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Diebstahl-Sicherung für Butter bei Kaufland

Foto-Montage: PL-Agentur

Diebstahl-Sicherungen an hochwertigen alkoholischen Getränken sind im Einzelhandel nichts Neues. Das jetzt auch Butter gegen Diebstahl geschützt wird, hat in Polen für Aufsehen gesorgt. Den Anfang hat damit die deutsche Kaufland-Kette in ihren mehr als 235 Märkten in Polen gemacht.

Durch ganz Europa schwappt eine Welle von steigenden Preisen. In Polen ist die Inflation mit 15,5 Prozent im Juni besonders hoch. Bei Backwaren, Milchprodukten und anderen Grundnahrungsmitteln sind die polnischen Verbraucher jetzt mit Preisen konfrontiert, die sie – zumindest die jüngeren Generationen – bisher nicht kannten. Mit den hohen Preisen hat auch die Zahl der Laden-Diebstähle zugenommen. Die wie Lidl zur deutschen Schwarz-Gruppe gehörende Einzelhandels-Kette Kaufland hat darauf als erster Lebensmittel-Händler in Polen reagiert und Butter mit Diebstahl-Sicherungen versehen.

Butter hatte sich im polnischen Einzelhandel im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent verteuert. Butter wird gegenwärtig bei den großen Super- und Discountermarkt-Ketten in Polen im Preis-Segment von 8 bis 13 Zloty je nach Marken-Produkt angeboten. Im Vergleich zu den Preisen in den Lebensmittel-Märkten der Euro-Zone scheint dieses Preis-Niveau erst einmal nicht besonders hoch zu sein. Ist es aber doch, wenn man berücksichtigt, dass das Stück Butter im polnischen Einzelhandel in der Standard-Verpackung von 200 g (in Deutschland 250 g) verkauft wird. Auch der ermäßigte Mehrwertsteuer-Satz für Grundnahrungsmittel wurde im Februar in Polen auf Null heruntergesetzt.

Doch nicht nur Butter wird jetzt bei Kaufland mit Anti-Diebstahlssicherungen geschützt. Auch bei Butter-Ersatz-Produkten wie Streichfetten aus pflanzlichen Ölen mit einem geringen Anteil von Milchfetten, deren Preise bei nur etwas über 3 Zloty liegen (weniger als 1 Euro), sind solche Anti-Diebstahlsicherungen vorzufinden. Wird ein solcher Artikel im nicht deaktivierten Zustand durch die mit Warensicherungsantennen ausgestatteten Ausgänge befördert, wird Alarm ausgelöst.

Wird Butter zum Luxus-Gut?

Wie hoch die Verluste bei Kaufland durch Laden-Diebstähle sind, wollte eine Sprecherin der polnischen Kaufland-Führungscrew nicht sagen. Auch nicht, warum gerade Butter mit Diebstahl-Sicherungen versehen werden. Bei Kaufland wie auch bei allen anderen polnischen Handelsketten sind vor allem Flaschen mit hochwertigen Alkohol gegen Diebstahl gesichert. Auch Verpackungen von Fleisch, wie z.B. teure Steaks, haben Sicherungen, was allerdings bei deren Preis von 60 und mehr Zloty nicht besonders verwundert  Aber Butter ??? Wird Butter damit jetzt zum Luxusgut? Bei Kaufland verweist man darauf, dass die Produkt-Sicherungen helfen sollen, das Risiko von Laden-Diebstählen zu beschränken.

25 000 Laden-Diebstähle registriert

Konkretere Angaben zu den Dimensionen des Laden-Diebstahls hat das Hauptkommando der polnischen Polizei. Wie aus deren Angaben hervorgeht, gab es im vergangenen Jahr in ganz Polen 24 995 registrierte Laden-Diebstähle . Das waren bereits ein Sechstel mehr als das Jahr zuvor. Nach Schätzungen der polnischen Filiale von Checkpoint Systems, einen der weltweit führenden Anbieter u.a. für elektronische Lösungen zur Schadensverhütung und Diebstahl-Sicherung, betragen die Waren-Verluste durch Laden-Diebstahl im polnischen Handel jährlich umgerechnet rund 1,7 Mrd. Euro. Der höchste Anteil entfällt dabei auf den Lebensmittel-Handel, gefolgt von Waren-Häusern und Tankstellen. Beträchtlich und zunehmend ist auch der Diebstahl in Baumärkten.
Über die Zahl der Laden-Diebstähle im ersten Halbjahr dieses Jahres liegen noch keine Angaben vor. Handels-Experten gehen jedoch davon aus, dass durch die rasante Preis-Entwicklung in nahezu allen Waren-Gruppen die Zahl der Laden-Diebstähle noch deutlicher zugenommen hat.

