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Polens zweitgrößte Online-Plattform Shopee gibt auf

Nach 18 Monaten rasanter Entwicklung zum zweitgrößten Online-Verkaufsportal im polnischen Internet hat die E-Commerce-Plattform Shopee jetzt wieder ihren Rückzug aus Polen vermeldet. Das Unternehmen aus Singapur begründete das Ende seiner Tätigkeit in Polen mit der ,,bedeutenden makroökonomischen Unsicherheit in der Region“.

Freitag der 13. Nicht nur für Abergläubische ein Unglückstag. Auch für manchen der Millionen Besucher und der 60 000 polnischen Händler, die bei Shopee unterwegs waren. Ab dem 13.Januar um 23.59 Uhr kann man bei Shopee keine Bestellungen mehr aufgeben, gab der asiatische E-Commerce-Händler bekannt. Polen wird abgeschalten.
Shopee erklärt seine Entscheidung mit der ,,bedeutenden makroökonomischen Unsicherheit der Region, die eine Bewertung der Entwicklungs-Möglichkeiten in langfristiger Perspektive beeinträchtigt“. Gemeint sind mit dieser schwammigen Erklärung wohl die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges. Man werde sich auf für das Unternehmen vielversprechendere Möglichkeiten konzentrieren, heißt es in der Mitteilung des Unternehmens, das erst vor 18 Monaten zum Sturm auf den polnischen Internet-Markt ansetzte.
2015 mit Sitz in Singapur gegründet, setzte Shopee als einer der größten Player im asiatischen E-Commerce-Markt auch zur Expansion auf die Märkte außerhalb von Asien an. Neben sechs Ländern in Asien ist das zu dem an der New Yorker Börse notierten multinationalen Technologie-Unternehmen Sea Ltd. gehörende Unternehmen auch in Ländern Mittel- und Südamerikas vertreten.

Trotz oder gerade wegen großer Anzahl von Markenfälschungen große Kunden-Resonanz

Im September 2021 ist Shopee dann auch mit einer eigenständigen Vertretung und Plattform in Polen gestartet. Für die etablierten Online-Plattformen wie Allegro, Amazon und Aliexpress war Shopee mit seiner aggressiven Marketing- und Preispolitik von Anfang an der größte Störenfried. Mit dem anfänglichen Verkauf ohne Erhebung von Provisionsgebühren und dem Angebot zum kostenlosen Versand ohne Mindest-Bestellwert zog Shopee polnische Verkäufer und Käufer in Scharen an. Dass Shopee wiederholt im jährlichen Review of Notorious Markets for Counterfeiting and Piracy der US-Behörde USTR wegen Produkt-Piraterie und der großen Anzahl von Fälschungen auf der Plattform in der Kritik stand, war für die polnischen Käufer kein Thema.

Mit 11 Mio. Besuchern noch vor Amazon

Nach Angaben von Mediapanel war das polnische Portal von Shopee zuletzt mit monatlich knapp 11 Mio. Besuchern hinter Allegro (21,048 Mio. /Stand November) das zweitgrößte Verkaufsportal in Polen, nahezu gleichauf mit Aliexpress mit 10,54 Mio. Mit 9,123 Mio. Besucher folgte dann erst Amazon (November).
Als Shopee im Sommer Provisionsgebühren und Versand-Zuzahlungen für die Verkäufer einführte, hatte Shopee bereits über 53 000 polnische Verkäufer, die nach Angaben des Unternehmens über 50 Prozent der Umsätze auf dem polnischen Shopee-Portal generierten. Mit der nochmaligen Erhöhung der Gebühren und der Schließung der polnischen Shopee-Niederlassung deutete sich dann aber bereits das Ende des asiatischen Verkaufsportals in Polen an.

© André Jański / infopol.PRESS

881 Mio. Euro-Deal – Allegro zeigt Amazon die Nase

Allegro, Polens Nr. 1 im Online-Handel, kauft für 881 Mio. Euro die Mall Group und den Logistikdienstleister WE|DO. Mit der Übernahme verschafft sich Allegro Zugang zu den Märkten in Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Slowenien und Kroatien.

