Schlagwortarchiv für: Afrikanische Schweinepest in Polen

Schweinepest in Polen latente Bedrohung für Deutschland

Gewässer wie der Grenz-Fluss Neiße sind für Wildschweine kein Hindernis. Und auch die 120 Kilometer vom Land Brandenburg aufgestellten mobilen Elektro-Zaun als wirksames Schweine-Hindernis sind bei den Experten mit einigen Zweifeln belegt. Es war also nur eine Frage der Zeit bis der erste Fall der Afrikanischen Schweinepest (ASP) im deutsch-polnischen Grenzraum auftritt. Dabei standen die Zeichen schon seit Wochen auf Sturm. Anders als das Nachbarland Tschechien bekommt Polen die Afrikanische Schweinepest nicht in den Griff. Bis zum 1.August waren bereits über 3000 ASP-Fälle bei Wildschweine in diesem Jahr in Polen aktenkundig. In den Haustier-Beständen ist die Zahl der Infektionsherde von Ende Juni von sechs jetzt aktuell 83 gestiegen. Beim polnischen Arbeitgeberverband der Schweine-Produzenten wird der erste ASP-Fall in Deutschland mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Bei möglichen Exportbeschränkungen für deutsches Schweinefleisch befürchtet dessen Verbands-Chef Aleksander Dargiewicz einen Preisdruck auf polnische Schweinefleisch-Preise.

Sembten, wo das erste tote Wildschwein mit nachgewiesener Afrikanischer Schweinepest gefunden wurde, liegt nur einen Steinwurf vom Grenz-Fluß Neisse entfernt. Auf gleicher Höhe, nur einige Kilometer östlich liegt eines der polnischen Krisenherde für die Afrikanische Schweinepest. Am gleichen Tag der Meldung über den ersten ASP-Fall in Deutschland, lief die Meldung der obersten polnischen Veterinär-Behörde über den 83. Fall des Ausbruchs eines Seuchenherdes im Hausschweine-Bestand s in diesem Jahr ein. Insgesamt sind nach der gestrigen Mitteilung der polnischen Veterinär-Inspektion bereits über 53 000 Haustier-Schweine in diesem Jahr gekeult worden. Bereits jetzt schon hat Polen mehr Fälle als im gesamten Vorjahr 2019. Waren es Ende Juni lediglich sechs Fälle, ist deren Zahl im Juli auf 17 und im August auf 52 angestiegen. Was den sprunghaften Anstieg in den beiden Sommer-Monaten verursachte, ist nicht eindeutig geklärt. Polnische Landwirtschafts-Experten sehen jedoch einen Zusammenhang mit den intensiven Ernte-Arbeiten auf den Feldern. Deckungsgleich mit der Übertragung der Schweine-Pest auf die Schweine-Haustierbestände haben sich auch die Zahlen der ASP-Fälle bei den Wildschweinen entwickelt. Im August waren es bereits über 3000.

Seit dem Jahre 2014, als in Polen die ersten Fälle von Afrikanischer Schweinepest aufgetreten sind , hat sich die Zahl des ASP-Fälle seitdem von Jahr zu Jahr drastisch erhöht. Waren die Ausbrüche in den ersten Jahren auf die ostpolnischen Gebiete entlang der Grenze zu den östlichen Nachbarstaaten konzentriert, ist die Afrikanische Schweinepest seit Herbst vergangenen Jahres über die Weichsel (Wisła) als natürliche Grenze gewandert und bis in die westpolnischen Gebiete entlang der Grenze zur Deutschland vorgedrungen. Die Wanderung in den Westen des Landes wird Pilzsammlern zugeschrieben, die von der Pilzschwemme im vergangenem Herbst angezogen zu Tausenden die Wälder durchzogen und einige von ihnen als Träger des Virus agierten. Auch die großangelegten Abschuss-Jagden 2019 in Ostpolen könnten dazu beigetragen haben, dass die Wildschweine  auf der Flucht weiter nach Westen abgetrieben wurden.

Für die polnische Landwirtschaft war die zum Jahresende in die westpolnischen Gebiete vorgedrungene Schweinepest eine Hiobs-Botschaft, denn 35 Prozent der gesamten polnischen Schweinefleisch-Produktion ist in Wielkopolskie (Region um Poznań) konzentriert. Die regionalen Krisenstäbe leiteten sofort umfassende Vorsorge- und Schutzmaßnahmen ein. Deren Wirkung war aber nur von kurzer Dauer, wie die aktuelle Entwicklung zeigt.

