen ihre Discount-Märkte rund um die Uhr offen. Die Discount-Märkte ziehen damit die Konsequenzen aus den heute (2.April) von der polnischen Regierung angeordneten Regelungen. Diese zielen darauf ab, die Kontakt-Möglichkeiten weiter einzuschränken, um eine Ausbreitung des Corona-Virus zu verringern. Alle Lebensmittel-Märkte sind danach angewiesen, zum besonderen Schutz von älteren Menschen Sperrzeiten von 10.00 bis 12.00 Uhr für Rentner einzurichten. In diesem Zeitraum dürfen nur ältere Menschen ab 65 Jahre in den Super- und Discount-Märkten einkaufen. Durch diese Einschränkung sollen ältere Menschen, die besonders vom Corona-Virus gefährdet sind, geschützt und gleichzeitig die Ansteckungs- und Übertragungs-Möglichkeiten eingeschränkt werden.

Neben der Schließung von Friseur- und Kosmetik-Salons wurden auch Einschränkungen für die Bau-Märkte angeordnet. Die waren in den vergangenen Wochen von den Kunden überlaufen worden. Wie in Deutschland hatten auch die großen Bau-Marktketten in Polen plötzlich Kartoffeln angeboten, um unter der Kategorie Grundversorgung der Bevölkerung einer Schließung zu entgehen. Alle großen Einkaufszentren – mit Ausnahme der Lebensmittelmärkte – waren bereits vor zwei Wochen geschlossen worden. Die Regierung hat jetzt zumindest eine Schließung aller Baumärkte an Wochenenden angeordnet.

Zu den verschärften Regelungen für den Handel wurde jetzt auch ein Limit für den Aufenthalt von Personen in Läden angeordnet – pro Ladenkasse nicht mehr als 3 Kunden.

 

Abstands-Regelungen und regel-mäßiges Desinfizieren der Hand-flächen von Einkaufswagen ist in den meisten Läden schon die Norm. Mit den neuen Regelungen sind jetzt alle Kunden verpflichtet, Einweg-Handschuhe beim Ein-kaufen zu tragen. Lidl will zudem ab nächste Woche für sein Ver-kaufspersonal Gesichts-Schutz-hauben einführen.

Die Discount-Märkte Biedronka und Lidl haben dies zum Anlass genommen, ihre Öffnungs-Zeiten massiv zu erweitern. Eine Fortsetzung des seit zwei Jahren in Polen herrschenden Konsum-Booms animierend, erklärt Biedronka, dass die von der Regierung eingeführten Regelungen zu langen Schlangen von Kunden geführt haben, die ihre Einkäufe machen wollen. Mit der Verlängerung der Öffnungszeiten wolle man den Kampf gegen die Corona-Epidemie unterstützen. Gleichzeitig werde aber durch längere Öffnungszeiten bei der angeordneten geringeren Zahl von Verbrauchern im Laden den Kunden mehr Komfort beim Einkaufen und auch eine höhere Sicherheit beim Einkaufen geboten, behauptet Biedronka.

 

Sowohl bei Biedronka wie auch bei Lidl beträgt ab heute die Grund-Öffnungszeit in allen Filialen von 6.00 Uhr bis 24.00 Uhr. Lidl geht noch einen Schritt weiter: In den Großstädten bleiben die Märkte rund um die Uhr geöffnet. Wenn man darauf steht, kann man also auch nachts um 3 Uhr bei Lidl einkaufen. Der deutsche Discounter plant deshalb auch zusätzliche Mitarbeiter einstellen.

Der Einkauf rund um die Uhr beginnt bei Biedronka in der Woche vor Ostern. Die Oster-Einkäufe sind etwas Besonderes und wir benötigen mehr Zeit, um sorgfältig Produkte auszuwählen und uns um jede Einzelheit zu kümmern, meint man bei Biedronka in Verkennung der Realitäten der Corona-Krise.

Ostern hat im katholisch geprägten Polen einen besonderer Stellenwert. Auch das erste schöne Frühlingswetter hält viele polnischen Familien nicht davon ab, Ostern mit Jung und Alt in geschlossenen Räumen am gedeckten Tisch zu verbringen, den Gang zur Oster-Messe eingeschlossen. Ein Ablauf in dieser Form dürfte dieses Jahr jedoch zu einer explosionsartigen Ausweitung der Corona-Krise in Polen führen, ist zu befürchten. Das ,,Mehr-Generationen-Leben“ ist in Polen ähnlich ausgeprägt wie in Italien und Spanien. Bei der Bedeutung, die die Oster-Feiertage im polnischen Familien-Leben haben, ist es daher sehr fragwürdig, ob die von der polnischen Regierung angeordneten Kontakt-Sperren auch zu Ostern eingehalten werden.

Gegenwärtig (2.April) sind in Polen 2692 bestätigte Corona-Fälle registriert. 51 Personen sind infolge der Corona-Infektion verstorben.

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Lidl-Kassierer verdienen mehr als junge Ärzte

Die zur deutschen Schwarz-Gruppe gehörenden Handelsketten Lidl und Kaufland haben zum 1.März wieder die Löhne ihrer Mitarbeiter erhöht.