Knapp ein Jahr nach seinem erfolgreichen Börsen-Start hat sich Polens führendes Online-Auktionshaus Allegro jetzt mit der Übernahme der Mall-Group wieder etwas Luft gegenüber seinem Verfolger und Konkurrenten Amazon verschafft. ,,Gemeinsam mit der Mall Group können wir jetzt mit unserem Angebot zu anderen Teilen Europas vordringen“, sagte François Nuyts, Vorstandschef von Allegro nach Abschluss des Kaufvertrages. Für 135 000 Händler biete sich jetzt die Möglichkeit, ihre Produkte auf einer Plattform in Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Slowenien und Kroatien und weiteren Ländern Mittelosteuropas anzubieten und zu verkaufen.
Die Mall Group mit Hauptsitz in Prag ist im Bereich digitaler E-Commerce-Services für internationale Märkte aufgestellt. Zu ihren Geschäftsfeldern gehören traditionelle Online-Shops mit integrierter Logistik, ein eigener Internet-TV-Sender und Consumer-Finance-Services für Online-Shopping. Das Unternehmen beschäftigt 4000 Mitarbeiter in zehn Ländern. 2020 betrug der Umsatz über 1 Mrd. Euro. Der Logistikdienstleister WE|DO ist auf Paket-Zustellungen in Tschechien und der Slowakei spezialisiert.
Der Preis der von der Investmentgruppe Rockaway Capital als Hauptaktionär und der PPF Group sowie der EC Investments erworbenen Vermögenswerte der Mall Group und der WE|DO wurde auf 881 Mio. Euro festgelegt. Wie die Mall Group mitteilt, könne sich der Preis beim Erreichen bestimmter kurzfristiger Ziele um weitere 50 Mio. Euro erhöhen.
Nach offizieller Bekanntmachung der Übernahme schnellte der Aktienkurs von Allegro an der Warschauer Börse um über 10 Prozent nach oben. Der Aktien-Kurs von Allegro kam zuletzt ins Trudeln, nachdem Amazon am 12. Oktober sein Prime-Programm in Polen mit halbjähriger Verspätung zugänglich machte. Der Online-Riese Amazon, der seit 2014 über 10 Vertriebszentren in Polen aufgebaut hatte, die vorrangig den deutschen Markt bedienten, war im Frühjahr dieses Jahres mit einer eigenständigen polnischen Handelsplattform gestartet.

Zuwächse trotz Amazon-Konkurrenz

Erwartungen und Prognosen, dass Amazon Polens beliebtester Handelsplattform Allegro den Boden unter den Füssen wegziehen wird, haben sich allerdings bislang noch nicht bestätigt. Allegro verzeichnete im zweiten Jahresquartal einen Anstieg des Gesamtwertes der verkauften Produkte (GMV) um knapp 11 Prozent auf 10,4 Mrd. Złoty (im gesamten Geschäftsjahr 2019/2020: 28,4 Mrd. Złoty). Der Netto-Gewinn stieg auf 296 Mio. Złoty gegenüber 185 Mio. Złoty im gleichen Quartal des Vorjahres.
Auch bei den Kunden hat Allegro zugelegt. Nach Angaben von Mediapanel Gemius kam Allegro im September auf 17,622 Mio. Nutzer. Im gleichen Zeitraum erzielte amazon.pl 2,758 Mio. Nutzer. Zwischen den beiden Rivalen im polnischen E-Commerce-Markt ist allerdings mit dem chinesischen aliexpress noch ein dritter Anbieter platziert. Die Zahl der polnischen Nutzer von aliexpress.com betrug im September 5,052 Mio. Im August waren es dort noch über 6 Mio.

Allegro startet eigenes Paketstations-Netz. Fotos: Allegro

Inwieweit das von Amazon im Oktober geschaltete Premium-Programm beim polnischen Internet-Kunden Wirkung zeigt, bleibt abzuwarten. Allegro selbst hat mit der Absenkung des Mindestbestellwertes für kostenlose Lieferungen im Rahmen seines Smart-Programmes darauf reagiert.
Unter der Bezeichnung ,,on Box by Allegro“ hat das Unternehmen jetzt auch in der ersten November-Woche die ersten eigenen Paket-Automatenstationen eröffnet. Mit der Auslieferung von Paketen an Paket-Stationen ist Polen ohnehin europaweit führend (über 14 000 Stationen landesweit). Allegro will darüber hinaus ein eigenes Stations-Vertriebsnetz aufbauen. Gegenwärtig stehen den Käufern von Allegro 600 grüne Abhol-Automaten vorrangig in den Großstädten zur Verfügung. Bis Ende kommenden Jahres soll deren Zahl landesweit auf 3000 erhöht werden.

© André Jański / infopol.PRESS