Konsortium mit Siemens baut neuen Gas-Kraftwerksblock in Rybnik

Foto: Instal Lublin

Ein aus Siemens und dem polnischen Unternehmen Polimeks Mostostal bestehendes Firmen-Konsortium hat vom polnischen Energiekonzern PGE den Auftrag erhalten, ein kombiniertes Gas-Dampfkraftwerk (GuD) in Rybnik im schlesischen Rybnik zu bauen. Der GuD-Energieblock wird die vier veralteten Kohle-Energieblöcke im Kraftwerk Rybnik ersetzen.

Der jetzt unterzeichnete Vertrag hat nach PGE-Angaben einen Netto-Wert von 3,05 Mrd. Złoty zuzüglich 762 Mio. Złoty für den Service-Vertrag, in der Summe also rund 800 Mio. Euro. Dies sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt die größte Investition dieser Art in Europa, schätzte der Vorstandschef des staatlichen Energiekonzerns PGE, Wojciech Dąbrowski, ein.

PGE ist Polens größter Strom-Erzeuger. Auf dem Konzern entfallen 40 Prozent der gesamten polnischen Stromerzeugung.
Nach Angaben von Siemens Energy wird das GUD-Kraftwerk mit einer Turbine vom Typ 9000 HL ausgerüstet, eine der gegenwärtig größten zugänglichen Gas-Turbinen.
Der Gas-Dampf-Kraftwerksblock ist mit einer Nenn-Leistung von 882 MWe projektiert. Damit kann die Energieversorgung von rund 2 Mio. Einwohnern gesichert werden. Der Kraftwerksblock soll bis Ende 2026 in Betrieb gehen. Nach seiner Inbetriebnahme sollen die vier veralteten, mit Steinkohle befeuerten Kraftwerks-Blöcke aus dem Jahre 1972 im Kraftwerk Rybnik mit einer Gesamtleistung von 900 MW abgeschalten werden.
Das Kraftwerk Rybnik ist das größte Kraftwerk in Oberschlesien. Es verfügt gegenwärtig über acht Kraftwerks-Blöcke auf Steinkohle-Basis mit einer Leistung 1800 Megawatt.
Der Gas- Dampf-Kraftwerksblock von Siemens hat mit knapp 64 Prozent einen hohen Wirkungsgrad. Von den Vertretern des polnischen Energiekonzerns wird betont, dass praktisch keine Emission von Stick- und Schwefeloxiden erfolgt. Auch die Emissionen von Kohlendioxid liegt bei nur 330 kg/MWh. Damit realisiere PGE konsequent seine Strategie zum Übergang auf Null-Emissionen bis zum Jahre 2050, erklärte PGE-Konzernchef Dąbrowski.

Die Entscheidung, in Rybnik anstelle eines Kohle-Kraftwerksblock einen Gas-Dampf-Energieblock zu bauen, wird von den Kohle-Gewerkschaften scharf kritisiert. Dies sei ein Bruch der im Jahre 2020 zwischen der Regierung und den Gewerkschaften getroffenen Vereinbarung, wonach das Kraftwerk in Rybnik noch mindestens bis zum Jahre 2030 Strom auf der Grundlage von Steinkohle produzieren wird, kommentierte der Chef der regionalen Solidarnosc-Gewerkschaftsvertretung, Dominik Kolorz, in einer Presseerklärung die Entscheidung.
Nach Angaben des PGE-Vorstands wird der neue Kraftwerks-Block jährlich 1 Mrd. m³ Erdgas verbrauchen.

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Wird Diesel an den Tankstellen ab 5.Februar teuer und knapp?

Am 5. Februar treten neue Sanktionen der EU und der G7-Staaten gegen Russland in Kraft. Diesmal geht es um Raffinerie-Produkte. Neben Heizöl und Schmierstoffen handelt es dabei insbesondere um Diesel. Europa hatte sich bisher täglich mit über 600 000 Barrel russischen Diesel versorgt. Damit ist nun Schluss. Steigen jetzt die Preise oder wird Diesel an den Tankstellen knapp?`

Unisono heißt es aus der Politik, von den Mineralölverbänden und Treibstoffversorgern in Deutschland wie in Polen, dass die Versorgungs-Sicherheit mit Kraftstoffen gewährleistet sei. Versorgungs-Engpässe bei Diesel seien in den nächsten Wochen nicht zu erwarten, erklärten auch die polnische Kammer-Organisation für Flüssig-Kraftstoffe PIPP und der Branchen-Verband POPiHN. Die Treibstoff-Lager und Vorrats-Tanks der Mineralölversorger seien bis zum Rande mit Diesel gefüllt. Die beiden polnischen Erdöl-Raffinerien in Płock und Danzig (Gdańsk) decken bereits 70 Prozent des Diesel-Bedarfs in Polen. Der Rest werde auf dem Seeweg importiert.

Sicherheits-Reserve für zwei bis drei Monate

Dies bestätigte auch ein Sprecher von PKN Orlen. Der staatliche kontrollierte Konzern mit seinen knapp 2000 Tankstellen in Polen und u.a. 600 Tankstellen in Deutschland ist der unumstrittene Platzhirsch bei der Treibstoff- und Gasversorgung in Polen. Wie in der gesamten EU sei man auch in Polen auf das Embargo auf russischen Diesel gut vorbereitet. Das schon im Juni vergangenen Jahres angekündigte Embargo ermöglichte allen Treibstoff-Versorgern, Vorräte anzuschaffen, die für zwei bis drei Monate eine gewisse Sicherheits-Reserve garantieren.
Schon zum 5.Dezember durfte laut EU-Beschluss kein russisches Rohöl mehr auf dem Seeweg eingeführt werden. Nach einer Veto-Drohung durch Ungarn, der sich Tschechien und die Slowakei anschlossen, wurde der südliche Teil der Erdölleitung Druschba (Freundschaft) von dem vollständigen Rohöl-Embargo ausgenommen. Deutschland und Polen, die an dem nördlichen Teil dieser Erdölleitung angeschlossen sind, erklärten auf dem EU-Gipfel, dass sie zum Jahreswechsel 2022/2023 kein Erdöl aus Russland über diese Pipeline mehr beziehen werden. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums unter grüner Führung von Robert Habeck bezieht Deutschland seit Jahresbeginn kein russisches Erdöl mehr über diese Pipeline, an der die beiden ostdeutschen Raffinerien angeschlossen sind. Insbesondere die Produktionskapazität der PCK-Raffinerie in Schwedt ist seitdem nur noch teilweise ausgelastet, was sich auch bei den Tankstellenpreisen in Ostdeutschland bemerkbar macht.

Polen: Noch im Januar Bezug russischen Erdöls über Druschba-Pipeline

Fotos: PL-Agentur

Im Unterschied zu Deutschland, hat sich Polen nicht an seine abgegebene Erklärung zum Bezugs-Stopp von russischen Erdöl über die Druschba-Pipeline gehalten. Im Gegenteil. Wie die polnische Wyborcza biz. unter Bezug auf Informationen der russischen ,,Wedomosti“ auf Daten-Basis des russischen Energie-Ministeriums berichtet, hat sich der polnische Konzern PKN Orlen im Januar noch einmal richtig mit russischen Rohöl über die Druschba-Pipeline eingedeckt. Laut dem Bericht war Polen, also der vom Staat kontrollierte Konzern PKN Orlen, im Januar der größte Abnehmer von russischen Erdöl in der gesamten Europäischen Union. In dem Bericht werden auch Angaben aus dem russischen Energie-Ministerium bestätigt, dass im Januar keine einzige Tonne russisches Erdöl über die Pipeline an Deutschland geliefert wurde. Im Unterschied dazu hat der Orlen-Konzern noch im Januar vom russischen Konzern Rosnieft 300 000 t Erdöl über die Pipeline, an der seine Raffinerie in Płock direkt angeschlossen ist, erhalten. «Praktisch stammte damit ein Drittel des in der Orlen-Raffinerie im Januar verarbeiten Erdöls aus Russland», schreibt dazu die Wyborza. Biz. Vom polnischen Klima- und Umweltministerium wird dies nur mit der lakonischen Bemerkung abgetan, ,,die Erklärung der polnischen Regierung zum Import-Stopp von russischen Erdöl ab Beginn 2023 war nicht verbindlich“. Das hätte mal Herr Habeck sagen sollen!