Beim Discounter Lidl erhält das Kassen- und Verkaufs-Personal, das mindestens 1 Jahr beschäftigt ist, jetzt den Starter-Lohn von 3500 bis 4350 Złoty brutto. Bei einer Beschäftigungsdauer von mindestens 2 Jahren erhöht sich der monatliche Brutto-Lohn auf 3700 bis 4600 Złoty (rund 1050 Euro), abhängig vom Standort des Marktes. Das ist oft mehr als ein als ein junger Arzt, der gerade sein Studium beendet hat und zu Anfang im staatlichen Gesundheitswesen erhält. Dies trifft auch auf Lehrer mit Anfangs-Etat und Angestellte im öffentlichen Dienst zu.

Der Discounter Lidl, der in Polen über 700 Märkte betreibt, gehört damit in der polnischen Handels-Branche zu den Unternehmen, die ihren Beschäftigten die höchsten Löhne bieten. Selbst die Nr. 1 im polnischen Discount-Handel Biedronka hält  da nicht mit. Biedronka hatte bereits im Januar eine neue Lohn-Erhöhungsrunde eingeleitet. Bei einer Lohnerhöhung von 100 bis 350 Złoty verdient das Kassen- und Verkaufspersonal bei Biedronka jetzt 3050 bis 3400 Złoty. Mitarbeiter, die bei Biedronka schon länger als drei Jahre beschäftigt sind, kommen auf bis zu 3650 Złoty (~850 Euro).

Biedronka gehört zum portugiesischen Handelskonzern Jeronimo Martins. Während der Umsatz von Lidl in Polen nur rund 5 Prozent des globalen Umsatzes des deutschen Discounters ausmacht (Jahres-Bericht der Schwarz-Gruppe 2018) durchbricht Biedronka in der Bilanz des portugiesischen Handelskonzerns jegliche Verhältnismäßigkeit im internationalen Handelsgeschäft. Jeronimo Martins verdient mit Biedronka mehr als im Mutterland Portugal. Die 3002 Biedronka-Märkte in Polen machen allein zwei Drittel des gesamten Geschäfts-Volumens der portugiesischen Handelsgruppe
aus (67,7 Prozent der Einnahmen).

Zum 1.März hat auch Kaufland die Löhne erhöht. Der Lohn-Erhöhung gingen monatelange Tarifstreitigkeiten zwischen der ,,Freien Gewerkschaft „Jedność Pracownicza“ (Mitarbeiter-Einheit) und dem Kaufland-Vorstand voraus. Zwar agieren Kaufland und Lidl in getrennten selbstständigen Gesellschaften. Allgemein ist bei den Beschäftigten, wie auch bei den Verbrauchern, wahrscheinlich mehr als in Deutschland, in der Wahrnehmung das Wissen verankert, dass beide Ketten mit der Schwarz-Gruppe einen gemeinsamen Eigentümer haben. Dies assoziert auch Vergleichs-Maßstäbe. Die Gewerkschafter bei Kaufland forderten deshalb eine Angleichung der Löhne an die besserbezahlten von Lidl. Zuletzt forderten sie eine Lohn-Erhöhung um 800 Zloty für alle Mitarbeiter von Kaufland. Dies lehnte der Vorstand ab. Nachdem die Verhandlungen auch unter Einschaltung eines vom Arbeits-Ministerium bestellten Mediators im Februar auch ergebnislos endeten, drohte der Handelskette ein Streik-Referendum. Kaufland kündigte daraufhin eine Lohn-Erhöhung zum 1.März um 200 bis 500 Złoty in Abhängigkeit von der Größe und dem Standort des Marktes an. Das Kassen- und Verkaufspersonal kommt damit im Monat jetzt auf 3200 bis 3900 Złoty brutto (rund 900 Euro).

Kaufland betreibt gegenwärtig 213 Einkaufs-Märkte mit insgesamt 16 000 Mitarbeitern in Polen. Mit einem Umsatz von rund 9,9 Mrd. Złoty (Stand 2018) ist Kaufland Polska zu 10,2 Prozent am Gesamt-Umsatz von Kaufland beteiligt.

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Foto:Lidl Polska

Lidl auf drei Stockwerken

Untypisch für einen Discounter –  Lidl hat Ende Januar seinen ersten Markt auf drei Stockwerken in Warschau eröffnet. Eher von außen an ein Kaufhaus erinnernd , ist das sich von den typisch ebenerdigen Funktionalbauten aller Super- und Discountmärkte unterscheidende Bauwerk einzigartig in Polen, und in dieser Form auch in Europa.  Statt der sonst üblichen Parkplätze vor dem Eingang , ist das Parterre gelegene Stockwerk nur für die dort parkenden Fahrzeuge der Kunden reserviert.  Dafür stehen 115 Parkplätze (!) zur Verfügung. Der Markt selbst befindet sich im 2.Stockwerk. Zum Markt kommt man über den Fahrstuhl oder  den rollenden Gehsteig, für dem man heute im modernen Markt-Management den  Anglizismus ,,Travelator“ verwendet .

