Ferienwohnungen an der Ostsee – Kaufpreise im Höhenflug

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Die Preis-Entwicklung beim Kauf von Ferienwohnungen und Appartements an der polnischen Ostseeküste hat auch in der Corona-Krise keine Pause gemacht und neue Rekordhöhen erreicht.
Nach Angaben des auf die Preisentwicklung spezialisierten Immobilien-Consulters Cenatorium wurden im vergangenen Jahr für den Kauf von Ferienwohnungen an der polnischen Ostseeküste abhängig von der Lage im Durchschnitt zwischen 8 900 bis 11 735 Złoty pro Quadratmeter (1970 bis 2600 Euro) bezahlt. Der höchste Verkaufspreis für ein Appartement mit 56 700 Złoty pro Quadratmeter (rund 12 600 Euro) wurde in Jurata notiert. Das Strandbad liegt auf der Halbinsel Hel, die in der Wahrnehmung des polnischen Tourismus-Gewerbes einen hohen Prestige-Wert hat. Bereits im Jahr zuvor wurden hier für eine 62 Quadratmeter große Ferienwohnung mit Blick auf die Danziger Bucht 3,5 Mio. Złoty gezahlt.
Der etwas abseits der üblichen Rummel- und Basar-Atmosphäre polnischer Ostseebäder gelegene Ort gilt als besonders nobel und ist auf ein gehobeneres Klientel ausgerichtet. Einst war die Halbinsel Hel nur von kleinen kaschubischen Fischerdörfern besiedelt. In den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts erfolgte dann dort der touristische Aufschwung, als in Jurata Villen und mondäne Hotels mit Tennisplätzen und Spielhallen gebaut wurden, die auf die wohlhabenden Schichten aus Warschau und bekannte Persönlichkeiten aus Politik und dem Kulturleben ausgerichtet waren. Von diesem Image lebt noch heute der Ort, dessen Prestige-Wert auch noch dadurch verstärkt wird, dass der polnische Staatspräsident hier seine Sommer-Residenz hat.
Ähnliche Rekordpreise wie in Jurata hat Cenatorium auch in dem rund 50 Kilometer entfernten Sopot registriert. Das inmitten der Dreistadt (Gdynia-Sopot-Danzig) gelegene Seebad hat noch weitgehend seinen mondänen Charme bewahrt. Für den Kauf von Ferienwohnungen im Umfeld des zur Mole führenden Monciuk-Boulevards wurden als Rekord-Wert 51 000 Złoty pro m² notiert. Allerdings sind dies absolute Rekordwerte, die durch die Lage und die Ausstattung geprägt sind. Jedoch sind auch die Durchschnitts-Preise für den Kauf von Ferienwohnungen auch seit Beginn der Corona-Krise im vergangenen Jahr weiter um 16 Prozent gestiegen. Dieses Wachstum ist doppelt so hoch wie der Anstieg der Preise für Eigentumswohnungen in den polnischen Großstädten (7,4 Prozent).

Größte Preis-Unterschiede in Kołobrzeg

Das wichtigste Kriterium, was die Preis-Höhe beeinflusst, ist die Lage der Ferienwohnung oder des Appartements am Meer. Für Standorte in der Entfernung von bis zu 500 Metern zum Meer notierte Cenatorium einen durchschnittlichen Verkaufspreis von 11 735 Złoty. Bei einer Entfernung von mehr als 500 Metern bis 1500 Metern zum Meer lag der Durchschnittspreis mit 8 900 Złoty bereits deutlich niedriger.
Die größten Preisunterschiede treten dabei in den wegen seiner Sole-Quellen besonders auch bei deutschen Senioren beliebten Kołobrzeg (Kolberg) auf. Dort muss man für den Kauf von Ferienwohnungen, die am Meer liegen, im Durchschnitt bis zu 60 Prozent mehr bezahlen als für Immobilien, die mehr als 500 Meter davon entfernt sind. Der geringste Unterschied trat in Swinemünde (Świnoujście ) auf der Insel Usedom auf. Ohnehin liegen die Durchschnittspreise in Swinemünde mit 8000 bis 8300 Złoty pro m² (1770 bis 1840 Euro) am unteren Preis-Level beim Kauf von Ferienwohnungen an der gesamten polnischen Ostsee-Küste. Dies mag daran liegen, dass sich das Interesse der polnischen Inlandstouristen mehr auf die Ostseebäder zwischen Ustronie Morskie und Władysławowo fokussiert als auf das westlich entferntest gelegene Swinemünde mit seiner gegenwärtig noch umständlichen Anfahrt über die Autofähre mit langen Wartezeiten. Auch das weitaus größere Angebot der Immobilien-Entwickler und der intensivere Wettbewerb im Umfeld der deutschen Kaiserbäder dürften dabei eine Rolle spielen.

