Schlagwortarchiv für: Erdölförderung Polen

Neue Erdgas-Förderstätte an der Grenze zu Deutschland

Foto: PGNiG

Der polnische Erdgas-Versorger PGNiG hat jetzt hat mit der Erschließung einer weiteren Erdgas- und Erdölförderstätte in der Nähe zur deutschen Grenze begonnen. Das Förderfeld befindet sich wenige Kilometer östlich des Grenzübergangs Kostrzyn entfernt. Bereits in den 90er Jahren hatte PGNiG östlich der Oder im Süden von Kostrzyn Erdgas erschlossen. Seit längerer Zeit fördert der polnische Erdgas-Konzern auch Erdgas und Erdöl nordöstlich von Kostrzyn bei Dębno.
Bei der jetzt begonnenen Ausbeute der Lagerstätte Kamień Mały in der an Deutschland angrenzenden Wojewodschaft Lubuskie sind Vorkommen von rund 0,7 Mio. t Erdöl und rund 130 Mio. m3 Erdgas dokumentiert. Die jährliche Förderleistung wird von der PGNiG mit 3,6 Mio. m³ Erdgas und 24 000 t Erdöl angegeben.
Im Vergleich zu den beiden größten Förderstätten der PGNiG in Polen, die sich ebenfalls in der Grenz-Wojewodschaft Lubuskie befinden – im Norden Dębno und im Osten Lubiatowo/ Międzychód – ist dies eine relative bescheidene Größe. Für die Ausbeute der Lagerstätte Kamień Mały spricht jedoch die sehr gute Infrastruktur zur Bewirtschaftung.

Die Anlagen-Installation in der Lagerstätte bilden ein sogenanntes Gruppen-Zentrum, das mit vier Bohrlöchern verbunden ist. Das mit dem Erdgas geförderte Erdöl wird über eine geschlossene Pipeline 20 Kilometer weiter an das PGNiG-Zentrum südlich von Kostrzyn weitergeleitet. Dort wird das Erdöl vom Erdgas getrennt. Das Erdgas strömt über eine Gasleitung zu dem nördlichen Bergwerk Zielin, wo es nach Zuführung der Handels-Parameter in Vertrieb weitergeleitet wird. Das Erdöl wird dagegen mit Tankwagen auf der Straße zum Bahn-Vertriebslager der PGNiG bei Dębno transportiert, wo es in Kessel-Waggons umgeschlagen wird.

Der staatliche Erdgas-Versorger PGNiG betreibt insgesamt 52 Untertagebau-Betriebe zur Förderung von Erdgas und Erdöl in Polen. Die meisten davon sind im Südosten des Landes im Grenzgebiet zur Ukraine. Darunter befindet auch die Förderstätte Bóbrka bei Krosno. Sie gilt als Wiege der internationalen Erdölindustrie. 1854 wurde hier auf Initiative des Apothekers und Naturforschers Ignacy Łukasiewicz der erste Untertagebau-Erdölförderbetrieb der Welt eröffnet.
Ungeachtet der 34 von 52 Förderstätten in Südost-Polen entfällt der größte Anteil der Landesproduktion an Erdöl und Erdgas auf Westpolen und dabei auf die an Deutschland angrenzende Wojewodschaft Lubuskie mit den beiden größten Förderstätten bei Dębno und Lubiatowo. Mit 480 000 t im vergangenen Jahr produzierten diese bei Erdöl drei Viertel der Landesproduktion.
Für die Erhöhung von deren Produktion hatte die PGNiG bereits im vergangenen Jahr Investitionen in Höhe von 750 Mio. Złoty eingestellt. Der Ukraine-Krieg und die Lieferstopps und Beschränkungen bei Erdgas und Erdöl haben die Investitionen zur Verdopplung der Produktion noch beschleunigt.
Insgesamt entfallen rund 15 Prozent des Erdgas-Verbrauches in Polen auf die Förderung des Rohstoffes im Inland.

Langfristig geplante Umstellung auf LNG-Flüssig-Gas

Foto PL-MVI-Agentur

Foto PL-MVI-Agentur LNG Hafen Tanks

Zur Reduzierung der Abhängigkeit von russischen Erdgas hat Polen bereits 2015 den LNG-Gashafen auf der östlichen Seite der Insel Usedom in Świnoujście (Swinemünde) in Betrieb genommen.

Schon 2012 wurde mit dem Emirat Katar ein langfristiger Vertrag zur Belieferung von Swinemünde mit verflüssigten Erdgas (LNG) unterzeichnet.

2017 lief der erste LNG-Gastanker aus den USA Swinemünde an. Seitdem haben sich die LNG-Lieferungen aus den USA schrittweise erhöht.

Nach Angaben der PGNiG kann das LNG-Terminal ab diesem Jahr die Ladungen von LNG-Gastankern übernehmen, die nach der Regasifizierung der Menge von 6,2 Mrd. m³ Erdgas entsprechen.