Foto: Lidl Polska

Die Verkaufsfläche des Marktes umfasst 1400 m. Statt der sonst üblichen engen Gänge in breite Alleen unterteilt. Nicht nur beim Einkauf wurde auf hohen Komfort Wert gelegt. Wie Lidl mitteilt, wurden auch bei der Energie-Effektivität hohe Standards angelegt. Dazu gehört nicht nur die LED-Beleuchtung. Neben Erdwärme-Pumpe wird die von den Kühl-Vitrinen erzeugte Wärme wiederverwendet.  Im dritten Stock des Gebäudes befinden sich Büroflächen.

Auch bei der Anzahl der Mitarbeiter durchbricht Lidl in dem Objekt alle Dimensionen, die man in westlichen Discounter-Märkten in Wahrnehmung der dort Schwerstarbeit leistenden wenigen Mitarbeiter/innen kennt. In dem neuen Warschauer  Objekt sind nach Angaben von Lidl 40 (!) Mitarbeiter/innen beschäftigt.

Insgesamt beschäftigt Lidl rund 18 000 Mitarbeiter in seinen über rund 700 Discount-Märkten in Polen. Nach dem zum portugiesischen Handelskonzern Jeronimo Martins gehörenden Biedronka ist das deutsche Unternehmen zweitgrößter Discounter in Polen. Bei einem Umsatz von 18,3 Mrd. Złoty (Stand 2018) erwirtschaftete Lidl in Polen einen Gewinn von rund 900 Mio. Złoty

Der von den Normen abweichende Lidl-Bau hat seinen Grund. Er befindet sich im Warschauer Stadtteil Wilanów, genauer gesagt  in Miasteczko Wilanów. Nach der Jahrtausend-Wende entstanden ist es das z.Z. größte zusammenhängende Neubaugebiet in Zentraleuropa  mit neomoderner Architektur. Alle z.T. exklusiven Wohnanlagen, von denen viele von ausländischen Bauträgern entwickelt wurden, verfügen über Tief-Garagen. Viele Gebäude sind Penthäuser mit Dachterrassen. In der Mitte des ,,Städtchens“  mit  50 000 Einwohnern steht  das 2016 eingeweihte Pantheon der Göttlichen Vorsehung,  eines der größten Kirchen-Neubauten Europas seit 200 Jahren. Nicht weit entfernt ist der Palast von Wilanów, wo der als Retter Europas bei der Zweiten Wiener Türken-Belagerung (Schlacht am Kahlen Berg) geltende König Sobieski und später der polnische Hoch-Adel residierte.

Die beim Bau der Miasteczko Wilanów verwendeten Materialien und die Gestaltung der Fassaden nehmen teilweise Bezug auf das Schloß.  Der Stadtteil Miasteczko Wilanów ist heute ein, wenn nicht sogar das Symbol  des Erfolgs der neu entstanden Mittelschicht Polens. Und die hat hohe Ansprüche. Dies hat Lidl auch bei der Projekt-Entwicklung  zu spüren bekommen . Das Projekt des Lidl-Markts mußte mehrfach verändert werden, weil eine Bürger-Initative engagiert gegen den Bau eines gewöhnlichen Discounter-Marktes mit Blechfassade eintrat. Wie Aleksandra Robaszkiewicz , Sprecherin von Lidl Polska betont, zeichnet sich jetzt der neue Lidl-Markt  durch eine elegante,  moderne, mehrstöckige Architektur  im Stile des Warschauer Stadtteils aus. Dies kommt auch bei den Kunden an.

Foto: Carrefour

Der neue Lidl-Markt in Warschau verdeutlicht ein weiteres Mal, dass Polen als Experimentierfeld für die Entwicklung neuer Verkaufsformate viel weiter ist, als es deutsche Einkaufs-Touristen bei ihren Besuchen auf den Grenz-Basaren mit ihrer Buden-Kultur wahrnehmen.  So hat z.B. französische  Handelskonzern Carrefour in Warschau seinen ersten Carrefour Express-Laden in einem neuen Selbstbedienungs-Format eröffnet . Der SB-Laden ohne Laden-Personal  ist sieben Tage rund um die Uhr geöffnet. Alle Produkte des Grundbedarfs  werden dort  in Vending-Automaten angeboten.

Noch ein Schritt weiter geht das von einem start up in Poznań entwickelte Ladenkonzept Take&Go, das von seinen Gründern als ,,Laden der Zukunft“ bezeichnet wird. Dabei handelt es sich auf den ersten Blick um einen ganz normalen Markt. Allerdings funktioniert der ohne Personal und Kassen. Um den Laden betreten zu können, muß man vorher eine spezielle App auf sein Smartphone installieren und sich mit seinen persönlichen Daten, einschließlich die der Geldkarte, registrieren. Im Laden selbst nimmt man dann die mit einem speziellen Code gekennzeichneten Produkte aus dem Regal, die an der Ausgangs-Schranke gescannt und damit elektronisch bezahlt werden.

© Magda Szulc/infopol.PRESS