Anders als Tschechien, wo das im Sommer 2017 aufgetretene ASP-Geschehen mit der Durchsetzung von intensiven Maßnahmen eingedämmt werden konnte und das Land seit vergangenem Jahr wieder als ASP-Seuchenfrei gilt, bekommen die polnischen Behörden das nunmehr seit sechs Jahren anhaltende Seuchen-Geschehen nicht in den Griff. Bereits 2018 stellte Polens oberste Kontrollbehörde NIK (Najwyższa Izba Kontroli) in ihrem Prüfbericht wesentliche Mängel bei der Umsetzung der Vorsorge- und Schutzkonzepte gegen die ASP-Seuche fest. Kritisiert wurde darin auch die inkonsequente Aufsicht der obersten Veterinär-Behörde bei der Umsetzung der Programme für die Schaffung von Bio-Sicherheit in der Schweinehaltung und die kritiklose Übernahme von Berichten der Kreis-Veterinäre zu Maßnahmen, die nicht der Realität entsprachen. Als ein wesentliches Problem vermerkte die NIK auch die zersplitterte Betriebs-Struktur bei der Schweinehaltung. 74 Prozent der Betriebe erfüllten nicht die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Auflagen zur Bio-Sicherheit , wozu Desinfektions-Matten vor den Stall-Eingängen, Wechsel-Kleidung und Zäune vor den Ställen gehören, stellte die NIK seinerzeit fest.

ASP-Fälle vor allem in Hinterhof-Beständen

Wie eminent das Problem ist, zeigt die aktuelle Statistik der obersten Veterinäre-Behörde. Von den bisher 83 gemeldeten Fällen waren über 80 Prozent in den sogenannten Hinterhof-Beständen ausgebrochen, also Ställen mit weniger als 100 Schweinen. Damit bleibt die Afrikanische Schweinepest in Polen eine latente Bedrohung für die Schweineproduktion in Deutschland und anderen west- und nordeuropäischen Ländern.

Preis-Druckauf polnischen Markt  durch ASP-Fall in Deutschland befürchtet

Beim polnischen Arbeitgeberverband der Schweineproduzenten wird der erste ASP-Fall in Deutschland mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Nach Ansicht seines Verbands-Chefs Aleksander Dargiewicz hat er auch erhebliche Auswirkungen auf den polnischen Markt. Dargiewicz erinnert in diesem Zusammenhang auf den ASP-Ausbruch vor zwei Jahren in Belgien. Schlagartig hatten viele Dritt-Länder den Import von Schweinefleisch aus Belgien gestoppt. In dessen Folge fielen die Schweinepreise von 1,40 Euro auf 1,15 Euro je kg Schlachtgewicht. Ähnliches, wenngleich in viel größerer Dimension, könnte jetzt auch in Fall von Deutschland auftreten.

Laut Statistischen Bundesamt haben deutsche Schweine-Produzenten im Zeitraum von Januar bis April dieses Jahres 158 000 t Schweinefleisch im Wert von 424 Mio. Euro nach China verkauft. Das war doppelt so viel wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres bei dreifach höheren Wert .

Südkorea hat bereits die Einfuhr von Schweinefleisch aus Deutschland gestoppt. Wenn andere Länder außerhalb der EU und insbesondere China folgen, ,,wird Polen mit billigen Schweinefleisch und Schweinefleisch-Erzeugnisse vom westlichen Nachbar überschwemmt“, fürchtet Verbands-Chef Dargiewicz. ,,Gleichzeitig könnte dann Polen, dass die meisten Schweinefleisch-Produkte nach Deutschland ausführt, den Verlust des deutschen Marktes deutlich zu spüren bekommen“. Seine Hoffnung liegt deshalb darauf, dass es den Deutschen gelingt, mit den Chinesen das in der EU geltende Regional-Prinzip auszuhandeln, wonach nicht die Ausfuhr von Schweinefleisch aus dem gesamten Land, sondern nur aus der Region gestoppt wird, in der ASP-Fälle aufgetreten sind.

© André Jański / infopol.PRESS