Einkauf in Condohotels im Trend

Das wachsende Interesse an privaten Investitionen in die Ostseebäder führen Immobilien-Experten auf den gestiegenen Wohlstand des sich herausbildenden polnischen Mittelstands und dem Interesse an sicheren Kapital-Anlagen bei anhaltenden Niedrigzinsen zurück. Ferienwohnungen werden sowohl für den Eigennutz gekauft wie sie auch als Investition betrachtet werden. Deutlich zugenommen hat dabei das Interesse an sogenannte Condohotels, also der Kauf von Wohnungen, Studios und Appartements in Immobilien, die als Hotel geführt werden. In den zumeist hochwertigen Anlagen müssen sich die Käufer nicht selbst um Vermietung, Service und Reinigung kümmern, aber auch den Gewinn teilen.

In diesem Segment treten auch verstärkt Ausländer, insbesondere Deutsche, als Kauf-Interessenten auf. Das Interesse richtet sich dabei besonders auf den Ostsee-Kurort Kołobrzeg. Zu den größten Entwicklungsprojekten im Premium-Segment gehört dort das unter der Marke Crown Plaza projektierte 5-Sterne-Hotel ,,Baltic Wave“, in dem Appartements in der Größenordnung von 29 bis 130 m² zum Kauf angeboten werden oder das ,,Solny Ressort“. In dem hochmodernen Komplex mit Spa- und Beautyzone, der integraler Bestandteil des in die in die Jahre gekommenen ,,Solny-Hotel“ werden soll, werden 150 Appartements zum Verkauf angeboten.

Geplante Beton-Türme am Strand von Międzyzdroje. Projektfoto: Siemiaszko

In das Condohotel-Modell steigen immer mehr Immobilienentwickler auch in anderen Küstenorten ein. Das umstrittenste Projekt sind dabei die zwei 112 Meter hohen Betontürme mit 33 Etagen, für die der Stettiner Bau-Unternehmer Siemaszko die Baugenehmigung in Międzyzdroje (Misdroy) erhalten hat. Eine ,,atemberauschende Aussicht“ verspricht der Bau-Unternehmer auch in seinem deutschsprachigen Werbeprospekt für die 345 zum Kauf angebotenen Wohnungen in den zwei gigantischen Türmen. Diese liegen direkt am Strand und überragen das benachbarten Landschaftsschutzgebiet mit einen der imposantesten Küstenwälder Europas um ein Vielfaches.

Eine ganz andere Niveauklasse in Międzyzdroje ist die Baltic Luxury Residence, mit der eine ehemalige architektonische Perle an der westpommerschen Küste wieder ihren alten Glanz erhält. Das 1870 erbaute und als Hotel ,,Seeblick“ genutzte Objekt war die Visitenkarte von Misdroy, das im Schatten der Kaiser-Bäder auf Usedom um wohlhabende Kundschaft warb. Nach dem Krieg zunächst als Offiziers-Casino und später als Hotel „Bałtyk“ verfiel das nur 50 Meter vom Strand entfernte Objekt zusehends. In den vergangenen 25 Jahren vielfach zum Verkauf angeboten, hatten sich mehrere Interessenten, darunter auch aus Spanien, erfolglos um das Objekt bemüht. 2017 wurde schließlich das völlig baulich heruntergekommene Objekt für rund 3 Mio. Złoty von der polnischen Gesellschaft Meritum aus Stettin (Szczecin) gekauft. Seitdem wird das Objekt einer aufwändigen und originalgerechten Sanierung unterzogen. Die Fertigstellung ist 2023 geplant. Die das Objekt verwaltende Asset Investment bietet hier 37 hochwertige individuell gestaltete Appartements an.

Risiko-Faktor Atomkraftwerk an der Ostseeküste

Generell ist auch in den nächsten Jahren an der polnischen Ostsee-Küste mit einem weiteren Anstieg der Kaufpreise zu rechnen. Allerdings gibt es auch Risiko-Faktoren. Dazu zählen auch die von der Regierung forcierten Wirtschaftsprojekte in Tourismus-Regionen wie der Bau eines Container-Hafens in Swinemünde auf Usedom. Bereits vor Jahren hat sich dort eine Bürger-Iniative gebildet, die gegen eine Abholzung des Küstenwaldes und eine industrielle Verödung der Küstenlandschaft protestiert, wenn Tausende Lkw künftig das an den Container-Hafen angeschlossene Logistik-Center anfahren werden.
Proteste gibt es auch in Lubiatowo, einem Örtchen mit einer vorgelagerten idyllischen Küstenlandschaft. Lubiatowo ist als Standort für das erste polnische Atomkraftwerk in der Ostsee-Region in die engere Auswahl genommen worden. Eine endgültige Standort-Entscheidung ist noch nicht getroffen worden. Sie soll bis Ende kommenden Jahres fallen. Fest steht jedoch, dass kaum jemand im Schatten eines Atomkraftwerks seinen Ostsee-Urlaub verbringen will. Entsprechend werden dann auch die Preise für Immobilien fallen.

© André Jański / infopol.PRESS