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Deutsche Schiffe – ,,Gefahr für Polens nationale Sicherheit“

Unfassbar! Jahrelang ist Polen entschieden gegen die Erdgasleitung Nord Stream 2 eingetreten und hat keine Maßnahme unterlassen, den Bau der Pipeline zu verhindern, über die russisches Erdgas nach Deutschland und Westeuropa geliefert werden soll. Und dann diese Peinlichkeit! Zwei Schiffe, die am Bau der der umstrittenen Pipeline in der Ostsee beteiligt sein sollen, fahren unter polnischer Flagge!!

 

Unter polnischer Flagge für Nord Stream 2

Die polnische Regierung hat jetzt Maßnahmen getroffen. ,, Die Schiffe sind Eigentum eines deutschen Reeders. Sie werden seit Freitag als Einheiten betrachtet, die gegen die Sanktionen gegen Nord Stream 2 verstossen“, erklärte Grzegorz Witkowski, Vizeminister im Infrastruktur-Ministerium.
Der Minister unterstrich, dass keines der Schiffe, die unter polnischer Flagge fahren, die Interessen des polnischen Staates bedrohen darf. ,,Uns interessiert nicht, was sie transportieren und was sie machen, solange sie nicht die wirtschaftlichen Interessen unseres Landes bedrohen. Aber diese beiden Schiffe wurden in letzter Zeit bei Arbeiten an dem Projekt Nord Stream 2 beobachtet“. Konkret hatten die polnischen Dienste die beiden Schiffe schon seit Januar auf dem Radar. Nach Analyse der von den Sicherheits-Behörden vorgelegten Dokumente habe man deshalb ein Verfahren zur Ausregistrierung die Schiffe aus dem polnischen Schifffahrts-Register eingeleitet. Der Welt (den USA) soll gezeigt werden: Polen habe nichts gemeinsam mit diesen beiden Schiffen. Der Minister warnte: Sollten die beiden deutschen Schiffe im polnischen Hoheits-Gewässern auftauchen, werden sie aufgebracht.

Hamburger Unternehmen im polnischen Radar

Bei den beiden Schiffen handelt es sich um die ,,Krebs Geo“ und ,,Krebs Jet“. Wie Recherchen von infopol.PRESS ergaben, wurden die beiden Schiffe von der Krebs Offshore Shipping Sp. z o.o. angemeldet. Das Unternehmen wurde im September 2010 im polnischen Handelsregister mit Geschäfts-Sitz in Gdynia und Stammkapital von 5000 Złoty eingetragen. Als Geschäftsführer ist der Wismarer Peter Cipra eingetragen. Eigentümer ist die Robert Krebs Gmbh, die zur Hamburger Unternehmens-Gruppe Krebs in Hamburg gehört.
Bei den unter polnischer Flagge fahrenden ,,Krebs Geo“ handelt es sich um ein auf der Elbewerft Boizenburg für das Fischkombinat Sassnitz gebautes Fischerei-Fahrzeug (ehemals SAS 319). 2003 außer Dienst gestellt, wurde es danach komplett neu aufgebaut. Als ,,Krebs Geo“ unter polnischer Flagge mit Heimathafen Gdynia ist es als Unterbringungsschiff, auf dessen Deck auch Ausrüstungs-Gegenstände gelagert werden können, im Einsatz.
,,Krebs Jet“ ist dagegen ein 15 Meter langer High Speed Craft vom Schiffstyp Offshore Tenderboot /Crew-Transferschiff. Laut Marine-Dienst vesselfinder befinden sich ,,Krebs Geo“ gegenwärtig im Rostocker Hafen und ,,Krebs Jet“ im alten Holzhafen von Wismar.
Wie der Direktor des Seefahrts-Amtes in Gdynia Wiesław Piotrzkowski informierte, wurden die Sicherheits-Dokumente der ,,Krebs Geo“und ,,Krebs Jet“ aus Gründen ,,der nationalen Sicherheit“ bereits für ungültig erklärt. ,,De facto können sie damit nicht aus den Häfen auslaufen, da sie noch die polnische Flagge haben“, verkündete Minister Wittkowski. Um die Angelegenheit bis zum Ende zu klären, werde das Außenministerium eingeschalten.

Regierung erleichtert: Biden setzt Blockade-Politik fort

Nachdem seit dem Abgang von Donald Trump die direkten Gesprächs-Kanäle aus dem Weißen Haus nach Warschau verstummt sind, hat die polnische Regierung jetzt mit Erleichterung zur Kenntnis genommen, dass auch die Administration des neuen US-Präsidenten Joe Biden an der von Donald Trump eingeleiteten Politik gegenüber Nord Stream 2 festhält. So hatte US-Außenminister Antony Blinken bei seinem ersten Treffen mit Bundes-Außenminister Heiko Maas einen Stopp der Ostsee-Gaspipeline gefordert. Präsident Joe Biden habe sehr deutlich gesagt, dass er die Pipeline für eine schlechte Idee halte, sagte Blinken in Brüssel. Sie habe das Potenzial, die Interessen der Ukraine, Polens und anderer Partner oder Verbündeter zu untergraben.
Derzeit fehlen noch rund 50 Kilometer an der Fertigstellung der 1200 Kilometer langen Pipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee, über die jährlich 55 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas zum Endpunkt Lubmin bei Greifswald gepumpt werden sollen. Ende 2019 waren die Bauarbeiten an der Pipeline gestoppt worden, nachdem die USA ein erstes Sanktionsgesetz gegen die Pipeline-Verlegeschiffe in Kraft gesetzt hatten.

Wunschtraum: Polen als internationaler Player im Erdgas-Geschäft

Nord Stream 2 schade Europa, das sich bei der Energieversorgung in Abhängigkeit von russischen Erdgas begebe, argumentieren die Befürworter der Sanktionen. Die Ukraine werde dadurch vom europäischen Energiemarkt abgekoppelt. Kritiker verweisen dagegen darauf, dass die Sanktionen gegen die Pipeline durch das Interesse der USA motiviert sind, ihr eigenes Erdgas in Europa zu verkaufen. Wohin? Vor allem nach Polen und Litauen. Der staatliche polnische Erdgas-Versorger PGNiG hatte dazu in der Amtszeit von Donald Trump mit dem US-Konzern Cheniere Energy langfristige Verträge über die Lieferung von 40 Mrd Kubikmeter Erdgas aus den USA bis zum Jahre 2042 unterzeichnet. Zusammen mit den LNG-Gaslieferungen aus dem Emirat Katar und norwegischen Erdgas über die Ostsee-Pipeline Baltic Pipe (Fertigstellung 2022) soll Polen zum Gas-Hub in Europa aufgebaut werden, vom dem aus die Nachbarländer, vor allem die Ukraine, mit Erdgas aus Polen versorgt werden sollen.

Mit deutschen Schiffen unter polnischer Flagge, die an Nord Stream 2 beteiligt sind, sieht sich Polen in seiner Glaubwürdigkeit gegenüber den amerikanischen Partnern empfindlich getroffen. Dass es sich dabei nur um Schiffe handelt, die Frühstücks-Sandwiches u.a. für die Arbeiter auf hoher See anliefern, ist für Polen dabei zweitrangig.

© Andreas Höfer / infopol.PRESS