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US-Angebot für Kern-Reaktoren in Polen vorgelegt

Die Angebote der französischen EDF und des koreanischen Konzerns KHNP liegen bereits seit Monaten vor. Jetzt hat auch der US-Konzern Westinghouse als letzter Bieter sein lange erwartetes Angebot für Kern-Reaktoren in Polen abgegeben. Im Oktober will nun die Regierung in Warschau entscheiden, wer das erste Kernkraftwerk in Polen baut.

3000 Seiten umfasst der Concept Execution Report, den US-Botschafter Mark Brzezinski jetzt offiziell an die polnische Klima- und Umweltministerin Anna Moskwa übergeben hat. Die „detaillierte Roadmap“ wurde gemeinsam mit den US-Konzernen Westinghouse und Bechtel erstellt und soll die amerikanische Nukleartechnologie AP1000 mit den Erwartungen des polnischen Kernenergieprogramms in Einklang bringen. Das amerikanische Angebot umfasst den Bau von sechs Druckwasser-Reaktoren (PWR – Pressurized Water Reactor). Dies entspricht der im polnischen Kernenergie-Programm formulierten Zielstellung. Laut dem polnischen Regierungsprogramm zur Energiepolitik soll der erste Atomenergie-Block im Jahre 2033 mit einer Leistung von rund 1 bis 1,6 GW in Betrieb gehen. Danach sollen im Zeitraum von zwei bis 3 Jahren weitere Blöcke folgen. Insgesamt sind im polnischen Kernenergie-Programm der Bau von sechs Atomenergieblöcken mit einer Gesamtleistung von bis zu 9 GW geplant. Die polnische Regierung erwartet auch, dass der künftige Partner 49 Prozent an einer gemeinsamen Kernkraftwerks-Gesellschaft übernimmt und außer der Lieferung der Kernkraftwerks-Technologie auch die Finanzierung beisteuert.
Bei dem APR 1000 von Westinghouse handelt es sich um einen Druckwasser-Reaktor der III. Generation. Er verfügt über ein passives Notkühlsystem, das ohne Strom funktioniert. Im Unterschied zu anderen Kernkraftwerken ist er beim Abschalten der nuklearen Kettenreaktion zur Kühlung der Nachzerfallswärme nicht auf eine funktionierende Stromversorgung angewiesen.
Der erste APR 1000 wurde 2018 im chinesischen Kernkraftwerk Sanmen in Betrieb genommen. Statt der geplanten 4 Jahre dauerte die Bauzeit 9 Jahre. Gegenwärtig sind weltweit sind vier Reaktoren dieses Typs in Betrieb, alle in China. Zwei weitere sollen in den nächsten Monaten in den USA an den Start gehen.

Baubeginn ab 2026?

Unbeeindruckt von dem sich schließenden Zeitfenster zeigte sich Klima- und Umweltministerin Moskwa gegenüber dem TV-Sender Polsat optimistisch, dass der Zeitplan der Regierung für die Inbetriebnahme des ersten Kernkraftwerks 2033 eingehalten wird. «2026 ist weiterhin als Zeitpunkt des Baubeginns realistisch ».
Entsprechend den vertraglichen Regelungen mit den USA habe die Regierung jetzt 30 Tage Zeit, das vorgelegte Dokument zu analysieren und eine Entscheidung zu treffen. Das 3000 Seiten umfassende Konzept der Amerikaner sei anders als die von den Koreanern und Franzosen vorgelegten Dokumente, die «nicht ein solches verbindliches wirtschaftliches Angebot» darstellen.
Der französische Energiekonzern EDF hatte bereits im vergangenen Jahr der polnischen Regierung den Bau von 4 bis 6 seiner EPR-Druckwasserreaktoren der dritten Generation zum Preis von 33 Mrd. Euro (im Fall von vier Reaktoren) bzw. 48,5 Mrd. Euro bei sechs Reaktoren angeboten. Im Frühjahr folgte der südkoreanische Konzern KHNP (Korea Hydro&Nuclear Power) mit seinem technischen und finanziellen Angebot für 6 Druckwasser-Reaktoren vom Typ APR 1400.
US-Botschafter Brzezinski ist sich in der Bewertung des amerikanischen Angebots bereits sicher: «Polen wird keine besseren Partner als Westinghouse und Bechtel finden.»


