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Bei Alkohol am Steuer wird jetzt das Auto konfisziert

Foto: Lubuska Policja

Mit der Konfiszierung des Fahrzeugs hat Polen jetzt die Vorschriften für das Fahren unter Alkoholeinfluss verschärft.

Alkohol am Steuer ist in Polen schon seit jeher ein Grundproblem im Straßenverkehr. Vor zehn Jahren noch waren alkoholisierte Verkehrsteilnehmer an 4 467 Verkehrsunfällen beteiligt, bei denen 584 Menschen getötet und 5305 Menschen verletzt wurden. Dagegen waren im vergangenen Jahr laut Polizei-Statistik alkoholisierte Verkehrsteilnehmer nur noch an 2488 Unfällen mit 331 Verkehrstoten und 2805 Verletzten beteiligt. Statistisch weist dies erst einmal auf eine Besserung hin. Zieht man jedoch die Gesamtzahl der tendenziell rückläufigen Verkehrsunfälle in Polen in Betracht, hat sich die Situation nicht wesentlich gebessert. 2012 entfielen danach 12,1 Prozent aller Unfälle auf alkoholisierte Verkehrsteilnehmer. Im vergangenen Jahr waren es immer noch 10,9 Prozent. Damit ist praktisch bei jedem 10. Verkehrsunfall in Polen Alkohol mit im Spiel.
Unter dem Eindruck von besonders tragischen Verkehrsunfällen im Sommer dieses Jahres wie der Auslöschung einer gesamten Familie mit Kleinkindern durch einen betrunkenen Autofahrer hat das polnische Parlament in den ohnehin schon bestehenden hoch angesetzten Strafmaßnahmen gegen Alkohol am Steuer jetzt die Schraube noch fester gedreht. Wer über das zulässige Maß von 0,2 Promille hinaus ab einem Alkoholgehalt von 0,5 Promille im Blut am Fahrzeug-Steuer unterwegs ist, riskiert sein Auto zu verlieren. Nach den neuen Regelungen zieht der Staat das Fahrzeug in den Fällen ein, wenn der Fahrer mindestens 1,5 Promille im Blut hat oder einen Unfall mit einem Alkohol-Gehalt von 0,5 Promille verursacht.
Das Prozess-Verfahren ist gesetzlich nach einfachen Regeln vorgegeben. Die Polizei beschlagnahmt das Fahrzeug sofort für einen Zeitraum von sieben Tagen. Innerhalb dieses Zeitraumes erlässt die Staatsanwaltschaft einen Beschluss zur Sicherstellung des Fahrzeugs. Es folgt die Weiterleitung des Verfahrens an das Gericht, das ein Urteil zur Einziehung des Fahrzeug-Eigentums erlässt.

Haftstrafe auf 16 Jahre hochgesetzt

Der polnische Gesetzgeber hat auch mit einer Regelung Vorsorge getroffen für den Fall, dass der unter Alkohol-Einfluss stehende Fahrer nicht der Fahrzeug-Eigentümer ist, wie z.B. bei einem Leasing-Fahrzeug oder bei einem auf Familien-Angehörigen angemeldeten Fahrzeug. In diesem Fall muss der von der Polizei gestellte Fahrer als Strafe den Gegenwert des Fahrzeugs bezahlen, mit dem er unter Alkohol-Einfluss unterwegs war. Fragwürdig ist dabei das Verfahren zur Wert-Festlegung. Das Gericht legt dazu nur den aktuellen durchschnittlichen Marktwert des jeweiligen Fahrzeugs an. Kilometer-Laufleistung, Beulen oder Schäden des Fahrzeugs spielen dabei keine Rolle. Auch das Urteil eines Sachverständigen bzw. Gutachters wird dafür nicht eingeholt.
Mit der neuen Regelung wurde gleichzeitig in Abänderung des Strafgesetzbuches die Höchststrafe für alkoholisierte Fahrer, die Verkehrsunfälle mit Todesfolge und schweren Verletzungen verursacht haben, von 12 auf 16 Jahre angehoben.
Etwas konzilianter geht der polnische Gesetzgeber mit Berufskraftfahrern um, die mit Alkohol am Steuer von Fahrzeugen ihrer Arbeitgeber unterwegs sind. In ihrem Fall sind die Gerichte angewiesen, eine Geldstrafe von mindestens 5000 Złoty (~1100 Euro) zu verhängen.
Die neuen Regelungen sind bei polnischen Juristen nicht unumstritten. Kritisiert wird insbesondere, dass das Strafmaß nicht von der Gerichten auf Grundlage einer individuellen Prüfung der Begleit-Umstände, sondern von vornherein durch die Politik festgelegt wird.
Die neuen Regelungen sind bereits vom Staatspräsidenten unterzeichnet und treten Anfang des neuen Jahres in Kraft. Sie gelten generell für alle Kraftfahrer, einschließlich ausländischer Fahrer in Polen.

Keine Ausnahme in Europa

Mit der Konfiszierung von Fahrzeugen stellt Polen keine Ausnahme in Europa dar. Auch in anderen EU-Ländern werden Fahrzeuge beschlagnahmt, allerdings oft mit einem anderen Schwerpunkt. So musste erst kürzlich ein Porsche-Fahrer in Dänemark seinen Porsche abgeben, weil er mit 210 km/h auf einer Autobahn fuhr, auf der nur 110 km/h erlaubt waren. In Belgien wird das Auto konfisziert, wenn der Fahrer keinen gültigen Führerschein hat, keine Auto-Haftpflichtversicherung vorliegt und der Fahrer mehr als 0,5 Promille im Blut hat.
Noch umfangreicher ist der Katalog in Frankreich. Dort können sich jene von ihrem Auto verabschieden, die die zulässige Geschwindigkeit um mehr als 50 km/h überschreiten, mehr als 0,5 Promille, einen Unfall verursacht, Fahrerflucht begangen, keine Autohaftpflichtversicherung oder keinen gültigen Führerschein haben.
Auch in Österreich kann man sein Auto verlieren, u.a. für die Teilnahme an einem illegalen Autorennen oder der doppelten Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit bei gefährlicher Straßenlage (z.B. Schneefall). Das Auto wird in solchen Fällen auch dann beschlagnahmt, wenn der Fahrer nicht der Fahrzeug-Eigentümer ist.
Aus der Reihe fällt hier nur Deutschland. Der Verlust des Fahrzeugs droht lediglich nur, wenn keine gültige Autoversicherung vorliegt.

©André Jański / infopol.PRESS