Aufbau einer eigenen LNG-Tankerflotte

Mit dem Aufbau einer eigenen LNG-Tankerflotte will die PGNiG zu einem ,,Big Player“ im Erdgas-Geschäft aufsteigen. Nachdem bereits auf einer südkoreanischen Werft der LNG-Tanker mit den Namen ,,Lech Kaczyński” zu Wasser gelassen wurde, ist Anfang Juni das zweite, von der PGNiG bestellte LNG-Tankschiff auf Kiel gelegt worden.

Die PGNiG hat insgesamt acht LNG-Tankschiffe bestellt, die bis zum Jahre 2025 schrittweise ihren Betrieb aufnehmen werden. Alle bestellten Tankschiffe haben ein Ladevermögen von 174 000 m³ verflüssigten Erdgas. Nach der Umwandlung in den gasförmigen Zustand entspricht diese Menge 100 Mio. m³ Erdgas. Gegenwärtig beträgt der Erdgas-Verbrauch in Polen rund 20 Mrd. m³ . Das ist rund die 200fache Menge einer Tankschiff-Ladung.

LNG-Tankschiff für den polnischen Erdgasversorger in Südkorea zu Wasser gelassen. Foto: PGNiG

Die LNG-Gastanker-Flotte der PGNiG soll vorrangig für die Bedienung der langfristig abgeschlossenen Verträge für den Kauf von LNG-Gas aus den USA eingesetzt werden. Die bislang abgeschlossenen Verträge mit den US-amerikanischen Unternehmen sehen die Lieferung von 9 Mrd. m³ Erdgas (nach der Regasifizierung) pro Jahr vor.
Davon wurde der größte Teil nach der Formel free-on-board vereinbart, d.h. die PGNiG ist selbst für den Transport des LNG-Gases verantwortlich. Dies eröffnet für den polnischen Erdgas-Versorger die Möglichkeit, flexibel auf den internationalen Märkten als Händler aufzutreten und schon während des Abtransports seine Tankschiffe statt zum heimischen LNG-Gashafen in Swinemünde (Świnoujście) in Gashafen bzw. LNG-Terminals anderer Länder umzuleiten.
Die Tankschiffe werden auf der Grundlage von langfristig unterzeichneten Charter-Verträgen mit der norwegischen See-Reederei Knutsen OAS Shipping und der griechischen Maran Gas Maritim betrieben.

Infrastruktur fertiggestellt – Es fehlt nur das Gas

Von wesentlicher Bedeutung für die Gasversorgung in Polen ist die Ostsee-Pipeline ,,Baltic Pipe“. Ab 1.Oktober soll durch die Pipeline Erdgas aus Norwegen fließen. Erst vor einigen Tagen ist die rund 190 Kilometer lange Anschluss-Leitung zu Lande vorfristig fertiggestellt worden. Ab dem kommenden Jahr sollen über die Baltic Pipe 10 Mrd. m³ Erdgas nach Polen
fließen. Dies ist genauso viel, um die bisherigen russischen Lieferungen zu ersetzen.

Die fertige Rohr-Infrastruktur ist jedoch nur die eine Seite der Medaille. Die Frage, die Energie-Experten in Polen bewegt, ist, ob denn überhaupt Gas in der genügenden Menge durch die Pipeline nach Polen fließen kann.
Die Baltic Pipe ist eine von West nach Ost über das dänische Territorium verlaufende Anschluss-Leitung an die seit Jahren bestehende Gasleitung Europipe 2, über die Erdgas aus Norwegen direkt nach Deutschland fließt. Der deutsche Bundeswirtschafts-Minister Robert Habeck hatte unlängst in einem öffentlich wenig beachteten Nebensatz darauf hingewiesen, dass damit ein ,,Y” in der Gas-Leitung aus Norwegen entsteht, was eine Konkurrenz-Situation für die Erdgasversorgung in Deutschland aus Norwegen schafft. Bezeichnend für die Situation in diesem Zusammenhang ist eine Bemerkung des ehemaligen Vorstandschefs des staatlichen polnischen Erdgas-Versorger PGNiG, Marek Kossowski, in den sozialen Medien: ,,Allein der Fakt des Baus von Baltic Pipe wird nicht einmal um einen Kubikmeter die Menge an dem durch die Europipe 2 gepresste Menge an Erdgas erhöhen” Es sei noch völlig ungewiss, ob es gelingt, irgendeinen von den bisherigen Käufer des Gases aus dem Hauptrohr der Europipe 2, an dem Baltic Pipe angeschlossen ist, zu kegeln.

Der polnische Erdgas-Versorger PGNiG fördert zwar selbst auf der Grundlage von 58 Gas-Konzessionen Erdgas im norwegischen Schelf. In seiner Jahresprognose erwartet der Konzern in diesem Jahr dort die Förderung von 2,5 Mrd. m3. Woher und von wem die restliche 7 Mrd. m³ Erdgas kommen, die in einigen Monaten für die Befüllung der neuen Gasleitung Baltic Pipe benötigt werden, ist trotz vollmundiger Politiker-Versprechen eine weiterhin offene und drängende Frage.

© André Jański / infopol.PRESS