© André Jański / infopol.PRESS

Durchbruch für Bau von polnischen Atomkraftwerken

Polen und die USA haben einen 30-Jahre-Vertrag zur Entwicklung des polnischen Atomenergie-Programms unterzeichnet. Das US-Energieministerium hat den in einer virtuellen Zeremonie von US-Energieminister Dan Brouillette in Washington und den Regierungsbeauftragten für strategische Energie-Infrastruktur Piotr Naimski in Warschau unterzeichneten Vertrag als ,,historisch“ bezeichnet. Er eröffnet den Weg für den Bau von Atomkraftwerken in Polen mit Hilfe von amerikanischen Technologien und deren Finanzierung. Nimmt man den Zeitraum für den Bau , die Nutzung und den Rückbau eines AKW, dann stellt die Partnerschaft eine strategische Wahl für die nächsten 100 Jahre dar“, wird der polnische Botschafter in den USA in der Erklärung des US-Energieministeriums zitiert.

Mit der Unterzeichnung Vertrages mit den USA endet die Ära der Papier-Tiger in der polnischen Energiepolitik. Schon unter der damalige Regierung unter Donald Tusk, dem späteren EU-Ratsvorsitzenden, wurde ein Atomenergie-Programm aufgestellt. Danach müßte heute bereits das erste polnische Kernkraftwerk am Netz sein. Doch es blieb nur bei dem Versprechen.

Auf der Suche nach einem Geldgeber

Der Haupt-Grund, weshalb dieses Programm nur im Ansatz beschriebenes Papier blieb, war die völlig offene Finanzierung. Auch die nachfolgende PiS-Regierung sah sich mit diesem Problem konfrontiert. Auf Finanzhilfen aus Brüssel konnte man nicht zählen, da die EU grundsätzlich keine Kernkraftwerke kofinanziert. Mit dem Besuch von Polens Staatspräsident Andrzej Duda 2015 in Peking wurde dann eine chinesische Beteiligung an den polnischen Atomkraftwerks-Planungen ins Gespräch gebracht. Doch die Staatskanzlei in Warschau winkte danach ab. Man wolle nicht außerhalb von China das erste Land in der Welt mit einer Lizenz für eine chinesische Atom-Technologie sein.

Seitdem ruhten die polnischen Hoffnungen auf die Amerikaner. Der Durchbruch kam im Juni dieses Jahres beim Treffen von Polens Staatspräsident Andrzej mit US-Präsident Donald Trump in Washington. Beide Präsidenten kündigten den jetzt unterzeichneten Vertrag an. In der Zwischenzeit hatte die Entwicklungsbank DFC (US International Development Finance Corporation) auf Druck von Trump ihre bisherige Grundsatz-Regelung außer Kraft gesetzt, die eine Finanzierung von US-amerikanischen Atomkraftwerken im Ausland verbietet. Die USA würden ihre Position als Weltmarktführer in der Atom-Energie gegenüber China und Russland verlieren, wenn amerikanische Unternehmen lediglich nur die Technologie anbieten können, nicht aber deren Finanzierung, um die sich potenzielle Kunden selbst bemühen müssen, lautete zuvor die Kritik der von Trump einberufenen Arbeitsgruppe.

Bau von sechs Kern-Reaktoren

Die Finanzierung ist in dem jetzt mit Polen Vertrag eingeschlossen. Nach Angaben des Chefs der polnischen Staatskanzlei Krzysztof Szczerski sieht der Vertrag in den nächsten 18 Monaten die Erarbeitung eines gemeinsamen Papiers vor, das der polnischen Regierung als Entscheidungsgrundlage für die Auswahl eines Partners für die Entwicklung des polnischen Atomenergie-Programms dient. Gleichzeitig werden neben den Vorbereitungs- und Entwicklungsarbeiten durch die führenden amerikanischen Unternehmen im Kernenergie-Sektor gemeinsam mit den amerikanischen Finanz-Institutionen die Finanzierungs-Optionen vorbereitet, erklärte Szczerski.
Das von der polnischen Regierung Anfang Oktober in seiner aktualisierten Fassung beschlossene Atomenergie-Programm sieht den Bau von sechs Kernreaktoren mit insgesamt 6 bis 9 GW vor. Zum Einsatz sollen herkömmliche große Druckwasser-Kernreaktoren (PWR) kommen. Bis 2022 soll eine endgültige Auswahl des Standortes für das erste polnische Kernkraftwerk getroffen werden. . Bisher sind die nördlich von Gdynia gelegenen Standorte Lubiatowo-Kopalino und Żarnowiec nahe der Ostseeküste in die engere Auswahl genommen worden. Żarnowiec war bereits in den 80er Jahren als Standort für einen Atommeiler ausgewählt. Nach der Tschernobyl-Katastrophe wurde der Bau jedoch eingestellt.

In sechs Jahren soll dann der Bau beginnen und 2032 der erste Reaktor in Betrieb gehen.

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