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Cyberpunk 2077 – Start mit Rekord, Problemen und Börsensturz

Innerhalb eines Jahres dreimal verschoben ist Cyberpunk 2077 Donnerstagnacht weltweit gestartet. Das von dem polnischen Studio CD Projekt entwickelte Action-Rollenspiel wurde schon vorweg in der internationalen Spiele-Branche als das Ereignis des Jahres 2020 gewertet. Mit einem für ein polnisches Unternehmen einmaligen Budget von über 1 Mrd. Złoty (rund 220 Mio. Euro) weltweit in 55 Ländern beworben, wurde die Premiere von ,,Cyberpunk 2077″ zum globales Ereignis auf dem Niveau eines Hollywood-Blockbusters gemacht.

Wie hoch die Erwartungen waren, zeigte sich bei Steam, der weltweit größten Internet-Vertriebsplattform für Computerspiele für den PC. Am Donnerstag morgen um 4 Uhr spielten gleichzeitig 1,003 Mio. Spieler ,,Cyberpunk 2077“ – Bei Singleplayer-Spielen bedeutet dies ein Rekord aller Zeiten. Auch bei Twitch, dem Live-Streaming-Portal von Amazon, erzielte das Spiel von CD Projekt mit 1,1 Mio. Nutzern in der Nacht zum Donnerstag ein Allzeit-Rekordergebnis.

Kritik: Technische Unzulänglichkeiten

Doch der enorme Zuspruch war zunehmend von Kritiken über technische Unzulänglichkeiten an dem Spiel begleitet. ,,Cyperpunk 2077″ ist ein komplexes action-adventure-Spiel, das in der riesigen utopischen Stadt Night City spielt, einer Open-World mit sechs verschiedenen Regionen. Der Spieler schlüpft dabei in die Rolle eines anpassungsfähigen Söldners, der auf der Suche nach dem Schlüssel zur Unsterblichkeit ist. In dessen Begleitung spielt Hollywood-Star Keanu Reeves eine der Hauptrollen. Um die Haupt-Story durchzuspielen, braucht man mindestens 20 Stunden. Die in den ersten Stunden nach der Weltpremiere abgegebenen Kritiken der Spieler bemängelten vor allem die Performance des Spiel und Bugs. Das sind kleine Fehler, wie sie bei neuen Programmen nicht unüblich sind. Bei der Internet-Plattform Steam sammelte ,,CP 2077“ bis in die Morgenstunden des Premiere-Tags 11500 Bewertungen, von denen 71 positiv waren. Dies lag schon erheblich unter der Bewertung von 91/100 Punkten, die vor der Premiere in den Rezessionen in der Fachportalen abgegeben wurden.
Diese Bewertung verhagelte den Börsen-Anlegern die Stimmung bei Eröffnung der Warschauer Börse. Zu deren Aufhellung trug auch die nicht vom Spiel-Produzenten CD Projekt zur Premiere einberufene Präsentations-Konferenz mit der Mitteilung ihres Geschäftsführers Adam Kiciński bei, dass bereits 8 Mio. Vorbestellungen für ,,Cyperpunk 2077“ eingegangen sind. Der Kurs von CD Projekt fiel zeitweise knapp unter 10 Prozent. Als die Börse am Abend schloss, lag die Notierung von CD-Projekt nur noch bei 362 Złoty. Drei Tage zuvor notierte die Aktie von CD Projekt noch bei 460 Złoty.
Die Premiere von ,,Cyberpunk 2077“, die allein in diesem Jahr dreimal verschoben wurde, hatte in den vergangenen Monaten einen Run auf die Aktie von ihrem polnischen Spiele-Hersteller ausgelöst. Vor allem Kleinanleger, von dem die meisten überhaupt keinen inhaltlichen Bezug zur Branche der Computerspiele haben, machten mit ihren Geldanlagen die Aktie zu einer in die Höhe getriebenen ,,Volksaktie“.

CD Projekt – Polnische Version der Geschichte vom ,,Tellerwäscher zum Millionär“

Rational ist der Hype um CD System nicht erklärbar. Der Warschauer Spiele-Produzent ist die polnische Version der Geschichte ,,vom Tellerwäscher zum Millionär“. Die von den Gebrüdern Kiciński und Marcin Iwiński 1994 gegründete CD Projekt verkaufte zunächst lediglich nur ausländische Computerspiele. 2002 eröffnete sie dann ein eigenes Produktionsstudio. Als sie basierend auf einer Phantasy-Saga des polnischen Schriftstellers Andrzej Sapkowski das Computer-Spiel ,, ,,Wiedźmin“ (Der Hexer) entwickelten und die Nachfolgespiele unter dem Titel ,,Witcher2“ und ,,Witcher3“ stellten, wurde CD Projekt international bekannt. Zum Aufstieg in die erste Liga der Spiele-Hersteller trug dann eine von Netflix produzierte Serie zum ,,Witcher“ bei. Die Gründer von CD Projekt sind mit ihrem Aktienbesitz heute Milliardäre. Diese Entwicklung hat viele Klein-Aktionäre mit der Erwartung auf große Gewinne in die Aktie getrieben. Wer 2015 umgerechnet rund 1000 Euro in die Aktie angelegt hat, hätte noch vor einigen Tagen 16 000 Euro einstreichen können.
Der Spiele-Hersteller CD Projekt ist in der Börsenwelt im internationalen Kontext ein einzigartiges Phänomen. Mit einer Markt-Kapitalisierung von zeitweise 44 Mrd. Złoty lässt er die großen polnischen Industriehersteller, die Banken, die Energiekonzerne oder den polnischen Kupferkonzern KGHM, der zu den zehn größten Kupferproduzenten der Welt gehört, weit hinter sich. Und das nur mit zwei Produkten! An keiner anderen Börse in der Welt nimmt ein Spiele-Hersteller den führenden Börsen-Platz ein und ist mit über 12 Prozent im Leitindex (WIG 20) als Schwergewicht abgebildet.
Nahezu einzigartig ist auch die große Zahl der Entwickler-Studios, die an der Warschauer Börse sind: 12 Firmen sind im Hauptindex WIG notiert, 37 im Börsen-Segment NewConnect. Und zahlreiche weitere Firmen klopfen an die Tür. Sobald ein neuer Spiele-Entwickler das Börsen-Parkett betritt, ist die Gewinn-Phantasie der Anleger beflügelt. Die Bewertung fundamentaler Daten wie Umsatz, Kosten, Gewinn treten da bei der Investition in die Aktien von Game-Entwicklern in den Hintergrund.
Auch die aktuelle Bewertung von CD Projekt geht im großen Maße aus dem großen Hype um die Firma und den hoch angesetzten Verkaufs-Prognosen der Analysten zum Spiel ,,Cyberpunk 2077“ hervor. Basierend auf die Verkaufs-Ergebnisse von Witcher 3 im Zeitraum von 2015 bis 2019 (30 Mio. Exemplare) rechnen die Analysten im Konsens mit 30 Mio. verkauften Exemplaren von ,,CP 2077“ in den nächsten 12 Monaten. Dazu kommen die Einnahmen aus den zahlreichen Werbe- und Marketing-Verträgen, u.a. mit Adidas. Dem stehen Entwicklungskosten von knapp 500 Mio. Złoty und Werbe- und Marketing-Ausgaben von über 1 Mrd. Złoty gegenüber. Wenn ,,Cyberpunk 2077“ nicht den gewünschten Erfolg bringt, fallen die Kurse von CD Projekt.

© André Jański / infopol.PRESS