Jetzt auch Preisdeckel für Raffinerie-Produkte

Zusammen mit dem Import-Stopp will die EU auch einen Preisdeckel für russische Erdölraffinerie-Produkte ab dem 5.Februar durchsetzen. Der wurde auf 100 Dollar pro Barrel (159 Liter) festgelegt. Für weniger hochwertig verarbeitete Erdölprodukte, wie z.B. Heizöl, wurde er auf 45 Dollar festgelegt. Westlichen Versicherungen, Händlern und See-Transportunternehmen ist es damit untersagt, Drittländern ihre Leistungen anzubieten, wenn deren Preise im Handel mit russischen Raffinerie-Produkten wie dem Diesel (Benzin spielt im russischen Export keine Rolle) über dem Preisdeckel liegen
Mit diesem Preisdeckel ist die politische Zielstellung verbunden, Russland zu zwingen, seinen Diesel und andere Erdölprodukte unter dem Marktpreis an Abnehmer in Drittstaaten zu verkaufen und damit die Einnahmen zur Finanzierung des russischen Kriegs in der Ukraine auszutrocknen.

Schwarzmarkt in Industrie-Dimension

Ein solches Instrumentarium hatte die EU bereits am 5.Dezember für russisches Rohöl eingeführt. Dies hatte zwar mit zu einer globalen Preis-Stabilität beigetragen. Ob es aber zu einer signifikanten Kürzung der russischen Einnahmen bewirkt hat, liegt nur im Bereich von Schätzungen. Russland selbst behauptet dagegen nach Angaben seines stellvertretenden Regierungschef Alexander Nowak, dass die Einnahmen aus dem Verkauf von Öl und Gas im vergangenen Jahr um ein Drittel gestiegen sind. Russland habe andere Absatzwege gefunden. Vom Nachrichtenmagazin ,,The Observer“ wird dies mit dem Aufbau eines Schwarzmarktes in industriellen Dimensionen beschrieben. Laut den Recherchen des Observers habe sich plötzlich im zurückliegenden Jahr der Handel mit gebrauchten Tankschiffen erhöht. Nahezu 200 Tankschiffe wechselten den Besitzer. In vielen Fällen handelt es sich dabei um marode alte Tanker, die über ein halbes Jahrhundert alt sind. Sie fahren mit ausgeschalteten Transpondern und oftmals wird während einer Fahrt mehrmals die Schiffs-Namen und Farben übermalt. Über bewegliche Terminals oder Pumpschiffe wird das Rohöl mit Rohstoffen anderer Herkunft vermischt wird, um zu verbergen, dass es sich um einen Export aus Russland handelt, berichtet ,,The Observer“. Auf diese Weise sind plötzlich Sri Lanka oder Malaysia zu Ländern geworden, die mit Öl handeln.

Russische Erdölprodukte auf indirekten Weg in die EU Russland verfügt derzeit über eine Flotte von 360 Tankschiffen, die entschieden eine Umgehung der Sanktionen erleichtern und die Belieferung von Ländern erlauben, die nicht die Sanktionen gegen Russland mittragen. Und das ist immerhin die Mehrheit der Staaten dieser Welt. Dazu gehört auch Indien. Nach Angaben des Energy Cargo Tracker Vortexa hat Indien im Januar täglich 1,27 Millionen Barrel russisches Rohöls erhalten , 6 Prozent mehr als im Dezember.
Der russische Ölhandel hat sich weitaus reibungsloser entwickelt, als es vor der Einführung der Preis-Obergrenze in Brüssel erwartet wurde, schätzt Serena Huang, Analystin bei Vortexa, ein. Vieles deutet darauf hin, dass eine großer Teil des russischen Öls, das Indien und künftig verstärkt auch China kaufen, verarbeitet und weiterverkauft wird. Auch nach Europa.

Bestimmung der Herkunft von Diesel schwierig

Zu erwarten ist, dass bei Diesel das gleiche Prozedere zur Anwendung kommt. Und Brüssel hat kein effizientes Instrumentarium, um die Strategien zur Umgehung des Embargos zu unterbinden. Diesel ist ein Endprodukt. Nach Einschätzung von Fachleuten ist durch die bei der Verarbeitung von Erdöl zu Kraftstoffen wie Diesel eingesetzten Blending-Systeme und Zusätze die Feststellung der Herkunft noch viel komplizierter als bei Rohöl.
Mit den jetzt eingeführten Sanktionen wird russischer Diesel nicht mehr direkt in die EU gelangen, sondern voraussichtlich indirekt, z.B. als ,,indischer Diesel“ oder ,,türkischer Diesel“.
Die allgemeinen Deklarationen, dass es mit dem eingeführten Embargo auf russischen Erdöl-Produkte keine Engpässe bei Dieselkraftstoff an den Tankstellen gibt und die Preise stabil bleiben, haben nur eine kurze Halbwerts-Zeit. Doch was ist, wenn in zwei bis drei Monaten die Vorräte aufgebraucht sind. Russland ist einer der größten Exporteure von Diesel. Selbst die USA haben vor Beginn der russischen Aggression in der Ukraine preiswerteren Diesel aus Russland importiert.

Höhere Frachtkosten – höhere Dieselpreise

Die Lücke, die in Europa aufgeht, ist gewaltig. Die EU muss eine Menge von täglich 600 000 Barrel, also knapp 100 Mio. Liter Diesel aus Russland, ersetzen. Ersatz soll dann aus den USA und den arabischen Raum kommen. Auch aus Afrika (Nigeria), China und Indien. Die Herausforderung wird sein, die gesamten Lieferprozesse und Logistik umzustellen. Das kostet Zeit und Geld. So braucht ein Tank-Schiff vom russischen Ostsee-Hafen Primorsk bis Gdynia/Danzig zwei Tage, weitere 2 Tage bis zu den ARA-Häfen (Antwerpen-Rotterdam-Amsterdam). Aus dem Indischen Ozean über den Suez-Kanal oder von den Küsten Afrikas sind es dagegen 40 Tage. Allein schon die höheren Frachtkosten werden in den nächsten Monaten Einfluss auf die Preisentwicklung von Diesel an den Tankstellen haben.

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Weiterer Kaufvertrag zum Bezug von LNG-Gas aus den USA

 

Foto: PGNiG

Der polnische Energiekonzern PKN Orlen hat mit dem US-Konzern Sempra Infrastructure einen 20-Jahresvertrag für die Lieferung von verflüssigten Erdgas (LNG) unterzeichnet. Dies ist bereits der dritte Vertrag zum Bezug von LNG-Gas aus den USA.

Der mit dem US-Konzern Sempra Infrastructure unterzeichnete Kaufvertrag sieht über einem Zeitraum von 20 Jahren die Lieferung von jährlich 1 Mio. t LNG-Gas vor. Nach der Regasifizierung des LNG-Gases, also seiner Überführung in den gasförmigen Zustand, ergibt die Menge 1,2 Mrd. m³ Erdgas pro Jahr. Die Lieferung soll ab dem Jahre 2027 aufgenommen werden. Das Schiefergas im verflüssigten Zustand soll über das Export-Terminal Port Arthur im US-Bundesstaat Texas ausgeliefert werden.
Der jetzt abgeschlossene Deal baut auf einem Vorvertrag vom vergangenen Frühjahr auf. Den hatte noch der staatliche polnischen Erdgas-Versorger PGNiG abgeschlossen, der nach der im November erfolgten Übernahme durch den ebenfalls staatlich kontrollierten Orlen-Konzern in dessen Strukturen aufgegangen ist. Allerdings war im Vorvertrag vom vergangenen Frühjahr mit dem US-Konzern Siempra noch die Liefer-Menge von jährlich 3 Mio.t LNG-Gas verankert. Zu den Gründen, weshalb die jährliche Liefermenge von 3 Mio. jetzt auf 1 Mio. t gekürzt wurde, gab es offiziell keine Informationen. Der Vorstandschef von PKN Orlen, Daniel Obajtek, erklärte lediglich auf einer Pressekonferenz, «wir dürfen nicht naiv in der Einkaufspolitik von Kohlenwasserstoffen sein».

LNG-Exportterminal Port Arthur: Für polnischen Konzern nur 1 Mio. t 

Bei Sempra Infrastructure, einer Tochtergesellschaft des an der New Yorker Börse notierten Sempra-Konzerns ist man da schon etwas konkreter. Mit der mit dem polnischen Energiekonzern abgeschlossenen langfristigen Vereinbarung sei jetzt die gesamte Kapazität von Phase 1 des LNG-Exportterminals von Port Arthur vollständig vertraglich gebunden, heißt es in einer Presse-Mitteilung des amerikanischen Konzerns. Sempra hatte bereits zuvor mitgeteilt, dass durch langfristige Vereinbarungen mit vier internationalen Konzernen, darunter der RWE, der Kauf und Verkauf von LNG aus der Phase 1 des Terminal-Projekts abgeschlossen ist. Die in Phase 1 ausgelegte Gesamtkapazität beträgt 10,5 Mio. t (10,5 Mtpa) pro Jahr. Daraus ist zu schließen, dass der polnische Energiekonzern abweichend von der noch im vergangenen Jahr vereinbarten Menge jetzt mit jährlich 1 Mio. t LNG gegenüber den westlichen Konzernen zu kurz gekommen ist.
,,Wir erwarten nun ein endgültige Investitionsentscheidung bis Ende dieses Quartals“, erklärte der in der Presse-Meldung zitierte CEO von Sempra Infrastrukture, Justin Bird. Damit kann der Bau des Hafenprojekts beginnen, der seit über fünf Jahren verzögert wurde.

