Kraków führt als erste polnische Stadt Umwelt-Fahrverbot ein

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Kraków hat jetzt als erste Stadt in Polen eine Umwelt-Fahrverbotszone für ältere Diesel und Benziner beschlossen. Im Unterschied zu vielen westeuropäischen Städten wird das Fahrverbot nicht nur für einzelnen Straßen, sondern für das gesamte Stadtgebiet gelten.

Polen nimmt beim Fahrzeugbestand in Europa einen Spitzenplatz ein. Bei der Fahrzeug-Anzahl pro 1000 Einwohner liegt Polen sogar noch vor Deutschland und Frankreich. Dies merkt man besonders in den Großstädten. Zur Rush Hour sind die nicht nur mit Autos vollgestopft, sondern auch vollgequalmt. Das Kommunal-Parlament von Kraków hat jetzt als erste polnische Großstadt die Notbremse gezogen und die Einführung eines Fahrverbots für ältere Fahrzeuge beschlossen. Nicht nur für Dieselfahrzeuge, auch für Benziner.
Das Fahrverbot ist nicht nur auf einzelne Straßen in der Innenstadt beschränkt. Es wird das gesamte Stadtgebiet betreffen.
Eingeführt wird es zwei Stufen. Ausschluss-Kriterium für das Fahrverbot ist das Fahrzeug-Alter in Verbindung mit der Schadstoff-Norm. Zunächst sollen Benziner, die älter als 31 Jahre sind, und Dieselautos, die älter als 27 Jahre sind, von den Straßen ausgesperrt werden. Ab dem Jahre 2026 sind dann nur noch Dieselfahrzeuge, die mindestens die Schadstoffklasse Euro 5 erfüllen und Benziner mit der Euro Norm 3 für den Fahrzeug-Verkehr in Kraków zugelassen.
Die Regelungen sollen nicht nur für einheimische Fahrzeugbesitzer, sondern generell für alle Fahrzeuge gelten, einschließlich Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen. Durchgesetzt werden sie von der Stadtpolizei, die beispielsweise im Vergleich zu deutschen Ordnungsämtern mehr Befugnisse hat.
Ausgenommen von den Beschränkungen sind die Fahrzeuge der Rettungsdienste und Autofahrern, die älter als 70 Jahre sind sowie Oldtimer.
Das Fahrverbot findet nicht nur Zuspruch. Vor der Beschluss-Fassung kam es zu Protest-Kundgebungen vor dem Rathaus. Betroffen sind vor allem Menschen, die sich kein neueres Fahrzeug leisten können.
Polen ist seit vielen Jahren der Lagerplatz für ausgediente Fahrzeuge aus Westeuropa. Seit 2004 wurden stellenweise jährlich bis zu 1 Mio. Gebrauchtwagen aus Deutschland und Westeuropa nach Polen eingeführt. 60 Prozent der Fahrzeugbestands ist älter als 10 Jahre.
Nach Schätzungen der Kommunalpolitiker der inzwischen knapp 1 Mio. Einwohner zählenden Stadt erfüllt rund 25 Prozent des Fahrzeug-Bestands von Kraków nicht die Anforderungen, die aus dem Fahrverbots-Beschluss hervorgehen.
In ihrer Argumentation bei der Verteidigung des beschlossenen Fahrverbots verweisen die Kommunalpolitiker darauf, dass der Strassenverkehr im hohen Maß für die Belastung der Einwohner mit Feinstaub der Schadstoff-Klassen PM10 und PM2,5 sowie mit Stickoxid-Emissionen verantwortlich ist. Diese von Autos ausgestoßenen Verschmutzungen können Atemwegsinfektionen und chronische Lungenerkrankungen verursachen. Die Stadtverwaltung rechnet damit, dass im Ergebnis der Fahrverbote der Stickoxid-Ausstoß im Vergleich zu 2019 um bis zu die Hälfte gesenkt wird. Bei den Feinstaub-Emissionen wird der Rückgang mit rund 80 Prozent sogar noch höher ausfallen.

Polen mit den höchsten Luftverschmutzungswerten in Europa

Polen hat seit Jahren die schlechteste Luft in Europa. Neben dem Autoverkehr ist die Kohle-Verbrennung zum Beheizen der Häuser die größte Ursache für die Luftverschmutzung. Die Ausrufung von Smog-Alarm in Ballungsräumen und die Aufforderung an die Bevölkerung sich möglichst nicht im Freien aufzuhalten, ist die Folge. Kraków an der Talsohle des Riesengebirges gelegen, ist bei stehender Luft davon besonders gefährdet.
Mit über 300 Mikrogramm/m3 war die Stadt zuletzt im Dezember vergangenen Jahres vor Lahore in Pakistan der Ort mit den weltweit höchsten Luftverschmutzungs-Wert. Die Stadtverwaltung hat zwar bereits vor längerer Zeit schon die Kohle-Heizung in alten Öfen verboten. Dies nützt aber nur wenig, wenn in den umliegenden Gemeinde-Regionen weiter die Schlote qualmen.

Quelle. Airly

So nahm Kraków in den vergangenen Heiztagen in der Live-Rangliste der am stärksten verschmutzten Großstädte der Welt kurzzeitig wieder einen vorderen Platz ein. Während nahezu ganz Europa im grünen Bereich liegt, hebt sich Polen nun schon seit Jahren mit warnenden Rot-Leuchten aus der Airly-Karte hervor. Neben den Städten und Regionen im oberschlesischen Revier und Warschau sind es neuerdings auch zunehmend Orte im Südwesten Polens. Zu befürchten ist, dass es in den nächsten Wochen noch schlimmer kommt. Nach dem Import-Stopp für russische Steinkohle und der Einfuhr von überteuerter Steinkohle aus Übersee, die qualitativ oft minderwertiger ist, hat die Regierung die bisher geltenden Qualitäts-Standards für Heizkohle in Privat-Haushalten ausgesetzt. Hinzu kommt die im kürzlich beschlossenen Energiepreis-Gesetz enthaltene Regelung, die abhängig von Versorgungs-Situation mit Ammoniak Kohle-Kraftwerke von der Pflicht befreit, ihre Rauchgas-Emissionen von Stickoxiden zu reinigen. Und wenn dann noch die Bevölkerung im ländlichen Raum, die das Stamm-Wahlklientel der regierenden PiS-Partei ist, den Empfehlungen von deren Vorsitzenden Jarosław Kaczyński folgt « mit allem zu heizen, was brennbar ist, außer mit Reifen», dann liegen große Teile Polens in den nächsten Wochen unter einer großen Rauch-Dunstglocke.

© André Jański / infopol.PRESS