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Corona-Impfstationen auf Friedhöfen eingerichtet

Symbolbild Foto: PL-Agentur

Eine Impfung gegen Covid-19 auf dem Weg zum Grab? Kein Scherz! Am Haupteingang von Polens größten Friedhof, den Zentralfriedhof von Stettin (Szczecin), wurde jetzt ein Impf-Stützpunkt eingerichtet. Friedhofs-Besucher können sich dort gegen Corona impfen lassen. Das Gleiche auch in Breslau (Wroclaw).

In diesen Tagen, da Menschen sterben, weil sie nicht geimpft sind, kann die Impfung am Friedhof eine Reflexion auf die Zerbrechlichkeit des Lebens sein, was die Skeptiker zu einer Impfung bewegen könnte, meinen die Initiatoren der ungewöhnlichen Impfstandorte. Die Impf-Stützpunkte sind allerdings nur die nächsten Tage bis zum 1.November geöffnet. An dem Tag herrscht dann in ganz Polen wieder Ausnahmezustand. Am 1.November ist der katholische Feiertag Allerheiligen, an dem man traditionell in Polen der Verstorbenen gedenkt. Ganz Polen kommt dann an den Gräbern zusammen.

Allerheiligen ist aber nicht nur ein Tag der Andacht. Riesengroße Menschentrauben drängen sich dann über die Friedhofs-Wege. Auf manchen Friedhöfen, insbesondere in der Kleinstadt-Provinz, ist der Gräberbesuch ein regelrechtes Schaulaufen. Sehen und gesehen werden, heißt da die Devise. Da sieht man in Festtagskleidung herausgeputzte Damen, junge Frauen im heiratsfähigen Alter, die in hochhakigen Pumps und gewagter Marken-Kleidung die Blicke auf sich ziehen. Nebenher stapfend mit Würde, aber voller innerer Ungeduld auf die Feierlichkeit nach dem Gräberbesuch wartende Männer. Im Schlepptau quengelnde Kinder und Jugendliche, denen mehr der Sinn nach einer anstehenden Halloween-Party mit Freunden steht.
Auch den Ständen vor den Friedhöfen herrscht Menschen-Gedränge. Für die Händler ist es der wichtigste Tag im Jahr. Der Markt für Grableuchten hat in Polen einen Wert von rund 1 Milliarde Zloty, rund 200 Mio. Euro. Bis zu 70 Prozent ihres Jahres-Umsatzes machen die Verkäufer an und um den Allerheiligen. Vor und auf den Zufahrtstrassen zu den Friedhöfen kilometerlange Staus. Um den Blechlawinen Herr zu werden, wird zur Unterstützung der Polizei auch mancherorts Militär-Gendarmerie eingesetzt. Für die Polizei selbst ist der 1.November ein ,,Großkampftag“. In und um den 1.November gibt es die meisten Unfälle mit alkoholisierten Fahrern am Steuer.

Bereits 120 Fälle mit der neuen Corona-Mutante AY 4.2.

Ob die Erwartungen mit den Impfstützpunkten an den Friedhöfen in Verbindung mit den Massenpublikumsverkehr um den 1.November aufgehen, ist bislang noch offen. Der Zuspruch an den ersten Tagen ihrer Öffnung war bislang verhalten. In Polen hat die Zahl der Corona-Infektionen wie auch in anderen Ländern inzwischen drastisch zugenommen. Gegenwärtig beträgt die Zahl Corona-Fälle durchschnittlich bei 5000 pro Tag mit steigender Tendenz. Als entscheidend bewertet Gesundheitsminister Adam Niedzielski die Entwicklung in der letzten Oktober-Woche. ,,Wenn wir Ende Oktober mehr als 7000 neue Corona-Fälle pro Tag haben, dann muss man über schärfere Restriktionen nachdenken“, sagte Niedzielski. Einen erneuten Lockdown die Regierung allerdings aus.

Sorgen macht dem polnischen Gesundheitsministerium auch die Feststellung der noch relativ wenig bekannte Corona-Mutante AY 4.2. Während bei den bisherigen Corona-Varianten von der Infektion bis zum Auftreten der Symptome 7 bis 10 Tagen vergehen, verkürzt sich der zeitliche Verlauf bei der neuen Variante auf 4 bis 7 Tage. Die Patienten kommen einige Tage nach der Infektion in einen sehr schlimmen Zustand in die Intensivstationen der Krankenhäuser, sagte der Gesundheitsminister. Bisher habe man 120 Fälle der Corona-Mutante AY 4.2 in Polen festgestellt.
Bisher sind in Polen 19,6 Mio. Personen gegen Corona geimpft. Dies entspricht über 60 Prozent der Bevölkerung im Alter von über 18 Jahren.
Mit Beginn der letzten Oktober-Woche hat die benachbarte Tschechische Republik Polen neben Holland auf die Liste der Staaten mit hohem Epidemie-Risiko gesetzt.

© Magda Szulc / infopol.PRESS