Insgesamt 3 Verträge zur Lieferung von Erdgas aus den USA

Polen hatte bereits 2018 in Washington eine Grundsatzvereinbarung über die Lieferung von LNG-Gas aus den USA unterzeichnet. Wegen der damalig niedrigen Weltmarkt-Preise für Erdgas, die die Wettbewerbsfähigkeit amerikanischen LNG-Gases im Vergleich zu russischen Erdgas herabsetzten, wurde der dafür notwendige Ausbau von Export-Terminals in den USA, darunter den von Sempra in Port Arthur,
zurückgestellt. Mit dem Anstieg der Weltmarktpreise für Erdgas ab 2021 und insbesondere der Lieferstopps von russischen Erdgas im Ergebnis der von der EU eingeleiteten Maßnahmen in Folge der russischen Aggression in der Ukraine ist der Ausbau der amerikanischen LNG-Terminals wieder wirtschaftlich geworden.
Die Vereinigten Staaten sind zu einem der Hauptlieferanten von Erdgas in Polen geworden. «Durch die Partnerschaft mit Sempra Infrastructure erhöhen wir die Diversifizierung unseres Importportfolios und sichern uns zusätzliche Erdgasmengen, die sowohl zur Deckung des Bedarfs polnischer Kunden als auch zur Stärkung der Präsenz von PKN Orlen auf dem internationalen Energiemarkt verwendet werden», erklärte Orlen-Vorstandschef Obajtek.
PKN Orlen bzw. der von Orlen übernommene Erdgasversorger PGNiG hatte bereits 2018 mit dem US- Energiekonzern Cheniere einen langfristigen Vertrag über die Lieferung von insgesamt 29 Mio. t LNG an das LNG-Terminal in Swinemünde (Świnoujście) auf der Insel Usedom ab diesem Jahr bis zum Jahre 2042 unterschrieben. 2019 folgte dann ein weiterer Kaufvertrag mit dem US-amerikanischen Venture Global LNG, dessen Liefervolumen im Jahre 2021 auf jährlich 5,5 Mio. t aufgestockt wurde.
Zusammen mit der eigenen Erdgas-Förderung in Polen und im norwegischen Schelf sowie der im vergangenen Oktober in Betrieb genommenen neuen Erdgas-Leitung Baltic Pipe durch die Ostsee nach Dänemark ersetzen die in den USA vereinbarten Liefermengen nicht nur vollständig das in der Vergangenheit an Polen gelieferte russische Erdgas. Sie liegen auch erheblich über den aktuellen Landesbedarf an Erdgas. Dies ermöglicht PKN Orlen, die schon vor Jahren von der PiS-Regierung herausgegebene Zielstellung umzusetzen, zu einem ,,Big Player“ bei der Erdgasversorgung in Mittelosteuropa aufzusteigen.

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Milliarden-Streit um Polens modernstes Kohle-Kraftwerk

Foto: Tauron

Ein einmaliger Vorgang im Beziehungs-Geflecht der polnischen Staats-Wirtschaft: Der staatliche Energiekonzern Tauron fordert vom Kraftwerks-Ausrüster Rafako die Rekord-Entschädigungssumme von 1,3 Mrd. Mrd. Złoty. Rafako selbst, dessen Vorstandschef ein ehemaliger Stellvertreter von Regierungschef Mateusz Morawiecki ist, fordert im Gegenzug von Tauron Entschädigungszahlungen in Höhe von über einer halben Milliarde Złoty. Causa des in der Öffentlichkeit erbittert ausgetragenen Streits ist Polens modernstes Steinkohle-Kraftwerk Jaworzno. Seit seiner Inbetriebnahme musste es mehrfach wegen Havarien und technischer Mängel abgeschalten werden.

Der vom Staat kontrollierte Energiekonzern Tauron hatte das neue Kraftwerk Jaworzno als ,,letzte große Investition in die Steinkohle“ Anfang 2021 in den Dauer-Betrieb genommen. Die Investitionskosten beliefen sich auf rund 6 Mrd. Złoty (rund 1,3 Mrd. Euro). Für seinen Bau und die technische Ausrüstung zeichnete der polnische Anlagenbauer Rafako verantwortlich. Mit einem um 80 Prozent geringeren Ausstoß von Schwefeldioxid und ein Drittel weniger Co2- Emissionen ist Jaworzno das modernste Steinkohle-Kraftwerk Polens. Geplant war, dass der Kraftwerks-Block mit einer Leistung von 910 jährlich bis zu 6,5 TWh Strom erzeugt, was den Strombedarf von 2,5 Mio. Privat-Haushalten deckt. Doch gleich nach Aufnahme des Dauerbetriebs kam es zu einer ersten Betriebsstörung. Im Sommer 2021 wurde der Kraftwerks-Block erneut wegen Fehlern abgeschalten. Nach erfolgter Reparatur durch das Konsortium unter Führung des Anlagenbauers Rafako wurde er mit erheblicher Verspätung erst im vergangenen Frühjahr wieder ans Netz gebracht. Im August 2022 stand dann der für die polnische Stromversorgung wichtige Kraftwerks-Block wieder für vier Wochen still.

Energiekonzern Tauron: Konstruktionsfehler beim Kraftwerks-Bau

Zu dem Zeitpunkt wurde der Streit zwischen dem Energiekonzern Tauron und dem Anlagenbauer Rafako bereits in aller Öffentlichkeit ausgetragen. Seinen vorläufigen Höhepunkt hat er jetzt mit der der Übersendung einer schriftlichen Note der Tauron-Gruppe an den Rafako-Vorstand erreicht. Darin fordert der staatliche Energiekonzern 1,3 Mrd. Złoty (280 Mio. Euro) in Form von Vertragsstrafen und Entschädigungen für die nach seiner Ansicht von Rafako verursachten Konstruktions-Fehler und nicht fachgerechten Arbeiten beim Bau des Kraftwerk-Blocks. Infolge dessen speiste der neue Kraftwerks-Block zeitweise nur zwei Drittel seiner ursprünglich projektierten Leistung in das polnische Stromversorgung-Netz ein.

Foto Rafako Pressematerialien

Die Zahlungs-Aufforderung von 1,3 Mrd. Złoty bedeutet das ,,Todesurteil für Rafako“, kommunizierte dessen Vorstand empört in der Öffentlichkeit. Der Anlagenbauer mit seinen 1000 Beschäftigten sei dadurch gezwungen, Konkurs anzumelden, hieß es zunächst. Dann machte der Rafako-Vorstand selbst eine Rechnung auf. Im Gegenzug forderte der Anlagenbauer vom Energiekonzern die Zahlung von über 600 Mio. Złoty als Entschädigung für den Rufschaden und den Auftragsverlust im Ergebnis des auf sachlich falschen Anschuldigungen aufgebauten öffentlichen Streits.

Rafako: Nicht normgerechte Kohle Ursache für Havarien  

Für den an der Warschauer Börse notierten Anlagenbauer sind die Forderungen von Tauron rechtswidrig und sachlich unbegründet. Nach Einschätzung von Rafako sind die technischen Probleme des Kraftwerks auf den Einsatz von Steinkohle aus unbekannten Herkunftsquellen von zweifelhafter Qualität zurückzuführen, die nicht die Brennstoff-Anforderungen für diese Art von Kraftwerken erfüllt. Tauron wird ein unprofessioneller Betrieb des Kraftwerksblocks vorgeworfen und Rafako daran gehindert zu haben, Inspektionen der Betriebsüberwachung durch Garantietechniker durchzuführen.
In der Erklärung des Rafako-Vorstands wird die Zahlungsforderung von Tauron als Versuch bewertet, die ,,katastrophalen Finanzergebnisse von Tauron“ auf Kosten der Rafako SA zu verbessern und die Verantwortung für die systematische Verschlechterung der Vermögenswerte des Unternehmens, insbesondere des neuen 910-MW-Blocks in Jaworzno, als Folge seines unsachgemäßen Betriebs zu verschleiern“.
An den seit Wochen in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Streit ist besonders bemerkenswert, dass sich hier zwei Unternehmen bekämpfen, die für die Energiesicherheit des Landes einen hohen Stellenwert haben und dabei beiden Unternehmen direkt oder indirekt in das Beziehungs- und Finanzgeflecht staatlicher Entscheidungen eingebunden sind Zwar ist der Anlagenbauer Rafako zwar ein börsennotiertes Unternehmen. Zu seinen Aktionären gehört aber auch der staatliche Entwicklungsfonds PFR.
Bislang ist es zu keiner Verständigung zwischen den beiden zerstrittenen Parteien gekommen. Dreimal hat man sich bisher – für Wirtschaftsangelegenheiten dieser Art ungewöhnlicher weise – am Sitz der Generalstaatanwalts getroffen und ist mit großen Krach wieder auseinandergegangen.
Der Streit um das Kraftwerk, das für das polnische Energieversorgungssystem Schlüssel-Bedeutung hat, ist inzwischen auch zum Thema der innerpolitischen Auseinandersetzung geworden. Donald Tusk, ehemaliger EU-Ratsvorsitzender und Chef der Oppositionspartei PO hat bei einen Treffen mit Gewerkschaftern des Rafako-Unternehmens an Regierungs-Chef Mateusz Morawiecki appelliert, sofortige und eindeutige Maßnahmen zu ergreifen. Aufgabe der Regierenden und der Staatsunternehmen sei es, ,,polnische Unternehmen und die polnische Industrie zu unterstützen und nicht sie zu begraben“.

