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Polnische Milliardäre bauen Atomkraftwerk im Braunkohle-Revier

Foto-Montage: PL-Agentur / PAK Pątnów

Die polnischen Privat-Unternehmer Michał Sołowow und Zygmunt Solorz haben einen Vertrag zur Gründung eines gemeinsamen Unternehmens unterzeichnet, das ein Atomkraftwerk in Pątnów nahe der zentralpolnischen Stadt Konin bauen wird.
Das Atomkraftwerk soll auf der Basis von kleinen modularen Kernreaktoren vom Typ BWRX-300 arbeiten, die von General Electric und Hitachi entwickelt wurden. Dabei handelt es sich um Siedewasser-Reaktoren, die sowohl Strom, wie auch Wärmeenergie erzeugen. In der Planung sind vier bis sechs SMR-Reaktoren mit einer Leistung von jeweils 300 MW.
,,Die globale Erwärmung ist leider ein Fakt. Der Kohle-Ausstieg ist eine Notwendigkeit, die nicht nur aus der Sorge um den Planeten hervorgeht, sondern auch aus den realen Bedürfnissen der Wirtschaft und der Kosten-Effektivität“, sagte der Milliardär Michał Sołowow bei der Vertragsunterzeichnung. Nach seiner Auffassung sei die natürliche Antwort auf diese Krise moderne Atom-Technologien, ,,die sich jedoch stützen auf in der Vergangenheit geprüfte Lösungen. Wenn wir uns weiter im schnellen Tempo entwickeln und eine immer vermögendere Gesellschaft werden wollen, die weitere ausländische Investitionen nach Polen zieht, dann brauchen wir den Zugang zu einer preislich attraktiven Energie“, setzte Sołowow mit Blick auf die Strompreise im polnischen Großhandel hinzu, die inzwischen zu den höchsten in Europa gehören und für die die Unternehmen aufkommen müssen.
Die gemeinsame Unternehmung der Milliardäre Sołowow und Solorz baut auf die Aktiva der Kraftwerks-Gruppe ZE PAK auf. Der von Solorz kontrollierte Energie-Produzent war bisher der zweitgrößte Braunkohle-Verstromer in Polen. Im vergangenen Jahr hatte der Aufsichtsrat der Unternehmensgruppe beschlossen, vorfristig und endgültig aus der Kohle auszusteigen.
Vertragspartner der PAK für das gemeinsame Unternehmen ist die Innovation Impulse GMBH mit Sitz in Wien, deren alleiniger Eigentümer Michał Sołowow ist. An der Unternehmung ist auch die die Argumenol Investment Company Limited mit Sitz in Nicosia und die Synthos Green Energy S.A. mit Sitz in Warschau beteiligt. Auch diese Unternehmen gehören jeweils zu Solorz und Sołowow.
Die beiden Privat-Unternehmer nehmen seit Jahren im Forbes-Ranking der reichsten Polen eine der vordersten Plätze ein. Neben Beteiligungen an Industrie-Unternehmen wie der ZAK-Kraftwerke hatte sich Solorz vor allem mit dem Aufbau der Unternehmensgruppe Polsat Plus in Polen einen Namen gemacht. Zu der Unternehmensgruppe gehören u.a. der private Fernsehsender Polsat und der Betreiber des Mobilfunknetzes Plus.
Zum Firmen-Portfolio von Sołowow gehören dagegen neben Beteiligungen in der Verpackungs- und Immobilienbranche und Investitionen in der Keramik- und der Parkettboden-Industrie (Barlinek) die Synthos-Gruppe, die der größte Hersteller von synthetischen Kautschuk und von aufgeschäumten Polystyrol (EPS) in Europa ist.

Exklusiv-Vertrag mit GE Hitachi Nuclear Energy Americas LLC 

Die Synthos Gruppe hatte bereits 2019 mit der GE Hitachi Nuclear Energy Americas LLC eine Absichtserklärung zur Einführung des Baus von Kernreaktoren vom Typ BWRX-300 in Polen unterzeichnet, der im Sommer vergangenen Jahres eine strategische Kooperations- und Exklusivitätsvereinbarung folgte. In der gemeinsamen Unternehmung kommt der Synthos Green Energy auch die Aufgabe zu, mit der Nationalen Atomenergiebehörde (PAA) Polens den Dialog mit der Zielstellung zu führen, den Bau eines Kernkraftwerks in Polen auf Basis der BWRX-300-Technologie im Zeitraum von 2025 bis 2030 zu ermöglichen.
Größtes Hindernis für die Einhaltung dieses Zeitplanes sind die die notwendigen Zertifizierungs-Verfahrens. Bisher ist die SMR-Technologie in den USA noch nicht zertifiziert. Am schnellsten ist mit einer Zertifizierung in Kanada zu rechnen. Danach müsste aber die Technologie in Europa zertifiziert werden, bevor die polnischen Behörden in die Genehmigungsverfahren einsteigen können.

Staat plant drei Kernkraftwerke

Die ambitionierten Pläne der polnischen Unternehmer bringen auch die Regierung in Warschau in Zugzwang. Seit nunmehr über zehn Jahren wird in Warschauer Regierungskreisen an Analysen, Konzeptionen und Plänen zum Bau des ersten Atomkraftwerks in Polen gearbeitet. Die neueste Version des Atomenergieprogramms der Regierung sieht den Bau von sechs Kernreaktoren mit einer Leistung von 6 bis 9 GW vor, die in 20 Jahren rund 20 bis 25 Prozent der polnischen Energie-Erzeugung sicher stellen sollen.
Als Standorte für die drei Kernkraftwerke wurde die Gegend um Żarnowiec an der Ostseeküste sowie die Braunkohle-Standorte Belchatow und eben auch Pątnów in die engere Auswahl genommen. Entscheidungen und Beschlüsse sind aber bis heute noch nicht getroffen worden. In einer Mitteilung des neuen Unternehmens beeilte sich deshalb der Vorstandschef von ZE PAK, Piotr Woźny, zu erklären: ,,Unsere Pläne stehen nicht in Konkurrenz zu den Plänen des Staates. Die SMR-Kernreaktoren ersetzen nicht die große staatliche Energiewirtschaft. Sie können aber dazu eine großartige Ergänzung darstellen“.

© André Jański / infopol.PRESS