© Magda Szulc / infopol.PRESS

 

Tanken in Polen wird ab 1.Februar noch billiger

Ab 1. Februar wird in Polen die Mehrwertsteuer auf Benzin, Diesel und Lebensmittel gesenkt. Mit der Steuersenkung will die nationalkonservative PiS-Regierung die Gefahr einer in Polen überbordenden Inflation absenken. Das polnische Parlament (Sejm) hat dazu der Vorlage zugestimmt. Ohne Gegenstimmen! Finanz- und Wirtschaftsexperten warnen dagegen vor überzogenen Erwartungen. Die Steuersenkungen werden nur vorübergehend die Inflation dämpfen.

Das jetzt beschlossene Anti-Inflationsschild 2.0 sieht u.a. eine Senkung der Mehrwertsteuer für Benzin und Diesel von 23 Prozent auf 8 Prozent ab 1.Februar vor. Die Steuersenkung soll bis 31. Juli dieses Jahres gelten.
Bei einen gegenwärtigen Großhandelspreis  für Benzin Eurosuper 95 von 4,53 Złoty würde der Preis an der Tankstelle unter Berücksichtigung der Einzelhandels-Marge um rund 0,70 Złoty pro Liter, bei Diesel um 0,50 Zloty, fallen. Kostet Benzin (Eurosuper 95) gegenwärtig an den Tankstellen in der Grenzregion im Durchschnitt 5,81 Złoty/l (1,30 Euro) würde es ab 1.Februar nach Senkung der Mehrwertsteuer im Durchschnitt 4,89 Zloty/l plus Einzelhandels-Marge kosten. Das sind beim gegenwärtigen Wechselkurs umgerechnet rund 1,09 Euro. Vorausgesetzt man zahlt in polnischer Währung! Zahlt man in Euro, zahlt man zu, da in Euro-Preisangeboten in Polen immer eine zusätzliche Gebühr eingerechnet ist.
Die Preiskalkulation für Februar ist allerdings nur von theoretischer Natur.

Steuersenkung könnte schnell ,,verpuffen“

Von größerer Bedeutung als die Mehrwertsteuer-Senkung hat für die Tankstellenbetreiber die Entwicklung der Großhandelspreise in Folge der Preisnotierungen für Erdöl auf dem Weltmarkt. Der Rohölpreis (Brent) ist in den letzten Tagen auf über 85 Dollar gestiegen. Damit liegt er fast auf dem höchsten Preis-Niveau seit drei Jahren. Steigt er noch weiter, dann ist ab 1. Februar ein wesentlicher Teil der Mehrwertsteuersenkung bereits verpufft.
Für deutsche ,,Tanktouristen“ wird dies allerdings kaum eine Rolle spielen. In jedem Fall ist das Tanken in Polen billiger als an der einheimischen Tankstelle. Die Frage ist nur, welche Corona-Regelungen in zwei Wochen an der Grenze zu Polen gelten. Im Vergleich zu Deutschland hat Corona in Polen in den vergangenen Wochen  eine ehe nur untergeordnete Rolle gespielt. Dies könnte sich ändern. Gesundheitsminister Niedzielski hat jetzt davor gewarnt, dass im Zusammenhang mit Omnikron die Zahl der Corona-Infektionen auf bis zu 120 000 pro Tag steigen könnte.

Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel

Neben der Steuersenkung auf Benzin und Diesel wird ab 1.Februar auch die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel von 5 Prozent auf 0 Prozent gesenkt. Dies betrifft u.a. Fleischwaren, Brot und andere Getreideprodukte sowie Obst und Gemüse.
Ebenfalls auf 0 wird die die Mehrwertsteuer auf Dünger, Pflanzenschutzmittel und andere Produkte für die Verbesserung der Bodenkultur gesenkt. Gegenwärtig beträgt hier der Steuersatz 8 Prozent. Hintergrund für die Steuersenkung ist die im vergangenen Jahr eingetretene Verteuerung der Düngemittel. Wegen dem starken Anstieg der Energiepreise (Erdgas) hatten europäische, wie auch polnische Düngemittel-Hersteller ihre Produktion be- bzw. eingeschränkt. In der Folge stiegen die Düngemittel-Preise stark an. Es wird erwartet, dass die Bauern in den nächsten Monaten die Preissteigerungen auf die Agrarprodukte und damit auf die Lebensmittel umschlagen.

Energie-Verteuerung für kleine Betriebe existenzgefährdend

Auch bei den Energieträgern soll nachgelegt werden. Die Mehrwertsteuer auf Gas soll von 8 Prozent auf 0 und Wärmeenergie von 8 auf 5 Prozent gesenkt werden. Im Fall von Strom soll der bereits auf 5 Prozent gesenkte Steuersatz auch nach dem 1.Februar beibehalten werden. Obgleich die Energie-Tarife für Privat-Haushalte von der staatlichen Energie-Aufsichtsbehörde URE auf Kosten der gewerblichen Wirtschaft reguliert werden, sind die Stromtarife für Privathaushalte seit Jahresbeginn im Durchschnitt um 24 Prozent gestiegen. Die Gaspreise haben sich für Privathaushalte um 54 Prozent verteuert. Gewerbliche Abnehmer sind dagegen mit noch drastischeren Preiserhöhungen konfrontiert. Besonders hart trifft es kleine Bäckerbetriebe. Nach Angaben der Wirtschaftskammer in Stettin (Szczecin) sind die Preiserhöhungen bereits für viele Betriebe existenzbedrohend. So berichten kleine Familien-Bäckereien, dass sie für ihre Stromlieferungen anstatt bisher 10 000 Zloty jetzt im Monat 30 000 Zloty bezahlen müssen. Bei der Umrechnung solcher Kosten auf die Preise der Backwaren haben sie keine Chance mehr, ihre Backwaren zu verkaufen.

Immobilienblase auf Kredit-Basis droht zu platzen

Seit Wochen ist die Inflations-Entwicklung das die öffentliche Diskussion beherrschende Thema. Mit 8,6 Prozent hatte Polen im Dezember einen der höchsten Inflationswerte in der EU. Seit dem letzten Jahresquartal des zurückliegenden Jahres hat die polnische Nationalbank NBP damit begonnen, die Leitzinsen anzuheben. Kredite verteuern sich damit. Nicht nur für die Unternehmen. Im vergangenen Jahr haben die Banken mit umgerechnet rund 20 Mrd. Euro eine Rekordsumme an Wohnungs-Krediten ausgegeben. Private Kreditnehmer, die noch zum Niedrig-Zinssatz Kredite für den Kauf einer Immobilie als Wertanlage oder zur Eigenverwendung aufgenommen haben, sehen sich plötzlich mit einer um umgerechnet 100 Euro höheren monatlichen Kreditrückzahlungsrate konfrontiert. Und das ist erst der Anfang! Die Finanzexperten halten eine weitere Erhöhung der Leitzinsen durch die Nationalbank innerhalb kürzester Zeit von gegenwärtig 2,5 Prozent auf mindestens 4 Prozent für notwendig, um die Inflation einzudämmen.
Ministerpräsident Morawiecki hat im Parlament versprochen, dass ein Vier-Personenhaushalt durch die Senkung bzw. Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel rund 53 Złoty im Monat spart. Bei den Kraftstoffen würde der Einsparungs-Effekt 48 Złoty im Monat (etwas über 10 Euro) betragen.
Kritik kommt dagegen aus der Wirtschafts- und Finanzwelt. Die Steuersenkungen hätten nur beschränkten Einfluss auf die Inflationsbekämpfung. Auf Grundlage ihrer Simulations-Modelle rechnen die Banken für den befristeten Zeitraum bis Juli mit einer Eindämmung der Inflation um bis zu 2 Prozent. Sobald die Steuersenkungen wegfallen, werde die Inflation dann aber sofort wieder steigen.

© André Jański / infopol.PRESS