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Atom-Deal – Polen hat mehr als zwei Kernkraftwerke im Visier

Foto: PL-Agentur / ZEPAK

Unmittelbar nach der Entscheidung zum Bau des ersten polnischen Atomkraftwerkes durch den US-Konzern Westinghouse hat Polen einen weiteren Atom-Deal eingeleitet. Mit dem südkoreanischen Konzern KHNP wurde eine Absichtserklärung über den Bau ein Kernkraftwerkes unterzeichnet. Für seinen Standort soll das Braunkohle-Revier Pątnów östlich von Poznań erschlossen werden. Das Kraftwerk mit koreanischen Atom-Reaktoren soll eine Ergänzung und Erweiterung zum staatlichen polnischen Atomenergieprogramm sein. Das sieht den Bau von nur zwei Kernkraftwerken vor.

Der staatliche polnische Energiekonzern PGE und das private Braunkohle-Kraftwerk ZE PAK haben in Seoul mit dem südkoreanischen Konzern KNHP eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit beim Bau eines Atomkraftwerkes in Pątnów östlich von Poznań unterzeichnet. Gleichzeitig haben Polens Vizepremier Jacek Sasin und der koreanische Industrie- und Energieminister Lee Chang-Yang ein Memorandum zur Unterstützung des Projekts mit koreanischer Atomtechnologie in Polen unterzeichnet.
Auf die politischen Feinheiten der Prozessierung zum Kraftwerks-Bau mit koreanischen Atom-Reaktoren in Polen wird in Warschau größten Wert gelegt, um die US-amerikanischen Vertragspartner für den Atomkraftwerksbau in Polen nicht zu verprellen. Polens Vizepremier legte deshalb nach Vertragsunterzeichnung in Südkorea größten Wert auf die Feststellung, dass Polen das koreanische Projekt völlig getrennt vom staatlichen Atomenergie-Programm behandelt, dieses aber dennoch als halbstaatliches kommerzielles Projekt die Unterstützung der polnischen Regierung habe. De facto ist es aber ein über die Zielstellung des polnischen Atomenergie-Programms hinausgehendes drittes Atom-Großkraftwerk. Das polnische Regierungsprogramm zur Energiepolitik sieht den Bau von sechs Atom-Reaktoren mit einer Gesamtleistung von bis zu 9 GW bis zum Jahre 2040 vor.

Koreaner Konkurrenz für Westinghouse

Für deren Bau hatten der französische Energie-Konzern EDF, südkoreanische Konzern KHNP und der US-Kernkraftwerksausrüster Westinghouse in den vergangenen Monaten ihre Angebote abgegeben. Westinghouse galt von Anfang an in Warschau als uneingeschränkter Favorit bei der Auftragsvergabe. Die politischen Rahmenbedingungen wurden dazu bereits 2020 mit der damaligen US-Administration unter Donald Trump mit dem Abschluss eines polnisch-amerikanischen Vertrages über die strategische Partnerschaft bei der Entwicklung der Atomenergie Polen besiegelt. Wie im polnischen Atomenergie-Programm vorgesehen, umfasste das Angebot von Westinghouse den Bau von zwei Kernkraftwerken mit sechs Druckwasser-Reaktoren vom Typ APR 1000 der neuesten Generation. Wie das Nachrichtenportal money.pl unter Berufung auf nicht benannte Informationsquellen aus Regierungskreisen berichtete, lag das Angebot der Amerikaner jedoch bezüglich des Preises und der Kompensationsleistungen unter den Erwartungen der polnischen Regierung. In der polnischen Regierung gab es daher die Überlegung, den Bau der beiden im polnischen Energie-Programm geplanten Kernkraftwerke auf zwei Partner aufzuteilen. Dabei kam dem Angebot des südkoreanischen Konzerns KHNP eine besondere Bedeutung zu. Es schließt auch Offset-Möglichkeiten, also Kompensationsleistungen wie den Technologie-Transfer nach Polen ein.
Die polnischen Planungen mit der Konkurrenz aus Fernost hatten in Washington Unruhe ausgelöst. Am 21.Oktober reichte Westinghouse als Bieter für die beiden im polnischen Atomenergie-Programm geplanten Kernkraftwerke vor einem US-Gericht Klage gegen den koreanischen Konzern ein. Diese beruht darauf, dass KHNP für seine Atom-Reaktoren ein Reaktor-Design benutze, dass geistiges Eigentum von Westinghouse sei. Das US-Unternehmen teilte mit, es habe Kenntnis davon erhalten, dass KHNP im Begriff sei, eine Absichtserklärung mit der polnischen Regierung zur Lieferung von APR1400-Reaktoren an Polen zu unterzeichnen. Für einen solchen Prozess sei die Zustimmung von Westinghouse und eine Genehmigung des US-Energieministeriums erforderlich.

,,Polnische Atom-Diplomatie“

Noch in der letzten Oktoberwoche eilten Vizepremier Jacek Sasin und Klimaministerin Anna Moskwa nach Washington, um im amerikanischen Energie-Ministerium die Wogen des Konflikts zu glätten. Zur Austarierung der Balance in der polnische ,,Atom-Diplomatie“ gab Ministerpräsident Mateusz Morawiecki danach bekannt, dass die polnische Regierung den US-Konzern Westinghouse für den Bau des ersten Atomkraftwerks an der polnischen Ostsee-Küste ausgewählt hat. 48 Stunden später wurde der Atom-Deal mit den Koreanern mit der ausdrücklichen Akzentuierung vermeldet, dass nicht der polnische Staat, sondern die polnischen Unternehmen PGG und ZE PAK die Vertragspartner des südkoreanischen Konzerns KHNP sein werden.

Kernkraftwerk im Braunkohle-Revier?

PGG ist Polens größter Stromerzeuger. Der staatliche kontrollierte Energie-Konzern untersteht direkt den von Vizepremier Sasin geleiteten Ministerium. ZE PAK ist dagegen ein Privatunternehmen, dessen Hauptaktionär der Unternehmer Zygmunt Solorz ist (u.a. Haupteigentümer des TV-Senders Polsat und des Mobilfunks Plus).
Zu ZE PAK gehörten ursprünglich drei Braunkohle-Kraftwerke. Das Unternehmen hatte bereits in der Vergangenheit mit der Stilllegung von über 1 Gigawatt Kraftwerkskapazität den Ausstieg aus der Braunkohle-Verstromung eingeleitet. Ende 2024 soll auch das letzte seiner drei Braunkohle-Kraftwerke im Braunkohle-Revier Pątnów stillgelegt werden. In dem jetzt in Seoul unterschriebenen Memorandum ist Pątnów als Standort für den Bau des Kernkraftwerkes mit den koreanischen Atom-Reaktoren vorgesehen. Pątnów befindet sich gut 80 Kilometer östlich der westpolnischen Metropole Poznań.
Ursprünglich hatte der Hauptaktionär von ZE PAK gemeinsam mit dem Milliardär Michał Sołowow (Eigner des Synthos-Konzerns) in Pątnów ein Atomkraftwerk auf der Basis von kleinen modularen Kernreaktoren vom Typ BWRX-300, die von General Electric und Hitachi entwickelt worden, geplant. Dazu wurde im vergangenen Jahr mit der Innovation Impulse GMBH in Wien, deren alleiniger Eigentümer Sołowow ist, eine Vertrag abgeschlossen. Dieser wurde jetzt zeitgleich mit der Vereinbarung mit dem koreanischen KHNP-Konzern annulliert. «Das Angebot der Koreaner war von allen das beste», erklärte Solorz, Haupt-Aktionär von ZE PAK, nach Abschluss des Deals mit den Koreanern.
Einzelheiten der Vereinbarung sind bislang noch nicht bekannt, nur soviel, dass das Kernkraftwerk zeitlich versetzt mit vier koreanischen Atom-Reaktoren vom Typ AP 1400 ausgestattet werden soll.
De facto bedeutet dies, dass in Polen nicht nur die zwei im staatlichen Atomenergieprogramm geplanten Kernkraftwerke, sondern darüber hinaus auch ein drittes Atomkraftwerk gebaut werden.
Dabei wird es nicht bleiben, wenn man dazu die kleinen modularen Kernreaktoren BWRX-300 berücksichtigt, die Synthos (Sołowow), der Polnische Mineralölkonzern PKN Orlen sowie der Kupferkonzern KGHM vor den Toren von Sachsen planen.

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Kohlekumpel drohen mit Zumauerung des Premierminister-Büros

 

Foto: infopol.Press/ Screenshort Silesia24

Aus Protest gegen die Kohle-Politik der Regierung haben Kohle-Gewerkschafter versucht, den Eingang zum parlamentarischen Verbindungsbüros von Polens Regierungschef Morawiecki in Katowice zuzumauern.

Der Mörtel war schon im Betonmischer angerührt. Die Mauersteine bereitgelegt. Schon seit September hatten Mitglieder der Branchengewerkschaft Sierpien 80 (zu deutsch August 80) jede Woche vor dem parlamentarischen Verbindungsbüro von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki in Katowice gegen die Kohle-Politik der Regierung protestiert. Ihre Proteste richten sich vor allem dagegen, dass im ,,Kohle-Land“ Polen die Kohle fehlt und statt Investitionen in den heimischen Kohle-Abbau Millionen Tonnen Steinkohle vom anderen Ende der Welt nach Polen eingeführt werden, die für viele Privathaushalte viel zu teuer ist.
Zu einem Gespräch mit dem Regierungschef sei es nicht gekommen. «Wir haben Morawiecki hier nie angetroffen» berichtet der Chef der Gewerkschaft Sierpien 80 dem örtlichen Nachrichtenportal Silesia24. «Das Büro, das leer steht, braucht niemand, aber es kostet uns Tausende Złoty im Monat». Also wurde der Beschluss gefasst, Morawieckis parlamentarischen Sitz in Katowice zuzumauern.
Die Absichten der Gewerkschafter nahm die Polizei, die den Büroeingang abriegelte, sehr ernst. Schließlich hat die Gewerkschaft Sierpien 80 ja Erfahrungen mit dem Zumauern von Gebäude-Eingängen. Mehrfach hat sie in den vergangenen Jahren als Protestaktion die Eingänge von Vorstands- und Direktionsgebäuden von Kohlegesellschaften zugemauert.
Die Sierpien 80 ist eine von mehr als 20 Gewerkschaften, die die Interessen der polnischen Kohlekumpel vertreten oder vorgeben, deren Interessen zu vertreten. Ihre Aktionen und Methoden sind oft rabiat und wenig konform mit dem, was man im Westen unter Gewerkschaftsarbeit versteht. Während z.B. in Deutschland auf Pfeifen trillernde Gewerkschaftsmitglieder diszipliniert ihren Warnstreik beenden, um wieder pünktlich nach der betrieblichen Mittagspause an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, wird bei Sierpien 80 schon ´mal ein Betriebsdirektor, der Entlassungen angekündigt hatte, unfreiwillig aus seinem Büro geholt und in der Schubkarre verfrachtet vor die Tür befördert.
Im Fall von Morawieckis Büro konnte die Polizei eine Zumauerung verhindern.
Die Gewerkschafter werfen den Ministerpräsidenten und seiner Regierung vor, monatelang die Bevölkerung mit der falschen Behauptung betrogen zu haben, Polen habe genügend Kohlevorräte, um sie zu erschwinglichen Preisen bereitzustellen und viel zu spät Maßnahmen gegen die Kohlekrise ergriffen zu haben.

4,5 Mio. t ausländische Steinkohle zum Höchstpreis

Erst im Juli nach Enthüllungen eines Nachrichten-Portals, dass der Regierung bereits unmittelbar nach Ausbruch des Ukraine-Krieges ein in Polen bestehendes Millionen-Tonnen Defizit an Heizkohle bekannt war, hatte Regierungschef Morawiecki die staatlichen Energie-Unternehmen PGE und Węglokoks angewiesen, im ,,Eilverfahren” 4,5 Mio. t ausländische Kohle zu kaufen. Zu dem Zeitpunkt lag der Marktpreis für Heizkohle an Endverbraucher bereits schon bei über 2500 Złoty pro Tonne. Die Morawiecki-Regierung versprach dagegen der Bevölkerung einen staatlich regulierten Festpreis von knapp 1000 Złoty (~220 EUR) pro Tonne Heizkohle. Kohlehändler, die zu diesen Preis ihre teure eingekaufte Importkohle verkaufen, sollten dafür eine Ausgleichszahlung erhalten. Der dazu festgelegte Betrag war jedoch viel zu gering, um die Preisdifferenz auszugleichen. Kein Kohle-Händler war daher bereit, seine Kohle zu diesem Festpreis zu verkaufen.

3000 Zloty Finanzzuschuss an Privat, aber keine bezahlbare Kohle

Statt des Festpreises begann die Regierung dann im August mit der Auszahlung eines direkten Kohle-Zuschusses in Höhe von 3000 Złoty an alle Privat-Haushalte, die mit Kohle heizen. Das grundsätzliche Problem – die Verfügbarkeit von bezahlbarer Steinkohle – war und ist jedoch nicht gelöst.

 

Wegen geologischer Probleme bei der Erschließung einer neuen Förderwand hat das Bergbau-Unternehmen Bogdanka im September gleich zweifach seine Förderleistung reduziert. Foto: Bogdanka / Werkfoto

Nach Angaben der Agentur für Industrieentwicklung (ARP) in Katowice betrugen die bei den Steinkohle-Bergwerken angelegten Kohle-Vorräte Ende August nur 1,024 Mio. t. Das sind knapp 80 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Dazu kommen die von den Kohle-Kraftwerken angelegten Kohle-Vorräte von insgesamt 5,3 Mio. t. In einem speziell erstellten Bericht der Bank Pekao weisen deren Analysten darauf hin, dass diese Vorräte nur für 53 Tage ausreichen. Im Einklang mit den Kohle-Vorräten stehen die Kohle-Förderquoten. Nach Angaben der ARP-Agentur wurden im August lediglich 3,83 Mio. t Steinkohle gefördert. Mit nahezu der gleichen Förderquote hat sich diese rückläufige Entwicklung laut dem Statistikamt ZUS auch im September fortgesetzt, was das schlechteste Förderergebnis seit dem Nachkriegsjahr 1946 bedeutet.

Kohle ist jedoch nicht gleich Kohle. Dies machen auch die Zahlen deutlich, die die staatliche Kohlegesellschaft Węglokoks kürzlich vorlegte. Von den 4,5 Mio. t Steinkohle, die Ministerpräsident Morawiecki der Węglokoks und Polens größter Kohlegesellschaft PGG anwies, im Ausland für polnischen Privathaushalte zu kaufen, hatte die Węglokoks bis Mitte Oktober rund 2,7 Mio. t vertraglich gesichert. Nach Angaben von deren Pressesprecher sind davon nur 400 000 bis 450 000 t Steinkohle mit einer Granulierung von über 10 mm, also Kohle, die für die Verbrennung in Öfen und Heizanlagen von Privathaushalten geeignet ist.

Regierungs-Versprechen: Bis Weihnachten 11 Mio. t Kohle aus dem Ausland

Vor diesem Hintergrund hat Vizepremier Jacek Sasin Anfang Oktober auf einer Pressekonferenz angekündigt, dass die Weglokoks und PGG den Import von Steinkohle erhöhen sollen und bis zum Jahresende 11 Mio. t Steinkohle aus dem Ausland nach Polen eingeführt werden. Mengen dieser Größenordnung vom anderen Ende der Welt – aus Kolumbien, Südafrika, Botswana, Indonesien, Australien und anderen Ländern – innerhalb eines kurzen Zeitraums nach Polen einzuschiffen, ist transporttechnisch und logistisch eine kaum zu bewältigende Herausforderung. Schon jetzt sind die polnischen Ostsee-Häfen mit Steinkohle überfrachtet. Dabei handelt es sich aber nur um ein klassisches Halbprodukt. Die Steinkohle muss zur Eignung als Heizkohle für Privathaushalte verarbeitet, ausgesiebt und sortiert werden. Dies ist allerdings ein zeitaufwendiger Prozess mit dem Ergebnis, dass nur 20 Prozent der verarbeiteten Steinkohle für Privathaushalte geeignet sind. Und dann muss noch die Steinkohle an den Endkunden gebracht werden.

Kommunalverwaltungen als ,,Kohleträger“

Mit dieser Aufgabe als ,,Kohleträger“ will die Regierung jetzt die Städte und Gemeinden betrauen. Die Kommunalverwaltungen sind allerdings nicht davon begeistert, dass die Verantwortung für den Vertrieb von Steinkohle an den Endverbraucher auf sie abgewälzt wird. Der von der Regierung vorbereitete Gesetzentwurf sieht deshalb eine administrativ reglementierte Deckelung der Einkaufs-Preise für die Kommunen vor. Die Importeure, die die Kohle für gegenwärtig rund 2400 bis 2600 Złoty pro Tonne einführen, müssen dann durch die Intervention des Staates diesen Preis auf 1500 Złoty senken. Zu diesem Preis könnte dann jede Kommunalverwaltung die Kohle kaufen und zuzüglich ihrer eigenen operativen Kosten für den Transport und die Lagerung an die Endverbraucher in ihrem Verwaltungsgebiet vertreiben, erklärte Regierungschef Morawiecki. Ziel sei es, dass der Endverbraucher nicht mehr als 2000 Złoty pro Tonne Steinkohle bezahlt.
Ob jedoch ein solches provisorisches Vertriebsnetz innerhalb kürzester Zeit bis zum Jahresende die erwünschten Effekte bringt, darüber scheint es wohl selbst in der Regierung Zweifel zu geben. So erklärte Klima- und Umweltministerin Anna Moskwa im Privatsender Polsat, dass nach Schätzungen ihres Ministeriums 600- bis 700 000 Privathaushalte noch keine Kohle für den Winter gebunkert habe und etwa 60 Prozent der Polen in diesem Winter die Steinkohle durch Holz in ihren Öfen und Heizanlagen ersetzen werden.

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Strompreisdeckel für Firmen und Privat festgelegt

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Auf umgerechnet rund 165 Euro (785 Złoty) pro MWh werden in Polen die Strompreise für Firmen gedeckelt. Zu den bereits eingefrorenen Preisen für den Basis-Stromverbrauch hat das polnische Parlament jetzt auch einen maximalen Höchstpreis definiert, den Privat-Haushalte für den über das Basis-Kontingent darüberliegenden Stromverbrauch bezahlen.

Mit großer Mehrheit hat das polnische Parlament die Regierungsvorlage zur Begrenzung der Strompreise angenommen. Danach wird der für kleine und mittlere Firmen auf 785 Złoty (~165 Euro) pro MWh gedeckelt. Der Preisdeckel ist auf 90 Prozent der von den Firmen verbrauchten Strommenge limitiert. Für die restlichen 10 Prozent müssen die Firmen den vollen Marktpreis bezahlen. Ursprünglich hatte die Regierung nach den Worten von Entwicklungs-Minister Waldemar Buda die Absicht, dass die Firmen die maximalen Strompreis-Obergrenze für ihren gesamten Strombedarf zur Anwendung bringen können. Dies stand aber im Widerspruch zu den von der EU beschlossenen Regelungen. Daher müssen die Firmen für die restlichen 10 Prozent den vollen Marktpreis bezahlen. Auch Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sparte bei der Vorstellung des Strompreisdeckels für Firmen nicht mit Kritik an der EU-Politik. Man könne nicht krankhaft an der Klimapolitik festhalten, weil diese unter den Bedingungen des Kriegs in der Ukraine und der Energie-Erpressung von russischer Seite teilweise nicht mehr aktuell sei. Der Strompreisdeckel soll bereits für den Stromverbrauch ab 1.Dezember dieses Jahres zur Anwendung kommen und bis zum 31. Dezember des kommenden Jahres gelten. Dabei werden auch die bereits abgeschlossenen neuen Verträge zwischen Unternehmen und Stromanbietern berücksichtigt. beschränkt. Kein Unternehmen wird mehr bezahlen”, versicherte Buda.

Max. 0,14 EUR pro KWh Strom für Privathaushalte

Nicht nur für Firmen, auch für die sogenannten sensiblen Stromabnehmer wie Krankenhäuser, Schulen, Kitas u.a. wurde der maximal zu zahlenden Strom-Höchstpreis auf 785 Złoty festgelegt. Auch für andere öffentlich genutzte Einrichtungen wie Kirchen, Kultureinrichtungen und selbst Schwimmbäder und Wasserparks kommt er zur Anwendung.
Zu der bereits beschlossenen Einfrierung der Strompreise für den Grundverbrauch von Privathaushalten, wurde der Maximal-Preis für Privatverbraucher für den über das Basis-Kontingent (2000 KWh) darüberliegenden Stromverbrauch auf 693 Zloty pro MWH festgelegt. Das sind umgerechnet rund 0,14 EUR pro Kilowattstunde.

 

Refinanzierung durch Gewinn-Abschöpfung

Refinanziert werden soll der Strompreisdeckel durch die Abschöpfung von überdurchschnittlich erzielten Gewinnen der Stromerzeuger. Dies schließt auch Energieerzeuger ein, die ihren Strom aus Erneuerbaren Energiequellen erzeugen wie Wind, Sonne und Wasser, einschließlich Biogasanlagen Sollte dies nicht ausreichen, werden Mittel aus dem Staatshaushalt bereitgestellt. Die Kosten zur Refinanzierung des Preisdeckels werden auf ca. 17 Mrd. Złoty geschätzt. Das sind umgerechnet rund 3,5 Mrd. Euro. Vor dem Hintergrund der 200 Mrd. Euro, die die Bundesregierung für die Reduzierung der Energiekosten in Deutschland einplant, erscheint diese kalkulierte Summe als sehr niedrig und nicht ausreichend. Allerdings gelten die jetzt getroffenen Preis-Regelungen nur für kleine und mittlere Firmen. Laut der polnischen Definition sind dies Firmen mit weniger als 250 Beschäftigten und Jahresumsätzen von maximal 50 Mio. Euro. Für größere Unternehmen, von denen es in Polen schätzungsweise 2000 gibt, wurde außer den von der Regierung versprochenen und von Marktexperten als überhaupt nicht ausreichend bewerteten Zuschuss-Zahlungen noch keine weitergehende  Strompreis-Regelung getroffen.

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Russisches Erdöl fließt über Polen wieder nach Schwedt

Foto: PL-Agentur

Die volle Funktionsfähigkeit der vor einigen Tagen beschädigten Trasse der Erdöl-Pipeline nach Deutschland ist wieder hergestellt. Dies hat jetzt die Betreibergesellschaft PERN der über das polnische Territorium verlaufenden Druschba-Erdölpipeline gemeldet.  Die Ursachen des Lecks sind jedoch weiter unbekannt. Die Fehler-Suche dauert weiter an, heißt es.   

Bereits am 11.Oktober hatten die automatischen Überwachungs-Systeme der Pipeline-Betreibergesellschaft PERN einen Druck-Abfall an einen der beiden Leitungen der Erdöl-Pipeline ,,Przyjaźń“ gemeldet. Diese über das polnische Territorium verlaufende Trasse ist Bestandteil der einst als ,,Druschba-Freundschaft“ –Leitung bezeichneten Pipeline, über die russisches Erdöl an deren Endpunkt nach Deutschland geliefert wird. Abnehmer auf deutscher Seite ist die MVL (Mineralölverbundleitung GmbH Schwedt), die das ankommende Erdöl in ihrem Tanklager zwischenlagert und an die Raffinerien in Schwedt und Spergau zur Weiterverarbeitung pumpt.
Nach Angaben des polnischen Pipeline-Betreibers war das Leck an der größeren der beiden Leitungen aufgetreten. Über diese Hauptleitung fließt das Erdöl nach Deutschland. Die Pumpen seien sofort abgeschalten worden. Der andere Strang der Pipeline, also die kleinere Leitung, sei aber unverändert in Betrieb. Hieß es zuerst von der Betreibergesellschaft, das Leck sei in der Höhe der Ortschaft Łania aufgetreten, vermeldete das Wojewodschafts-Kommando der Feuerwehr von Kujawsko-Pomorskie den Leck-Austritt weiter westlich in der Region um die Ortschaft Żurawice. Dort hatten die Einsatzkräfte vor Ort, darunter die Betriebsfeuerwehr und die technischen Dienste der PERN das Erdöl von einer rund 1000 Quadratmeter großen Flächen-Niederung eines Maisfeldes abgepumpt.

Geheimdienst-Koordinator: Alle Hypothesen sind möglich

Ob es sich um Sabotage oder nur um einen technischen Schaden handelt, ist bis heute nicht bekannt. Die Fehler-Diagnose dauert weiter an. Diese Aussage wirft Fragen auf. Schließlich ist an die teilweise nur wenige Meter unter der Erde liegenden Erdölpipeline viel leichter heranzukommen als an die vor einigen Tagen zerstörten Trassenabschnitte der auf dem Grund der Ostsee liegenden Nordstream-Erdgaspipeline.
Der Regierungs-Sonderbeauftragte für die strategische Energie-Infrastruktur benannte Mateusz Berger hatte gleich nach Auftreten des Lecks an der Erdöl-Pipeline der Nachrichten-Agentur Reuter mitgeteilt, dass es sich um eine ,,unbeabsichtigte Beschädigung“ handelt. Der Staatssekretär und Sprechers des Amtes für die Koordinierung der polnischen Geheimdienste Żaryn twitterte dagegen, dass überhaupt noch keine Voraussetzungen gegeben seien, um über Ursachen der Havarie zu sprechen. ,,Alle Hypothesen sind möglich“. Gleichzeitig verwies er darauf, dass das Leck keinen Einfluss auf Versorgungssicherheit Polens habe. Polnische Autofahrer müssen sich keine Sorgen machen, betonte auch die PERN. Tatsächlich befindet sich die Lokalisation des Lecks 70 Kilometer hinter (westlich) dem Punkt, an dem die beiden polnischen Raffinerien in Płock und Danzig (Gdańsk) das russische Erdöl für seine Weiterverarbeitung abzweigen.

Grafik: PL-Agentur /PERN

Polnische Autofahrer müssen sich keine Sorgen machen, betonte auch die PERN. Tatsächlich befindet sich die Lokalisation des Lecks 70 Kilometer hinter (westlich) dem Punkt, an dem die beiden polnischen Raffinerien in Płock und Danzig (Gdansk) das russische Erdöl für seine Weiterverarbeitung abzweigen.

Schaden vom Leck an der Pipeline hatten bislang nur die beiden deutschen Raffinerien. Sie erhielten zwar weiter Rohöl über die Leitung. Nach Angaben der PCK Raffinerie kam dort jedoch weniger an.

Die Druschba-Pipeline, zu der die über Polen verlaufende Rohrtrasse gehört, zählt zu den größten Erdölleitungs-Systemen der Welt. Neben Polen und Deutschland werden über sie auch andere Länder Mitteleuropas versorgt. Nach PERN-Angaben hat der polnische Trassen-Abschnitt eine Durchleit-Kapazität von 27 Mio. t Rohöl im Jahr.

Ab 1. Januar Embargo auf russisches Erdöl geplant 

Mit dem russischen Rohöl durch die Pipeline wird bald Schluss sein. Grund ist das geplante Öl-Embargo gegen Russland ab dem 1.Januar. Ob die PCK-Raffinerie in Schwedt, die bisher hauptsächlich an den russischen Erdöl-Lieferungen über die Druschba-Pipeline hängt, dann im neuen Jahr noch voll weiterarbeiten kann, ist bislang noch offen. Die PCK-Raffinerie ist zwar auch an eine Leitung zum Hafen Rostock angebunden. Darüber können allerdings nur etwa 60 Prozent der bisherigen Kapazitäten besorgt werden: Im Frühjahr war noch der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit seinem Begehren, Schwedt zusätzlich über den PERN-Erdölhafen in Danzig (Gdańsk) zu versorgen, in Warschau abgeblitzt. Das Öl sollte über die Pipeline besorgt werden, die vom Ölhafen nach Płock führt, wo sie an die Druschba-Pipeline andockt. Allerdings wird sich auch der Polnische Mineralölkonzern PKN Orlen nach Ablösung der russischen Rohöl-Lieferungen über diese Pipeline mit Erdöl für seine Raffinerie in Płock versorgen.

Polnischer Mineralölkonzern PKN Orlen an PCK Schwedt interessiert

Im Zuge der Übernahme des ebenfalls vom Staat kontrollierten Erdölverarbeitungs-Konzerns Lotos (Raffinerie in Danzig) hatte PKN Orlen zum Jahresanfang mit dem weltgrößten Erdöl-Lieferanten, der saudiarabischen Aramco einen langfristigen Liefervertrag geschlossen, auf dessen Grundlage russisches Rohöl durch Erdöl von den Saudis ersetzt wird. In Warschau verwies man deshalb auf die begrenzte Durchleitfähigkeit der Pipeline vom Danziger Erdölhafen, die für die Orlen-Raffinerie in Płock Versorgungs-Grundlage ist. Tatsächlich war man jedoch nicht bereit, Erdöl direkt an die PCK-Raffinerie zu liefern, solange deren Eigentümer die russische Rosneft ist.
Mit der Überführung der PCK-Raffinerie in die treuhänderische Verwaltung der Bundesregierung hat sich die Situation jetzt geändert. Zwar nicht offiziell bestätigt, aber auch nicht dementiert, soll der staatlich kontrollierte Polnische Mineralölkonzern PKN Orlen, der über 600 Tankstellen in Deutschland besitzt (Star- und Orlen-Tankstellen), an einer Übernahme der PCK-Raffinerie in Schwedt interessiert sein. Und plötzlich erklärt auch Umwelt- und Klimaministerin Anna Moskwa die Bereitschaft Polens, die vollen Erdöl-Überschüsse nach Deutschland zu liefern und die Pläne zum Bau eines zweiten Leitungsstranges vom Danziger Ölhafen nach Płock zu intensivieren.

Aktualisierter Text 16.Oktober


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Hafen für polnische Offshore-Windparks auf Usedom beschlossen



Foto: Vestas



Der polnische Mineralölkonzern PKN Orlen wird gemeinsam mit Betreibergesellschaft des Hafenverbunds Stettin-Swinemünde (Szczecin-Świnoujście) auf der Insel Usedom in Swinemünde einen Installationshafen für offshore-Windparks errichten In dem Hafen sollen ab 2025 Vestas-Windturbinen für den ersten polnischen Offshore-Park montiert werden. Der dänische Windturbinenbauer Vestas hat dazu den Bau einer neuen Fabrik in Stettin angekündigt.

Der Beschluss über den Bau des Installationsterminals sowie einer Fabrik von Vestas für Windturbinen in Stettin revolutioniere nicht nur das gesamte polnische Energie-System, sondern setze auch einen Impuls für die Entwicklung der Ostsee-Region, verkündete der Vorstandschaf des Polnischen Mineralölkonzerns PKN Orlen bei der Vertragsunterzeichnung in Stettin. Gemeinsam mit der Hafengesellschaft Stettin-Swinemünde will PKN Orlen in die Entwicklung eines Installationshafens für Offshore-Windparks auf einem 200 Hektar großen Gelände des Hafens von Swinemünde investieren.
Geplant ist der Bau von zwei Kaianlagen, die das Manövrieren von Jack-up-Schiffe ermöglichen. Jack-up-Schiffe sind Installationsschiffe für die Errichtung von Offshore-Windparks, die mit hydraulisch betriebenen Riesenbeinen ausgestattet sind. In dem Installationshafen findet die Vormontage der Windturbinen-Türme mit einer Höhe von über 100 Metern statt, von denen jeder mehr als 1000 Tonnen schwer ist.
Der Installationshafen soll 2025 seinen Betrieb aufnehmen. Der Polnische Mineralölkonzern PKN Orlen will dort als erstes die Vormontage für den ersten polnischen Ostsee-Windpark Baltic Power durchführen. Baltic Power ist ein gemeinsam mit dem kanadischen Energiekonzerns Northland Power Inc. entwickeltes Projekt mit einer Gesamterzeuger-Kapazität von 1,2 GW. Dies erlaubt die Stromversorgung von rund 1,5 Mio. Privathaushalten. Der Standort des Offshore-Parks wird sich etwa 23 km vor der polnischen Ostsee-Küste in Höhe des Ostseebades Łęba befinden. 2026 soll er seinen Betrieb aufnehmen.

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Ab 2026 Energie aus der polnischen Ostsee

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Neue Vestas-Fabrik in Stettin

Für den Windpark kommen Turbinen des dänischen Windenergieanlagen-Herstellers Vestas zum Einsatz. PKN Orlen hatte im September mit Vestas einen Vorvertrag über die Lieferung von 76 Turbinen vom Typ V236 mit einer jeweiligen Leistung von 15 MW geschlossen. Nils de Baar, Präsident von Vestas Zentral- und Nordeuropa gab dazu jetzt bekannt, dass der dänische Konzern in Stettin eine neue Fabrik ab der zweiten Jahreshälfte 2024 in Betrieb nehmen wird. Dort sollen die Gondeln und die Rotor-Naben für die V236-Turbinen montiert werden.
Mit der Vestas-Fabrik in Stettin sollen 600 bis 700 direkte Arbeitsplätze geschaffen werden. Das Werk von Vestas soll nach Angaben von Nils de Baar sowohl den Bedarf an Off-Shore-Windenenergieanalgen in Polen wie auch die internationale Nachfrage bedienen und die Einbindung von polnischen Firmen in den Aufbau von Lieferketten befördern. Wenige Kilometer östlich von Stettin in Goleniów produziert bereits das dänische Unternehmen LM Glasfiber, 2016 von General Electric übernommen, seit der Jahrtausendwende Rotorblätter für Windenergieanlagen.

Bereits 132 Anträge für neue Offshore-Windparks

Der Entwicklung von Offshore-Windparks in der Ostsee werden im polnischen Energieprogramm bis 2040 neben den Aufbau von Kernkraftwerken fundamentale Bedeutung bei der schrittweise Ablösung von Kohle-Kraftwerken beigemessen. Die polnische Energie-Regulierungsbehörde URE hat dazu im vergangenen Jahr zunächst 5,9 GW Offshore-Windparkprojekte in der Ostsee unter Vertrag genommen. Dazu gehört auch der Windpark Baltic Power, der voraussichtlich als erster polnischer Offshore-Windpark 2026 in Betrieb gehen wird.
Für Offshore-Windparkprojekte der zweiten Entwicklungsphase, die nach 2030 entstehen sollen, liegen dem Infrastruktur-Ministerium bereits 132 Genehmigungs-Anträge vor.
Das Windenergie-Potenzial im polnischen Ostseeraum bis zum Jahre 2050 wird auf rund 28 Gigawatt geschätzt, das Marktvolumen auf über 30 Mrd. Euro.

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Polen vom Leck an Erdöl-Pipeline nicht betroffen

Foto: PERN

Wenige Tage nach dem Anschlag auf die Nord-Stream Pipeline ist jetzt an einer zweiten strategischen Versorgungs-Pipeline nach Deutschland ein Leck aufgetreten. Diesmal auf polnischen Territorium. Die Betreibergesellschaft der Erdöl-Pipeline ,,Przyjaźń“, über die russisches Rohöl zur PCK Raffinerie Schwedt und die TOTAL Raffinerie in Spergau transportiert wird, meldete ein Leck an einen der beiden Versorgungsstränge. Über die Ursachen ist bislang nichts bekannt. Ein technischer Defekt oder Sabotage? ,,Alle Hypothesen sind möglich“, twitterte der Staatssekretär Żaryn aus dem Amt für die Koordinierung der polnischen Geheimdienste.

Bereits am späten Dienstagabend hatten die automatischen Überwachungs-Systeme der Pipeline-Betreibergesellschaft PERN einen Druck-Abfall an einen der beiden Leitungen der Erdöl-Pipeline ,,Przyjaźń“ gemeldet. Diese über das polnische Territorium verlaufende Trasse ist Bestandteil der einst als ,,Druschba-Freundschaft“ –Leitung bezeichneten Pipeline, über die russisches Erdöl an deren Endpunkt nach Deutschland geliefert wird. Abnehmer auf deutscher Seite ist die MVL (Mineralölverbundleitung GmbH Schwedt), die das ankommende Erdöl in ihrem Tanklager zwischenlagert und an die Raffinerien in Schwedt und Spergau zur Weiterverarbeitung pumpt.
Nach Angaben des polnischen Pipeline-Betreibers ist das Leck an der größeren der beiden Leitungen aufgetreten. Über diese Hauptleitung fließt das Erdöl nach Deutschland. Die Pumpen seien sofort abgeschalten worden. Der andere Strang der Pipeline, also die kleinere Leitung, sei aber unverändert in Betrieb. Hieß es zuerst von der Betreibergesellschaft, das Leck sei in der Höhe der Ortschaft Łania aufgetreten, vermeldete das Wojewodschafts-Kommando der Feuerwehr von Kujawsko-Pomorskie den Leck-Austritt weiter westlich in der Region um die Ortschaft Żurawice. Dort sind inzwischen alle notwendigen Einsatzkräfte vor Ort, darunter die Betriebsfeuerwehr und die technischen Dienste der PERN, die das Erdöl von einer rund 1000 Quadratmeter großen Flächen-Niederung eines Maisfeldes abpumpen. Inzwischen sind bereits 400 Kubikmeter aufgenommen worden.

Geheimdienst-Koordinator: Alle Hypothesen sind möglich

Ob es sich um Sabotage oder nur um einen technischen Schaden handelt, ist bislang nicht bekannt. Nach Informationen der Einsatzkräfte ist man bislang auf der verseuchten Feldfläche noch nicht an die Leckstelle herangekommen. Der erst seit einigen Wochen zum Regierungs-Sonderbeauftragten für die strategische Energie-Infrastruktur benannte Mateusz Berger hatte schon vorher der Nachrichten-Agentur Reuter mitgeteilt, dass es sich um eine ,,unbeabsichtigte Beschädigung“ handelt. Der Staatssekretär und Sprechers des Amtes für die Koordinierung der polnischen Geheimdienste Żaryn twitterte dagegen, dass im Moment überhaupt noch keine Voraussetzungen gegeben seien, um über Ursachen der Havarie zu sprechen. ,,Alle Hypothesen sind möglich“. Gleichzeitig verwies er darauf, dass das Leck keinen Einfluss auf Versorgungssicherheit Polens habe.

Grafik: PL-Agentur /PERN

Polnische Autofahrer müssen sich keine Sorgen machen, betonte auch die PERN. Tatsächlich befindet sich die Lokalisation des Lecks 70 Kilometer hinter (westlich) dem Punkt, an dem die beiden polnischen Raffinerien in Płock und Danzig (Gdansk) das russische Erdöl für seine Weiterverarbeitung abzweigen. Der russischen Pipeline-Betreiber Transneft teilte laut einer Mitteilung der Nachrichtenagentur Interfax mit, dass weiter Rohöl in Richtung Polen gepumpt wird.

Schaden vom Leck an der Pipeline haben bislang nur die beiden deutschen Raffinerien. Sie erhalten zwar weiter Rohöl über die Leitung. Nach Angaben der PCK Raffinerie kommt dort jedoch weniger an.

Die Druschba-Pipeline, zu der die über Polen verlaufende Rohrtrasse gehört, zählt zu den größten Erdölleitungs-Systemen der Welt. Neben Polen und Deutschland werden über sie auch andere Länder Mitteleuropas versorgt. Nach PERN-Angaben hat der polnische Trassen-Abschnitt eine Durchleit-Kapazität von 27 Mio. t Rohöl im Jahr.

Ab 1. Januar Embargo auf russisches Erdöl geplant 

Mit dem russischen Rohöl durch die Pipeline wird bald Schluss sein. Grund ist das geplante Öl-Embargo gegen Russland ab dem 1.Januar. Ob die PCK-Raffinerie in Schwedt, die bisher hauptsächlich an den russischen Erdöl-Lieferungen über die Druschba-Pipeline hängt, dann im neuen Jahr noch voll weiterarbeiten kann, ist bislang noch offen. Die PCK-Raffinerie ist zwar auch an eine Leitung zum Hafen Rostock angebunden. Darüber können allerdings nur etwa 60 Prozent der bisherigen Kapazitäten besorgt werden: Im Frühjahr war noch der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit seinem Begehren, Schwedt zusätzlich über den PERN-Erdölhafen in Danzig (Gdańsk) zu versorgen, in Warschau abgeblitzt. Das Öl sollte über die Pipeline besorgt werden, die vom Ölhafen nach Płock führt, wo sie an die Druschba-Pipeline andockt. Allerdings wird sich auch der Polnische Mineralölkonzern PKN Orlen nach Ablösung der russischen Rohöl-Lieferungen über diese Pipeline mit Erdöl für seine Raffinerie in Płock versorgen.

Polnischer Mineralölkonzern PKN Orlen an PCK Schwedt interessiert

Im Zuge der Übernahme des ebenfalls vom Staat kontrollierten Erdölverarbeitungs-Konzerns Lotos (Raffinerie in Danzig) hatte PKN Orlen zum Jahresanfang mit dem weltgrößten Erdöl-Lieferanten, der saudiarabischen Aramco einen langfristigen Liefervertrag geschlossen, auf dessen Grundlage russisches Rohöl durch Erdöl von den Saudis ersetzt wird. In Warschau verwies man deshalb auf die begrenzte Durchleitfähigkeit der Pipeline vom Danziger Erdölhafen, die für die Orlen-Raffinerie in Płock Versorgungs-Grundlage ist. Tatsächlich war man jedoch nicht bereit, Erdöl direkt an die PCK-Raffinerie zu liefern, solange deren Eigentümer die russische Rosneft ist.
Mit der Überführung der PCK-Raffinerie in die treuhänderische Verwaltung der Bundesregierung hat sich die Situation jetzt geändert. Zwar nicht offiziell bestätigt, aber auch nicht dementiert, soll der staatlich kontrollierte Polnische Mineralölkonzern PKN Orlen, der über 600 Tankstellen in Deutschland besitzt (Star- und Orlen-Tankstellen), an einer Übernahme der PCK-Raffinerie in Schwedt interessiert sein. Und plötzlich erklärt auch Umwelt- und Klimaministerin Anna Moskwa die Bereitschaft Polens, die vollen Erdöl-Überschüsse nach Deutschland zu liefern und die Pläne zum Bau eines zweiten Leitungsstranges vom Danziger Ölhafen nach Płock zu intensivieren.

© André Jański / infopol.PRESS